Ein neuer Weg – Part III
Gliederung
- „A Carreira“
- Das Kreuz der kanarischen Inseln
- A Guarda
- Der Fährmann
- „Die Reliquie“
- Der Strand der Titanen
- „Against the Wind“
- „Hels on Wheels“
- Frieden und Liebe
- Das Grab Fernando Pessoas
„A Carreira“ – Donnerstag, 22. Februar 2024
17:06 Uhr – Negreira
Die Wege verändern sich, unsere Herzen mögen zwar im Einklang schlagen, doch wir fuhren in die entgegengesetzten Richtungen. Wir verloren uns nicht, wir fanden uns in den Unorten und plagten uns. Ich sitze in einem Café unmittelbar im Zentrum der Stadt Ecke Rúa do Carme / Rúa da Cachursa mit dem Namen „A Carreira“ und ich weiß nicht, wie viele Menschen ihr Glück auf dem Jakobsweg gesucht und gefunden haben mögen. Seit einer gefühlten Ewigkeit schreibe ich wieder und es fühlt sich sehr gut an. Mein Fahrrad befindet sich in der Unterkunft, es tut gut es nicht unmittelbar bei mir stehen zu haben. Soll ich morgen weiterfahren? Dieser Morgen war recht anstrengend, es gab viel Wind mit Böen von bis zu 80 km/h und immer wieder Regenfälle. Ich überlegte den Bus nach Santiago de Compostela zu nehmen oder alternativ länger in Muxia zu bleiben. Doch wie bei dem Gefieder des Vogels bedarf es dem freien Flug in der Luft, damit er lebendig bleibt.
Wieder habe ich unzählige Gedanken im Kopf über das Pilgern, die Liebe, die Verbundenheit. Vielleicht sind all die Dinge am Ende des Tages auch ähnlich. Das Schreiben in Südamerika war ein anderes. Aber nun befinde ich mich hier und morgen möglicherweise auch schon wieder an einem anderen Ort. Ja, ich kann in meinen Texten versinken. Die Tage auf dem Sattel tun mir gut. Es sind keine langen Sommertage, vielmehr von 08:00 bis 15:00 Uhr. Eventuell auch ein oder zwei Stunden länger. Was wird mich in Portugal erwarten? Ich glaube nicht, dass ich mich in meinem Leben bereits so lange am Stück in der Natur aufgehalten habe. Eines Tages muss ich nach Muxia zurückkehren und Meeresfrüchte essen. Wobei ich nicht weiß, wie gut die Qualität der Ozeane und ihrer Lebewesen noch ist. Gestern war ich an zwei oder drei Stränden, an dem einen gab es recht viel Mikroplastik und an dem anderen befand sich ein toter Fisch (eventuell ein Thunfisch). Was ist die Essenz des Pilgerns letztlich? Wohin verschlägt es uns am Ende des Tages? Wann werde ich Ma. wiedersehen? Was bringt die Zukunft? Wo ist Marina jetzt? Was ist mir am Wichtigsten? Welche Melodie singt mein Herz? Wie viele Sterne stehen an dem Himmel über meinem Haupt? Welche Vögel durfte ich heute beobachten? Wann wieder Kolumbien? Wann Ecuador? Was ist das Fundament? Vor dem Fenster auf dem Gehweg eine digitale Anzeigetafel mit dem Titel „Camino Fisterra – Muxia“.
19:02 Uhr
Ich denke darüber nach, was mir von Galizien in Erinnerung bleiben wird und was davon ich teilen möchte. Eine Woche werde ich in dieser autonomen Gemeinschaft Spaniens gewesen sein. Der Beginn war hügelig, die Häuser aus Steinplatten gegen die Witterungen konstruiert, die Landschaften ein Traum. Viel Wasser, feuchte Böden, saftig-grüne Wiesen, die Felder zerstückelnde mäandrierende Mauern, Kühe, Schafe, Katzen, dampfende Kamine, von Tau bedeckte Grashalme, kontinuierliche Hügel, herzhaftes Essen, eine in meinen Augen dem Baskischen ähnliche Sprache, positive Energien, Friede und Ackerbau. Galizien das Hobbitland, der Quell des Wachstums, die Oase meiner Seele. Ist es mir möglich auf einer Pilgerreise an einem Ort dauerhaft verweilen zu wollen? Was kommt nach Galizien? Wie oft wird mein Herz in meinem Leben noch schlagen?
Mein Kopf ist aufgeräumt, wenngleich etwas leerer. Seit gestern lese ich wieder Gagarins „Der Weg in den Kosmos“. Wohin wird es mich verschlagen? Richte dich auf, erinnere dich an den doppelten Regenbogen, den du vor ein paar Minuten gesehen hast und sei zufrieden mit dem Menschen der du bist. Welchen Eindruck wirst du auf dieser Welt hinterlassen, was wird dir die Zukunft bringen? Der Moment ist perfekt, die Geschwindigkeit ist in Ordnung, alles ist gut.
22:15 Uhr
Bereits jetzt schon kommt mir die Reise wie ein endlos langes Abenteuer vor. Immer mehr löse ich mich auf und finde mich in der Gemeinschaft, in der Begegnung, in der Natur. Das Vorwärtskommen verleiht mir Flügel, es lässt mich lebendig sein und bis auf den tiefsten Grund meiner Lunge atmen. Ich bin angekommen und gleichzeitig spüre ich, dass es noch wichtig ist, weiterzuziehen. Wir sind alle Menschen, alle eins im Kern, alle Liebe, alle Licht. Dort unter der Sonne und unter den Sternen ist mein Zuhause. Wünsche gehen unweigerlich in Erfüllung. Diese Reise ist kein Wettrennen. Es gibt keine Konkurrenz. Seite an Seite bewegen wir uns kontinuierlich in Richtung des gleichen Ziels. Wir werden angetrieben von einer unsichtbaren Kraft. Diese lässt uns über uns selbst hinauswachsen. Es gibt weder Abgehängte noch Verlierende. Eine perfekte Abfolge stellen wir dar mit einem jedem unserer Schritte. Unsere Herzen schlagen im selben Takt, unsere Atemzüge formen ein unsichtbares Gemälde der zeitlosen Schönheit. Unser Geist bahnt sich fortwährend gen Zukunft um dort das zu erschaffen, was noch nicht geformt ist. Am Montag, den 22. Januar 2024 begann meine Reise, im TGV nach Marseille betrug die Höchstgeschwindigkeit 314 km/h. Auf meiner Strecke heute von Muxia bis nach Negreira hatte ich einen Schnitt von 11,5 Kilometern. Juri Gagarin flog mit 28.000 km/h um unseren blauen Erdenball. Doch ist es letztlich von Bedeutung, wie schnell wir uns bewegen? Wenn ich ins Remstal zurückkommen werde, dann wartet dort die Schreibmaschine samt dem „Les Planes“-Puzzle auf mich. Habe ich einen Fehler gemacht? Habe ich in der Vergangenheit die wesentlichen Dinge auf die leichte Schulter genommen? Ich weiß es nicht… Eventuell mit der Grund, warum ich wieder losgezogen bin, um mein Glück auf der Straße zu finden. Und ja, ich fand es auf einem jedem einzelnen Abschnitt, in einem jedem Austausch des Blicks, in jedem Tier, im roten Milan, im Flamingo, im doppelten Regenbogen, im Rauschen der Wellen, im Wiedersehen mit Martina, in Marina, in Peter mit seinen zwei Hunden Bogen und Pfeil, in Lee mit seinen Tai-Chi-Schuhen, in Simone und dem Rotwein, in Michael und seinen Erzählungen vom Atlas-Gebirge, in Christoph aus Lourdes und in Thomas, in Juan aus Argentinien und in dem gemeinsamen Camino del Norte mit Ma. Zarautz, Irún, Arles, Carcassonne oder Logroño – Ewigkeiten entfernt.
