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Leaving LA oder inside Chiribiquete

Chimborazo, Matterhorn oder K2 habe ich noch nicht erklommen, dafür die Vorhersehung. Sinn magst du in der Tat vergeblich suchen in diesen nachfolgenden Abschnitten. Du wirst die Antwort auf jede einzelne Frage finden die dich plagt. Ich garantiere es dir!

Warum Amerika, warum sechs Monate, warum Kolumbien zum dritten Mal, warum mit 33 Jahren einen neuen Anfang wagen? Es sind die Stufen der Zerrissenheit und der Unsicherheit die es erfordern im vollsten Vertrauen diesem Stern der helleren Sorte zu folgen. Zwischen dem Atlas des Universums muss ich immer wieder an die leere Kartusche in Ägypten denken, an die weiteren Myriaden von Herzschlägen in diesem Leben und an die unendliche Tiefe deiner Augen. Vom Funkeln und vom Scheinen werden sich Schritte auf den Pfaden der Pioniere in die Abgründe und Eventualitäten zwischen dem Wahnsinn und der Erlösung ergeben. Denn du bist Alpha Trianguli und ich bin Sigma Canis Majoris, der Himmel ist weit unter dem wachen Firnament und die Lobpreisung des Dritten Jahrtausends steht an all den heiligen Orten eingraviert in die Ewigkeit.

Es sind weitaus mehr denn Panela und Arepas, Morpho-Schmetterlinge und Smaragdkolibris, Ara-Aras und Jungen mit Kometenschweifen die mich erneut nach Kolumbien ziehen. Es ist alles. Es ist das Wunder auf diesem 510 Millionen Quadratkilometer großen Planeten. Es ist die Unfähigkeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt an einem festen Platz Wurzeln zu schlagen. Es ist das Schlagen in meiner Brust. Es ist die Sehnsucht die mich des Nachts verzehrt und mit wachem Blick hinauf zu den Sternen gleißen lässt. Es ist das Segel der Träume gepaart mit der Gewissheit, dass das Morgen das Schönste werden wird. Es sind die Ängste und die Zweifel die mich verschlingen, die Dämonen die an einer jeden Ecke warten und die Unfähigkeiten meines kleinen 1,84 Meter hohen Selbst mich für den Einfamilienhauskredit zu entscheiden. Auf meinem (gemieteten) Schreibtisch liegt im nildschungelgrün das „CHIRIBIQUETE – La maloka cósmica de los hombres jaguar“-Buch von Carlos Castaño-Uribe. Vielleicht werde ich in diesem Leben nichts erreichen. Vielleicht bin ich nicht dazu bestimmt glücklich zu sein. Vielleicht ist es so tief in meiner Essenz eingraviert, dass ich ein Versager bin. Und dennoch oder exakt deswegen wage ich den Versuch mit aller Gewissheit.

Denn wenn ich nicht wage, wer wagt dann?

Denn wenn ich meine Schritte auf dem Sand der Vergänglichkeit nicht setze, wer setzt sie dann?

Sicherlich weiß ich nicht, ob in diesen Zeiten noch Menschen lesen, ob die Sucht nicht all unsere Seelen zerfressen hat, ob wir wahrlich noch dazu bestimmt sind Großes zu erschaffen oder schlichtweg in unserem Klein-Kleiner-Am-kleinsten-Denken die Kalenderblatttage vorüberziehen sehen. Ich weiß nicht was das Morgen bringt. Niemand weiß es. Vermutlich weiß es der studierteste Kopf am wenigsten. Was ich jedoch weiß ist, dass mir die Worte der Frau aus Guatapé nicht mehr aus dem Bewusstsein gehen: „Tragen wir nicht alle ein Stückchen Amazonas in uns?“

Um ehrlich zu sein: Wir sind alle auf der Suche. Wir mögen einen Gegenüber, einen sicheren Job, eine Tätigkeit die uns ausfüllt, ein Dach über dem Kopf und ein wiederkehrendes Glücksgefühl haben das unserem Leben die Größe gibt. Und gleichwohl: Wir sind alle auf der Suche. Es gibt Wesen, die tragen diese Sehnsucht weitaus wallender und kraftvoller in ihrem Selbst, die sind sich bewusst, dass wir nichts weiter als diese grenzenlose spirituelle Seele sind, die ungeachtet all der äußeren Umstände den hellsten Leuchtturm auf dem Felsen der Brandung darstellen können.

Nach dem Machu Picchu-Besuch an einem Donnerstag, den 11.11.2021 im heiligen Tal des Rio Urubambas erblickte ich im Mariposarium diesen Schmetterling. Peru ist voll von Schmetterlingen. Peru ist das Land weltweit mit den meisten Arten von ihnen. Zumindest glaube ich das. Der Punkt ist jedoch, dass jedes Genius dem Wahnsinn immer wieder in die Arme läuft. Es kann dich wachsen oder zerbrechen lassen. Vor mir liegen noch ein paar Chai-Tee-Zitate:

„Weisheit stellt sich ein, wenn Du zuhörst. Sprechen führt zu Dummheit.“ Gut, dass ich einzig schreibe.

„Wenn du liebst, bist Du lebendig.“ Gut, dass ich schreibe.

„Deine Position und Projektion sollten klar sein.“ Ich sitze aufrecht und werde im Juli Sedona besuchen. Ich glaube, dass ist eine gute klare Projektion.

„Sei Dir bewusst, welche Macht ein einmal gesprochenes Wort hat.“ Kein Kommentar.

Es ist schmerzlich auf einen Aussichtspunkt der höheren Sorte zu klettern, auf dein Leben zurückzuschauen und dir gewahr zu werden, dass du niemals dein Ganzes gegeben hast. Sicherlich, du hast die Grenzen immer und immer wieder ausgelotet, du bist über deine Grenzen gegangen, du hast experimentiert, dich verloren und dabei immer im Außen oder im Erfolg eines Zieles gesucht und vermeintlich gefunden. Aber was war der Wert dessen? Du bist verzweifelt und verloren, du bist 33 Jahre und musst feststellen, dass du im Prinzip gar keine Ahnung hast, wo du eigentlich hinmöchtest. Was ist das Reisen wert? Was sind deine Träume schon wert? Wen juckt es ob du die Pyramiden von Gizeh besichtigt hast oder die sixtinische Kapelle erkundetest? In welchen Lebenslauf soll sich das einfügen? Scheiß auf das Dach des Mailänder Domes oder die Kuppel Brunelleschis in Florenz. Das sind nicht die Dinge die zählen. Eigentlich sollte es zählen mit welchem Menschen du die meiste Zeit verbracht hast. Aber was ist, wenn du diesen Menschen noch nicht gefunden hast. Vielleicht ist dieser Mensch nichts weiter als eine Illusion. Sicherlich, kolumbianische Frauen sind ausgesprochen hübsch und du hast auf deiner Reise neben der Schneeflocke die Polarlichtfrau, Sam und die Hostesse mit den funkelnden Augen, die Sitznachbarin im zitronengelben Oberteil, Ms. Pasto und Sternenmeer gefunden, du gingst nach Luxemburg und Liechtenstein, nach Slovenien und nach Serbien. Es wird eine lange Nacht werden. Es wird eine verdammt lange Nacht werden.

