El Diario,  art,  formgiving,  pyIII

„Heal your Heart“ – El Diario – Finale

Der Cotacachifensterplatz – Dienstag, 09. Januar 2024

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08:56 Uhr

Mit dem Deutschlandticket bin ich bis nach Lörrach unterwegs um mein Fahrrrad abzuholen. Es ist eine Odyssee. Mit an Bord habe ich „Menschensohn“ von Augusto Roa Bastos. Der Bus als Schienenersatzverkehr von Stuttgart-Vaihingen schaukelt über die Straßen durch die Stadt. Ich bin gespannt, ob die Ankunftszeit pünktlich in Oberndorf am Neckar sein wird, damit ich die Anschlussverbindung erhalte. Lateinamerika ist jetzt Welten entfernt. Nun darf und muss ich hier schauen, wie ich zurechtkomme. Die schmalen Wiesenstreifen sind gefroren und von einem sanften doch intensiven Weiß bedeckt. Es ist kalt. Wenn nicht der Streik die Deutsche Bahn lahmlegt, dann macht es der Winter. Vor einer Woche setzte ich mich in Otavalo in den Fernbus nach Quito. Gar nicht so weit entfernt entdeckte ich von meinem Fensterplatz auf der linken Seite aus dieses weit über 5.000 Meter hohe Ungetüm. Ich glaube, es war der Vulkan Cotacachi. Oder der andere mit C. Die Rosen aus den Gewächshäusern

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folgten mir bis nach Europa. Nun weile ich also hier auf Zeit – was ist morgen? – ich weiß es nicht – Sonntag gen Barcelona und sieben Tage später gen Straßburg. Alles zu seiner Zeit. Hamburg trage ich weit im Rücken – was machst du aus deinem Leben, wohin wird dich dein Weg noch verschlagen? Suboptimal ist es bei kurviger Strecke auf das Papier zu starren, eine leichte Übelkeit dringt in meinen Kopf, ich hoffe, dass ich mein Rad noch auffinden werde.

10:33 Uhr

Der Tag ist prächtig. Vorhin aus der S-Bahn fand ich in der Ferne den Sonnenaufgang. Jetzt auf der Strecke zwischen Oberndorf am Neckar und Singen (Hohentwiel) tauche ich weiter ein in den Frieden. Es ist eine angenehme und besondere Stimmung. Ich trage Ecuador in meinem Herzen. Ich trage die Welt samt einem ganzen Universum in meiner Seele. Schließe ich die Augen, dann höre ich das Fallen der Regentropfen auf dem Wellblechdach, das Rauschen des Rio Magdalena und das Miauen der Katzen. Ich bin frei, mein Rucksack ist mein Sparringspartner, auf zu neuen Abenteuern. Wird mein Fahrrad nicht mehr aufzufinden sein, dann besteht immer noch die Option, meine Füße in die Hand zu nehmen und nach Santiago de Compostela zu laufen. Ein Engel schwebt über mir. Nein – eine ganze Heerschar von Engeln. Habe ich etwas zu erzählen? Wir tragen alle unsere Geschichten in uns gespeichert. Es gibt nicht den einen korrekten Weg auf der Verstandesebene. Doch es gibt ihn, den korrekten Weg in der Tiefe unseres Selbst. Wir dürfen das Vertrauen bewahren, dass sich all die Puzzlestücke einen. Letztlich geht es um den Glauben und um das Vertrauen. Die Liebe ist der unsichtbare Kit, der sie jeweils miteinander verbindet. Es ist eine Reise durch die Zeit. Ein Neubeginn. Ein Wettstreit der Kräfte. Eine Symphonie der Freude. Ohne mit der Wimper zu zucken wirst du dir eingestehen, dass der Friede das Wichtigste im Leben ist. Im Angesicht des Todes relativiert sich so

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mancher Gedanke. Halte sie an die Zeiger der Uhr im Raum der Geschehnisse. Ich spüre meine Füße auf dem Boden. Ich wachse über die Ansammlungen der Betonklötze und stehe dort mit gefalteten Händen an einem Punkt, den es im Prinzip gar nicht gibt. Und trotzdem oder vielleicht sogar exakt deswegen geht es. Mein Herz heilt. Bei jedem sanften Schlag bewegen sich die Flügel der Schmetterlinge, Kolibris und Tukane im Manduriacu-Tal. Du hast bereits längst gefunden, wonach du auf der Suche warst. Die Summe der Dinge ist endlich. Nicht so mit dir, du verfügst über eine Klaviatur, die eine unbegrenzte Anzahl an Melodien zur Welt bringen kann. Es ist die dritte Seite des Tages in „la hija de venezuela“, ich schreibe mit einem schwarzen Kugelschreiber in Druckbuchstaben. Es ist der Ursprung. Die Sonne liegt hinter dem traumhaften Weiß verborgen. Die Mondin lacht in den Quinini-Bergen. Du denkst, dass es eine in Gänze gewöhnliche Zugfahrt ist; aber nein, das ist sie nicht. Bisher schrieb ich jeden Tag des Jahres. Es ist eine Meisterleistung. Zwei Mal lief ich. In Summe rund zwei Stunden. Wird Ma. ihre Arme für mich öffnen? Was ist der Traum der Zeit? Wohin verschlägt es mich? Wem darf ich mich noch weiter anvertrauen?