Das Kreuz der kanarischen Inseln – Samstag, 24. Februar 2024
20:31 Uhr – Vigo
Nun bin ich in einer weiteren galizischen Unterkunft. Vermutlich in der letzten bis auf Weiteres. Morgen geht es nach Portugal. Vorausgesetzt, mein Fahrrad macht es mit und es regnet nicht zu stark. Heute war ein sehr intensiver Tag. Noch am Morgen redete ich mit Gustavo aus Vejer de la Fronterra, wir hatten die Kontakte ausgetauscht, dann ging ich dort in ein Café, saß mit Kiki und Carlos an einem Tisch, wir unterhielten uns ein Bisschen auf spanisch, im Hintergrund lief im Fernsehen so etwas wo Autos im Gelände fahren. Ein älterer Herr kam herein, er verkaufte selbst hergestellte Ketten, die mir ausgesprochen gut gefielen. Ich erwarb eine oder vielmehr zwei – man kann sie ineinandersetzen, es gibt den äußeren und den inneren Teil der Pilgermuschel. Einen für Ma. und einen für mich. Dann nach dem Verlassen des Cafés stand am Himmel der Vollmond. Es war ein von Nebelschleiern und sanften Dunstwolken verhangener Vormittag abseits von Straßen. Ich verliebte mich in die Strecke und genoss die Natur. Dann an einer Stelle an der ich langsam fahren musste stand eine Gruppe mit etwa 20 Personen. Sie machten ein Foto, ich fragte, ob ich eines von ihnen machen solle, sie lachten viel, dann meinten sie, ich solle mit drauf, sie machten ein Foto von meinem Rad und mir, dann standen wir noch zu fünft oder zu sechst. Sie fragten mich etwas aus über die Tour, wir redeten, dann meinte die eine von ihnen sie hätte noch ein Geschenk für mich. Sie überreichte mir ein selbst gemachtes Holzkreuz und ich war so berührt von diesem Moment. Ich war ergriffen, mir kamen die Tränen, plötzlich standen wir dort alle und weinten und lachten. Etwas löste sich in mir, die ganze Gruppe hielt mich, ich konnte mich fallen lassen und losgelöst sein. Es war ein intensiver Moment der Heilung. Glücklicherweise fragte mich eine Frau nach meiner Nummer, wir verbanden uns digital und sie übersendete mir die Fotos. Danach fuhr ich langsam, doch immer wieder kullerten die Tränen, so viele Emotionen, so viel Energie. Wieder wusste ich ganz klar, aus welchen Gründen ich diese Tour mache. Die anderen Menschen, die Begegnungen, diese einzigartigen Momente der Kostbarkeit – egal wie vermeintlich kurz sie auch sein mochten – gaben mir etwas, dass ich lange in meinem Leben nicht hatte. Tatsächlich ist es mir ein Rätsel was im Detail auf diesem Weg abläuft. Vermutlich muss ich es auch gar nicht so genau wissen. Ich glaube, man muss es einfach selbst erleben. Nun liege ich also wieder in einem Bett in einer neuen mir unbekannten Stadt. Vigo ist ausgezeichnet, sofort habe ich mich verliebt – das Meer, die Blicke in die Ferne, die Kulisse der Hochhäuser, die Murals, der nicht genau beschreibbare Charme – schlichtweg alles lässt mich spüren, dass ich mich in die richtige Richtung bewege. Und gleichzeitig gibt es bei all den Empfindungen und Erfahrungen immer noch etwas Traurigkeit, die ganz tief in mir abgespeichert ist. Wie werde ich sie los, was mache ich mit ihr? Naja, vermutlich darf ich sie einfach annehmen und akzeptieren. Ich sollte sie nicht verleugnen oder wegdrücken. Sie hat ihre Berechtigung. Aber sie bestimmt mich nicht, sie ist nicht ich, sie ist ein Spektrum der gesamten Gefühlspalette. Morgen ist dann auch schon wieder ein neuer Tag – so viele Eindrücke, so viele Erfahrungen, so viel Neues. Nein, die Zeit kann ich nicht anhalten. Ich bin ein Fragment in diesem Universum, ich bin ich. Aber dieses Erleben des Ichs, meine Definition des Ichs ist wandelbar. Ich verfüge über den geheimnisvollen Schlüssel, mein Innen zu transformieren, in einem Moment bewusst und voller Mut jene Schritte in das unbekannte Land zu setzen und einfach zu vertrauen, dass dieser Planet ein freundlicher, guter, mir wohl gesonnener Ort ist. Und dafür bin ich dankbar. Ich halte fest, welche Menschen ich auf dieser Reise kennengelernt habe: Da wären Jude (Judith) aus Australien, 59, bezeichnet sich selbst als Nomadin, reist danach nach Gambia, Gustavo aus Vejer de la Fronterra (Spanien) mit Kiki und Carlos, hat einen Hund, der ein Influencer ist, reist gerne nach Marokko, kennt Jerusalem, Ägypten, Peru, Thailand, Indien, Vietnam, Cloë aus Südkorea, hat bei der Korea Cycling Federation gearbeitet, geht noch in die Türkei, Simone aus Bergamo, arbeitet als Barkeeper in den Dolomiten, raucht gerne, mag Rotwein und gutes Essen, Martina aus Turin, ihre erste längere Bikepackingreise, hat 10 Jahre lang in Rom als Schauspielerin gearbeitet, hat ihrem Gravelbike einen Namen gegeben, Matthias aus Nürnberg, pilgert vorwiegend aus spirituellen (religiösen) Gründen, fährt einzelne landschaftlich nur bedingt schöne Etappen auch mit dem Bus, schaut sich auf dem Weg die Museen und Kathedralen / Kirchen an, nimmt sich Zeit, hat den einzigen Roman von Rainer Maria-Rile dabei, Bernard aus Paris, bei dem vor seinem Haus ein Schild mit dem Jakobsweg steht, an welchem er jeden Arbeitstag vorbeigegangen ist. Hat im Rentenalter die Möglichkeit genutzt, sich für „längere“ Zeit auszuklinken und Zeit für sich zu nehmen. Candelaria aus Argenitinien, reiste erst in Portugal und stieß dann auf den Camino Frances, heißt wie der Stadtteil „La Candelaria“ in Bogotá. Andrés aus Kolumbien, arbeitete zunächst in einer Logistik-, Speditionsfirma in Madrid, kündigte dann seine Arbeit mit rund 4.000 Euro monatlichem Gehalt, hat einen mobilen Verkaufsstand rund 13 Kilometer vor Santiago de Compostela beim Flughafen, war den zweiten Tag des Jahres 2024 dort wie ich mit ihm redete, erzählt von monatlichen Einnahmen von bis zu acht oder neun tausend Euro. Begann