Ich denke an Iohan Gueorguiev. An „The Bike Wanderer“. Er hat Millionenvideos mit seiner einzigartigen Fähigkeit, mit seinem Abenteuer, mit seiner Neugierde und grenzenlosen Freiheit produziert. Er hat sich das Leben genommen. Fuck. Dieses Leben ist so ungerecht und so mysteriös. Hier steht sie noch die Flasche mit dem Titel „Arabian Night“. Sie stammt aus einem Verkaufsraum nahe der Sphinx. Es riecht ausgesprochen gut. Aber ich bin schlichtweg nicht der Typ, der Parfum aufträgt und in eine Bar geht. Dieser Text ist zusammenhanglos. Fragmente und Puzzlestücke überwiegen leider immer noch meinen Alltag. Aber ich weiß, dass alles miteinander zusammenhängt. Wir sind alle verbunden. „Nous sommes tous cousins.“ Ich verließ den sicheren Hafen mit meinem Traumsegel und befinde mich gegenwärtig auf hoher See. Wellen gleich Tempeln der größeren Sorte. Sie wollen meine kleine Nussschale verschlingen und zerstören. Ich bäume mich auf mit aller Macht und kreische entgegen dem Wind: „AAAAAAAAAAAAAAAAAAHHHHHHHHH!!!“. Es ergibt keinen Sinn, die Gischt peitscht auf meine Wangen, ich bin durchnässt, das Salzwasser lässt meine Augen tränen. Ich bin verzweifelt. Ich frage mich, warum ich nicht bereits längst aufgegeben habe. Für was oder für wen kämpfe ich überhaupt? Warum befinde ich mich kontinuierlich im Widerstand? Warum kann ich nicht schlichtweg ein normales Leben führen? Warum schreibe ich? Warum glaube ich an das Schreiben? Warum stehe ich einen jeden Morgen auf? Warum weißt die Tabelle mit dem Titel „Verkaufszahlen“ nun rund 6,5 von mir verfasste Zeichen ohne Leerzeichen auf? Warum stehen oder vielmehr liegen da an meinem (gemieteten) Bücherregal rund 70 Notizbücher? 70 Prozent davon sind gefüllt. Sie leben. Jedes verdammte Notizbuch führt ein Eigenleben. Jedes Notizbuch ist ein Rettungsanker. Sie sind meine Sucht. Fünf Füllfederhalter nenne ich nun mittlerweile mein Eigen, möglicherweise muss ich so wie zu Beginn des Jahres 2022 wieder ins Pfandleihhaus gehen. Einmal um einen Gegenstand abzugeben und Geld in die Hand gedrückt zu bekommen. Es war ein bescheidenes Gefühl. Ich ließ meine Zeppelin-Automatik-Uhr dort zurück. Ich verkaufte den Golddukaten meiner Großmutter. Mir war das Geld wichtiger. Ich brauchte das Geld. Ich bin ein schlechter Mensch. Ich bekomme mein Leben nicht in den Griff. Ich bin nicht der Verantwortliche vor dem Bildschirm. Sicherlich bin ich der Verantwortliche aber ich habe nicht die Kontrolle. 33 Jahre lang habe ich mich kontrolliert, immer beherrscht, immer reguliert, immer darauf geachtet keinen Fehler zu machen, mein Gesicht nicht zu verlieren, ruhig zu bleiben, mir nichts anmerken zu lassen und einfach zu sein. Ich weiß, dass ich in der Tiefe meines Selbst kein schlechter Mensch bin. Ich weiß, dass es diesen Teil in mir gibt, der noch ganz ist und fähig ist zu lieben. Nicht ohne Grund schrieb ich die Kurzgeschichte „Das verwundete Herz“. Der Engel zeigt ihm einen Spiegel, es erschrickt, es ist der Blick in die Hölle und gleichwohl offenbart sich da eine reine und rote Stelle. Ich kann nicht aufgeben. Nicht heute und nicht in 33 Jahren.

Am 01. Januar diesen Jahres wachte ich in Genf in einer Jugendherberge auf. Mein Fahrrad war an einen Anlehnbügel an der frischen kalten Luft angeschlossen. Ich packte meine zwei Satteltaschen, befestigte sie an dem Drahtesel, fuhr zum Bahnhof, setzte mich in den Zug und stieg in Grenoble wieder aus. Ich ging in die Unterkunft, bezahlte acht Euro für einen separaten abschließbaren Raum für das Rad für eine Nacht, ging ins Zentrum, ließ mich den Berg hinauf treiben, stand auf der Terrasse der Geologen und schrieb auf dem Mont Rachais. Es war ein schöner Weg dahinauf. Es war warm. Die Sonnenstrahlen durchströmten mein Selbst. Einen Tag später setzte ich mich auf den Ledersattel und fuhr einen ausgesprochen idylllischen Asphaltpfad bis nach Valence. Bald war ich in Marseille. Drei Mal ging ich in die Notre Dame de la Garde. Ich möchte ein besserer Mensch sein. Ich möchte mein altes Selbst in den Mülleimer werfen und einfach perfekt sein. Okay… perfekt ist möglicherweise ein wenig übertrieben. Ich möchte einfach ich sein. Meine Zweifel und meine Ängste weniger werden lassen, dafür mehr Vertrauen und Träumen. Ich schreibe hier im Internet. Das Internet ist ein luftleerer Raum und gleichzeitig die Plattform für Myriaden von Seelen. Ich habe es theoretisch in der Hand. Ich weiß nicht ob ich mit meinen zwei linken Händen ein Praktiker bin. Zumindest genügt es mir über eine Sache nachzudenken da ich mir gewahr bin, dass ich in Gedanken an jeden Punkt dieses blauen Planeten mich bewegen kann. Dazu muss ich nicht einen Finger krumm machen. Ich glaube, dass Nikolai Tesla in seiner Biographie etwas ähnliches schrieb. Er war überfordert mit der Welt da er lebte. Er war vom Unglück verfolgt. Henry Dunant war vom Unglück verfolgt. Ich glaube an das Schicksal die silberne Gebetskette mit den 54 Kugeln aus der hängenden Kirche des koptischen Viertels in meiner Hand wiegend. Drei armenische Briefmarken right in front of me. Die Golden Gate-Bridge-Fotografie aus dem Internet in greifbarer Nähe. Der Kleber „perpetum-publishing“ auf dem stationären angebissenen Apfel. Keine Ahnung, wann der Perpetuum Publishings-Traum das erste Mal so richtig geboren wurde. Es war in dieser Zeit vor fünf oder sechs Jahren da ich „Change – Veränderung beginnt bei dir!“ schrieb, in einem Notizbuch mit dem Titel „Valley of Dreams – Vjosa“ das ich der erfolgreichste Schriftsteller werden möchte. Es waren ein paar Worte. Aber es löste etwas in mir aus. Es führte dazu, dass ich anfing zu schreiben. Nun stehen da diese 12 oder 13 Bücher von mir hier in diesem kleinen gemieteten Zimmer. Ich frage mich wahrlich, ob ich nicht verrückt bin. Denn a.) wer ließt noch, b.) wenn ja wie viele und c.) und diese Frage ist weitaus drängender wie viele Bücher werden diesen noch folgen? In meinem Kopf krakelt und rebelliert es, ich bin dieses zerrissene Wesen, ich bin der Mensch der niemals schläft, mein Herz pocht und meine Venen wurden bereits mit Epo aktiviert und durchspült.

„“An infinite playground!“ or you can call it L-O-V-E!“ soll nach Angabe rund 161 bis 194 Minuten zum Lesen benötigen. Gefühlt schrieb ich es schneller hinunter. Es ist verrückt. Warum lebe ich überhaupt noch? „The island awaits you“ spielt und ich stromere durch diese Galaxie. Mein Smartphone-Display ist schwarz. Sicherlich schreibe ich deswegen in all die Bücher weil die paar Menschen die mich kannten wohl ziemlich genervt sein mussten von all den ellenlangen Monologen und Betrachtungen auf einer Meta-Ebene. Aber irgendwie bin das ich. Entweder ich antworte kurz: „Okay“ oder eine Odysee. Vielleicht passe ich nicht hinein in diese Welt. Ja, ich bin Murakamis Aomame, Hesses Siddahrta und Coelhos Santiago samt Endes Bastian. Verdammt! Ich weiß, dass ich schreiben kann. Zumindest sagten es mir ein paar Leute. Eine der hübschesten Frauen in diesem Universum meinte ich hätte ihr die schönste E-Mail ihres Lebens geschrieben. B. B. warf mir im Zug zwischen Basel und Köln einen der kostbarsten Blicke zu. Vielleicht bin ich dieser nicht näher eruierbare oberflächliche Typ, der sich darüber aufregt, dass Frauen nun in einzelnen Freibädern oben ohne baden dürfen. Vermutlich wenn Männer in der Nähe sind. Keine Ahnung, warum es mich aufregt. Aber wir sind alle nur Menschen. Ich bin ein Mann. Ich bin alleine. Männer alleine können ziemlich viel Schaden anrichten. Blutende Männerherzen sind grausam. Auf der Kaffeepackung mit den ganzen Bohnen aus dem Eckladen in Helsinki befindet sich ein Kolibri. Er trug mich auf der Reise durch das Baltikum. Die Polarlichtfrau sagte zu mir, dass ich sie an Iguan erinnere. Er in London, ursprünglich aus Peru, Kolibri kracht gegen seine Scheibe, Iguan wacht auf, packt seine sieben Sachen, geht zurück nach Peru, pflanzt Bäume, verbindet sich wieder mit seinen Wurzeln und mit dem Regenwald. That’s it, no big deal. We are all travelers. I want to be by your side. Melis kreuzte „Paris zu Fuß“. Der Schreiberling aus Luxor hält meinen Füllfederhalter no. 5 mit den Hieroglyphen. Er ist die Transzendenz. Er ist das Wesen zwischen den Welten. Wenn ich diesen Füllfederhalter no. 5 auf seine Unterarme, auf seinen Schoß lege, dann tankt er auf. Dann füllt er seine Kräfte wieder. Dann kommt er in seine Mitte. Ich bin wie diese no. 5. Aber ich bin die no. 1. Auch wenn ich auf Sitzplatz no. 111 oder auf einem Sitzplatz ohne no. sitze. Gott schlägt in einem jedem Herzen. Gott ist gut. Ich möchte die Schlesien-DVD noch einmal anschauen. In der Tat dachte ich daran nach Polen zu ziehen. Wenn ich das Wort Polen schon schreibe fühle ich mich ein kleines Wenig zuhause. Zwei Großväter und eine Großmutter können nicht Lügen. Ich bin verloren. Sie sind zu lange bereits weg.

