„Heal your Heart“ – El Diario – Part VII
- Lourdes – Sonntag, 19. November 2023
- Blank Space – Samstag, 18. November 2023
- FUSA – Freitag, 17. November 2023
- Kafkas Käfer – Donnerstag, 16. November 2023
- The Hidden Chapter no. 0 oder zurück beim Licht Amerikas – Dienstag, 14. November 2023
- Coming Home – Montag, 13. November 2023
- LOS CEDROS – Sonntag, 12. November 2023
- Der Baum des Lebens – Samstag, 11. November 2023
- Die Kraft der Gebete – Freitag, 10. November 2023
- „ferne Claude-Laurrain-Wolken“ – Donnerstag, 09. November 2023
- Die Angst vor der Tiefe – Montag, 06. November 2023
- Ein göttlicher Pakt – Sonntag, 05. November 2023
- Das Leben ist pure Magie – Samstag, 04. November 2023
- Ein immerwährendes Procedere – Freitag, 03. November 2023
- Blume 1 – Donnerstag, 02. November 2023
- Ein Stück Land in Andalusien – Mittwoch, 01. November 2023
- Die Libellenlarve / „As de Copas“ – Dienstag, 31. Oktober 2023
Lourdes – Sonntag, 19. November 2023
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20:34 Uhr
Ein langes Wochenende neigt sich dem Ende zu. Vielleicht war es ein Wunder. Gestern um 17:27 Uhr erhielt ich einen Anruf
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von einer mir unbekannten ecuadorianischen Nummer. Ich nahm nicht ab. Ich war gefangen in meiner Welt. 30 Minuten später stand C. mit dem Auto vor der Türe, er wollte mit mir ins historische Zentrum auf El Panecillo und zu einem Konzert gehen. Ich war etwas überrumpelt, steckte in weiser Voraussicht schnell Reisepass und Geldbeutel ein und schon ging es los. Im Zentrum der Altstadt standen wir bis in die Ewigkeiten im Stau. Nichts ging mehr. So steuerte er dann irgendwann direkt zu der Casa de la Musica, unglaublich schick gekleidete Menschen, ich um 17:30 Uhr noch im Bett, mit dem grünen Rollkragenpullover und dem marineblauen Jäckchen ausgestattet, doch fühlte mich ausgesprochen underdressed. Ich glaube, dass ich inmitten von knapp 200 Meschen der einzige Europäer war. Genau möchte ich nicht wissen, wie teuer mein Ticket war. Es war ein schöner Abend. Um 20:00 Uhr begann der Cumbia, unmittelbar beim ersten Stück standen die Leute vo ihren Sitzplätzen auf und bewegten sich rhytmisch im Einklang zu der Musik. Immer wieder die Rufe „Viva Quito, Viva Ecuador, Viva La-…
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tino America“. Bereits nach ein paar Minuten war ich von der Atmosphäre so sehr ergriffen, auf der Bühne ein Meer aus Kerzen, in meinen Augen bildeten sich Tränen der Berührung. Ich höre wieder „Chasing Shadows“, wieder die Tränen in meinen Augen. Die Nacht war kurz, wir kamen kurz vor Mitternacht nach Hause, beim Abschied meinte er zu mir, dass er morgen um 10:00 Uhr wieder vor der Türe steht, jeden Sonntag ist Gottesdienst, ich fragte ob meines Zweifels einzig, ob es ein Problem sei, wenn ich nicht alles verstehen würde. Nein. Am Morgen wachte ich mit Kopfweh auf, ich schlief unruhig, frühstückte, telefonierte seit Langem wieder mit Ma., es war befreiend, es war schön, es war verbindend. Irgendwie fliegen wir auf einer Wellenlänge. Irgendwie gehören wir zusammen flüstert da eine Stimme ganz leise in meinem Innen. 10:30 Uhr, wir fahren auf der Avenida Simón Bolívar, wir gehen in sein Haus kurz vor dem Mittelpunkt der Welt, wir warten auf seine zwei erwachsenen Kinder, fahren zu viert gemeinsam im Auto zum Tempel und ja, mein Herz schlägt ewiglich laut. Ich habe ausgesprochen viel Angst was mich dort erwarten wird. Ich habe einzig gehört, dass sie Mormonen sind und sehr streng seien. Naja, ich habe es überlebt, ich fand näher zu Gott, ich wurde immer wieder berührt, ich sang und ich konnte die Zeit genießen. Jetzt liege ich hier mit all dem Reigen an Eindrücken, morgen ist auch schon wieder eine neue Woche. Morgen geht es weiter alles irgendwie. Ich schaute heute nach Stellenangeboten in Bogotá oder Quito. Ich spüre, dass ich in meinem Leben noch des Öfteren an diesen Ort kommen werde. Wieder ist sie da in mir die Zerrissenheit, da ist das Schreiben, da ist das in Teilen digitalisierte