14:49 Uhr

Ich sitze wieder im Zug Richtung Karlsruhe, mein Fahrrad befindet sich hinter mir. Es wird mich nach Santiago de Compostela und nach Portugal bringen. Ich darf das Vertrauen besitzen, dass sich nach und nach all die Dinge fügen. Was würde ich gerne heute verändern? Ich möchte mich in der Stille, in den Begegnungen im Außen als auch in meiner Imagination im Morgen so zeigen wie ich bin. Ich möchte das erreiche, was an mir ist erreicht zu werden. Ich möchte das ausprobieren, was es wert ist ausprobiert zu werden. Ich möchte im Geiste fassen, was dazu bestimmt ist manifestiert zu werden. Ich möchte heilen tief aus meinem Selbst heraus.

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Ich möchte aufhören länger aufzuschieben und anzunehmen, was ich nicht beeinflussen kann. Ich möchte ein Denkmal erschaffen in der Gewissheit an die Zeitlosigkeit. Ich möchte aufhören mit den Gewohnheiten, die längst überfällig sind und mir all die Wundergedanken und -taten aneignen. Ich möchte beten und segnen, träumen und vergeben, annehmen und lieben, transformieren und integrieren, erschaffen und schlichtweg sein. Ich möchte über mich herauswachsen und das Notwendige umsetzen. Ich möchte fühlen und wahrnehmen was ist. Als Mensch kam ich auf die Erde, als Mensch werde ich eines Jahres sterben, doch dazwischen weiß ich, dass ich irgendwo erwachte, dass ich mein altes Ich beerdigte und von den Toten auferstand. Mir wurde die Zeitlosigkeit geschenkt. Ich richtete meinen Fokus auf das Ewige. Ich flog mit den Spirits und mit den Vögeln. Ich kletterte auf die Berge und auf die Höhen all der Ländereien. Ich verwirklichte mich. In der dunkelsten Phase meines Lebens fand ich den größten Teil meiner Essenz. Im Abgrund lernte ich mich an das zu klammern, was für mich von Bedeutung war. Ich wurde mir gewahr, dass ich von einer höheren Kraft gehalten werde. Ich musste mich auf den Boden knien, meine Hände falten und zum Himmel flehend klagen und schreien. Tränen benetzten meine Augen, fielen auf den Boden und wurden verschluckt vom Erdreich ohne Anzeichen von Samen oder Pflanzen. Ich öffnete meine Augen voller Verzweiflung, dort war der Anblick der rief: „Du bist exakt auf dem richtigen Weg, du bist dazu bestimmt, erfolgreich zu sein. Du bist im Transformationsprozess und hast deinen Kokon durchbrochen. Du bist die Schulter für die Schwachen, der Lehrer für die Schüler und ein Schüler selbst zeitlebens vor dem Schöpfenden. Du bist

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angekommen. Du wirst immer wieder diese Täler der Dunkelheit durchwandern, doch du hast sie entzündet die Kerze mit dem Licht. Du erhellst all die Schwärze und verbindest, was geeint werden muss.“

15:21 Uhr

Du wirst immer auf die Probe gestellt werden. Es gibt kein Zurück mehr und das weißt du genau. Du magst zu einem gewissen Teil noch auf der Suche sein. Aber tief in dir bist du bereits mit dem Wesentlichen in Verbindung.

15:36 Uhr

Der Besuch im Dreiländereck war kurz und gefühlskalt. Ich spürte, dass es die richtige Entscheidung war, von dort wegzuziehen. Ich habe dort keine Wurzeln geschlagen. Ich brauchte den Wandel. Amerika brachte viele neue Impulse gleichwohl nicht minder Herausforderungen. Doch das ist freilich das Leben. Ich frage mich, wohin es uns als Menschheit in weiteren 33 Jahren getragen haben wird. Was bringt das Morgen? Wo ist Gott? Wer lebt den Wandel am natürlichsten? Was ist es, das letztlich bleibt? Was spüre und was fühle ich, wie sehr kann ich mich fallen lassen, wohin treibt mich der Ozean der Unendlichkeit?

Zurück im Glück – Montag, 08. Januar 2024

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20:08 Uhr

Gute 1,5 Stunden war ich vorhin draußen, es lief gut, war recht kalt und heilend. Auch wenn ich spüre, dass das Laufen ein Ventil zum Ausgleich meiner Gefühle darstellt brauche ich es als auch die Natur. Jetzt merke ich meine Beine. Ich muss allerdings auch etwas in Form kommen, wenn ich bereits am 21.01. von hier aus bis Straßburg fahren möchte. Ich darf vertrauen, dass das Richtige passieren wird. Gerade habe ich das Buch „Bereit für die Zukunft“ von

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Jane McGonigal einer Spieleentwicklerin und Zukunftsforscherin begonnen. Mein Vater hat es mir vorletztes Weihnachten geschenkt. Was wird aus „Perpetuum Publishings“ werden? Muss ich alles auf eine Karte setzen? Ich kann nicht ewig zweigleisig fahren. Wo werde ich wohnen und womit mein Geld verdienen? Ecuador ist jetzt ausgesprochen weit entfernt, fast ist es wie ein tiefer Traum. Aber in mir sind da diese Impulse in Form von Gedanken oder Erinnerungen: „Dort ist es jetzt sechs Stunden früher, dort befinden sich die zwei Katzen, all die Menschen, die ich kennenlernte und und und.“