Ich glaube fast, dass mein Leben wie diese Straßenkreuzung auf dem Foto in San Agustín ist. Sie ist gepflegt, schmucke Hausfassaden haben sich an ihr niedergelassen und Wesen brachten farbenfrohe Murals auf um Spuren zu hinterlassen. Es sind keine Menschen zu sehen. Aber ich weiß, dass es manchmal nur ein kleines wenig Hoffnung bedarf, damit all die Seelen auf diese Straßenkreuzung strömen. Ich weiß es weil ich lebe. Ich spüre es tief in mir. Das ist der Grund warum ich schreibe. Meine innere Stimme trügt nicht. Sie hat mich niemals betrogen. Auch wenn ich das 33 Jahre lang geglaubt habe.

Wieder rinnen Tränen meine Wangen hinunter weil ich immer noch alleine bin und verdammt viel Respekt habe vor dieser 6-monatigen Reise. 2021 die sechs Wochen Südamerika waren bislang meine längste Zeit on the road. Es kann recht kompliziert sein alleine unterwegs zu sein mit zwei Rucksäcken, Selbstgespräche wie noch etwas und verkappte Liebschaften in jedem Hauseingang. Immer wieder mögen mir Herzen zugeflogen sein, immer wieder mag ich etwas gegeben und empfangen haben aber die Liebe, ja die Liebe fand ich bis zu diesem gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht in ihrer gesamten Kraft. So ist das aber. So ist das eben. So ist das Leben. Wir sind alle nur Menschen. Ich denke an die Reinigungskraft. Ich werde sie vermissen. Ich werde all meine Kolleginnen und Kollegen vermissen. Fuck… Warum kann ich nicht bleiben. Aber ich bin zu alt um an dem Ort da ich mich gegenwärtig befinde noch länger zu verharren, ich leistete meinen Dienst, ich weiß, dass ich Samen gelegt habe und dass es Nachfolgerinnen und Nachfolger bedarf die ihre gesamte Kraft erkennen und die diesen Samen in aller Aufmerksamkeit und Hingabe die erforderliche Nahrung geben.

Warum schrieb ich vorhin von Marseille und Notre Dame de la Guarde? Vielleicht um anzugeben wie cool ich bin. Vielleicht bin ich wahrlich ein ignoranter Narzist. Aber ich mag Oscar Wilde. Ich mag insbeondere „Das Bildnis des Dorian Gray“. Oscar Wilde konnte verdammt gut schreiben. Er war ein Genie. Ich nehme den roten Faden wieder in die Hand, Notre Dame de la Guarde ja klar, das Mittelmeer hatte ein Ende, die Arbeitswochen riefen mich, der Alltag wollte austariert werden, doch bereits ein Wochenende später war da die „Rheinradelei“ entstanden. Also setzte ich mich am 13. Januar Freitag nach Feierabend mit einer Satteltasche wieder auf das Rad, verließ Weil am Rhein per Pedal und ließ mich vom Fluss abwärts treiben. Auf der Arbeit fiel mir die Decke trotz dem Mammutbaum auf den Kopf, das Abenteuer kreischte verheißungsvoll viel zu laut und so brauchte ich den Freiraum. In Breisach am Rhein war ich in der Privatunterkunft der erste Verrückte, der zu dieser Jahreszeit mit Gepäck gen Rotterdam tritt. Aber schon gut. Zumindest weiß ich nun, dass in Breisach am Rhein Informationstafeln zu „spätrömisches Praetorium“ und Brisiacum stehen. Das Zentrum ist übrigens auch recht nett. Selbst bei Dunkelheit. Worauf wollte ich hinaus. Okay. Also eine Woche später. Freitag der 20. Januar. Julian und Fahrrad wieder Zug gen Norden. Endstation das letzte Mal Mannheim, Beginn dieses neue Wochenende Mannheim. Fahrradreservierung und erste Klasse Sitzplatz verträgt sich nicht gut im ICE. Soviel zu Informationen die die Welt nicht braucht. Im Hotelzimmer über dem Bett zwei Plakate mit Steinen in Herzformen, einem Federkil und Briefpapier. Fuck. Ich muss schreiben. Wieder das Dilemma zwischen Radfahren und Schreiben.

Den gesamten Abend schneit es. Sicherlich, es ist Januar, es ist Winter trotz Veränderung des Klimas. Ich verdamme mich für dieses Vorhaben. Aber ich habe mich bereits mit Proviant eingedeckt und zwei Thermoskannen im Gepäck. Also hieve ich mich in der Dunkelheit gegen 06:00 Uhr auf das Rad und komme mir wie ein Außerirdischer vor. Alles ist weiß. Vermutlich 20 Zentimeter Schnee. Die Bremsen sind eingefroren. Ich sollte nicht einen einzigen Meter fahren. Aber ich habe es mir in den Kopf gesetzt. Ich habe eine Unterkunft in Boppard bereits reserviert. Verbindlich. Es gibt kein Zurück mehr. Selbst nicht auf den festgefrorenen Straßen. Wieder bin ich nach wenigen Minuten abgrundtief von der Stimme und der Frau aus der Navigations-Applikation genervt. Ich ignoriere sie wie so oft und fahre schlichtweg in die Richtung da ich meine dass es die richtige ist. Es ist die falsche. Nach einer guten halben Stunde stehe ich wieder vor der Unterkunft. Selbst die Autofahrer kommen nicht vorwärts. Es ist ein Kamikazevorhaben ohne Bremsen auf eisglatter Straße zu fahren. Alles ist gefroren. Ergo hilft der Neuschnee nicht. Er ist sogar ausgesprochen hinderlich. Ich sollte das Ganze nicht schreiben. Meine Versicherung wird es mir danken. Aber ich habe eine Armade von Schutzengeln über und hinter und vor mir. Manche schütteln nur den Kopf, andere ebnen mir den Weg und mindestens fünf sind damit beschäftigt, mir beizeiten kräftig in den Rücken zu pusten.

Jeder Meter ist eine weitere Errungenschaft auf dieser Etappe. Ich bin schweißgebadet. Es ist ein Kampf. Eine ältere Dame mit Hund sagt mir, dass ich vorsichtig fahren solle und dass es vielleicht nicht die beste Idee sei. Ich gebe ihr recht. Und gleichwohl ist dies mit ein Grund, weswegen ich es tue. Wäre ich in Finnland, dann wäre es schon weitaus normaler. Oder vielleicht Deutschland im Jahr 2033 mit beheizten Geh- und Radwegen, mit Überdachung oder ohne Schnee. Das Ende vom Lied ist, dass ich ein oder zwei Mal stürze – allerdings ohne Nebenwirkungen, denn ich fahre ausgesprochen vorsichtig und mit Helm, mit langer Unterhose und recht vielen Oberteilen. Also keine Panik auf der Titanic! Schließlich XXL-Kilometertafelschild am Rhein im Matsch mit nassen Socken und ohne Kraft der Traum des warmen Bettes in der Unterkunft in Mainz.

Die 60 Euro für Boppard bezahle ich dennoch, ich möchte kein schlechter Mensch sein. Keine Ahnung, ob sich ein normaler Mensch ebenso verhalten würde. Knapp 70 Kilometer an diesem Tag, es war mit die anstrengendste Etappe meines Lebens. Ich verteufelte mich. Und gleichzeitig ist es mein Leben. Es ist dieses Auf und Ab, es ist dieses Fallen und neu Kraft schöpfen, es ist diese Kälte und die innere Wärme, es ist die Aufopferung für die Sache und die Ungewissheit ob des Morgens. Rotterdam ist weit entfernt, die Nordsee ebenso und so genüge ich mich mit dem Helmut-Kohl-Platz, den nicht vorhandenen Kaffees (wobei ganz stimmt es nicht), der römischen Rheinbrücke und der Information, dass die Fußgängerzone Höfchen Markt und Liebfrauenplatz aus Anlass des 1000-Jährigen Domjubiläums auf Beschluss des Stadtrates von Mainz geschaffen wurde. Klar treffe ich auf das Miniatur-Handmodell des sakralen Gebäudes, auf das Gutenberg-Museum und Forte Cultura. Des Weiteren eine goldgelbe Pilgermuschel. Zwischen Photolithographien und dem ältesten mit Metalllettern gedruckten Buch stolpere ich kostenfrei mit dem Ein-Jahres-Museumspass durch die Stockwerke und gedenke der Intellektualität. Ich vermisse gleichwohl die Liebe.