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Verlagsprogramm 2024 / 2025, da ist der „Perpetuum Publishings“-Traum, da ist das Ende (irgendwo bald in weiter Ferne) von „Heal your Heart – El Diario“. Gleichzeitig ist da immer noch ausgesprochen laut dieses Pflichtbewusstsein einen Angestelltenjob anzunehmen. Da sind diese zwei Herzen in meiner Brust. Ich muss noch deutlich tiefere Zwiegespräche mit Gott führen. Ich darf vertrauen. Ich bin unendlich dankbar für dieses Wochenende, für all die Unterstützung, für die anderen Menschen, die mir helfen laufen zu lernen, die mich manchmal einfach an die Hand nehmen und auf die Straße führen. Ich weiß, dass ich kurz vor einer weiteren grundlegenden Phase meines Lebens mich befinde. Ich weiß, dass ich mein gesamtes Leben lang auf die Probe zwischen dem Gut und Böse gestellt werde, dass ich noch unzählige Stunden alleine in der Stille beten muss, dass ich immer mehr Raum habe, die Kraft meines freien Willens unter Beweis zu stellen. Und mittlerweile erfüllt mich das mit Freude. Mein Kelch füllt sich, er füllt sich, wenn ich mit der Gebetskette aus Chimayo in der Hand spiele, wenn ich schreibe, Musik höre, telefoniere, auf dem Beifahrersitz ruhe und warte, wenn ich mich in den Augen meiner Nächsten finde und erkenne. Vielleicht ist es das Glück, vielleicht auch der Erfolg. 33 Jahre bin ich alt, doch gefühlt habe ich schon eine Odyssee hinter mir. Doch in meinem Innen, da wird es mehr und mehr lebendig, in meinem Innen, da grünt und da blüht es, in meinem Innen, da hat diese ewigliche Kraft die Möglichkeit zum Ausdruck zu kommen. In meinem Innen, da schreibe ich. In meinem Innen, da bin ich mit jedem Wesen in Verbindung. In meinem Innen, da ist die Liebe. Da ist das Wunder. Vermeintlich ausgesprochen unspektakulär und leise, doch für mich der
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Wandel. Für mich bedeutet es alles. Jesus am Kreuz ist nicht die Figur auf der Gebetskette. Jesus am Kreuz ist im Innen. Vielleicht würde ich mehr über den Koran schreiben. Vielleicht würde ich einer Religion angehören, doch im gegenwärtigen Moment, da bin ich auf der Suche, ich bin beim Finden. Und ich bin auch angekommen. Ich bin angekommen in Quito, ich bin angekommen in mir, ich bin angekommen im Glauben an Gott. Das ist alles. In Gänze unspektakulär.
Blank Space – Samstag, 18. November 2023
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14:34 Uhr
Da ist die Unruhe samt der Unfähigkeit einfach zu sein, da ist der Windzug und die Entrücktheit, das Segel und das Sein. Irgendwo ich, hier, ja hier, vielleicht gebe ich mir schlicht nicht genug Mühe. Kein Zeitgefühl, alles verschiebt sich, wo verläuft die Grenze zwischen dem Traum und der Realität, vom Suchen zum Irren zum meinen gefunden zu haben zum Anfang
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zum Irrtum zur Frage nach dem Eigentlichen zum Gefühl zu der Panik zum Sein und zum Ursprung. Und irgendwo in all dem Chaos ich, irgendwo ich im dritten Jahrtausend dahintreibender Zeitreisender Bote ohne Halt oder Rahmen. William Blake mehr als ein Name, die Gemälde und die Poesie, das wabernde Herz, die Gefühlswallungen, die Ungewissheit, das Taumeln, dort weit entfernt das Verlagsprogramm, die Rettung, der Glaube, das Gebet, das Sein. Das Sein. Die Summe der Dinge. Die Leere. Der Anfang. Der Traum. Die Hoffnung. Der Segen. Das Erkennen. Die Freiheit. Der Friede. Die Freude. Die Wörter. Die ewig-gleichen Wiederholungen. Das Echo. Die Aufzählung. Der Glaube an das eigene Selbst. Die Verlagseinsendung. Die Kurzgeschichte. Die Kurzgeschichten. Die Zugfahrt. Das Alles. Das Korsett. Der heilige Gral. Das Opfer. Der Altar. Der Priester. Die Nonne. Die Klausur. Der Tempel. Der Verlust. Das Warten. Das Warten. Das Warten. Die Heilung. Die fehlende Verbindung. Der Trugschluss. Das Erdbeben. Der Vulkanausbruch. Der Vogelschwarm. Die Kraniche am Himmel. Die Augabe. Die Probe. Der Erfolg. Das gnadenlose Scheitern. Das Weiter. Die Wettervorhersage. Die Vorschau. Die Werbepause. Das Starren. Der Nebel. Die Wut. Die Wut. Der Hass. Die Aggression. Die Unfähigkeit meine eigene Energie zu spüren. Die fehlende Verbindung in meinem Körper. Das Schreiben. Die erste ganze Seite des Tages. Der Himmel. Die Geräuschkulisse. Die Konfrontation. Die Eroberung. Das Nachspiel. Der offene Arm. Die Annahme. Die Aussöhnung. Die Liste. Die List. Die Tücke. Der Argwohn. Die Waldschrate. Das Sein. Das Kind im Brunnen. Die Erfindung. Das Laufen. Das Rennen. Das Stehen. Das Gehen. Das Stoppen. Das Umkehren. Die Farce. Die Erleuchtung. Das Gras. Der Film. Die Leinwand. Der Projektor. Das Popcorn.
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Die Notdurft. Die Prostitution. Der Geldmangel. Das Wunder. Die Fülle. Der Himmel. Die Sterne. Das Gebilde. Der Feind. Die Wange. Der Spion. Der Regent. Der Minsterialdirektor. Das Warten. Das Gebet. Das Gebet. Das Gebet. Die Lampe. Die Wolldecke. Die Unschuld. Die Tiefe. Die Triebkraft. Der Hund. Die Sorge. Der Sanftmut.
