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„Manchmal braucht es nichts und doch so viel“

Es ist der 28. September 2023, ein gewöhnlicher Donnerstag in Ecuador. Ich sitze an einem meiner Lieblingsplätze auf einem Stein auf, im oder am Rio Magdalena. Auf meinem Schoß befindet sich mein Notizbuch, in meiner linken Hand mein Füllfederhalter mit dem goldgelben Stern auf der Kappe und dem kleinen Prinzen auf der Feder, dessen Haare sich immer mitternachtsblau färben wenn ich ihn – den Füllfederhalter, nicht den kleinen Prinzen – auffülle. Eventuell schreibe ich auch mit einem Kugelschreiber (es ist schon zu lange her, um mich an jedes einzelne Detail erinnern zu können). Es ist eine Uhrzeit am Nachmittag und ich weiß, dass der Text, den ich verfasse der Bestandteil eines Schreibwettbewerbs ist.

Es ist der 29. Februar 2024, ein relativ warmer Donnerstagmittag in Portugal. Am Praia do Titan, am Strand der Titanen, verlasse ich gerade das Meer mit einem Surfbrett unter dem Arm. Die anderen vier der Gruppe befinden sich noch im Wasser. Mit meiner rechten Fußsohle muss ich auf eine Scherbe getreten sein. Meine Glieder schmerzen, ich habe 2.156,72 Kilometer in den Beinen und durfte die Landschaft von Marseille aus mit dem Fahrrad bis zu diesem idyllischen Fleck erkunden. Ich nehme das Handtuch und trockne mein Gesicht ab, zücke mein Smartphone aus dem Rucksack um zwei Fotos zu machen, aktiviere das Internet, synchronisiere das E-Mail-Postfach und finde dort eine neue ungelesene Nachricht. Es ist eine Zusage aus Düsseldorf, die mich nun hier zwischen Santiago de Compostela und Huelva am Atlantik mit einer Sicht auf die Azoren und auf Amerika erreicht. Und ich bin mittendrin.

Es ist der 28. März 2024, ein noch wärmerer Donnerstagvormittag in Spanien. An der Metrostation „Girona“ inmitten eines neu angelegten Superblocks betrete ich eine Papeterie. Genauer gesagt die „Papereria Canut“. Der ältere Herr am Tresen mit seinem silbergrauen Haar und dem modischen Hemd begrüßt mich mit einem freundlichen ermutigenden Blick. Ich weiß sofort, dass er der Inhaber dieses Kleinodes ist. Auf einem USB-Stick habe ich den erforderlichen Vertrag, den ich ausdrucken, unterschreiben, einscannen und wieder zurücksenden muss. Auf einem besonderen Papier setze ich unter die schwarzen Buchstaben meine Unterschrift und streiche ein paar Zeilen durch. Die Sonne steht einer orientorangenen Kugel gleich über der katalanischen Hauptstadt. Ich wage es das Foto auszuwählen, das mich in einem burgunderrotfarbenen Hemd zeigt, und in Nürnberg (korrekterweise Erlangen) aufgenommen wurde. Beim „Über mich“-Text füge ich ein Zitat Fernando Pessoas ein: „Ich bin so groß nicht wie ich bin, sondern so groß wie das was ich sehe.“ (Porque eu sou do tamanho do que vejo/ E não do tamanho da minha altura…) Nur ein paar Wochen zuvor (bevor ich in Marokko war, Vejer de la Frontera, Cádiz und den Cabo de São Vicente kennenlernte, ehe ich auf einem Abschnitt des Europäischen Fernradweges EV1 zwischen der Cristo Rei-Statue  in Almada und den Hügeln um Setúbal beinahe von rechts und links neben mir passierenden Lastkraftwagen erdrückt wurde), verweile ich andächtig wie ein kleiner Schuljunge im Innenhof des Hieronymitenklosters in Lissabon vor dem Grabstein des portugiesischen Dichters und den Worten: „Öffne nicht nur das Fenster/ Um die Felder und den Fluss zu sehen./ Es genügt nicht, nicht blind zu sein/ Um die Bäume und die Blumen zu sehen.“ eines seiner Heteronyme namens Alberto Caeiros vom 19. April 1919.