Okay. Warum schreibe ich das Ganze. Ich empfehle niemandem im Januar bei Schnee und Eis solche Vorhaben durchzuziehen. Aber manchmal muss es eben aus einem vermeintlichen Mangel an Alternativen sein.

Es ist 22:13 Uhr. Ich weiß nicht mehr, was ich schreiben will und was ich schreiben muss.

Du bist für dein Leben verantwortlich. Du kannst dich vor jedem anderen Menschen entschuldigen aber nicht vor deinem eigenen Spiegelbild. Du kannst jeden anderen Menschen betrügen aber du kannst dein eigenes Spiegelbild nicht betrügen. Du musst es dir immer wieder wert sein die auf den Boden gefallenen Träume wieder aufzuheben und von den Staubkörnern zu befreien. Du musst das was dir heilig ist kontinuerlich mit Herzblut, Leidenschaft und Erfindergeist in die Realität bringen. Es ist dein Leben. Das soll kein Mantra oder Pamphlet werden. Das ist einzig mein Versuch den Irrtum in den Bann zu schlagen und ein kleines wenig Hoffnung zu teilen. Vielleicht bin ich auch abgehängt wie ich meine und bin schlichtweg ganz am Ende in aussichtsloser Distanz. Ich denke an meinen Friseur im Dreiländereck. Ich denke an sie und ich denke an ihn. Kein Plan warum. Aber die beiden machen was sie gerne machen und man merkt, dass sie es gerne machen und sie es aus freien Stücken machen. Vermutlich zahle ich für meine paar Haare auf dem Kopf doppelt so viel oder noch mehr als bei einem anderen Friseur. Aber das ist es mir wert. Weil immer wenn ich diese Türschwelle übertrete weiß, dass sie ihr Bestes geben, dass ich abschalten und entspannen kann und schlichtweg in guten Händen bin. Auf diesem Stuhl erzählte ich ihr, dass ich 30 Länder bereiste. Sie gehört zu dem Typ Menschen, die ich bewundere. Ein Stück weit. Sie ist dort wo sie sich befindet verwurzelt. Zumindest trieb sie noch nichts über die Grenzen des Kontinentes. Und dazu gehört viel. Auf dem Stuhl dachte ich daran, dass ich allerdings die Person sein möchte, die in mehr oder weniger kontinuierlichen Abständen von den Abenteuern aus der Weite und der Ferne erzählt. Ich möchte immer wieder zurückkommen in das Dreiländereck. Ich möchte immer wieder zurückkommen nach Deutschland. Und gleichzeitig möchte ich irgendwo auf diesem 510 Millionen Quadratkilometer großen Planeten namens Erde oder „Pale Blue Dot“ um Sagan zu nutzen meinen Flecken finden. Notfalls beschaffe ich mir eine Hängematte oder konstruiere an der Küste Brasiliens die Unterwasserstadt. Nicht umsonst habe ich Stadtplanung studiert. Nicht umsonst glorifiziere ich Dinosaurier wie Moreno oder Despommier. Ich habe weder Follower noch Liebschaften. Mein Leben ist leer. Aber ich habe das Schreiben. Und das Schreiben ist mir das Kostbarste das ich habe. Denn das Schreiben ermöglicht mir, dass ich an jedem Punkt mich befinden kann und meine Heimat konstruieren kann. Ich bin dieses Sandkorn im Pazifik, dass früher oder später an eines der Ufer der Inseln oder Landmassen gespült wird. Oder ich bin eben dieser Wassertropfen im Nil. Und du bist der Wassertropfen im Amazonas. Irgendwie werden wir uns schon finden. Behalte die Zuversicht.

Ich mag die Höhen Kolumbiens. Sie ermöglichen dir auf die Gipfel recht bequem zu spazieren und dann von dort oben die Gefilde der Häusergeflechte zu eruieren. Oben Calí und noch eins weiter oben Los Tres Cerros in Popayán. Selbstverständlich gibt es noch die 1.605 Stufen auf den Cerro de Monseratte in Bogotá. Eine verdammt starke Kraft zieht mich wieder auf diesen Gipfel. Denn ich vermisse die Momente da ich mit unzähligen anderen Outdoor-Enthusiasten und Frühaufstehenden, mit Träumenden und Aktiven Schritt für Schritt in die Höhe vordrang. Es gibt kein Zurück in diesem Leben. Es geht immer weiter nach vorne. Ich bin ein Teil der Menschheit. Wir befinden uns alle Seite an Seite auf dieser Arche Noah namens Erde. Ich bin kein Prediger oder Moralapostel. Ich bin keine Apostille oder keine Serife. Ich bin in etwa so wie der Professor aus dem All in Matt Haigs „Ich und die Menschen. Ich bin Juan Diego in „Straße der Wunder“. Ich bin Jonas in „Das größere Wunder“. Ich bin ein kleines Wenig verloren auf diesem Planeten. Ich finde mich immer im Wasser, ich finde mich in den Sternen, ich fand mich in den schönsten Frauen aus dem Innen aber irgendetwas stand stets zwischen uns. Vielleicht fehlt mir noch ein Quäntchen Glück oder ein Quantum Trost. Vielleicht auch der Millionenvertrag der Taube. Vielleicht bin ich dazu verdammt alleine Trübsal zu blasen. Ergo: Chiribiquete-Traum. Nicht umsonst bin ich 33 Jahre alt. Wahrlich weiß ich nicht, warum andere Menschen jeden Tag aufstehen. Ich habe niemals so richtig darüber nachgedacht. Ich kann mir nicht über alles Gedanken machen. Wenn ich beispielsweise zu Fuß zur S-Bahn-Station auf die Arbeit laufe muss ich aufpassen um nicht ausversehen einen anderen Menschen über den Haufen zu rennen, ich sehe an der einen Hausfassade immer ein Gesicht und denke da versteckt sich ein Mensch, könnte mir bei jedem vorbeiziehenden Dinosaurierauto (alles jenseits von Elektro-, Hybrid- oder Wasserstoffantrieb) die Ohren zuhalten und achte darauf nicht zu schnell aber auch nicht zu langsam zu laufen. Meine Antennen sind überall. Mittlerweile spüre ich in Windeseile all die Mammutbäume und Kirchturmspitzen auf. Mammutbäume dank Korb und Kirchturmspitzen dank der Paneuropa-Radreise gen Tschechien und Polen. Mein Leben ist ein Labyrinth. Mein Sein ein Mysterium. Ich gebe mich geheimnisvoll aber auch nur weil ich den goldenen Schlüssel zu meinem Herzen verlegt habe. Ich weiß, dass er irgendwo existiert aber kein Plan wo ich ihn hinverlegte.