14:58 Uhr
Die Libellenlarve. Die Einfassung. Das Relief. Das Ornament. Der Frevel. Die Fraktur. Der Farn. Die Form. Der Ton. Die Digitalisierung. Die Medizin. Die Illusion. Das Kompott. Der Strahl. Der Stahl. Der Stopp. Der Striemen. Die Starre. Die Sturheit. Das Segel. Der Saturn. Silhouetten ohne Ahnung wo sie hätten sein können wenn sie die Verantwortung für ihr eigenes Glück übernommen hätten. So geht alles seinen Gang. Früher oder später ergibt alles einen Sinn. Alles ergibt einen Sinn. Dann weißt du warum. Dann hast du dich verabschiedet von den Nuancen und den Raben, von den Grautönen und den falschen Facetten, dann warst du und dann wirst du gewesen sein. Und so heute und so morgen und so übermorgen und so in einer Dekade und so weiter und so fort. Vorhin noch in der kindlichen Naivität und heute schon auf Nummer sicher an der Seite der fleißigen Fächer. Also: Wie es geschehen ist, so wird es gewesen sein.
15:12 Uhr
Und so gibt es unweigerlich Phasen im Leben, in denen du auf dich alleine gestellt bist, in denen du niemanden bei dir hast außer Gott oder dem Universum. Und in diesen Abschnitten musst du reifen, musst du an deinen Träumen bauen, musst du dich auf deinen Wesenskern besinnen und wahrlich sein. Du darfst dich dem Unbekannten anvertrauen, du darfst glauben und sehen, du darfst weiter die unsichtbaren Geheimnisse der Unterwelt ergründen. Du darfst einen all die Teile, du darfst integrieren und multiplizieren, addieren und recherchieren. Du darfst denken und vergeben, sein und aus den
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unaussprechlichen Teichen schöpfen. Du musst im Trüben fischen und die Fragmente fügen. Du darfst vertrauen und glauben. Vorhin war das Licht und heute ist immer noch das Licht, denn Gott sprach es werde Licht und es ward Licht. Es ist zwecklos mich für einen anderen Menschen aufopfern zu wollen, es ist zwecklos der Meinung zu sein, dass „Heal your Heart“ ein Ende finden wird. Es wird ein Ende finden bereits in knapp 40 Tagen. Das ist garantiert. Manchmal musst du von Menschen weggehen auch wenn du meintest und spürtest und wusstest, dass sie dazu bestimmt sind an deiner Seite zu weilen – aber du musstest von ihnen gehen. Vielleicht wirst du sie wiedersehen, vielleicht auch nicht. Das ist das Leben. Und so schwelge ich in Träumen, harre aus ob des Morgens, gehe weiter im Innen und lasse meinen Glauben größer werden. Denn der Glaube ist das Kostbarste, das ein Mensch haben kann. Der Glaube ist im Reinen und die Engel behüten dich. Alles so wie es sein muss und dazu bestimmt ward zu geschehen. Knapp eine Woche ist das Fledermauserlebnis nun her, knapp eine Woche im Zwischenland, von der Reise in den Nebel in das Tal in die Höhle in die Gänge im Labyrinth schließlich und dann der Verzweiflung nah irgendwo rettende Hände, irgendwo der Himmel, irgendwo die Erde mit dem Boden.
Alles nichtig, alles Schall und Rauch, alles vorüber und vorsichtig setze ich meine Füße wieder an das Licht des Tages, bin ein neuer Mensch, neu geboren, geläutert und härter geworden im Innen. Ja, härter geworden im Innen. Das ist ein Teil des Prozesses. Ich gehe zum nächsten Abschnitt und finde für eine geraume Zeitspanne Genugtuung, ich löse mich von dem Gewohnten und von den Konventionen, ich ziehe mich zurück und schließe mich im Zimmer ein und entsage dem Kontakt, ich bin in meiner Welt,
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ich liege hier im Bett und halte den Füllfederhalter in meiner Hand. Es soll nicht sein, vielleicht mag sie, aber es soll nicht sein, warum?, ich weiß es nicht, ist es meine Schuld?, muss ich mein gesamtes Leben lang für alles zur Rechenschaft gezogen werden?, ich glaube nicht, so ist es mir egal, ob sie meinetwegen leidet, denn ich habe auch Gefühle obwohl ich ein Mann bin. Ja, ich habe Gefühle und einen recht umfangreichen Tränenkanister, ich habe das Leben und die Verpflichtung ihm gegenüber, ich bin der Mensch, der ich bin. Alles ist gut so wie es ist. Gerne würde ich nun einen Film schauen, aber ich habe ausgesprochen schlechtes Internet und mit den Filmen bewegst du dich ohnehin in einer Welt fernab der Realität. Ja, selbiges gilt für das Schreiben, selbiges gilt für das Lesen aber das ist etwas anderes. Das ist authentischer, wahrer, ernster, einfach mehr am Leben. Ein Film ist kein Buch. Du kannst den besten Film erschaffen aber wenn du kein Buch vorweisen kannst, was ist dann dieser Film von Bedeutung? Du musst vertrauen. Ich behalte den Glauben an das Gute im Menschen, an die Menschlichkeit und an die Richtigkeit der Dinge. Ich behalte den Glauben an diesem Samstag und an „la hija de venezuela“. Ich behalte den Glauben an den Füllfederhalter mit dem Stern und an den kleinen Prinzen. Ich behalte den Glauben, dass dieses Bett in welchem ich nun liege in der Realität existiert, dass mein Bewusstsein seine Richtigkeit hat und ohnehin alles seinen Gang läuft wie es laufen soll. Hier bin ich und ich habe meinen Wert und meine Größe. Ich habe meine Daseinsberechtigung. Ich bin dazu bestimmt zu leben. Ich bin dazu bestimmt zu sein. Ich bin dazu bestimmt zu sein.