Was wird dieses Jahr bringen? Barcelona ist ein sehr schöner Beginn,

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alles kann ich dann eben doch nicht planen und exakt das macht es möglicherweise so reizvoll. Gute 15 oder 16 oder noch mehr Notizbücher habe ich im letzten Jahr gefüllt. Wie viele werden es in diesem Jahr werden? Wie viele in dieser Dekade? Wie viele in meinem Leben? Heute hatte ich ein sehr kräftezehrendes Gespräch mit meiner Mutter. Es tat gut im Nachhinein, im Erleben fühlte es sich scheußlich an – ein wenig wie das Sterben. Was bedeutet es als Mensch frei zu sein? Wo geht man hin, welche Entscheidungen trifft man, gibst du auf, an deine Träume zu glauben und daran zu bauen? Ich brauche das Buch von Juri Gagarin. Eventuell geht es mir dann besser.

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20:23 Uhr

„Weg ins All ist der Name“. Ein Finger tut mir weh, die Haut ist von der Kälte spröde und rissig. Ich habe ein Teelicht angezündet. Heute hörte ich wieder eine gute Stunde ein Video mit christlichem Glauben, Gott und Inspiration. Es tut mir gut. Gerade gibt es mir Halt. Viel muss noch durch mich hindurchbrechen. Aber irgendwie wird es mir gelingen. Bin ich nicht doch ein Versuchskaninchen in diesem Raum-Zeit-Gefüge im Dritten Jahrtausend nach Christus, das in die Menschheit gesetzt wurde und nun zu schauen hat, wie es überlebt? Alles nichts als Schall und Rauch. Ideologische Wahrheitsgehalte vergeblich zu suchen. Nur nicht müde werden Krieger – fechte deine Kämpfe tief in der Stille des Verborgenen. Bewahre dir das Vertrauen. Genial, dass ich bald in Barcelona, in Marseille, in Arles, in Montpellier, in Carcassonne, in Lourdees, in oder hoffentlich besser auf den Pyrenäen und in Spanien bis gen Santiago de Compostela schreiben werde. „Ein neuer Weg“ wird „Heal your Heart – El Diario“ ablösen. Es fühlt sich gut und stimmig an. Was bringt das Morgen? Schließe deine Augen und erschaffe es dir im Geiste. Es wird schon schief gehen. Die Sanduhr darf tanzen. Nur dieses eine Mal – ein winziges Bisschen. Denn alles hat seinen Platz in diesem Universum, alles dreht sich und fortwährend, ja da denke ich an

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dich und wie es wohl sein wird, wenn wir uns wiedersehen werden. Surreale Geschichte. Müdigkeit. Letzter Nerv.

21:24 Uhr

Ich atme tief ein und aus. Ich spüre meinen Körper und den Frieden in mir. Ich fühle mich wohl in meiner Haut. Wir haben alle unsere eigenen Lebensthemen. Im Wohnzimmer unten zog ich die Engelskarte „Schutz“ mit dem Text: „Engel sind personale Mächte, Mächte, die mein Personsein schützen.“ Was wird er bereithalten der morgige Tag? Worauf richte ich meine Aufmerksamkeit? Wenn ich mich entwickle, entwickeln sich automatisch auch die Beziehungen zu den anderen Menschen. Stehe ich immer noch vor einer unsichtbaren Schwelle, die ich überschreiten darf? Wie stark ist Gott gerade bei mir? Was wünsche ich mir? Was bete ich? Wie wichtig sind mir meine weiteren Schritte?

The Flame of Peace – Sonntag, 07. Januar 2024

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21:28 Uhr

Das Teelicht brennt vor der Postkarte „The Flame of Peace“ unter der gelb blühenden Rose. In sie-…

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ben Tagen werde ich in Barcelona sein. So ganz kann ich es noch nicht glauben. Wieder ist da diese Leere in mir. Die Reise ist zu Ende, doch was kommt jetzt? Ich spüre diesen Widerwillen und diese Negativität in mir wenn es darum geht, mich zu bewerben. Automatisch zieht es meine Energie runter, ich fühle mich schwach, meinem Schicksal ausgeliefert, habe ja doch nichts in der Hand und muss mich letztlich einfügen. Es zählt nicht, was ich will. Die sechs Monate Amerika sind abgeschlossen, vorhin öffnete ich zwei Mal den Inkognito-Tab. Ich fühle mich schlecht und schuldig. War alles umsonst? Bin ich ein Versager? Wo ist mein Herz? Ich bin gefühlt entkoppelt. Ich bin traurig. Wer bin ich? Wird aus mir noch

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etwas werden? In welcher Realität kann ich leben? Ich verstehe die Welt nicht. Was mache ich? In meinem besten Alter bin ich und ich habe wieder die Tendenz, mich hier in meinem Zimmer zurückzuziehen. In der Natur fühlte ich mich wohl, dort hörte ich immer die Geräusche der Natur, da war ich verbunden. Doch was jetzt? Klassischer Job, fünf Tage in der Woche, wieder an meine Grenze gehen, wieder versagen, wieder auf die Schnauze fliegen? Stell dich nicht so an, du musst ins kalte Wasser geworfen werden, wenn du jetzt nicht weißt was du willst, wann willst du es dann wissen? Meine Motivation ist auf dem Tiefpunkt. Was sind sie wert die Spaziergänge, die Be-…