Irgendwann in diesem Jahr (es war im Februar) stakste ich zaghaften Schrittes wieder an einem Freitagnachmittag / -abend in Zürich in den Nachtzug gen Osten. Kein Plan weswegen vermutlich weil ich den Anker an Bord hatte und mich nicht im sicheren Hafen befand. Also Wochenendeflucht in die Ungewissheit, Wien-Heimat-meiner-Großmutter-samt-Donaurufen wahrgenommen und gehört und Folge geleistet diesem Faktor Unbekannt Aufmerksamkeit zu schenken. Also Rucksack auf den Rücken und Vorfreude auf eine durchwachte Nacht auf den Schienen. Österreichische Nationalbibliothek begangen und ein wenig wie in der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar, wie in der Nationalbibliothek Ägyptens oder der britischen Bibliothek gefühlt. Vielleicht werde ich noch zeitlebens meine Nase hinter Buchrücken stecken um dort vermeintlich etwas zu finden was ich bisweilen noch nicht in Gänze in der Begegnung und in den Menschen gefunden habe. Aber lebe ich nicht deswegen? Leben wir nicht deswegen um ganz weit weg von uns selbst zu sein, um verloren umherzuschlawinern und um dann immer tiefer diese innere Gewissheit zu kultivieren, dass es exakt das ist was wir machen müssen? Wieder diese Stimme in meinem Kopf, die mich mein gesamtes Leben lang begleitet hat. Genügt es, es genügt nicht, denke ja nicht daran, du hast es nicht verdient, du bist nicht dazu bestimmt. Im Idealfall sollte der Mediator am großen Tisch meines inneren Teams dem Kritiker eine rote Karte in Kombination mit einer Redepause verpassen. Aber ich habe mein inneres Team vernachlässigt. Ich habe mein inneres Kind vernachlässigt. Mit ein Grund weswegen sechs Monate Amerika. Inneres Kind ist erfreut wenn es die Anden sieht, inneres Kind frohlockt, wenn es auf über 6.000 Metern in die Höhe mit Atemnot springen kann und die Aguilas am Himmel ziehen sieht. Inneres Kind ist glücklich bei all den Frauen Südamerikas wenngleich mein Herz noch blutet da ich nicht in der Oberflächlichkeit ausschließlich finden kann. Also schreibe ich. Ich schreibe, weil ich Bukowsky bin, ich schreibe, weil ich Hemingway verstehe, ich schreibe, weil ich Murakami bei seinem Marathon in Griechenland bin und diese Zeit alleine mit den Büchern brauche. Ich schreibe, weil ich glaube. Ich schreibe, weil ich bin. Ich schreibe, also bin ich. Das Schreiben ist meine Flucht. Das Schreiben ist mein Ankerpunkt. Das Schreiben ist mein sicherer Hafen. Das Schreiben ist meine Komfortzone. Ein wenig. Nicht immer. Aber um das Schreiben mit Leben zu füllen muss ich immer wieder neue Trippelschritte in die unbekannten vor mir sich befindenden Welten wagen. Ich muss es riskieren. Meine Mitbewohnerin meinte sie bewundere mich für diese Entscheidung. Ich bewundere sie sowie all meine Kolleginnen und Kollegen, dass sie in diesen sechs Monaten arbeiten. Denn sie sind gemeinsam eng miteinander verflochten, sie erschaffen und kreieren, sie gehen durch dick und dünn, halten zusammen und sind ein Team. Aber ich bin einer von ihnen. Zumindest ein kleines Stück weit. Denn ich bin auch ein Mensch. Ich habe meine Makel, meine Ecken und Kanten, meine Schwäche und meine Unsicherheit. Ich habe meine Zweifel und meinen inneren Kritiker aber ich bin weder meine Zweifel noch mein innerer Kritiker. Also Entscheidung Amerika da meines Erachtens nach die Stimme aus der Fremde essentiell ist und es stets Menschen bedarf, die Nomaden sind, die sich von den Rufen des Abenteuers konstant in neue Gefilde vorwagen. Sicherlich saß ich unzählige Stunden in Hamburg in der Meditationsgruppe um wissen zu sollen, dass das äußere Reisen das innere Reisen nicht ersetzen kann. Aber du kannst nicht an einem Fleck bleiben wo du eigentlich meinst fast ein wenig gestorben zu sein.

Ich schreibe, um es mir selbst jeden Tag und jede Nacht erneut zu beweisen, dass ich kein schlechter Mensch bin. Ich weiß, dass ich ein Herz in mir trage. Ich weiß, dass ich fühle. Ich weiß, dass ich zeitlebens aufwachen werde und die bewussten Entscheidungen treffen kann die für mein weiteres Wohlergehen förderlich sind. Ich weiß, dass dieses Leben beizeiten verdammt verzwickt und unangenehm sein kann. Aber es hilft nicht wenn du dir immer wieder einredest an einem Ort da du meinst zu zerbrechen mit aller Gewalt bleiben zu müssen. Es muss aus dir selbst herauskommen. Dafür gibt es keine Blaupause. Es gibt kein Patentrezept zum glücklich sein. Für mich ist glücklich sein das COLOMBIA-Armband, das Fahrrad, die Intuition, das Ass im Ärmel und der Chiribiquete-Räucherstäbchenhalter. Ich bin glücklich wenn ich mit dem Schreiben etwas bewirken kann.

Ich habe mich distanziert von den Menschen und von der Gemeinschaft. Ich war mein gesamtes Leben lang distanziert. Ich zog mich immer zurück in meine Welt und war unfähig meine Innenwelt zu teilen. Zumindest in Gänze. Vermutlich darf ich nicht den Anspruch haben, diese Innenwelt in Gänze teilen zu müssen. Mit ein Grund, weswegen ich recht früh damit anfing mich damit zu genügen einfach zu sein und zu schweigen. Denn im Schweigen gibt es keine überflüssigen Worte. Im Schweigen genügt das Sein und die Begegnung. In Hamburg war ich in einer Eye-Gazing-Gruppe. Entspannungsmusik, zwei Menschen gegenüber voneinander und sehr viel und sehr langen Blickkontakt für ein paar Minuten. Was zum Teufel mache ich? Warum meine ich etwas Besseres zu sein und mich der Arbeit der meisten Leute durch die Kreativität und die Kunst entziehen zu können? Ich weiß nicht was ich will. Ich weiß in der Tat nicht was ich will. Ich weiß nicht was mich erfüllt und was mich berührt. Ich weiß nicht wer ich bin. Und deswegen muss ich den Sprung in das kalte Wasser wagen. Vielleicht sterbe ich dabei. Aber irgendwo muss ich es irgendwie herausfinden. Ich mag nicht zeitlebens dieser Außenseiter sein. Ich mag auch lieben und geliebt werden, ich mag aus freien Stücken geben und empfangen. Ich mag schlichtweg sein ohne zu müssen. Auf den Dachgipfeln zwitschern die Vögel: „Sein ohne zu müssen!“. Vielleicht sollte ich diesen Blog-Eintrag: „Ich ging um nie wieder zu kommen“ nennen. Mit dem Untertitel: „Zumindest nicht als der Mensch der ich meinte zu sein. Denn ich fand mich in den Weiten der Anden jenseits des Äquators.“ Fuck! Ich bin kein schlechter Mensch. Ich bin kein Versager. Ich bin keine missratene Kreatur. Warum trat ich aus der evangelischen Kirche aus? Warum bekam ich in Luxor auf der Dachterrasse den Koran geschenkt? Fuck! Was ist mein Richtungsweiser, wo ist mein Nordstern wenn die Wolkendecke zu dicht ist? Großvater, wo bist du? In den Anmerkungen in „Wind, Sand und Sterne“? In deinem „UNRUHE“-Manusrikpt? In meiner Mutter? In meinem Selbst? In der Stille? Das Notizbuch no. 46 mit dem Titel „yellow“ ist beendet, ein neues wartete darauf begonnen zu werden. Es wird den Titel: „Ein Herz das wieder lernt in Gänze auf beiden Beinen fest auf dem Boden zu stehen“ tragen. Es ist ein langer Titel. Im Prinzip ein zu langer Titel. Aber es gibt kein Gesetz das besagt, dass Notizbuch no. 46 keinen ausgesprochen langen Titel namens: „Ein Herz das wieder lernt in Gänze auf beiden Beinen fest auf dem Boden zu stehen“ tragen darf. Es ist Frederick Douglass‘ „Letter for Civil Rights“. Ich habe den Titel mit dem Füllfederhalter auf die erste Seite notiert. Des Weiteren Lörrach, Julian D. Herzel, Poet der Seele, 05. Mai 2023. Lörrach wird durch all die weiteren Städte ergänzt, in denen ich mit diesem Notizbuch no. 46 reisen werde.

23:41 Uhr – Vielleicht ist es einzig dieser kleine grüne Kolibri mit der orangefarbenen Brust, der mich noch am Leben hält. Aber er verkörpert Südamerika für mich. Er ist der Beweis dafür, dass es das Gute noch gibt. In ihm lebe ich. Ein kleines Stück weit zumindest. Nichts ist unmöglich in diesem Leben. Es gibt Leute die steigen aus und beenden es vorzeitig. Weil sie nicht zu denen wurden die sie in ihrem tiefsten Inneren waren. Weil die Widerstände zu groß waren und die Umstände und Schicksalsschläge sie zerbrachen. Weil auf ihnen herumgetreten wurde noch und nöcher und sie keine Kraft mehr in sich trugen. Die letzten Jahre haben uns alle geschädigt. Mehr als uns lieb ist. Aber irgendwoher muss ich die Kraft schöpfen. Es bedarf des Vertrauens. Ich genüge. Ich bin gut so wie ich bin. Ich akzeptiere mich. Ich bin frei.