19:01 Uhr – Irgendwo in Quito
Ich habe Kopfweh, im Zimmer fiel mir die Decke auf den Kopf, ich hatte dunkle beziehungsweise sehr fundamentale Gedanken, war bereits wieder bei Montag, doch dann kamen zwei Anrufe einer Nummer die ich nicht kannte…
FUSA – Freitag, 17. November 2023
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11:51 Uhr
Die Nacht war schwarz und dunkel. Albtraum beinhaltet Traum. Mein Kopf schmerz. Wo führt das alles hin? Wer bin ich? Paul Zweig ist nicht Stefan Zweig! Ich habe keine Kraft. Ich würde mich wieder am liebsten einsperren und von allem entfremden. Ich bin ausgesprochen gut darin, in einer Beziehung Liebe zu entziehen, mich aus Trotz oder Arroganz ausschließlich auf mich selbst zu konzentrieren. Es ist Freitag. Ich könnte mich darüber freuen. Gleichzeitig ist da die Ungewissheit ob des Wochenendes. Wohin wird alles führen? In der Stadt geht es mir deutlich schlechter als auf dem Land von der Natur umgeben. Wohin gehe ich? Wohin gehe ich? Wohin gehe ich? Wohin gehe ich? Wieder ist sie da diese Frage. Gestern Abend lag ich in der Dunkelheit im Bett, draußen der Lärm, die unnormal lauten Motorräder und in irgendeiner Nachbarwohnung vermutlich eine Party. Kreischende Mädchen, in mir tauchte wieder all der Hass, all die Abneigung auf. Aber ich akzeptiere es. Ich hätte in dem Moment auch die „Peacemaker“ oder die Kopfhörer aufsetzen können. Wohin gehe ich? Diese Frage lässt mich nicht los. Was mache ich aus meinem Leben? Was ist mir wichtig und worin investiere ich meine Zeit? Das Atmen strengt mich gerade an. Alles strengt mich gerade an. Ich würde einfach gerne einschlafen. Ich glaube der bequemste Tod wäre durch eine Überdosis an Medikamenten. Niemand bekommt es mit. Du scheidest hinfort so wie du gelebt hast. Ein nichtiges und belangloses Leben. Irgendeine Randfigur. Beinahe nicht leserlich, verblichen und übermalt. Aber das gilt es zu akzeptieren. Ist das Buch eines indischen Gurus mehr wert als meines? Kann man überhaupt den Wert eines Buches messen? Weltliteratur muss nicht gleichzusetzen sein mit Verkaufszahlen. Vielleicht bist du exakt deswegen Literat, weil du keine Bücher verkaufst, weil du am
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Minimum lebst, weil es so einfach ist dort zu leben, sich über alles aufzuregen und zu beklagen. Was ist das Maximum?
14:49 Uhr
Vielleicht ist die Summe der Dinge doch einfacher als nichts. Ich denke an die Außenalster, an die kontinuierliche Brise, an die Ewigkeit und an die Frauen. Sie sind mir ein Rätsel. „Heal your Heart“ wird ein Ende finden, doch gegenwärtig befinde ich mich noch mitten im Prozess. Mein Schädel brummt immens, die Versuchung ist offensichtlich und in der Luft hängt ein Duft frischer Suppe auf dem Herd. Da ist diese unglaubliche Trägheit und Lethargie. Sie hat mich vernebelt, sie schwebt hier auf knapp 2.800 Metern Höhe. Ein Buch ist ein Teil des Lebens. Du wirst es einzig vollenden können, wenn du schlichtweg lebst. Aber so ist die Realität, in einzelnen Passagen das ärgste Übel, das die wiederfahren kann. Du musst lieben, ja, du musst lieben. Die Liebe braucht dich. Die körperliche Liebe braucht dich. Alles könnte ich in Worte fassen. Nein. Das Wesentliche ist nicht greifbar. Es entschwindet und entschwindet und entschwindet mir. Nein. So einfach funktioniert es nicht. Irgendwo fing ich an, irgendwo wird es enden. Du könntest ein Großer sein. Aber was machst du nur? Welche Fantasien und geheimen Lüste hast du? Wie rein bist du? Was gibst du? Wen eroberst du? Wen liebst du? Was trägst du in deinem Innersten? Mit welchen Menschen umgibst du dich? Wen ermutigst du? Warum „Lolita“? In mir rebelliert es, ja, es rebelliert, es rebelliert, es rebelliert. Der Wahnsinn hat einen Namen. Du magst meinen dich zu täuschen – aber nein. Nein. Nicht wirklich. Alles Sirup, alles Melasse, alles trüb, alles aus dem Ruder gelaufen. Doch wozu? Wozu? Wozu? Du kannst der komischste Kautz der Welt sein. Aber so what? Es ist ein Teil deines Selbst. Du hast bereits längst gefunden. Du bist fortwährend am Finden. Du hast bereits Heilung erfahren und du wirst immer weiter Heilung erfahren. So steht es geschrieben. Johannes, die Apostelgeschichte fertig – jetzt die Römer. Alles zu seiner Zeit. Vielleicht denkt
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sie auch innig an mich mit wallendem Herz. Vielleicht bin ich dieser Casanova in der Realität und in mir steckt das niemals endende Universum. Denn ich glaube. Denn ich wirke. So befinde ich mich also noch in Quito. Schreibend. Vielleicht wandere ich ins Gefängnis, weil ich die 90 Tage Aufenthalt hier nicht rechtzeitig verlängern kann. Ich atme einmal kurz schwer aus. Meine Augenlider kleben auf dem Papier. Wieder Wort für Wort, Zeile für Zeile, Seite für Seite. In Lörrach sprudelte nach Feierabend und am Wochenende immer alles aus mir heraus. Irgendwie schlief ich ein, irgendwie wachte ich auf, zog mich ins Büro, arbeitete, aß, trank Kaffee, ging zurück in meine Höhle und wiederholte diesen Kreislauf. Bis Sonntag kann ich die „Zugreise“-Einsendung beim Verlag noch machen. Vielleicht kann ich mich dazu aufraffen, vielleicht auch nicht. Die Uhr an der Wand steht still, es ist 05:47 Uhr oder 17:47 Uhr. 24 Stunden und an sieben Tagen in der Woche. 05:47 Uhr AM / PM. Tag und Nacht. Typisch Ecuador. Lethargie. Trübsal. Chaos. Aufrichtung und Grund. Ziel und Fundament. Anker und Integrität.