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dürfnisse nach der Natur, die Neugierde, das Reisen, das Schreiben? Das „Perpetuum Publishings“-Buchregal ist voll, ich brauche ein zweites. Was bringt die neue Woche? Morgen ist Montag, ich muss mein Arbeitszeugnis anfordern, ich muss mich mit Begriffen wie Arbeitsagentur, Vorstellungsgespräch oder Versicherung plagen. Muss ich das wirklich? Gibt es nicht die Möglichkeit so richtig aus allem auszusteigen, die Schotten dicht zu machen und die Verbindungen zu kappen? Bin ich dann glücklich auf meiner einsamen Insel? Was mache ich mit den Beziehungen, wo ist dann die Bewegung samt der Lebendigkeit? Es ist ein Treten auf der Stelle, ein Vor und Zurück,

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ein großes Rätsel. Ich weiß, dass ich wieder nach Lateinamerika gehen werde. Wann? Ich könnte mir unmittelbar das nächste Flugticket buchen – aber müssen es immer die wahnsinnigen Sprünge sein? Ich möchte doch einfach nur in Frieden an einem Bachlauf sitzen, den Vögeln zuhören und sein. Ich möchte doch einfach nur ich sein ohne jemandem immer etwas beweisen zu müssen. Ich möchte lieben, ich möchte atmen, ich möchte Momente erschaffen, in denen ich die Zeit gemeinsam mit meinem Universum oder mit Ma. anhalten kann. Es braucht weder das Schnelle noch das Übertriebene. Es braucht Wurzeln und Erdung. Doch wo findet man das? Wo findet man das

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eigene Herz? Ich glaube nicht im Inkognito-Tab oder in Dingen, auch nicht notwendigerweise ausschließlich in Ratgebern. Man findet es gespiegelt im Wald und am Wasser, im Himmel und auf der Wiese, auf dem Feld und im Gegenüber. Ist es auf einer Fotografie zu finden? Lässt es sich konservieren? Muss es multipliziert werden? Kann es nicht einfach nur schlagen in der eigenen Brust?

21:54 Uhr

Ich muss das Notizbuch beenden, viele neue warten auf Leben, ich brauche Meer in meinen Fingern und Sand barfüßig. Zwischen den Menschen und hellen Steinen soll es beben bis weit jenseits der Grenze ohne Limit, ohne Sorgen, ohne Not und ohne Mangel. Einfach in aller Natürlichkeit.

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22:02 Uhr

Morgen muss ich mit meinem Vater telefonieren, wieder das Abhaken von Dingen, die Unfreiheit, die Pflicht samt all dem Müssen. Doch wo bin ich, wo ist das Selbst, wo ist die Liebe im Ursprung, wo ist meine Seele? Ich habe es in der Hand, was aus „Heal your Heart“ geschehen wird. Ich muss beten und mir vor Augen führen, was mir wichtig ist und in welche Richtung ich mich entwickeln werde. Ich habe die Entscheidung getroffen zurück ins Remstal zu gehebn. In meinem Kopf hatte ich keine Alternative. Sind das Ferne, Freude und Wunder? Wohin mit dir Kind aus der Fremde, Samen der Hoffnung, Melodie der Ode, Frühling im Innen? Wohin mit dir Umtriebigkeit

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und Quälgeist? Wohin mit dir Mittelmaß und Magie? Zerbreche dir nicht den Kopf – nicht heute und nicht morgen. Akzeptiere dich so wie du bist und atme frei. Ja – atme frei.

0,846 Kilogramm leere Notizbücher – Samstag, 06. Januar 2024

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20:41 Uhr

Es darf weitergehen. 30 Minuten war ich heute laufen, meine Mutter hat mir die Internetseite www.Gronze.com für den Pilgerweg empfohlen, das alte Kinderzimmer ist aufgeräumt, wo wird er hinführen der weitere Weg? Unzählige Gedanken in meinem Kopf, ich darf darauf vertrauen, dass das Richtige geschehen wird. Alles kommt zu seiner Zeit. Alles ist gut.

21:14 Uhr

Grundsätzlich mag es nicht verkehrt sein, Fragen zu haben. Aus Ecuador kam ich mit 2,256 Kilogramm gefüllten und 0,846 Kilogramm leeren Notizbüchern zurück. Ist es ein gutes Zeichen? Was wartet da im Morgen? Wann wird das Buch ein Ende finden?

23:51 Uhr

Ein weiterer Tag läuft

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aus, er kam mir vor wie eine Welt. Ich genoss das Essen und das Kochen, den Espresso am Nachmittag und die 30 Minuten laufen. Ich ordnete das „Perpetuum Publishings“-Bücherregal, räumte den Schreibtisch und das Zimmer auf, richtete schon einmal die Sachen für die Radreise und organisierte die Fotos von Amerika. Dann richtete ich für den Computer meiner Mutter den Drucker ein, sortierte die externe Festplatte und schickte meiner Schwester eine Sprachnachricht. Ich darf darauf vertrauen, dass alles zur richtigen Zeit geschehen wird. Ich bin gespannt, was die kommende Woche bringt.