langsam mit ein paar Artikeln und hat dann über die Jahre ein immer umfangreicheres Sortiment etabliert. Während wir uns unterhielten fertigte er weitere Ketten von Hand an. Hat eine Frau und drei Söhne, erzählt von seinem Traum der großen Familie wenn er älter ist. Jetzt muss er arbeiten, überall Dinero, Dinero, Dinero für die Kinder, doch wenn sie groß sind, dann hat Andrés Enkelkinder und ein glückseliges Leben. Nazaret von den kanarischen Inseln mit der Reisegruppe, die von Porto / Tui aus bis Santiago laufen, sie haben mich recht offensichtlich zu sich eingeladen. Kristia aus der Bretagne, in Zarautz im Blai Blai Hostel kennengelernt, reist mit ihrem weißen Wagen, im Kofferraum kann sie schlafen, steht morgens immer um 05:00 Uhr auf und liest in einem Tarotbuch, hatte eine Eingebung den Stimmen der Tiere zu folgen, zieht entlang der Küste am Meer. Marina aus der Unterkunft in Rabanal del Camino, kann guten Chai-Tee zubereiten, wurde vor sechs Jahren von ihrem Vater gefragt, ob sie nicht in der Herberge wohnen und für diese verantwortlich sein möchte…
A Guarda – Montag, 26. Februar 2024
12:06 Uhr – A Guarda
An einem Montag sitze ich mit kleinem Blick auf das Meer in einem Café direkt gegenüber des Rathauses. Meine Tour ist seit rund 10:30 Uhr für diesen Tag beendet, meine Schuhe sind nass und die Gelegenheit ist gut, mir Zeit für das Schreiben zu nehmen und mich einfach treiben zu lassen. Endlich konnte ich die Vigo-Postkarte an Ma. mit einer Briefmarke versehen und gleichzeitig noch fünf für Postkarten nach Deutschland kaufen. Mein Rad ist in der Werkstatt, gegen 16:30 Uhr kann ich es abholen. Die gebrochene Speiche, der lockere Vorderbau, die nicht wirklich funktionierenden Bremsen und die lädierte Schaltung waren letztlich zu viel und ich konnte ein sicheres Fahren nicht mehr gewährleisten. Ich hatte Schwierigkeiten, mich am Morgen aus dem Bett zu schälen, gegen 09:00 Uhr verließ ich als einziger Gast die Unterkunft, wurde dann von ein paar Regenschauern überrascht. Es sind ungefähr 18 Kilometer gewesen, doch meine Beine brauchen eine Ruhe, ich brauche eine Ruhe, ich muss mich selbst wieder weiter finden und zentrieren an einem festen Ort. Ich bin der Meinung, dass sich A Guarda ausgezeichnet dafür eignet. Wieder die Fragen nach der Zukunft und nach meinem Leben insgesamt. Aber sie relativieren sich in Anbetracht der Tatsache, dass es einfach Schritt für Schritt Tag für Tag weiter geht und das Wesentliche im Regelfall für die Augen nicht sichtbar ist. Wir sind als Menschen alle miteinander verbunden. Ich freue mich darauf, diesem Werk „Ein neuer Weg“ weiter Formen und Konturen zu verleihen. Ich spüre, dass ich in den kommenden Tagen wieder deutlich mehr schreiben werde. Die Küste, das Meer, die Vorfreude auf Portugal und Marokko inspirieren mich – da gibt es Einiges, was ich noch realisieren und erleben darf. Ich freue mich auf die Dusche des Tages, ich freue mich auf trockene Füße und ein warmes Bett. Die Sonne hat ihren Weg wieder an die Oberfläche gefunden, erleuchtet unsere Gemüter und Seelen, lässt uns tief durchatmen und schlichtweg sein. In Vigo am Abend in der Bar saß ein Mann mit seiner Frau und drei kleinen Jungen am Nachbartisch. Ich sah und fand mich in ihm, wir redeten nicht viel, doch wir tauschten Blicke aus. Im Anderen schien es jeweils so etwas wie Anerkennung und Würdigung für den Lebensentwurf des Gegenübers zu geben. In dem Sinne wird es Zeit aufzubrechen, meine Sachen zu packen und weiterzuziehen.
13:47 Uhr
Ich habe das Café gewechselt, ein leckeres frisch gemachtes Bocadillo gegessen und die vier Postkarten geschrieben. Meine Füße sind immer noch nass, gleich steuere ich Richtung Pilgerunterkunft um mich aufzuwärmen. Morgen nehme ich die Fähre nach Portugal – ich hoffe, dass alles glatt läuft. In den kommenden Wochen werde ich dieses Notizbuch beenden – noch bevor ich zurück in Deutschland bin. Meine Wurzeln reichen immer tiefer in den Boden, ich verbinde mich mit allem Leben, mit der Bewegung, mit dem Wachstum und dem Sein. Ich bin schon gespannt darauf, was ich in Porto und Lissabon schreiben werde. Langsam taucht es wieder auf in mir dieses Gefühl Berge versetzen zu können und das Unmögliche Realität werden zu lassen.
15:20 Uhr
Wie wird es für mich weitergehen? Was kommt nach Santiago und Fátima? Worauf richte ich meine Aufmerksamkeit? Wie wirke ich als Teil in der Gesellschaft mit? Welche Fußspuren und welchen Eindruck hinterlasse ich? Wo werde ich letztlich landen? In welche Richtung gehe ich? Was verwirkliche ich als zentrale Bestandteile meines Selbst? Welchen Persönlichkeitsanteilen möchte ich noch Ausdruck verleihen? Welche Wünsche und Sehnsüchte dürfen noch manifestiert werden? Was habe ich im Moment in der Hand? Was bereitet mir Freude? Was schenke ich anderen Menschen?
15:36 Uhr (Polarsteps-Eintrag)
Endlich ist da mein Ruhetag. Rund 18 Kilometer bin ich heute gefahren, am Vormittag gab es immer wieder Regenschauer. Jetzt liege ich im Bett, endlich trocknen meine Schuhe, ich bin hier in A Guarda, habe vier Postkarten geschrieben, zwei große Kaffee con Leche getrunken und mein Fahrrad in die Werkstatt gebracht. Ich hoffe, dass wenn ich es in einer Stunde abhole, alles wieder funktionsbereit ist, so dass ich morgen die Tour fortsetzen kann. Portugal ruft ziemlich laut, ich darf mich darauf einstellen. In einem Buchladen namens „Atlantica“ habe ich mir ein englisches Buch als auch „Washi Tape“ gekauft. Ich bin zufrieden. Zumindest ein bisschen. Die Sonne schaut auch heraus. Vielleicht werden im Laufe des Nachmittags noch andere Pilgernde eintreffen… Ich darf darauf gespannt sein.