Es ist der 24. Dezember, ein ungewöhnlich wenig kalter Dienstag, Heiligabend, und ich bin enttäuscht. Ich wollte gedruckte Exemplare von einem im Handel erhältlichen Buch in Geschenkpapier wickeln, sie in fremde Hände legen, auspacken und Augen und Herzen aufleuchten lassen. Aber das angekündigte Datum hat sich ohne eine Benachrichtigung verzögert. Da fängt sie an die Stimme in meinem Kopf, dass es doch zu schön gewesen wäre um wahr zu sein. Ohnehin – vielleicht habe ich das alles nur geträumt. Ich kämpfe mit der Enttäuschung, wenngleich ich mich von ihr nicht mehr so stark aus dem Konzept bringen lasse…

Es ist der 13. Januar 2025. An diesem Montagabend erreicht mich die ausgesprochen wichtige und bahnbrechende Nachricht, dass „Manchmal braucht es nichts und doch so viel“ am 30. Januar 2025 veröffentlicht wird. In dreifacher Ausfertigung gibt es das Werk als E-Book oder analog als Taschenbuch und Hardcover-Ausgabe zu erwerben. Ich habe mir bereits eine Buchhandlung in Saarbrücken ausgeguckt, in welcher ich ein Exemplar telefonisch bestellen werde, um dann an einem Samstag im Februar mit ihr in diesen Laden zu gehen, einen zehn Euro-Schein und zwei zwei Euro-Münzen zu übergeben und darum zu bitten, die Anthologie als Geschenk zu verpacken. Dann werde ich ihr in einem Café dieses Päckchen überreichen und froh insbesondere auch deswegen sein, da ich weiß, dass sie den Text „Im Fluss“ in mindestens eine andere Sprache übersetzen wird.

Das neue Jahr hält viel bereit. Am Internationalen Tag des Buches, beim Saint-Jordi-Fest in Katalonien, werde ich ihr in Barcelona eine lodernde Rose schenken und im Gegenzug ein Buch überreicht bekommen. Ich werde es des Weiteren schaffen, in Hamburg das Montblanc-Haus zu besichtigen und im November wieder beim NaNoWriMo, dem National Novel Writing Month, zum vierten Mal teilzunehmen.

Die Zukunft ist ein ausgesprochen verrücktes Konstrukt. Unzählige Ideen und Projekte gibt es, die ich verwirklichen möchte. Gefühlt stehe ich erst am Anfang meines Weges, gefühlt bin ich erst im Begriff gehen zu lernen. Sei es drum, an einem mir nicht näher eruierbaren Punkt wagte musste ich wagen zu springen und zu fliegen. Ich saß am Schreibtisch, klappte mein Notizbuch auf, setzte die Füllfederhalterspitze auf das Papier und ließ meiner Imagination freien Lauf.

Ich weiß, dass ich zu nicht viel tauge. Oft fühle ich mich fehl am Platz, verstehe die Welt nicht so wie sie ist und frage mich, warum ich bin so wie ich bin. Aber irgendwo in mir drin sind da die Worte gepaart mit der Gewissheit: „Ich bin so groß nicht wie ich bin, sondern so groß, wie das was ich sehe.“

Die Zukunft ist ein ausgesprochen verrücktes Konstrukt. In ihr ist alles möglich. Die Zukunft wird stets im gegenwärtigen Moment erschaffen, sie wird erdacht, sie entsteht in unserer aller Seelen, Herzen und Geister. Unsere Hände haben die Fähigkeiten Wunder zu vollbringen und Heilung zu schenken. Wir haben die Wahl welches Morgen wir sehen, fühlen und de facto wir schöpfen.

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Der Link zu „Manchmal braucht es nichts und doch so viel“ auf der Internetseite des Gedankenkunst-Verlags: https://gedankenkunst-verlag.de/produkt/manchmal-braucht-es-nichts-und-doch-so-viel/

*Es handelt sich hierbei nicht um einen gewerblichen Produktlink sondern lediglich um eine Weiterleitung und Empfehlung zu einem Produkt, bei dem ich mitgewirkt habe.

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