GOD – Donnerstag, 04. Januar 2024

16:40 Uhr

Ich bin wieder zuhause in meinem alten Kinderzimmer. Nach sechs Monaten sitze ich am Schreibtisch, das Teelicht brennt, ein Textdokument wurde wieder hergestellt mit den ursprünglichen Zielen. Neun Punkte stehen dort, zwei habe ich grün eingefärbt: „Bäume pflanzen“ als auch „Natur und ökologisches Projekt“. Die verbleibenden habe ich nicht erreicht. Aber ich glaube nicht, dass ich mit einer kleinen Propellermaschine über den Regenwald fliegen, segeln, im Pazifik tauchen, einen „Perpetuum Publishings“-Baum pflanzen, auf der Panamericana mit dem Rad fahren, auf einen Berg über 6.000 Meter Höhe gehen oder mit einer grünen Meeresschildkröte schwimmen muss um angekommen oder gar glücklich zu sein.

„Perpetuum Publishings“ existiert immer noch. Gestern packte ich die entwickelten Bücher „Heal your Heart“, „XXXX Fragen und die absolute Antwort“, „De Soñar y Crecer“ als auch „An infinite playground!“ aus und versah sie mit dem „Catch a Star – Here you Start“-Aufkleber. Es war ein schönes Gefühl. Ich fühle mich freier, ich habe einen weiteren Teil der USA samt Mexiko und Ecuador kennengelernt. Ich habe mich verliebt wieder und wieder. Doch was bleibt davon? Wie wird es weitergehen? Wohin führt sie die Reise? Ich sitze im alten Kinderzimmer. Es ist bequem wieder an den Ursprung zurückzukehren. Es ist bequem keine Verpflichtungen zu haben. Es ist bequem sich alle Freiheiten der Welt zu nehmen, den Rucksack im Gutdünken auf ein weiteres Abenteuer wieder und wieder aufzusetzen und sich dem „grauen“ Alltag zu entziehen. Wie geht es weiter mit der Internetseite? Werde ich weiter Aufmerksamkeit, Energie und Zeit in sie fließen lassen oder ist die nächste Station wieder die Arbeitsagentur? Was mache ich? Mit welchen Träumen gehe ich ins Bett und mit welchen wache ich auch? Mit welcher Kraft und Konsistenz überwinde ich Hindernisse und meistere Herausforderungen? Was sehe ich in der Zukunft und welchen Fahrplan habe ich dafür?

17:05 Uhr

Ich bin dabei meinen Schreibtisch aufzuräumen. Vermutlich wird es über 20 Stunden dauern. Immer wieder verzettele ich mich, verliere mich in Belanglosigkeiten oder lasse mich ablenken. Auf einem Papier der merkwürdigerweise ursprünglich einer Firma mit Sitz in Barcelona gehörte habe ich am 27. Juni 2023 unter dem Titel „Leaving LA or Inside Chiribiquete“ folgende Worte niedergeschrieben:

„Auf der Flucht vor der Zerrißenheit weg von alledem – denn der Vollmond steht über der Westküste mein Herz zu berühren. Taumelnde Giganten und verworrene Achsen im Angesicht der Ermächtigung. Fulminante Emotionen kochen hoch, da alles sich offenbart. Ich hier, du im Tal der Wunder zwischen der Raupe und den Klöstern. Bilder ohne Anhaltspunkte. Ich werde getragen von der Vibration in meinem Innen. Ich hier, du da. Zeit rinnt mir durch die Finger. Alles fügt sich ein weiteres Mal. Myriaden von Glühwürmchen – sie erzählte das Kinderlied von den Steinen die nicht flogen oder von dem Teil der Sonne, der auf der Erde sich befand. Lampions in den Händen funkelnder Seele der Geborgenheit. Vollmond am 03. Juli. Die Mystik und Reflektion, Erfüllung und das Pulsieren, Liebe und Annahme, Dankbarkeit und Vergebung, Authentizität und Realität. So viel schrieb ich zuvor, so ungewiss in der Offenbarung meines Seins. Aber es bricht durch! Die Gebete erreichen die offenen Wesen. Dankbarkeit. Sein. Fülle. Fluss. Tropfen. Sand. Strahlen. Würde. Wert.

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18:34 Uhr

Knapp 13 Stunden war ich nun auf den Beinen – nun kommt die Müdigkeit. Es war schön und anstrengend, intensiv und heimelig. Ich bin froh, jetzt die Zeit mit meiner Familie und den Freunden verbringen zu können, die ich die vergangenen Monate nicht hatte. Ich denke an Barcelona und möchte aller Voraussicht nach in den kommenden zwei Wochen dorthin fahren. Doch alles zu seiner Zeit.