Der Fährmann – Dienstag, 27. Februar 2024 – Portugal
18:00 Uhr – Vila do Conde
Nun habe ich ein weiteres Land bereist. Endlich bin ich in Portugal angelangt. Lange hatte ich es auf meiner Liste stehen – nun ist es soweit. Der Tag kommt mir bereits sehr lange vor. Möglicherweise liegt es auch daran, dass hier eine Stunde früher ist. Am Morgen nach der Nacht alleine in dem großen Schlafsaal in dem großen Gebäude in A Guarda war ich froh endlich wieder ohne Defekte, Regen oder ausgesprochen starken Wind weiterfahren zu können. Den Briefkasten fand ich unmittelbar am Straßenrand um dort meine vier Postkarten einwerfen zu können. Dann fuhr ich sieben oder acht Minuten und stand am Hafen vor dem Fluss Minho. Die Sonne spickte gerade am Horizont hervor, die Atmosphäre war leicht magisch. Vorfreude keimte in mir auf. Doch würde die Fähre kommen um das Rad und mich an das andere Ufer zu setzen? Mit einem Fischer sprach ich kurz und er meinte, ich solle unbedingt anrufen. Also tat ich das und begriff schnell, dass ein paar hundert Meter weiter die Landessprache eben nicht mehr spanisch ist und ich nur bedingt viel verstand. Doch mein Gegenüber machte mir klar, dass er fahren wird. Im Regelfall (ab März) fährt eine Fähre pro Stunde, in meinem Fall einzig einmal am Tag. Auf der Internetseite war 09:00 Uhr Ankunft angegeben. Und ich stand da und wartete, blicke auf das Wasser und versuchte am gegenüberliegenden Ufer ein Schiff zu erspähen, dass sich in die sanften Wogen stürzte. Aber ich stand da, der Wind pustete, ich war dick eingepackt, die Mütze und die Regenjacke auf dem Kopf, trank den Tee, den mir am Vorabend die aufmerksame Frau der Unterkunft geschenkt hatte und dachte daran, dass ich mit zwei weiteren kleinen Satteltaschen und einem Lowrider auch um die Welt radeln könnte. Jede Reise hat irgendwann ihre Mitte oder ihren Höhepunkt erreicht. Ab dann mag man sich zwar noch in der Fremde befinden, doch es geht wieder zurück nach Hause in die Heimat zu den bekannten Gesichtern und zu den geliebten Menschen. Ab dort fährt man wieder hin zu dem Gewohnten. Dieses Gefühl empfand ich, wie ich am Hafen stand, ich freute mich darauf, Ma. wieder bei Barcelona umarmen zu können und irgendwann danach meine Eltern, meine Schwester, meine Verwandten und meine Freunde wiedersehen zu können. Dann – ich hatte es nicht mehr für möglich gehalten – kam das Boot. Vier Leute stiegen aus in Spanien, ein Mann mit Rad und kurzen Haaren kam als neuer Gast. In „Siddharta“ wird der Fährmann ausführlich beschrieben. Ich glaube in jedem guten spirituellen Buch spielt das Wasser und selbstverständlich das Ufer samt der Querung eine zentrale Rolle. Gute 70 Kilometer habe ich nun zurückgelegt. Für meine Beine war es eine Umstellung. Doch ich ließ es locker angehen. Im neuen Land machte ich bereits nach ein paar Kilometern eine ausführliche Pause. Da waren das Meer und der Strand so verführerisch und ich konnte nicht widerstehen es von einem Flecken besser zu erörtern. Ich aß den Couscous mit der Tomatensoße (Ratatouille). Es war ein schöner und heilsamer Moment. Der offizielle EuroVelo-1-Radweg führte auf der Ecovia Litoral Norte zwischen den Dünen auf Holzplanken, Pflastersteinen oder asphaltähnlichem Belag. Doch es gab auch gute 20 oder 30 Stufen über die ich mein Rad tragen musste – samt Sandverwehungen von einem knappen halben Meter, die ein Fahren unmöglich machten. Ich regte mich über den EV1 und über die Erstellenden der GPS-Dateien auf. Im selben Moment wurde mir dann allerdings schon wieder bewusst, dass ich dankbar sein sollte und ein konstruktives Vorgehen an den Tag legen könne. Ein solches wäre es zum Beispiel den Verantwortlichen eine sachliche und fachlich richtige E-Mail zu schreiben. In diesem Fall verfasse ich ein Buch in dem Glauben, dass es eine Wirkung erzielen wird.
„Die Reliquie“ – Mittwoch, 28. Februar 2024
12:03 Uhr – Matosinhos (Polarsteps-Eintrag)
Hier am Strand sitze ich auf einer Mauer, esse eine Banane, eine Birne, frittierte Bohnen und trinke Tee. Das zweite Mal der Reise war ich nun in einem Radladen. Ich hatte Glück. Ein Platter am Hinterrad hier in Matosinhos. Nur 200 Meter entfernt ein Radladen. Ein guter Radladen mit einem schicken olivegrünen Brompten im Schaufenster samt Fahrrädern der finnischen Marke aus Helsinki namens Pelago. Ich kaufte mir einen neuen Schlauch für 6 Euro, brauchte dann einen neuen Mantel (dieses Mal von Vredestein) für 20 Euro und zwei Paar Bremsbeläge für jeweils 4,90 Euro. Gleich bin ich also in Porto und ich stehe vor der Wahl den Jakobsweg in die entgegengesetzte Richtung zu fahren bis nach Lissabon oder meiner Navigationsapp auf dem EuroVelo 1 an der Küste entlang gen Süden zu folgen. Ich glaube, dass ich die zweite Option wähle.
19:30 Uhr – Furadouro im „Marias – Hostel & Surf“
Was hinterlasse ich in dieser Welt? Was ist es, das letztlich bleibt? Wohin bewege ich mich? Was vermittle ich anderen Menschen? Wie viel Liebe trage ich in mir? Für welche Eigenschaften und Persönlichkeitsaspekte werde ich anderen Menschen in Erinnerung bleiben? Was geschieht morgen?
Der Strand der Titanen – Donnerstag, 29. Februar 2024
14:34 Uhr – Matosinhos (Polarsteps-Eintrag)
Ich bin nun wieder an dem Ort, an dem ich gestern Vormittag mit dem Fahrrad durchgefahren bin. Irgendwie hat es sich so ergeben, dass das Hostel in dem ich übernachtet habe vorwiegend für Surfer ist. Also sind wir heute zu fünft an den Praia do Titan mit dem Auto und fünf Surfbrettern gefahren um ins Wasser zu steigen. Es war ausgesprochen entspannt und befreiend. Ich habe die Zeit genossen und nach knapp drei Stunden in den Wellen meinen Posteingang geöffnet. Da war eine positive Rückmeldung der Literaturwettbewerbseinsendung. Diese schickte ich irgendwann in Ecuador ab. Das bedeutet also, dass meine geistigen Ergüsse und de facto auch mein Name bei einem Buchverlag veröffentlicht werden. Ich bin gespannt, was das für meine Zukunft bedeutet. Eventuell also doch nur eine Frage der Zeit, bis die roten Teppiche für mich ausgerollt werden.