07. Mai 2023 – 11:11 Uhr – Die Melodie erklingt gleich einem Smaragdkolibri. Die Wasserfälle dieser Welt plätschern immer noch. Es ist nicht aussichtslos. Es war niemals aussichtslos. Menschen wurden dazu geboren zu fallen. Menschen wurden dazu geboren sich gnadenlos zu verlieren und in der Dunkelheit umherzuirren. Menschen wurden dazu geboren Jahre in der Stille und Einnöde auszuharren und Probleme zu lösen für die ihnen die Gesellschaft möglicherweise dankbar sein mochte. Gestern Abend habe ich ein Ticket für die Sagrada Familia und die Türme der Passionsfassade gebucht. Ich muss noch die Tickets für die Zeppelinfahrt umbuchen. Im Idealfall telefonisch. Ich habe Angst davor. Weil ich noch nicht in einem Callcenter gearbeitet habe. Aber ich werde sagen, dass ich diese Fahrt von 13 oder 16 Menschen erhalten habe, an dem Sonntag bereits in der Sagrad bin und gute 200 Seiten in einem Buch namens „Eine Zeppelinfahrt namens Leben“ geschrieben habe. Sie werden es verstehen. Sie müssen es verstehen. Und ich habe einen Zeppelinkalender. Vielleicht schenken oder widmen sie mir einen Zeppelin. Ich habe den Globus mit den Überseerouten der früheren Fahrten fotografiert. Ergo kann ich den Kapitän oder die Kapitänin durch die Luft via Smartphone-Applikation lotsen.

Wobei… ich klopfe einfach an den Grabstein Graf von Zeppelins. 3 Mal. 1 Mal lang, 1 Mal kurz, 1 Mal zwei Mal lang. Es ist das vereinbarte geheime Klopfzeichen das nur ich bislang kenne. Aber ich weiß, dass er darauf reagieren wird. Der Grabstein vibriert und wackelt, die Eichhörnchen krakelen. Die Blätter zappeln. Die frisch eingepflanzten Blumen kreischen verängstigt. Allerdings nicht zu laut. Mist! Mein Espresso no. 1 an diesem Tage ist leer. Mein Zimmer immer noch das Chaos in Person. Ich sinke tiefer in das Zentrum meines Seins. Ich bin der Lebensbaum in seiner Essenz. Durch mich fließen all die Wasserfälle hindurch. Jeder Tropfen ein Zeuge. Jedes Zeichen eine Einheit. Keine Rätsel. Einzig die pure Ewigkeit. Ungeachtet der Tatsache in welchem Jahr wir uns befinden lamentieren die Monde nicht. Denn sie wurden nicht dazu geboren um zu lamentieren. Sie wurden dazu geboren um zu scheinen. In der Passivität. Sie wurden nicht dazu geboren Rohstofflieferanten für die Industrie zu sein. Sie wurden dazu geboren um Rohstofflieferanten für Poeten und Liebende zu sein. Sie wurden für das Wesen auf dem Mond, für den Wachenden im Universum geschaffen. Sie sind zeitlos. Sie rennen wenn es sein muss aber einzig in der Geschwindigkeit, die ihnen passend erscheint. All die Sprints mögen sie in der Arena der Giganten gewonnen haben aber der Marathon mit der 26,7 Kilometer Marke ist mein. Die Uhr tickt. Die Sandkörner rebellieren. Es ist der perfekte Moment.

Wahrlich habe ich keine Ahnung warum ich gerne auf Friedhöfe gehe und die Grabsteine von toten Menschen fotografiere. Es gibt mir den Glauben (oder die Illusion), dass sie wahrlich nicht umsonst leben. Denn sie leben in ihren Werken nach. Ihr Geist ist zeitlos. Das Bewusstsein ist ewig. Pianospielende mögen im Louvre Inspiration gefunden haben. Aber mehr auch nicht. Denn sie waren Pianospielende. Sie mögen die Pioniere der Pianospielenden gewesen sein. Aber mehr auch nicht. Durch mein 1,84 Meter großes Wesen rast die Abenteuerlust gepaart mit der grenzenlosen Neugierde. Die Sonne strahlt. Ich lodere. Ein Astronaut fiel vom Stern. Die Kuppel Brunelleschis in meiner Geldbörse. „Arabian Night“ wartet immer noch auf den Traum von 1.001 Nacht. „DO MORE OF WHAT MAKES YOU HAPPY.“ Meine Tasse. Schwarze Buchstaben auf weißem Grund. Denkmäler der Unendlichkeit. Keine Sorge. Die Wellen der Ozeane mögen sich aufbauschen. Du siehst die Hand nicht mehr wenn Wellen über Wellen über Wellen in den Tiefen existieren. Zwischen Tempelanlagen und Moscheen, zwischen Heiligtümern und Ikonen, zwischen dem Koran und der Bibel, zwischen dem Thomasevangelium und dem Stein von Rosetta, zwischen Giger und Curie da fing ich an zu atmen, fiel aus dem Raster und fand dich. Zufluchtsort und Insel, Wunderding und Erscheinung der Unmöglichkeit, Sammelsurium der kostbarsten Pflanzen in meinem inneren Garten. Möwen landen auf dem goldenen Dach der blauen Moschee am Bosporus. Die Klagemauer ist ein Zettelchaos. Die Stadt der Engel eine Stadt der Glaubenden.

Wieder fallen schwere Regentropfen der leichteren Sorte auf die gelben Plastikplanen im Zentrum Bogotás auf die Verkaufsstände der gebrauchten Bücher. Vereinzelt rennen Menschen ohne Schirm in der Annahme sie könnten über Pfützen springen. Sie täuschten sich. Es war ein immenser Irrtum. Eine Internetseite ist ein Ausshängeschild, der digitale Raum eine Flucht weg von der Realität, die Antwort ist ein Buch mit sieben Siegeln und der Stillstand eine Frage der Perspektive. Reflektierende Lichtpartikel im Wasser auf den Pflastersteinen, formvollendet und ein wenig trübe. Detailgetreue Abbildungen finden sich in den Figuren über den Türen wieder da die Menschen sich reinwaschen. An einem Tag kannst du um die Welt fliegen. Verne schaffte es in 80 Tagen. Die intelligentesten Leute müssen Personen beschäftigen, die intelligenter sind als sie. Wir weben alle gemeinsam zusammen das Morgen in einem jedem Atemzug. Liebe durchzieht uns und Vertrauen eint uns. Im Kern sind wir alle verbunden. Wir sind alle Cousins und Cousinen. Wie ich heute aufwachte kam mir die Idee von einer Kurzgeschichte. Der Punkt ist allerdings, dass ich keine Zeit finde sie zu schreiben. Milliarden von Ideen in meinem Kopf. Ich habe bereits eine künstliche Intelligenz beauftragt in Abwesenheit für mich zu schreiben. Vielleicht schreibt sie bereits und niemand weiß es. Ich stattdessen schippere auf einem Segelboot einer Nussschale gleich über den Atlantik, habe noch in Lacanau-Ocean einen Espresso und ein Pain-aux-Chocolat gegessen und nun die Sonnenbrille tief ins Gesicht gezogen. Denn mein Plan steht fest: Heute Abend werde ich in Angra do Heroismo ankern. Dort eine weitere gegrillte Dorade (vegan selbstverständlich) verspeisen und beim Prasseln des Lagerfeuers dir einen Liebesbrief schreiben, ihn in der leeren Bordeaux-Rotweinflasche feinsäuberlich verstauen und die Flasche in perfektem Winkel wieder zurück an die Südküste Spaniens versenden. Exakt in dem Moment, da du dort ein Bad nimmst kommt ein Delphin mit selbiger Flasche im Mundwinkel und überreicht sie dir feierlich. Es ist ein kleiner Delphin und es sind sein erstes Vorhaben dieser Form. Deswegen ist er aufgeregt. Aber er macht einen guten Job. Er verliert sogar eine Freudenträne weil du so überrascht bist.