18:12 Uhr
Wieder befinde ich mich in meinem Zimmer das nicht mir gehört. Ich bin alleine. Bin ich einsam? Früher hätte ich an einem Freitagabend wie diesem den Inkognito-Tab gehabt. Heute habe ich „Perpetuum Publishings“, „Heal your Heart – El Diario“, die Gedanken an Ma, an D., an Mar., an K. und an Di. Julian, du musst dich endgültig entscheiden. Wieder kullern die frischen Tränen aus meinen Augen. Ich schreibe nicht für mich. Also sicherlich schreibe ich für mich. Also für mein altes Ich. Denn in einem jedem gegenwärtigen Moment existierst du nur einmal. Wieder strahlt es so unendlich hell. Ich denke zurück zum Ursprung der Reise. Am Montagmorgen stieg ich im Remstal mit meinen zwei Rucksäcken in die S-Bahn, fuhr zwei Stationen, stieg in Waiblingen in den Schienenersatzverkehr, dort als einziger (vermutlich!), der an diesem Tag aus dem Bus nach Amerika zog. Dann irgendwann der Flug-…
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hafen und die Angst vor dem Unbekannten. Über den Wolken, schnellerer Herzschlag, Dreiländereck weit entfernt, Traum samt Sehnsucht nach der Veränderung dort irgendwo weit jenseits in der Ferne. Unter mir das Wasser, unter mir der Ozean, unter mir die Erde und ich in diesem Moment ganz nah im Himmel. Die ersten zaghaften Gehversuche von „Heal your Heart“. Dann Ankunft in Los Angeles, die Suche nach einem öffentlichen Bus gegen 23:00 Uhr, kurze Nacht, Koreatown, Rumi, Hollywood, Schritte auf den Sternen, der Forever Cemetery, Carlos Ruiz-Zafón, das Griffith Observatory und der H-O-L-L-Y-W-O-O-D-Schriftzug, all der Glamour, all der Glanz, der Bewusstseinssprung, das polnische Pärchen mit der zuckersüßen Frau, die Bank an der Sonne mit der Bhagavad Gita und no. 52, Mad aus Indonesien und der Sikh-Tempel, gemeinsames Essen und die Meditation, die Spaziergänge vorbei an den Produktionsstudios und den Wellblechhütten, dann irgendwann der Leihwagen knallrot, Ventura Freeway, „Rebirth“, Mt. Baldy und der Beinahecrash, die Tour zum Gipfel, Schnee, Ranger Dan und der Philosophiestudent, den Sternen so nah und die verlorenen Blicke in die ewiglichen Weiten San Franciscos, das schlagende Herz, die Schweißtropfen auf meiner Stirn, die Tränen in meinen Augen, das Morgen so fremd…
Isaiah aus New Mexico, die Union Station, der Southwest Chief Train, die perfekte Zugfahrt, die Nacht an der Seite der Gallup-Lady, Albuquerque, die „Perpetuum Publishings“-Fragmente, A., die Sandia-Mountains und die kranke Energie New Mexicos, Downtown und das Zia-Symbol, Skylar und das Ballonfestival, die Pizzabedienung, die Petroglyphen und die Fahrt
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nach Taos. Chimayo, Flor, die Blume, die missglückten Trampversuche, der Streit und die Offensichtlichkeit, Dennis Hopper und R.C. Gorman, Robert Mitchell Ross und Charles Collins. Santa Fe, der Rail Runner und ABQ, die Murals, das Roadway Inn, die Route 66, der Panamerican-Highway, die Sonnenuntergänge, die zwei Coffeecup-Poems, das Bhagavad-Gita-Exemplar, die Bücherei und die Drogensüchtigen, der Southwest Chief Train zurück an die Westküste, das Vibrieren in meiner Brust, die Tränen in meinen Augen, die verlorenen doch ein kleines Stückchen klareren Blicke in die fremden Fernen der vor den Fenstern des Observation Car vorbeiziehenden Landschaften mit dem Kaffee mit Creamer und Suggar, LA zum Zweiten, Wilshire / Western und die Metro, das Natural History Museum und die Edelsteine, der Rosengarten und die Pioniergeräteexponate, die Zeitlosigkeit, das Mariposarium und die Monarchschmetterlinge, die Koreatown Branch Public Library und der letzte sonnige Vormittag auf der Rumi-Dachterrasse, der Flug nach Mexiko-Stadt, das schwere Gepäck, die Fremde, die Metro, das Zentrum, all die Cocktails an Eindrücken und Gerüchen, die Ungewissheit, das Hostel, die leere Kathedrale, das Kreischen in meiner Brust, die Vasconcelos-Bibliothek, der Palacio de Bellas Artes, die Summe der Dinge, die Summe der Dinge, ja, die Summe der Dinge. Das Schreiben in Zentralamerika, all die Männer mit den Waffen an den Straßenecken, das geniale Essen und meine Angst, Marios Vargas Llosas „Chunga“ und „Embraced by the Light“ von Betty J. Eadie. Mexiko-Stadt, Labyrinth, rießig, Rätsel, Kairo-gleich, die Jungfrau von Guadeloupe, Papst Johannes Paul II., die Murals, das 19-jährige französische Pärchen, die wachen Nächte, das Rufen Gottes, die Fragezeichen, die