23:18 Uhr

Ich habe bereits gute vier Stunden geschlafen. Die unterschiedlichsten Träume schossen durch meinen Kopf oder durch meine Seele. Am Nachthimmel sehe ich dieses Sternen-W, das ich auch in der Nacht über dem Ozean aus dem Flugzeug von Sitzplatz no. 37A wahrgenommen habe. War nicht alles nur ein Traum? Es kann doch einfach sein, dass ich sechs Monate lang schlief. Vielleicht war ich niemals in Ecuador. Alles ist möglich. Einfach vertrauen haben. Mein weiterer Weg wird mich schon führen. Hier ist die Versuchung nach dem Inkognito-Tab wieder höher. Ich habe ein anderes Selbstbild, es kostet mich Kraft der Versuchung zu widerstehen. Aber mittlerweile habe ich an innerer Stärke, an Vertrauen und an Glauben gewonnen. Im Herzen bin ich männlicher. Ich habe begonnen zu gehen. Rechts von mir das „Perpetuum Publishings“-Bücherregal. Unzählige Male befindet sich dort das nicht unbedingt besonderliche „Perpetuum Publishings“-Logo auf den Buchrücken. Eine liegende Acht, das Unendlichkei-…

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tszeichen für den ewigen Kreislauf, für diese Maschinereie, die im Universum auf einer anderen Ebene einst in Bewegung gesetzt wurde. Sie arbeitet kontinuierlich. Von was ist es also letztlich abhängig, in welche Richtung ich gehe? Da ist die Beharrlichkeit samt dem Glauben als auch die Beziehungen zu meinen Eltern, zu Ma., zu meinen Freunden und Verwandten. Da ist die Gewissheit, dass das Leben schlichtweg begrenzt und kostbar ist. Da ist das Wissen, dass jede Krise die Chance zum Umdenken und Perspektivwechsel birgt. Ich darf also Vertrauen, dass ich durch Meditation und das Beten, durch meine Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit die richtigen Antworten erhalten werde.

The Stream – Mittwoch, 03. Januar 2024

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14:49 Uhr – Amsterdam Schiphol Airport

Tatsächlich ist diese Reise noch nicht beendet. Ich spüre, wie ich nun aufgrund all der Menschen, all der Geschäftigkeit und all der Kontraste zu Lateinamerika dazu tendiere, meine vergangenen sechs Monate zu negativieren. Das Gate für den Abflug nach Stuttgart wurde verlegt, jetzt sitze ich bei B27, zuvor geht ein Flug nach Barcelona. Da ist sie wieder die Brücke zu ihr, doch ich habe das Gefühl, dass ich zu viel gebe, dass ich zu aufmerksam bin, dass ich schlichtweg eine unbewusste Hoffnung an sie habe, die sie aller Voraussicht nach jedoch nicht erfüllen kann. Innerlich werte ich das Geschriebene ab, ich habe nach Stellenangeboten im Mobilitätsbereich gesucht, die Bezahlung ist gut und und und. Aber bin das ich? Ich bin sehr anpassungsfähig und kann mich überall einfügen. Aber nicht immer ist es auch das, was ich benötige. Bei meiner Mutter liegt noch ein Paket mit dem Brief an Ma., den ich in der Nacht vom 02. Auf den 03. Juli geschrieben habe. Aber ich möchte es aufgeben, ich möchte den Versuch wagen, ich möchte ein glückliches und zufriedenes Leben führen und dafür ist mir eine Frau als Gegenüber wichtig. Was sagt mein Herz? Ich bin genervt, vorhin fuhr mir ein Bediensteter der einen Rollstuhl schob

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von hinten kurz auf den linken Schuh und ich spürte die Aggression in mir. Ich blickte ihn an und sagte nur danke, er sah müde und gestresst aus – vermutlich hatte er auch nicht seinen besten Tag und ohnehin, ich bewegte mich ein bisschen langsam und verloren. Was also wird dieses neue Jahr bringen? Für was entscheide ich mich? Wähle ich bewusst die Sonne und das gute Leben, die Freude und die Entwicklung, das Wachstum samt der Vollendung? Ich habe es in der Hand, es ist an mir, es ist bereits Tag no. 3, in der Nacht gab es sehr starke Turbulenzen, ich hatte Todesangst. Doch es geht immer weiter. Wir mögen zwar nicht immer wissen wohin, doch wir können den Weg in Gedanken, in Wünschen und in Gebeten ebnen. Der Moment verfliegt schnell, er ist ein Leuchtfeuer und kann nicht als Vorratsspeicher für das Glück genutzt werden. Wir müssen mit dem tiefer liegenden Teil in uns in Verbindung kommen. Ich bin mir gewahr, dass Lateinamerika dort in greifbarer Ferne auf mich wartet und ich den Sprung ein weiteres Mal unternehmen werde. Wenn das Geld vorhanden ist, wenn ich an einem weiteren Scheidepunkt stehe oder wenn mir das Universum weitere Zeichen gibt. Wenn ich ehrlich mir gegenüber bin, dann weiß ich, dass ich dort richtig bin. Man kann nicht alles haben, man muss Kompromisse eingehen, abwägen zwischen der komfortablen Sicherheit und der unbekannten Freude. 307 Tage schrieb ich im vergangenen Jahr. Bleiben 58, da ich den Stift nicht in die Hand nahm. Es ist das Ende eines

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weiteren Kapitels. Ich werde Antworten erhalten. Von meinen Freunden, von meiner Familie, von meiner Verwandtschaft, vom Wind und den Regentropfen, von den Tieren und den Pflanzen, von den Bächen und den Flüssen, von den Seen und den Teichen, von den Sternen und den Wolken, vom Mond und von der Sonne, von Engeln und von Gott höchstpersönlich. Gott kann überall in jeder Form erscheinen. Er ist der Bote, er bringt die Botschaft für das was wirklich zählt, er ermächtigt und er verleiht Flügel. Die Erfahrungen in Lateinamerika waren echt, die Begegnungen waren echt, das Tal der Wunder no. 3 war echt. Wir wurden dazu bestimmt aus dem Vollen zu schöpfen. Doch dafür müssen wir tief sinken, dafür müssen wir neue Pfade erobern und das Gewohnte für einen Abschnitt zurücklassen. Was ist es, das letztlich bleibt? Es ist das Erreichen samt dem gemeinsamen Verbringen von Herzschlägen mit den Liebsten, es ist das Gefühl der Aufregung, das Kribbeln, die Liebe, die Erfüllung. Wenn ich ganz tief in mich hineinspüre, dann bin ich bereits angekommen. Ich bin angekommen in Lateinamerika. Und ich muss nach Hause zurückkehren, um einen noch fehlenden Seelenanteil zu integrieren, um mich zu meiner gesamten Größe zu erheben, um meine Flügel auszubreiten und zu fliegen.