„Against the Wind“ – Freitag, 01. März 2024
21:00 Uhr – Figueira da Foz
Es gleicht einem Wunder, dass ich einen Schlafplatz gefunden habe. Gute 120 Kilometer habe ich in den Beinen. Noch heute morgen saßen wir nach 9 Uhr gemütlich zu viert am Esstisch im Wohnzimmer beim Frühstück. Nun sind Bruno, Ivy, Hendrick und Joshua weit entfernt. Wobei ich Ivy eventuell noch in Lissabon wiedersehen werde. Um 10:00 Uhr fuhr ich nach der Verabschiedung los. Recht schnell regnete es, nach zwei oder drei Kilometern fühlte sich das linke Pedal ausgesprochen komisch an. Es eierte ziemlich, ich fuhr weiter, bis dann nach wenigen Minuten die ganze linke Kurbel locker war und ein Fahren unmöglich machte. Natürlich war direkt in dem Moment eine kräftige Regenwolke über mir. Ich schob ein paar Mal, da ich nicht unmittelbar an der (wenig) befahrenen Straße anhalten wollte, bog in einen Feldweg ab an welchem in greifbarer Nähe ein schönes Pferd stand und war niedergeschlagen. Wieder ein Defekt in kurzer Zeit. Aber was sollte ich tun? Es befand sich weder ein großer Baum mit dichter Krone noch ein Gebäude zum Unterstellen in der Umgebung. Also eben nass werden, die Satteltasche aufmachen, das in A Guarda erworbene Minitool herauskratzen und hoffen, dass es provisorisch mit ein paar Imbusumdrehungen getan ist. Ich befestige also das Pedal, beziehungsweise die Kurbel, verstaue dann alles wieder, atme in Gedanken einmal tief durch, schwinge mich auf den Sattel und hoffe, dass ich mehr oder weniger problemlos treten kann. Hurra, es klappt. Auf einem mit Pollern abgetrennten Zweirichtungsradweg komme ich also wieder etwas vorwärts. So richtig nicht wirklich, der Umwerfer erlaubt mir nicht vom mittleren auf das rechte Kettenblatt zu schalten. Das bedeutet eine höhere Trittfrequenz und eine begrenzte Geschwindigkeit. Recht schnell fällt mir im Augenwinkel ein Fahrradladen auf – soll ich anhalten oder weiter? Sie sprechen kein englisch, ich bitte den Mechaniker mit nach draußen zum Rad zu kommen und zeige auf das Lager. Er rüttelt kurz am Pedal, scheint dann schnell zu wissen was Sache ist und verschwindet im Laden. Ich hoffe, dass er eine etwas bessere provisorische Lösung als ich hat. Leider kommt er nur kurze Zeit später wieder nach draußen, das Teil haben sie leider nicht auf Lager, er nennt mir den Namen eines anderen Ladens gute 15 Minuten entfernt in meine Fahrtrichtung. Allerdings liegt das nur 80 Prozent auf der Strecke – ich müsste einen Umweg in Kauf nehmen. Irgendwie fahren kann ich noch. Also geht es weiter durch Portugal gen Süden. Da kommt die Sonne raus, meine Kleidung trocknet, wenig Autos sind auf der Straße, ohnehin sehr passable Fahrradinfrastruktur und die vereinzelten Leute (vorwiegend 60 Jahre aufwärts), die ich sehe, grüßen auch noch freundlich. Der Tag scheint sich zum Besseren zu wenden. Vielleicht möchte das Universum einfach meine Willenskraft und mein Durchhaltevermögen testen und ich muss mich eben unter Beweis stellen. Also fahre ich entlang des Wassers mit der mir wohlbekannten weiblichen Navigationsstimme im Knopf im Ohr und meiner aktualisierten „Mix der Woche“-Playlist. Dann irgendwann ist der Weg zu Ende. Also nicht wirklich – ich könnte nach rechts oder links – muss allerdings geradeaus und da befindet sich nur Wasser. Es ist 12:25 Uhr, 42,5 Kilometer sind also schon zurückgelegt, die letzte Fähre fuhr um 12:15 Uhr ab, die nächste erst um 14:15 Uhr. So trifft es sich also ganz gut, dass in der verschlafen wirkenden Küstenstadt namens São Jacinto doch eine Panaderia, Bars und Restaurants geöffnet haben. Ich gehe in die Panaderia, glücklicherweise kann die Verkäuferin englisch, sie ist sehr aufmerksam und hilfsbereit – wann sich wohl das letzte Mal ein Tourist an diesen Ort verlaufen hat frage ich mich so wie ich gemustert werde. Sie möchte wissen was ich denn essen möchte, ob ich beispielsweise eine Suppe brauche, ja das wäre jetzt gut, sie nennt mir den Namen von einem Restaurant nur einen Häuserblock entfernt. Zwar war ich bereits am Vortag zwei Mal essen, doch schließlich befinde ich mich nicht so häufig in São Jacinto. Ihre Empfehlung finde ich nicht, dafür zieht mich ein anderes Restaurant an. Ich schaue auf die Karte vor dem Lokal – Speisen gibt es ab 12 Euro aufwärts – okay, dann muss ich eben wieder Geld ausgeben. Innen zwei besetzte Tische mit Einheimischen, die symphatische Bedienung mit einem großen Herz auf dem Pulli kommt sogleich mit einer Speisekarte, ich frage ob es ein Tagesmenü gäbe, gleich auf der ersten Seite – Glück gehabt. Vegetarische Suppe oder mit Fisch, mit Fisch, zum Hauptgang Fleisch oder Fisch, Fisch, Dorade oder der andere, der andere, zum Trinken, ein Glas Bier vom Fass. 10 Euro habe ich noch gelesen. Kann das wahr sein? Kurze Zeit später kommt sie auch schon wieder, stellt neben der dampfenden Suppe noch einen Korb Brot dazu, es schmeckt vorzüglich, ich habe ja schließlich auch Hunger. Ruck-zuck ist alles verspeist, sie räumt den Teller ab und stellt mir einen ausgesprochen großen gefüllten Teller mit Fisch, Salzkartoffeln und Dörrgemüse hin. Da muss es doch einen Haken an der Sache geben sage ich mir. So eine Portion mit so einem Fisch, dass kann es doch nicht für diesen Preis geben. Aber ich schaufle mir nach und nach alles auf den Teller, esse das Brot leer und lasse einzig noch die Gräten über. Zum Schluss gönne ich mir noch einen Espresso. Ich gehe zum zahlen, da sagt sie 10 Euro. Ich kann es kaum glauben – soll das wirklich wahr sein? Ich lasse ihr also fünf Euro Trinkgeld da, verabschiede mich zufrieden, gehe in die Panaderia, bestelle einen Café con Leche und ein Croissant, es schmeckt paradiesisch, es kostet sage und schreibe zwei Euro. Dann ist es auch schon Zeit für die Fähre.
„Hels on Wheels“ – Samstag, 02. März 2024 – Figueira da Foz
10:31 Uhr
Nun bin ich einen weiteren Tag in dieser Küstenstadt. Zwar habe ich in Nazaré für diese Nacht ein schönes Hostel gebucht, allerdings soll es den gesamten Tag regnen und recht stark winden. An der Rezeption wurde mir mitgeteilt, dass die gelbe Warnstufe ausgerufen wurde – was auch immer das bedeuten soll. Nun sitze ich also bequem in einem Café das mir empfohlen wurde als einziger Tourist unter Einheimischen. Ich bin froh einen richtigen Ruhetag zu haben wenn ich auf den mit dicht-dunklen Wolken behangenen Himmel schaue und meine Beine fühle. Der erste Radladen da ich war – ich spürte schon, dass es nicht erfolgreich wird – konnte mir nicht weiterhelfen. Die Frau war sehr freundlich, ein digitales Übersetzungsprogramm war die Brücke der Sprachbarrieren, doch der Mechaniker komme immer nur mittwochs. Sie meinte ich könne eine Fähre nehmen um in die nächste Stadt zu gelangen, dort gäbe es auch eine Filiale, dort würden sie mir eventuell direkt weiterhelfen können. Doch in Anbetracht der begrenzten Zeit wollte ich in den zweiten Radladen direkt vor Ort gehen, der mir von der Suchmaschine ausgespuckt wurde. Die Öffnungszeit war mit 10:00 Uhr angegeben, doch wie ich vor dem Laden angelangt war stand ich vor verschlossenen Türen. Dort stand 10:30 Uhr und das Gebäude samt der Schaufenster sahen recht gewöhnungsbedürftig aus. Also wieder zurück zum Hostel, damit ich noch rechtzeitig vor 11:00 Uhr eine weitere Nacht buchen kann. Das Mehrbettzimmer war einzig für mich – ich gehe davon aus, dass es wieder so sein wird. Am Morgen auf der Suche nach einer Panaderia stolperte ich in eine Markthalle mit viel Obst, Gemüse und Fisch. An der Seite ein schönes Café, ich bestellte den obligatorischen Café con Leche sowie ein Croissant, setzte mich in den angrenzenden Sitzbereich doch war etwas irritiert wie da ein recht wichtiges Schild stand das ich nicht verstand. Vielleicht wird separiert zwischen Bestellungen am Tisch und an der Bar. Ich frage also die Dame am Nachbartisch auf englisch ob sie wisse, was es bedeute und sie meint, es ist der Hinweis, dass es eine Selbstbedienung gibt. Wir unterhalten uns über die Tische hinweg bis sie recht schnell fragt, ob sie sich zu mir setzen könne. Sie ist Engländerin doch wohnt seit dem Brexit in Portugal etwas mehr als 100 Schritte vom Meer entfernt. Sie möchte auch gerne so eine Tour unternehmen – ich erzähle ihr von meinen Eindrücken und Empfehlungen. Wir tauschen die Nummern aus – sie hat viele Träume und Ideen die sie in sich trägt doch bedarf noch mehr Mut um sie Realität werden zu lassen.