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Zweifel, Morelos, das verlorene Kind, J. und M., die Großmutter der Großfamilie, der große gemeinsame Tisch, die zwei Kreuze, das Flehen und das Beten, die Tränen in meinen Augen, das Suchen und das Stolpern, das Stottern und das Fallen. Das Beten. Das Beten. Das Beten. Die Tränen. Das Feuer. Luna, die Göttin, die Passionsfrüchte und die Kakteen, der glimmende Popocatepetl, das Monstrum, die Gemeinde, der Zement, die Bodenschwelle, das kleine Saufgelage aka Vormittagszusammenschweißmaßnahme, die Gabione und das Pflanzen der Bäume, das Sammeln der Champignons, das Essen und der Geburtstag, der gemeinsame Abend und die Gastfreundschaft, die mexikanischen Filme und das Schreiben. No. 53 und das Beten. Das Beten. Das Beten. Die Müdigkeit. Der Vollmond. Das Beten. Die Albträume. Der Inkognito-Tab. Die Sucht. Die Niedergeschlagenheit. Die Musik. Die Gedanken an M. Das Beten. Das Beten. Das Beten. Das Träumen von der Zeppelinfahrt. Das Schreiben. Die Punkte und die Kommas, die Seiten und die Geschichten, sie und ihre Schwester. Der kleine Eckladen, die grausigen Regenfälle und vom Himmel schießenden Blitze. Die Kirche. Der Platz. Das Fleisch. Die Suche. Die Suche. Das Schreiben. Das Weiter. Das Leben. Ein Auf und Ab, eine Reise, ein Prozess, eine Odyssee, eine Heilung, ein Traum, ein Leben, denn einzig die Ewigkeit hat die Möglichkeit, durch dich hindurch geboren zu werden. Das Erwachen und die Spaziergänge, Tepoztlan und das Mural, der Vater und der Sohn, die Jungfrau von Guadeloupe, die Natur, das Schlagen in meinem Innen, die Unruhe. Der Anfang. Der Neubeginn. Der Wandel. Die Metamorphose. Die Tränen. Das Putzen des Pick-Ups. Die Paradiesfahrt zurück gen Millionenmetropole. Die schlafende Frau unter dem kristallblauen Himmel. Der Smog und all die kuriosen Gestalten. Mexiko.
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Mexiko. Mexiko. Der Glaube, ja, der Glaube. Die Familie und die Universität, die Nationalbibliothek und der Spaziergang, die Pulqueria und die Telefonate mit Ma., die Kontaktaufnahme und das Verstreichen der Zeit. Das Wunder. Das Wunder. Das Wunder. Sie und die Liebe, der Abschied unter Tränen, die UBER-Fahrt und der Gasgeruch, „Never, Never Gonna Give Ya Up“ und der Flughafen. Das Warten. Das Geld. Die Frauen. Das Schreiben. Die innere Unruhe. Der Abflug. Die Gebete und Bogotá zum Dritten. Der Regen und das Versuchen in einen öffentlichen Bus mit den zwei Reiserucksäcken zu steigen. La Candelaria und die Arche Noah, „Der Junge mit dem Kometenschweif“ und Ana, die Führung und die farbenfrohen Wände, der Protest und die Aufklärung. Die Großstadt und die Versuchung, die Ablenkungen und die Straßenecken. Die Guten und die Bösen, die Sagen und die Märchen, das Schreiben und das Glauben. Die gebündelte Kraft und La Pola. Der Aufstieg auf den Cerro de Monserrate zum Ersten und zum Zweiten und zum Dritten, das Planetarium und das Café Mile, die Liebe und die Erregung, das Café Pensaje und die Verlorenheit. Gabriel Garcia Marquez und die Remington Rand, „Meine Remington Rand oder der Tennisarm“, die Sprachnachricht von Ma., das Glauben, das Träumen, das Flehen und die Hollywood-Schaukel, das Schreiben und das Finden, die Bibliothek und der Kuchen für den Menschen auf der Straße, das Leben Wunderding und Bewährungsprobe, Kraftakt und Gelöbnis. Genial und durchtrieben. Rätsel und Raumschiff, Stanislaw Lem und Yuri Gagarin. Laika. Meine „Mix der Woche“-Playlist und das Tattoo mit dem ZIA-Symbol. Das Schreiben, die Fahrten mit dem BRT, der Aufbruch und der Christus, der Gott und der Schöpfende, die Liebe und die Intimität, die Intimität und die Intimität, die Sprachnachricht von Ma. beim Zähneputzen um 05:00 Uhr morgens im Bad, der Sonnenaufgang und die Fahrt
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nach Fusa, Fusa und das zweite Frühstück, die Liebe der Menschen auf meinem Weg. Die Tränen und der Glaube, das Beten und der Durchbruch, die Zerreißprobe und der Flug. Der Spirit of Eternity samt dem Spirit of Canada und dem Spirit of Zurich, irgendwo bei Perpetuum-Tag no. 732, der Bus nach Cumaca, die Freude, das Loslassen, das Vertrauen, der Abschied und der Neubeginn, die Sehnsucht und die Trauer, das Leben und der Tod, die Hoffnung, die Hoffnung, die Hoffnung. Die Pause und die Bäckerei samt der Inka-Cola und Pan Dulce und sie. Verliebt. Bäng. Auf einen Blick. Das Schlagen in meiner Brust. Das Leuchten meines Innen. Das spirituelle Wachstum, der Segen auf deinem Weg, das Schreiben und die Perfektionierung deines zeitlosen Fluges in all den Myriaden an Zeiteinheiten und Kolibriflügelschlägen, der Aufwind und Ikarus, die Meerjungfrauen und das Staunen, das Weiter und das Weiter und das Weiter. Die Ankunft. Quinini. Die Natur samt Abgeschiedenheit. J. und Mathi und Sara und Maji. Die Zusammenkunft und die Unfähigkeit mich selbst so anzunehmen wie ich bin. Die Nächte im Zelt und die Wanderungen, die Entbehrungen und die Enttäuschungen, die Zerrissenheit meines Innen und der Traum vom Vollmond. Das Weiter und der Abschied, das Schnippeln des Mittagessens, „La Cocina Familia“, der kosmische Bruder, die rote Sternschnuppe und der Schicksalsfelsen an der Sonne. Die Gedanken an Hiva Oa und an die Südsee. Angekommen in mir, zumindest ein kleines Bisschen. Zumindest im Moment. Das Baño Seco und das Schreiben, die Explosion meines Herzens und der Tobsuchtsanfall, die Unfähigkeit, ich selbst zu sein, …