Am Horizont erscheint ein Doppelregenbogen. Gänsehaut überzieht dich. Wer vermaß die Grundgesetze der Existenz? Wie viele Magnete aus Städten werden sich am Ende meines Lebens auf der schwarzen Wand befinden? Zum gegenwärtigen Zeitpunkt befinden sich da Milano, Riga, EGYPT (die schönste Stadt!) als auch Weil am Rhein – Basel. Selbstverständlich ist es ein Trugschluss. Denn wir sind alle Kosmonauten. Wir wurden alle geboren um in der Erscheinung von roten Wasserlilien auf einem Gemälde Monets zu erscheinen. Oder wir waren die Zutaten für Curies Wissenschaft der Radioaktivität. Letzlich ist es bedeutungslos. Es ist bedeutungslos, ob wir bereits in drei Dekaden Absprösslinge der Menschheit auf dem Mars haben werden, ob der Rubenstein-Port dort Realität wird, ob du zeitlebens als Barrista dich betätigst, jeden Morgen drei Stunden Yoga praktizierst, jede Sure aus dem Koran im Tiefschlaf aufsagen kannst oder endlich das Geheimnis der Liebe gefunden hast. Denn was zählt ist das du atmest und ein Teil des großen Ganzen bist. Um die Geschichte also zu beenden. Ich kam pünktlich in Angra do Heroismo an, erblickte während ich einen Kopfstand am Gibbs Hill Leuchtturm auf Bermuda machte ein Funkeln im Wasser. Musste mich kurz verschlucken und innehalten, mich umdrehen und zog sie da hinaus deine Flaschenpost. Du konntest mindestens genau so gut wie ich kalkulieren. Wenn nicht sogar ein kleines Wenig besser. Ich zitiere aus deinem Liebesbrief an mich:

Sterne mögen gefallen sein exakt zum selbigen Zeitpunkt da in der Höhe jenseits dessen was möglich ist in der Tat zwei Tauben mit Ölzweig im Schnabel sich verhedderten und beide wussten, dass sie dazu bestimmt waren gemeinsam ein Nest zu konstruieren. Die beiden Ölzweige waren der Beginn eines Zuhause des Wirs, das Fundament auf welchem die Kindertauben bereits im Jahr 2024 tollpatschige Flugversuche unternehmen wurden, wir würden sie ermutigen mit all den anderen Tauben mit oder ohne Ölzweig im Schnabel verbale und non-verbale Konversation zu betreiben.
Die Summe der Dinge findest du auf diesem Papier wieder, das Kerzenlicht wies mir den Weg in dein Herz und die Mysterien der Mystiker mäandrierten zwischen der Milchstraße und einer Groschenoper. Immer wenn ich an dich denke schlägt mein Herz gleich einem Orchester im lebendigen Zentrum der Altstadt. Egal ob Riga, Vilnius oder Breslau. Hauptsache alle Wege führen zum Uns. In den Ohren nichts als Flausen von den Fragmenten ohne Halt und Boden, aber mein Fuß auf der Erde, mein Fühlen im Einklang mit der Essenz jenseits von gut und böse. Bereits beim Lesen der ersten Worte aus deiner Feder wusste ich, dass es unser Schicksal war zusammen die Fußspuren auf dem Sand der Zeitlosigkeit hinaus in die Zukunft zu unternehmen. Mit 66 Jahren werden wir Armaden von Traumfängerinnen und Traumfängern geflochten haben, Bergkipfel erklommen und Gebirgsgumpen ertaucht haben, wir werden geliebt haben in einem jedem Augenblick, wir werden stets den Mut gefunden haben in der Aussichtslosigkeit die Chance zu finden, wir werden vergessen haben was der Verlust bedeutet ohne Gegenpart, denn wir lernten was es bedeutet wieder an den Neubeginn zu glauben. In Gedanken saßst du am Piano und ich spielte die Harfe, draußen auf der Veranda rannten unsere Kinder den Libellen hinterher, am Himmel ein Windrache und die Weltkarte aus unserer Warte. Sie war nicht perfekt, nichts war perfekt aber in all den Stunden am Feuer, auf der Hollywood-Schaukel, über den Kerzen und den Texten, in den heiligen Orten und in der Gemeinschaft wurden wir uns gewahr, dass wir es waren die weitergaben was all die Generationen vor uns weiterergegeben haben mochten. Denn wir reihten uns ein in die Reihe der Urururururururururururururururururururururenkel, wir waren aus dem gleichen Blut, wir waren alle Fühlende, Entdeckende, Vergebende, Verzeihende, Schaffende, Liebende, Taumelnde und Fallende. Wir standen stets auf von Neuem, wir wanden uns in der Dunkelheit der Nächte und flehten mit letzter Kraft hinauf zu den Sternen. Aber im tiefsten Zentrum unseres Seins hielten wir uns. Wir triumphierten und frohlockten, wir weinten Freudentränen weil es beizeiten so unbegreiflich war dieses Leben.
Also schließe deine Augen und breite deine Arme aus, fliege zu mir und lasse dir von den Gegenwinden neue Höhen aufzeigen, falte deine Hände und hauche in den Lehm all das Leben ein. Denn es ist an dir zu mir zu finden und es ist an mir in deine Arme zu finden, öffne dein Herz und löse dich. Befreue dich und erinnere dich stets daran: In etwa ist es so als würdest du auf den Cliffs of Moher stehen und dann mit irrwitziger Geschwindigkeit immer schneller und schneller rennen und dann wenn du meintest in den Abgrund zu fallen in den Genuss deiner ersten Flugversuche zu kommen. Die Seven Sisters und die Twelve Apostels in greifbarer Nähe, die Größe deines kleinen Ichs im Flügelschlag eines Schmetterlings.

Wir saßen in einer Metro, ich erzählte dir von Southease, dem South-Downs-Link, Dichtling, Brighton, Seaford und Eastbourne. Ich gehe recht viele Seiten eines nicht veröffentlichten Reiseberichtes durch. Es liest sich nicht sonderlich gut, was ich da verfasste. Aber noch kein Meister soll aus dem ersten Zug in den er stieg am Bahnhof „Destination Unknown“ gestiegen sein. So ist es ein weiterer Punkt in dieser unendlichen Kette des Trial- und Error-Prozesses:

In der Wohnung des Freundes steige ich in die Fotografie am Ludgate Circus und lande im Jahre 1931, 23 Jahre nach dem Hans Wilsdorf den Markenname der fünfzackigen Krone als Handelsmarke eintragen ließ. So dokumentierte er den Einfall: „Ich versuchte, die Buchstaben des Alphabets in alle Richtungen zu kombinieren – mit dem Ergebnis, dass ich nach einiger Zeit Hunderte von Namen zur Verfügung hatte, aber mit keinem wirklich zufrieden war. Eines Morgens, ich saß gerade auf dem Oberdeck des Pferdeomnibusses, der die Cheapside in der City of London entlangfuhr, flüsterte mir ein guter Geist zu: ROLEX“
Drei Jahre später zieht Fleming in die Ebury Street 33, weitere 18 Jahre erblickt die Idee eines James Bond in „Casino Royale“ in einen Buchrücken gefasst das Licht der Welt.
Verrückte Menschen kommen in Folge darauf aus Fantasien Filmen wie „About a Boy“, „V wie Vendetta“, „A long way down“, Sherlock“, „Sweene Todd“, „Billy Elliot“ oder „Hugo Cabret“ in der Metropole einen Breitengrad oder 111 Kilometer südlich von Berlin Realität werden zu lassen.
Ich befinde mich wieder im Jahre 2022, es gibt gut ausgebaute Infrastruktur für Rad Fahrende, elektrifizierte Doppeldecker-Busse die nach King’s Cross fahren, Ladesäulen für Elektrofahrzeuge, teilautonome Fahrzeuge aus den USA, mobile Endgeräte in unseren Hosentaschen, grenzenlos verfügbares Wissen auf einen Knopfdruck. Ich befinde mich in einem gesunden Körper mit zwei Händen und einem Kopf, zehn Fingern und zwei Augen, einem Mund und zwei Ohren, der Fähigkeit zu denken und mir Dinge in Vorstellung zu rufen, den festgezurrten Rahmen des Möglichen zu verlassen und ein weitaus größeres Gebilde der Schönheit und Zeitlosigkeit zu manifestieren und die Träume eines Niemands wahr werden zu lassen.

Es ist Sonntag, Menschenmassen bei all den Veranstaltungen im öffentlichen Raum, Konzerte und Schachspielende, Kinder auf den Spielplätzen und Dinge der Unmöglichkeit.