14:49 Uhr
Es ist ein sehr entspannter Tag. Immer noch bin ich im Hostel in Figueira da Foz, glücklicherweise stellt es kein Problem dar, meine Nacht in Nazaré kostenfrei auf morgen umzubuchen. Immer wieder regnet es recht stark und ich bin froh, im Bett unter der warmen Decke zu liegen und heute auf das längere Fahrradfahren zu verzichten. Außer dem Essen und dem Schreiben habe ich heute nicht sonderlich viel gemacht. Mein Körper braucht die Ruhe und die Entspannung. Zu Mittag aß ich beinahe ein ganzes 400 Gramm Vollkornbrot, dazu eine Dose Thunfisch mit Öl und einen großen Salat. Zwei Tomaten, eine Karotte, eine Landgurke, zwei Knoblauchzehen, Pfeffer, die Kräutermischung, Salz und das Fischöl. Ewig hätte ich weiter essen können. Glücklicherweise habe ich noch eine Packung Spaghetti, eine weitere Tomate, Knoblauch, Äpfel, Orangen, Haferflocken und Ideen, um bald wieder morgen früh ausführlich essen zu können. Ich habe die aktuellen Einträge der Radreisenden “Hels on Wheels” durchgelesen, mit Ma. telefoniert und war drei oder vier Mal an der frischen Luft.
Frieden und Liebe – Montag, 04. März 2024
09:49 Uhr
Gestern habe ich die Etappenplanung gemacht und bereits heute reiße ich für den März die Vorgabe für den Tag da ich mich dazu entschieden habe eine weitere Pause einzulegen. Die Touristen vom Wochenende sind entfernt, es ist ein entspannter Montagvormittag in Nazaré und ich sitze in einem Café. Meine Beine danken es mir.
10:02 Uhr
Ich weiß, dass ich gerne um meine eigenen Gedanken kreise. Möglicherweise ist es die Diagnose eines Neurotikers. Der Milchkaffee ist getrunken, die Frühstücksbowl gegessen – alles ist gemächlich, alles ist entspannt. Aus dem Innenraum des Cafés weht der Duft eines Räucherstäbchens heraus. Alles ist gut so wie es ist. Wieder die Frage, wie viel ich noch schreiben möchte. Wobei dieses Jahr nicht so sonderlich viel produziert wurde. Es ist immer noch das erste Notizbuch. Ich habe viele Ideen und Vorstellungen für dieses Jahr, doch was davon wird Realität werden? Ich möchte mich sortieren, habe die Hoffnung, dass es dieses Mal hier an diesem Tisch in Nazaré funktionieren wird – aber ist es wahrlich so? Gestern hatte ich viele Einfälle bezüglich meinem Fahrrad, ich möchte eine weitere Lenkertasche für eine Flasche, eine kleine Rahmentasche und die Patches der Länder die ich bereits erradeln durfte. Ich bin in die richtige Richtung unterwegs. In der Unterkunft „Paz y Amor“ lernte ich Nick aus Australien kennen – er fuhr zunächst an der Ostküste des roten Kontinentes mit seinem Rad und hat sich nun von einem Flugzeug bis nach Lissabon bringen lassen um ähnlich wie ich, nur in entgegengesetzter Richtung, bis nach Santiago de Compostela und dann weiter bis gen England zu fahren. Er ist Fotograf und Tonlehrer, hat viele Projekte, die er realisieren möchte und wird und ist insgesamt sehr inspirierend. Was mache ich? Ich verschleudere mein Geld das ich auf der Stadtverwaltung erhalten habe, stecke es in Kaffee, Übernachtungen, Supermarkteinkäufe und Notizbücher. Vermutlich könnte man es besser investieren. Aber letztlich ist es mein eigenes Leben, irgendwie spülte es mich auf dieser rießigen Welle bis nach Nazaré und dort surfe ich auf einem Stimmungshoch. Alles ist gut so wie es ist. Ich trage meine blaue Patagonia-Regenjacke, die bereits an den Taschen und Ärmeln schmutzig und abgenutzt ist. Dabei besitze ich sie erst neun oder zehn Monate. Sie ist für mich wichtig geworden, sie schützt mich vor dem Wetter und lässt mich im Einklang mit dem Wasser wandeln. Ist das Künstlerdasein gleichzusetzen mit einer gescheiterten Existenz? Gibt es das Patentrezept für das glückliche Leben? Mein Fahrrad steht nun im Keller eines fremden Hauses, die Reifen stehen still, wer wäre ich ohne den Sattel? Wohin werde ich in der Zukunft noch fahren? Gestern Abend vor dem Einschlafen zählte ich die Namen der Länder die ich bereits bereiste auf: USA, Mexiko, Kolumbien, Peru, Ecuador, Ägypten, Tunesien, Türkei, Slowenien, Kroatien, Rumänien, Ungarn, Bulgarien, Serbien, Slowakei, Österreich, Tschechien, Polen, Liechtenstein, Schweiz, Griechenland, Italien, Vatikan, Monaco, Frankreich, Spanien, Portugal, Luxemburg, Dänemark, Niederlande, Belgien, Irland, England, Schweden, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Deutschland…
39 Stück in Summe, nicht die Welt doch auch nicht nur ein Dorf. Was ist mit Norwegen, Marokko, Andorra, dem Süden, was mit Indien, Australien, Nepal, Bhutan, Chile, Argentinien, Uruguay, Paraguay, Venezuela, Brasilien, Island, Kanada, Malta, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, dem Kosovo, Albanien, Israel, Jordanien, Syrien, dem Irak, dem Iran, Pakistan, Afghanistan, Bangladesch, Thailand, Vietnam, Japan, Südkorea, Laos, Kambodscha, Singapur, Malaysia, Indonesien, Neuseeland? Werden das die weiteren 39 Länder sein? Ich habe Kopfweh, mir ist übel, ist es das dampfende Räucherstäbchen? Wir befinden uns alle auf der Reise, wir gehen alle unsere Wege, wir sind alle auf der Suche. Los Angeles und Albuquerque sind weit entfernt, warum Portugal und nicht Südamerika? Wo leben, wo Fuß fassen und Wurzeln schlagen, wo ankommen und bleiben?