Das Yoga und der Sonnengruß, Avuelo und K. Die Schönheit und ihr Leuchten. Das Katzenbaby und die Einheit. Der Glaube. Der Glaube. Der Glaube. Das
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Trocknen der Tränen und das verliebt-sein. Die schlaflosen Nächte und die Schmetterlinge, die Bananen und das Träumen, das letzte Abendmahl und die frühmorgendliche Wanderung zum Bus, die ersten Sonnenstrahlen auf den Häusern Fusas, die Temazcal, die Suppe, die Familie, das Feuer, die Erdung, der Schlamm und Matsch, der Abschied von M. und all die Liebe der Menschen an meiner Seite, das fließende klare Wasser und das flammende Kind, die Urgewalt und die ureigene Kraft, das Meisterwerk und die tobende Woge jenseits in Verbindung mit dem gen Himmel stobenden Funken. Die Einblicke samt der Stille, Maurize auf dem Markt und die Honigverkäuferin, der Schutzpatron und das Finden. All die wachen Geister und Augen. Der Glaube. Der Glaube. Der Glaube. Das Weiter. Die Sehnsucht.
19:38 Uhr
Das Innehalten und das Fragen, was ich da eigentlich mache. Doch in mir die Sehnsucht und die Gewissheit, dass dort irgendwo jenseits des Horizontes im Süden eine Ansammlung von Seelen, Häusern, Straßen und xyz-Krimskrams namens Ushuaia sich befindet. Und weil es eine Stadt namens Ushuaia gibt, werde ich erfolgreich sein mit „Heal your Heart – El Diario“. Denn so steht es geschrieben. Das ist die Wahrheit. Das ist meine Intuition gepaart mit der Alternativlosigkeit und dem unbändigen Glauben. Sicherlich, die Willenskraft sowie den Mut musste ich früher oder später in meinen 33 Jahren erlernen. Also geht es weiter. Wohin, keinen Plan, so verlasse ich Quinini, sitze vor dem kleinen Laden mit meinen zwei Rucksäcken auf einem Holzbrett namens Bank mit den zwei Hunden an meiner Seite und der Familie, die da das Kuhgehege frisch zäunt. Gerne würde ich ihnen helfen, doch sie spiegeln mir meine Liebe und meine Größe wider, ich schreibe in Gedanken, ich steige auf den Rücksitz des Geländewagens, befinde mich dort mit dem Mitte 30-jährigen Fahrer, mit der Großmutter und der gelben Mütze, mit ihrer Tochter an ihrer Seite, mit dem 16-jährigen Schüler und seinem ein paar Wochen alten Hund, mit der älteren Dame neben mir und dem Opa mit dem ermutigenden Blick, dann
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Nilo, dann eine Erfrischung, dann Melgar und die Frau am Schalter, wieder gen Süden, wieder die Idylle Kolumbiens, Neiva, das Panorama-Hotel, die Säfte, das Gehen auf den Asphaltbändern und Pflastersteinen, der Glaube und das Glauben, das Flehen und das Beten. Der Tinto mit C. und der Aufbruch gen Popayan, das Winken gen San Agustín und San José de Isnos, die Reinigung meines Innen, das Füllen meines leeren Kelches, das Lesen und das Kopf schütteln, die Fragezeichen und die Erklärungsversuche, die eigene Gewissheit, doch die Wunden gleich Kratern in meiner Seele. Gleichwohl ist da der Glaube, da spielt die Musik, da sitzt Lo auf dem Beifahrersitz in den USA, da gehen sie und da erwachen sie, da werden sie geboren und da schüren sie die Feuer in ihrem Innen, denn irgendwie habe ich es bis nach Quito geschafft, irgendwie atme und irgendwie lebe ich. Und freilich gilt das auch für das Schreiben. Du wirst nicht als ein Hesse geboren, außer du wirst dich in der Folge der leeren Kalendertagblätter selbst in all der Schwärze zu einem Hesse machen. Und erst, wenn du dich wahrlich zu einem Hesse gemacht hast, dann wirst du bereits von Geburt an ein Hesse gewesen sein. Also Ruckelpiste, erste Reihe Minibus gen Popayan, Pannen auf der Strecke, coole Rythmen, keine Bange, Höhenluft in greifbarer Nähe des Puracé, das Warten und der Verkehr, die weiße Stadt und die Frau am Schalter mit den Blumen, die E-Mail-Nachricht von K. und die Sprachnachricht von Ma., das Filmcafé und das letzte Abendmahl alleine am Tisch mit der Jungfrau von Guadeloupe in meinem Geldbeutel. Der ehemalige Fußballprofi im Bus, all die Seelen, Gnosis und die Geduld, endlich die Panamericana, endlich Pasto, endlich Ipiales, endlich Ecuador, die Tränen und Tulcan, Ibarra und die Wanderung gen Esperanza, die