13:34 Uhr – Okay, den Zeppelinflug konnte ich problemlos umbuchen. Es ist jetzt der 03. Mai 2024. Ein begehrtes Gut. Für dieses Jahr gab es kurzfristig im Mai oder Juni auch für die alternativen Routen Bregenz oder Mainau keine freien Plätze. Für den Kölner Dom ebensowenig. Keine Ahnung, was der 03. Mai 2024 für ein Wochentag ist. Es ist mir gleich. Keine Ahnung, wo ich am 03. Mai 2024 leben werde. Es ist mir nicht gleich. Vielleicht bin ich in Südamerika gemeldet. Vielleicht in Spanien. Vielleicht in Polen. Vielleicht in Deutschland. Vielleicht bin ich Millionär. Vielleicht bin ich arbeitslos. Vielleicht steht Perpetuum Publishings im Dax an der Spitze. An der no. 1. Die Zukunft lässt sich nicht vorhersehen. Aber die Zukunft lässt sich planen. Denn die Zukunft ist der Antrieb um dem Moment mit allen Mitteln die volle Kostbarkeit auszuwringen. 15,58 geteilt durch 2,19 ergibt 7,12. Das hat Curie berechnet. Ich gehe davon aus, dass es stimmen wird. Ich packe meine sieben Sachen und gehe über sieben Berge bis hinauf zur Wolke 7. Von Kelten und Feen, von Einhörnern und Meerjungfrauen träumte ich nicht in der vergangenen Nacht. Ich träumte von dir und vom Fallen und vom Gehoben und Gehalten werden. Ich trieb durch den Nil bis nach Alexandria, ich schwamm vorbei an Marokko und durch das Bermuda-Dreieck. Ich verdunstete und ich einte mich im Himmel mit den anderen Partikeln. Es krachte und es blitzte, ich wurde hinuntergeworfen exakt auf die Phoenix-Inseln. Um korrekt zu sein auf Nikumaroro. Ich fiel auf das Blatt eines Baumes, verband mich mit zwei anderen Tropfen und perlte hinab auf den Fels. Wir wurden wieder getrennt, ich sah die mich umgebende Schönheit mit voller Kraft. Sonnenlicht und Palmen, Sandstrände und Muscheln so groß wie italienische Eiskugeln. Zumindest in meiner Imagination. Mein Puls rast, die Humboldt-Briese zelebriert und fragt sich wo El Niño und El Niña sind. In Zimt getunkte Zepter und Zareneier in Liechtenstein. Zunder und Zeiteinheiten, Zirkumzenitalbögen und Zaungäste, Zeppeline und Zaubermeister. Ramses der II. steht aus dem Turin-Museum auf. Ich klappe Notizbuch no. 93 auf, ich bin 65 Jahre alt, wohne in El Maestro unter der Meeresoberfläche und gehe die Liste durch bevor ich in „The Pod“ steige der mich an den Fuß des Zuckerhutes bringen wird:
– Pingualuit-Krater
– Megalithe von Zorakarer, Sissian, Armenien,
– Two Worlds, One Beginning
– Efes, Izmir
– Wat Tham Sua Tempel, Kanchanaburi, Thailand
– Cheomseongdae-Observatorium, Gyeongju
– Pik Swosdni, Ergaki-Gebirgszug, Westsajan
– Kŭmgangsan

„see. think. act.“ und der Kölner Dom. Der Rhein und die Rebellion der Existenz. Ein Spinnennetz mit Tau bedeckt. Die Antwort keine Frage, das Rätsel die Lösung, die Sinnsuche das Licht.

Borges in Genf und Goethe in Weimar, Schweitzer in Lambarene und Sagan auf dem Lake-View, Zweig in Petrópolis und Davies auf dem Hollywood-Forever, Erpenbeck samt Kempinski in Berlin und Bennabi in Algier, Verne in Amiens und Kendall in Sydney, Voltaire in Paris und Fabrizi bei Mastroianni in Rom, Pessoa in Belem und Dickens in London, Heller in Lausanne und Kafka in Prag, Stern in Brüssel und Torberg in Wien, Kurz in Tübingen und lang in einer neuen Zeit. Eine weitere Zweifelwand gleich dem Assuan-Staudamm, Myriaden von Ängsten doch ich vergegenwärtige mir meine Träume und lasse mich zu ihnen an dem goldenen Strang gleich durch ein schwarzes Loch ziehen. Fest im Blick die Tragkraft einer korrekten Vision. Lopreisungen auf den Straßen der Menschheit. Sätze ohne Zusammenhang. Observationen jenseits der Gefühle. Mein Herz der Vollmond über dem Pazifik an Silvester mit dem Feuerwerk. Meine Adern lebend. Meine Flügel flattern. Das Nest das Refugium für die nachfolgenden Generationen. Mein Innen das Metronom. Gehalten in der Welt. Welt die Heimat. Coming Home. Angekommen. Losgelassen. Gefunden. Geborgen. Geboren. Neu. Ein weiteres Mal. Punkt. Komma. Fragezeichen. Das Aufbäumen meines Innen. Jedes Kapitel ein Experiment. Gleichwohl rinnt Gewissheit gepaart mit festem Glauben durch einen jeden Buchstaben inklusive all der Leerzeichen. Angefangen um niemals wieder aufzuhören. Die Kugel sie rollt. Die Maschinerie hat sich in Gang gesetzt. Das Metronom als Taktgeber und Richtungsweser der neuen Zeit. Das Perpetuum Mobile ein niemals endender Traum. Die Tragkraft die Wahrheit. Das Warum die Werft all der neuen Bände. Die Bücher das Ausrufezeichen. Die Essenz trieft aus dem angebissenen Apfel. Adam und Eva. Der Ursprung. Die Explosion. Der Höhenflug. Der Fall. Das Warum. Der Zeppelin. Die Reaktion. Das Grundgesetz. Das irrwitzige Unterfangen und der Glaube an das Unmmögliche. Der Reiter auf dem Bodensee. Myriaden von Morpho-Schmetterlingen in meinem Bauch da es Frühling ist und die Anleitung auf meiner Stirn eingraviert ist was es bedeutet zu lieben. Himmelhoch jauchzte ich auf dem Himalaya nur um einen Wimpernschlag später in den tiefsten Tiefen des Challengertiefes mich zu verlieren, drehte jeden Stein vom Hunderstel ins Tausendste, fand jedes einzelne sakrale Gebäude, las all die Bibeln dieser Welt. Kreiste um das Labyrinth aus der Höhe, traf den Boten aus der Ferne, setzte sie feinsäuberlichen an Wochentagen und Monaten, in Jahren und Dekaden die Steine dieser Brücke der Zeitlosigkeit nur um die Gewissheit in mir zu tragen, dass Jahrhunderte und Millenien begründet werden mussten. Alles zerrießelte, ich stand da gestrandet in der Weite ohne Wasser, hielt auf das zerfetzte Traumsegel mit letzten Kräften um diesen Sand aufzufangen, einte die Körner und konstruierte dieses Monument der Ewigkeit das mir so ewig im Kopfe erschien. Es waren Worte nichts als Worte sagten die Kritiker, Beethoven war nichts weiter als die Ansammlung von Tönen, die Dirigentin auf der Bühne nichts als eine Frau die mit ihren Armen in der Luft umherfuchtelte. Der schiefe Turm von Pisa nichts weiter als ein Irrtum, der Eiffelturm nicht dazu bestimmt die Augen der Öffentlichkeit zu finden. Die Größe meines Selbst in keinem Buch zu finden. Ich öffne das Fenster und trete in die Luft, gehe sie all die Stufen in der festen Gewissheit, dass es kein Babel-Turm ist. Ich mache mir Espresso no. 3 an diesem Tage, presse mir einen frischen Orangensaft, stelle diese Dinge samt meinem Notizbuch und dem Füllfederhalter auf ein Tablett aus Zedernholz, öffne die Türe zur Dachterrasse, setze mich auf die Hollywoodschaukel und blicke in die Tiefen unter mir auf die Spitze des Burj Khalifa. Gelehrte schütteln in koptischen Kirchen die Köpfe und fallen aus dem Rahmen. Die Erde schüttelt sich, all die Bücher fallen aus den Regalen, die Buchstaben geraten durcheinander und die Geschichte der Menschheit wird umgeschrieben. Vom Genius zum Lumpenreißer, vom Duktus des BKR und der Beschränktheit eines Grundgesetzes. Regenfallen fallen wieder, weitere Zeichen von dir, sie wurden geboren und sie wuchsen, sie vergingen und sie zerfielen zu Staub. Aschepartikel in der Luft getragen von dem Wind der Veränderung während wir uns liebten „nur“ um ein neues Wesen hineinzusetzen in diese Welt. Die Zeit stand still und Tiere allesamt in der Versenkung. Wieder nahm ich deine Finger um mit ihnen an den Sternenhimmel die Positionen all der Sterne und Planeten zu verändern, Kuppen am Zenit und Kerben im Holz; wieder hatte ich sie aufgenommen die Melodie und die Menge zelebrierte da es vernünftig war das Formen der frenetischen Jubelrufe im Einklang mit den Echos aus den Räumen fremder Welten abzugleichen. Alles war ein Ding der Unmöglichkeit so lange bis ein Mensch kam dem das alles schnuppe war welche Annahmen und Barrieren da in den Räumen und Zwischenabschnitten sich befanden. Der Flug ein Ding der Unmöglichkeit. Das Fahrzeug ein Ding der Unmöglichkeit. Der angebissene Apfel ein Ding der Unmöglichkeit. Das Internet ein Ding der Unmöglichkeit. Das Radio ein Ding der Unmöglichkeit. Das Fernsehen ein Ding der Unmöglichkeit. Die Mona Lisa ein Ding der Unmöglichkeit. Christus ein Ding der Unmöglichkeit. Die Normalität ein Ding der Unmöglichkeit. Perpetuum Publishings ein Ding der Unmöglichkeit.

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