Das Schreiben ist eine Kunst und es muss eine Kunst sein und der Mensch wird belohnt werden, der diese Kunst bis ins Detail als Meister beherrscht hat. Wohin werde ich auf dem Meer der Zeitlosigkeit gespült werden? Was kommt nach Alpha und Omega? Welcher Gast wird als nächstes das Café betreten? Die Sonne scheint nun, es weht ein sanfter Wind, ich muss dringend meinen Vater einmal wieder anrufen. Was ist Arbeit?
Wohin spült dich das Meer mein Kind – was bedeutet Leben – wer war Pessoa – was wird mich in Marokko erwarten – warum Lissabon – was ist die Zukunft mit Ma. – wie viele Kilometer wird mein Surly LHT noch atmen – welche Notwendigkeit ist gegeben, meinem Innersten Ausdruck zu verleihen? Und wenn ich in drei Stunden noch an Ort und Stelle sitzen werde, dann werde ich in drei Stunden noch an Ort und Stelle sitzen. Ich habe leichtes Bauchweh, vielleicht war es zu viel Kaffee in recht kurzer Zeit am Morgen. Ich habe Nick einen Zettel mit meinen Kontaktdaten geschrieben – wird er sich melden? Die Sonne scheint, sie ist zeitlos, gleichwohl auch vergänglich. Alles ist vergänglich. Selbst das Licht und die Liebe. Der Frieden allerdings ist zeitlos, denn indem wir den Frieden erleben stehen wir wieder auf und leben wahrlich. Fehlt es unser Generation an wahren Poetinnen und Schaffenden? Wer ist noch dazu bestimmt Zeitlosigkeit zu erlangen? Was ist morgen und was in einer Dekade? Was ist die Besonderheit des Jakobsweges? Was wird aus „Perpetuum Publishings“ werden? Wo befindet sich meine nächste Geldquelle? Weiter, immer weiter und weiter und weiter. Der Mond geht auf und unter, das Tintenfass leert und füllt sich, die Wolken kommen und gehen. Alles hat einen Anfang und ein Ende. Gott ist groß und allmächtig, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Der Schaffende muss schaffen – er kann nicht ruhen. Ich bewege mich in einer Reihe von Orten von A zu B zu C zu D zu E zu F zu G zu H zu I zu J zu K zu L und so weiter und so fort. Alles dreht sich, alles bewegt sich. Die Sonne lacht.
Es ist ein herrlicher Tag. Etwas wurmt es mich, dass ich mich gegen das Radfahren und für die weitere Ruhephasen entschieden habe. Vermutlich befinde ich mich am schönsten Fleck Nazarés. Aus dem Hostel im Dachgeschoss blicke ich auf dem Barhocker a den Panoramafenstern auf den berühmt-berüchtigten Felsen mit dem Leuchtturm, der vermutlich schon das ein oder andere Menschenleben gekostet hat. Vor mir erstreckt sich paradiesisch das Meer bis weit jenseits des Horizontes. Teils erhasche ich die Konturen der Inseln Velha und Farilhões. Hier habe ich meinen Platz an der Sonne. Seit guten drei Stunden digitalisiere ich meine handschriftlichen Aufzeichnungen. Die Kombination Bluetooth-Tastatur und iPhone funktioniert recht gut. Mittlerweile bin ich bei Kaffeeliter no. 2 des Tages. Ich weiß nicht warum. Ich höre eine “396 Hz Mental Clarity Magnet”-Playlist. Neben mir liegt ein englisches Buch von Doris Lessing. Ich esse Erdnüsse mit Honig und Salz. Nick aus Australien wird sich inzwischen irgendwo zwischen den ewigen Dünen befinden. Ich hoffe, dass er Rückenwind hat. Wobei wenn er gen Norden fährt und Rückenwind hat, werde ich Gegenwind haben. Ich hoffe schlichtweg für uns beide, dass der Wind in die für uns passenden Richtungen führt. Die Touristenmassen des gestrigen Sonntags wurden von den Wellen weggespült, jetzt ist sie eingekehrt die Ruhe in diesen kleinen magischen Ort. Am Anfang erschien er mir ausgesprochen unsympathisch. Ich konnte nicht verstehen, wie ich dort nur ein Hostel buchen konnte. Wieder wollte ich so schnell wie möglich weiter. Doch selbst wenn mein Fahrrad zu meinen Flossen werden würde – früher oder später müsste ich doch anhalten und schlafen. Lateinamerika befindet sich weit entfernt. Doch geographisch gesehen bin ich hier in Portugal von Europa aus doch schon ein Stückchen näher an Brasilien, Uruguay und Argentinien. Ich müsste mich nur deutlich anstrengen um eine Flaschenpost bis ans andere Ufer zu werfen. Ich atme tief ein und aus. Immer noch die Frage was ich aus meinem Leben anstelle. Ich schreibe. Vielleicht werde ich auch schlichtweg umkippen oder einen Herzinfarkt erhalten da ich zu viel Koffein samt Adrenalin im Blut habe. Ich atme tief ein und aus und richte mich auf. Die Sonne strahlt mir ins Gesicht. Was ist der Wert des Schreibens? Wohin treibt es mich noch dieses surreale Leben?
Ja, wir gehen alle unsere Wege auf dieser spirituellen Reise namens Leben und Gott, das Göttliche, das Universum ist omnipräsent. Wir möchten es manchmal nicht sehen oder wahrhaben das Offensichtliche, dabei steht es glasklar vor unseren Augen. Wir müssen einzig den Mut haben es zu sehen, wahrzunehmen und zu erkennen. Wir müssen anhalten und das Gewohnte sein lassen um unsere Perspektive zu verändern und das einzig Wahre zu finden. Wir müssen den Mut haben und neue Schritte gehen.
Am Morgen schlenderte ich durch die Rua da Paz, ich sog sie ein die Meerluft, den Frieden und die Liebe, das Licht und die Energie. Tief in unserem Inneren tragen wir alle diesen Platz an dem alles möglich ist. Dieser Barhocker ist zum gegenwärtigen Moment mein Leben. Er ist meine Heimat, meine Insel namens Hiva Oa, er ist mein Paradies und mein Anker. Er ist meine Ausrede und mein Rückzugsort. Hier bin ich angekommen. Nein, Portugal ist nicht Lateinamerika aber Portugal ist auch nicht Deutschland. Portugal ist der Frieden. In den Kammern meiner Seele ist sie leiser geworden die Stimme die meint mich an einem anderen Ort befinden zu müssen. Korrekterweise ist sie abgeebbt und im Regelfall nicht mehr vorhanden da die Harmonie der Landschaft, die Annahme mit allem was ist und mich umgibt immer kraftvoller wird. Ich meinte, dass sich etwas Signifikantes verändern würde mit “Heal your Heart”. Doch alles blieb beim Alten. Jetzt kommt ein neues Werk namens “Ein neuer Weg”. Die Möglichkeiten sind allgegenwärtig. Wir sind unerschöpfliche Geldquellen und spirituelle Maschinen, die übersprudeln vor Reichtum, Liebe und Gutmütigkeit. Wir sind nicht ohne Grund auf dieser Erde. Wir wurden dazu bestimmt über uns hinauszuwachsen, Konflikte zu schlichten, Grenzen abzubauen und Herausforderungen als Chancen des Wachstums zu erkennen. Wir sind nicht die Krise, nein, wir sind die Menschen. Unweigerlich wird sich die richtige Arbeit früher oder später auszahlen. Mein Schreiben ist mein Social-Media-Kanal. Mein Atem ist mein Gottesdienst. Mein Durchbruch ist das Erdbeben auf gottfernem Land.