Es gibt kein Zurück! Nicht heute und nicht in 1.000 Jahren. Es ist das Geheimnis das uns antreibt nicht zu wissen, was dort vorne noch auf uns wartet. Doch diese Sehnsucht gibt uns Kraft, sie versorgt uns mit Magie

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und schenkt uns die Energie, das Unmögliche zu manifestieren.

Das Ende.

22:22 Uhr – Remstal

Jetzt bin ich hier und alles ist so merkwürdig. Es ist so still, da sind keine Naturgeräusche, da ist gar nichts. Ich habe großen Respekt vor den kommenden Tagen und Wochen. Irgendwie muss ich abschalten oder mich eben akklimatisieren und dann schauen, in welche Richtung ich getragen werde oder gehen muss. Doch alles zu seiner Zeit.

Perpetuum-Tag no. 866 – Dienstag, 02. Januar 2024

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12:15 Uhr

Nun habe ich es also doch noch überpünktlich, recht schnell und unkompliziert zum Flughafen geschafft. Immer noch ist da das Wissen dieses besonderen Privileges. Alles hat ein Ende, jedes Leben, jede Reise, jeder Weg – egal, wie lange er sein mag. Die Zukunft wird in uns erschaffen. Wir haben es in der Hand, die Schritte in Richtung des Morgens zu gehen, dem zu folgen, was uns wertvoll und bedeutsam erscheint. Ich unternahm diesen vermeintlichen Ausflug nach Amerika in einer Zeit, da sich weltweit alles im Wandel befindet und sich insbesondere auch das Reiseverhalten stark verändert hat. Unweigerlich ist eine

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Brücke zwischen Europa und Amerika vorhanden. Aber das endlose Wasser dazwischen samt der Distanz trennen diese beiden Kontinente. Als Menschheit haben wir die Möglichkeit uns im Geiste, im Herzen und auf einer spirituellen Ebene immer weiter anzunähern. Doch es wird Differenzen geben, die auf Ewigkeiten bestehen bleiben werden. Viel lasse ich hier zurück. Da sind die Beziehungen, die ich eingegangen bin, all die möglichen Routinen und fortwährenden Herausforderungen, die Gemeinsamkeiten und die Genüsse. Da war die omnipräsente Natur als ewiglicher Reichtum samt den Wünschen oder vielmehr Sehnsüchten mich selbst neu oder möglicherweise soagr das erste Mal so richtig in

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meinem Leben kennenzulernen. Da war das Schreiben, das mir Sicherheit gegeben hat und definitiv die Verbindung mit Ma. durch die Höhen und Tiefen. Da war die Sonne in dem Winter den ich mein Leben lang aus Deutschland kannte, da waren die Tiere und das Essen. Sechs Monate sind eine Zeit, die sich nicht leicht messen lässt. Der Abflug gen Los Angeles erscheint Myriaden entfernt. Beinahe kommt es mir vor wie in einem anderen Leben da ich dort über die Straßen ging und im Sikh-Tempel betete. Tatsächlich glaube ich, dass ich noch nie so stark mit mir selbst, mit der Erde und mit allem was mich umgibt im Austausch war. Was macht es mit einem Menschen, wenn man statt der Stadtgeräusche

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tagein tagaus die Stimmen und Gesänge der Natur hört, die bereits die ersten Bewohnenden unseres Planeten wahrnahmen? Was macht es mit einem Menschen auf Komfort und die vermeintlichen zivilisatorischen Errungenschaften zu verzichten und stattdessen einen Gang herunterzuschalten und die Perspektive zu verändern? Was macht es mit dem Innen, wenn immer wieder Tränen des Glücks, der Berührung oder des Segens über die eigenen Wangen fallen? Viel wurde geschrieben in den vergangenen Wochen und ich weiß nicht, ob es eine Bedeutung hat, einen anderen Menschen interessiert und berührt, ob ich heute bereits so weit bin, das Ewige zu manifestieren. Möglich-…

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erweise muss ich es auch nicht so exakt wissen. Mit meinen Fotografien als auch den Notizbüchern habe ich dieses Kapitel meines Lebens abgespeichert. Es trägt den Titel „Heal your Heart“, doch ist grenzenlos und immerwährend. Was wird es bereithalten dieses Jahr? Sofern war es das übliche Kommen und Gehen der Gefühle, der Traumwinde wie auch der Enttäuschungen, der Einsichten als auch der Kompromisse. Unser gesamtes Leben lang werden wir auf die Probe gestellt werden. In einem jedem einzelnen Moment können wir uns entscheiden. Doch manchmal müssen wir uns einfach die Zeit nehmen für eine Pause, wir müssen uns zurücklehnen und das Wunder aus der Warte der Offenheit und der Neu-…

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girde die Richtung bestimmen lassen. Alles Andere wird sich dann fügen.