Das verrückte ist, dass wir in einer anderen Welt leben könnten wenn wir nur bereit wären etwas an unserem Denken und Handeln zu verändern. Wir könnten einen Unterschied darstellen, wenn wir aus der Masse herausstechen würden und bereit wären etwas Verantwortung zu übernehmen. Wir könnten wahrlich Großes erschaffen mit unseren technischen Errungenschaften im dritten Jahrtausend nach Christus. Wir befinden uns am Scheideweg der Menschheit. Wir sind exakt dort wo wir uns befinden müssen.
20:04 Uhr
Endlich liege ich im Bett, wieder liege ich im Bett, es gab viel Sonne heute, doch ich nahm sie nur durch die Glasscheibe wahr. Gute 60 Seiten digitalisierte ich, fügte sie auf die Internetseite ein, machte mir Spaghetti mit Salat und Tomatensoße, schlief eine Stunde, las etwas in „Ein Wiedersehen im Sommer“ von Jill Barnett, dachte nach über das Leben, ließ meinen Blick immer wieder auf dem Meer und dem Horizont ruhen und telefonierte mit Ma. Ich bin alleine im Hostel, jetzt bin ich der Friede und die Liebe. Ich darf sie aufsaugen die positive Energie – was spüre ich? Ich vermeide es, auf meinen Kontostand zu schauen. Vorhin befand ich mich in einer Bank, doch ich konnte kein Geld abheben. Beim Einkauf im Supermarkt hatte ich ein bescheidenes Gefühl, ich hatte kein Bargeld mehr, werden sie die Karte erkennen? Mit der Plastiktüte in der Hand war ich erleichtert, doch was ist nur aus mir geworden? Irgendeinem Traum jage ich hinterher. Erst sechs Monate Amerika, jetzt diese Radreise, doch was kommt danach? Vermutlich können die wenigsten Menschen meine unstete Lebensführung nachvollziehen. Doch bin ich zufrieden? Immer wieder sage ich mir, dass ich keine andere Wahl habe. Aber entspricht das der Wahrheit? Was sende ich hinaus ins Universum? Welche unverwirklichten Träume ruhen noch in meinem Herzen? Morgen ist ein neuer Tag, morgen sieht alles ganz anders aus, morgen ist die Welt heil und neu. Ich versinke tief im Zentrum meines Seins – Portugal ist nicht Lateinamerika. Ja, ich muss wieder zurückkehren, daran führt kein Weg vorbei. Nun ist hier der Autolärm, ich könnte mir die Kopfhörer oder die „Peacemaker“ aufsetzen. Stattdessen ertrage ich es – möglicherweise auch nur, damit ich mit dem Außen ein Stückchen mehr in Verbindung bin. Wieder die Frage, was mir wichtig ist im Leben. Freiheit und Entspannung stehen ganz oben auf der nicht vorhandenen Liste. Ich brauche weder ein Auto noch eine feste Wohnung. Ich brauche meine Notizbücher, mein Fahrrad und meine Rucksäcke, meine Internetseite, mein Smartphone, mein iMac und meine MacBooks samt den externen Festplatten. Was ist es, das letztlich bleibt? Was hinterlasse ich für die Nachfolgegenerationen? Was gebe ich Kraft und Aufmerksamkeit? Wie mächtig bin ich? Werde ich Nazaré jemals wieder verlassen? Ich sollte hierbleiben. Ecuador samt dem Manduriacu-Tal, Los Cedros, das Intag-Tal, Quito, La Esperanza und Pijal sind Ewigkeiten entfernt. Dabei ist das gerade einmal zwei Monate her.
20:57 Uhr (Polarsteps-Eintrag)
Another rest day, liters of coffee, smooth waves, sun, seagulls and fresh ink. Planning future cycling trips, waving goodbye to the Australia Nick, probably see him in London. Take it easy and chill, embrace the unknown and let go of what doesn’t serve you.
Das Grab Fernando Pessoas – Dienstag, 05. März 2024
19:49 Uhr – Ericeira
Noch heute morgen habe ich entspannt in Nazaré Espresso getrunken, jetzt befinde ich mich schon ein gutes Stück südlicher. Peniche war besonders, dort saß ich auf einem Felsen mit Blick auf die Inseln und das Meer, ein paar Möwen um mich herum – doch wie geht es weiter? Fátima steuerte ich also nicht an, gleichwohl erblickte ich unterwegs des Öfteren heilige Orte in der Form von Kapellen oder Schreinen, die eine Sternschnuppe oder eines der drei Hirtenkinder zeigten.
21:42 Uhr
Nun liege ich hier im Bett. Der Tag heute war recht günstig. Ohnehin muss ich die kommenden Wochen gut haushalten. Gestern blickte ich auf den Kontostand. Immer noch über 1.000 Euro aber trotzdem. In Lissabon werde ich auf jeden Fall wieder 200 Euro abheben – und dann sehen, was kommt. Ich habe das Warmshowers-Abonnement gekündigt, dafür, dass ich etwas bezahle ist der Service deutlich zu schlecht und die Rückmeldequote war zu gering. Was wird mich in der portugiesischen Hauptstadt erwarten? Werde ich die Route überleben bei den Autofahrenden? Heute war der Tag, da ich auf der gesamten Strecke kein EuroVelo-Zeichen erblickte. Ohnehin ließ die Infrastruktur für einen europäischen internationalen Fernradweg sehr zu wünschen übrig. Vor Peniche gab es einen sehr merkwürdigen Abschnitt. Golfplätze, SUVs, rießige abgeschottete Ressortanlagen, eine Tennisakademie und Informationsstände für Immobilien und Bauprojekte. Die Gegend erschien mir nicht sonderlich sympathisch. Vermutlich war auch das mit ein Grund, warum ich deutlich über 100 Kilometer fuhr. Was hätte ich dort auch machen sollen? Es gab keine Zeit für das Trödeln. Am Vormittag machte ich eine Pause um mein Rad zu warten. Es war längst überfällig. Die Stelle da ich hielt war perfekt. Der Frieden samt der Windstille waren omnipräsent. Zuerst reinigte ich Rahmen, Bremsen und Schaltung mit dem alten T-Shirt, dann ölte ich die Bremsen, die Kette, den Umwerfer und das Schaltwerk. Vorne brachte ich neue Bremsbeläge an. Das linke Pedal löste ich, ich reinigte die Kurbel und befestigte sie sorgfältig doch mit viel Kraft wieder. Die investierte Zeit hatte sich gelohnt. Auf den 100 nachfolgenden Kilometern hatte ich kein einziges Problem mehr. Die Straße ging immer wieder hinunter zum Meer und dann kurz darauf wieder recht stark nach oben. Immer hoch und runter. Ich weiß nicht mehr exakt, was heute und was die vergangenen Tage geschehen ist. Alles zu seiner Zeit. Ja – alles zu seiner Zeit. Was ist mir für Lissabon wichtig?
- Auf einen oder zwei Friedhöfe gehen
- Das Grab Fernando Pessoas besichtigen.
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