14:47 Uhr

Nun bin ich schnell durch den Check-In und die Sicherheitskontrolle bis zum Gate gekommen. Mit den letzten Dollars habe ich mir noch einen kleinen Kaffee als auch ein vegetarisches Sandwich zu Wucherpreisen gekauft. Es ist das Ende der Zeit in Ecuador. Viele Eindrücke prasselten auf mich ein, es war eine besondere Erfahrung, die mich ein weiteres Mal geprägt hat. Welcher Mensch werde ich sein, wenn ich auf europäischem Boden lande? Wann werde ich das nächste Mal in Ecuador sein? Von was ist es abhängig? Die Sehnsucht ist recht stark ausgeprägt. Zunächst allerdings muss ich schauen, wie

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viel Geld ich besitze und wo ich wohnen werde. Als potentielle Arbeitgeber sind da die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, die European Cyclists‘ Federation, die Vereinten Nationen oder aber „Perpetuum Publishings“. Was wird im Endeffekt ausschlaggebend sein, wohin wird er mich führen mein Weg? Was mache ich mit meiner Zeit? Wohin bewegen wir uns als Zivilisation? Ich habe Antworten gesammelt, doch sie existieren nicht ausschließlich auf Verstandesebene. Sie sind weitaus mehr in meinem Herzen und in meiner Seele eingraviert. Vorhin blickte ich mich auf der Herrentoilette im Spiegel an. Dort war nicht mehr der Julian, der losgezogen ist. Dort war der Julian, der nach dem Ab-…

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enteuer gelebt hat, der in die Weite zog, um etwas zu finden. Dort ist es wieder das Gefühl, das ich auch bereits auf dem Rückflug von London in das Dreiländereck hatte. Ich spüre meinen Körper, ich bin den Wogen der Träume und Sehnsüchte ausgesetzt und ich bin angekommen. Tief in mir spüre ich, dass noch einiges auf dem Weg der Heilung fehlt, dass ich noch unzählige Hausaufgaben machen muss um zu erkennen. Aber ich gebe nicht auf, ich lasse nicht locker, ich vertraue mich bedingungslos dem Universum an, weil es nichts Anderes gibt, weil das Leben erobert und gewagt werden möchte, weil ich ein kleiner winziger Funken in diesem ewiglich lodernden Universum bin.

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21:41 Uhr

Nun befinden wir uns auf der Höhe über Zipaquira und werden bald vermutlich Venezuela überfliegen. Ich bin ausgesprochen müde und kann mir nicht vorstellen, noch so lange hier zu sitzen. Ich sollte bereits frühzeitig in Amsterdam aussteigen und dann schauen, wohin mich mein Weg führen wird. Es ist ein ewiglicher Tag, am Morgen wachte ich noch in Otavalo auf, telefonierte mit einem Freund aus Deutschland, frühstückte, ging Geld abheben und Kaffee kaufen, setzte mich dann am Terminal in den Bus um nach Quito zu fahren, dann die 20 Dollar Taxifahrt, Warten am Mariscal Sucre, Guayaquil und nun hier. Osho ist Welten entfernt, gestern war ich noch da. Aber so ist es eben das Leben. Was ist mit dem Ende? Möglicherweise sollte ich „Heal your Heart“ bis zu meinem letzten Atemzug fortführen. Hat es das schon einmal gegeben in der Geschichte der Menschheit? Ich las von einer Frau, die über 15 Jahre beinahe unaufhöhrlich Zeitzeugendokumente angefertigt haben soll. Ist es vergleichbar mit dem, was ich mache? Was ist mit der Stadt der Tagebücher – Emmendingen – wird sie Erkenntnisse liefern? Was hätte mir Osho geraten, wenn er mich kennengelernt hätte? Wo führt es hin das Morgen? Kann die Geschichte der Menschheit umgeschrieben werden? Wird eines Tages jeder Mensch auf der Erde geflogen sein? Was ist im Manduriacu-Tal in 3, in 5, in 10 Jahren? Wann werde

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ich weitere Teile von Afrika und Asien kennenlernen? Wohin führen sie noch die Fahrradtouren? Was ist er wert der Moment?

H2O – Montag, 01. Januar 2024

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21:53 Uhr

Und schon ist er vorbei der erste Tag des neuen Jahres. Nun liege ich hier im Zentrum Otavalos in einem Hotelbett in einem schönen Zimmer mit zwei Gemälden an den Wänden. Auf dem einen (es ist gestickt oder gewoben) steht ECUDADOR und es sind drei Indigene mit Ponchos und Sombreros zu sehen – sie könnten auch Berge oder Vulkane sein. Auf dem anderen direkt über dem Kopfteil des Bettes ist ein großer sprudelnder Wasserfall inmitten der Natur zu finden. Ich bin glücklich, jetzt hier diese Nacht verbringen zu dürfen und nun über einen vermeintlichen unglücklichen Zustand das Intag-Tal samt Apuela gesehen zu haben. Tief in mir weiß ich, dass ich nach Ecuador zurückkehren werde. Das Ende

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des Buches nähert sich.

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