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Hoffnung und die Stadt der Engel, die Erde der Hoffnung, der Friede deines Seins, die Erhabenheit weit jenseits des Sichtbaren, der Glaube und das Göttliche. E. und der Ausflug zu den sieben Wasserfällen mit Roxy, Viki und Huan. Der unvergessliche Tag samt dem Genuss, das heilige Haus mit all dem Glauben und das Abendessen mit der Colada Morada. Und sie. Und ja, wieder verliebt, zack – im Augenblick eines Momentes. Der Aufstieg auf den Imbabura, die Indigena und der Seitenwind, der beinahe Absturz und die Lagune Cubilche, die Summe der Dinge und die Heilung des Äquators. Das Friseurabenteuer und der Abschied, Otavalo und Pijal, „La Bomba“ und die F.-Familie, der Seelenhafen und die Inspiration, der Meister und das Wunder, die Krönung und der Segen, das Finden und die Anteilnahme, die Offenbarung und die inneren Bilder, das Wirken und die Aufwendung der eigenen Energien. Das Erschaffen und das Verleihen der Form, der Prozess, das Wachstum. Die Schule des Lebens und der Schlüssel aus dem Labyrinth. All die Begegnungen auf dieser Reise, all die Ecken und Kanten, all das Irren und Suchen, all die Fehler und Scheuklappen, all die Fassade und all der Frust. Das verbitterte zerbrochene Herz wird auf diesem blauen Planeten mit Sicherheit bereits den größten Schaden angerichtet haben. Denn du sollst nicht töten. Wie viele aber töteten? Wie viele mögen hören aber nicht handeln? Wie viele kamen, doch blieben einzig zum Wohl ihres Selbst? Wie viele Irrtümer? Also: Der Abschied von Pijal, die Tränen, der Bus auf der Panamericana, das Kennenlernen Quitos, die Dachterrassengespräche mit D., die Bergsilhouetten und das Touristendasein, das historische Zentrum und die Museen, die Höhe und die Panamericana, die Pizzeria und die Frauen, die Täuschungen auf meinem Weg, die Schönheit Ecuadors, der Aufstieg auf den Rucu Pichincha mit J. und F.
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20:31 Uhr
Da ist der Friedhof mit all den Gräbern, da ist das Mahnmal, dass dieses Leben endlich ist, dass es an uns ist, den Wandel selbst mit einem jedem Atemzug zu leben, den wir in der Welt wünschen, da ist der Kaffee und das Schreiben, die Kunst und die indigene Kultur, der Schmuck und das Lesezeichen aus den Pferdehaaren mit den Naturfarben, da ist „Star no. 5001“ und das Erwachen, das Beten und das Beten, das Beten und das Beten, das Wünschen und das Flehen, das schlagende Herz und der Abschied von D., die Umarmung und die kleine weitere Heilung samt der Fahrt nach Magdalena. Da ist das Ende. Da bin ich angekommen. Da stand sie plötzlich still die Zeit. Da floss einzig das Wasser, flogen die Kolibris und wachten die Hüterinnen und Hüter über ihren Schätzen. Da fand ich an einem Fleck die Welt. Da fand ich mich, da fand ich die Liebe, da fand ich die Ursache eines jeden Problems, da fand ich die Heilung, da fand ich Gott, da fand ich die Auflösung oder vielmehr Transformation meiner einstigen Inkognito-Tab-Sucht. Da fand ich die Liebe. Da war die Menschlichkeit samt der Natur. Da war Los Cedros und die Quelle, da war sie und ihre Existenz. Da war das Wunder. Da war die Antwort. Da war all der Sinn. Da war die Widmung und das Schreiben. Da war die Klarheit „Perpetuum Publishings“. Da war ich und da bin ich und da werde ich sein. Dort wird geschrieben, dort wird gebetet, dort werden Menschen wieder zu Menschen die vergaßen, wer sie wirklich sind. Dort wurde ich um der zu sein, der ich zeitlebens war.
Kafkas Käfer – Donnerstag, 16. November 2023
15:30 Uhr – Irgendwo in Quito
ich weiß nicht, wo wir uns befinden. Es ist eine Übung immer wieder aus dem Haus zu gehen, sich nicht zurückzuziehen, das Neue und Unbekannte kennenzulernen und einfach loszulassen. Ich fühle mich gerade sehr merkwürdig. Wieder spüre ich die unterdrückte Wut, die passive Aggression, die Minderwertigkeitskomplexe und die Unfähigkeit gegenüber dem Leben. Aber ich akzeptiere es. In Gedanken kann ich mir schon immer wieder sagen, dass ich das Licht und die Liebe bin, ich nehme meinen Körper war, ich fühle die Erde unter meinen Füßen. Aber was ist mit der Verbindung mit dem Gegenüber? Gerade ist sie wieder da die Traurigkeit, ich schaue aus dem geöffneten Fenster des parkenden Autos weil ein Mitte 40-Jähriger mit vielen Tattoos und einer schrillen Sportjacke vorbeiläuft, er nickt mir zu und hebt den Daumen nach oben. Tatsächlich frage ich mich, was mich von Gabriel Garcia Marquez und Pablo Neruda unterscheidet. Klar, ich heiße anders, komme aus einem anderen Land, bin jünger, habe hellere Haare, bin vermutlich mehr Kilometer mit dem Fahrrad gefahren – doch wie viel haben sie geschrieben?
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18:51 Uhr
Ich liege wieder schreibend im Bett. Tatsächlich liege ich beim gegenwärtigen Schreibziel recht weit im Rückstand. Wohin bewege ich mich? Wie mächtig bin ich? Was ist das Leben? Was ist mein Leben? Befinde ich mich immer auf dem Beifahrersitz? Auf dem Beifahrersitz am Tag kann ich träumen, gerade darf ich schreiben. Es ist das kontinuierliche Auf und Ab. Los Cedros nichts weiter als eine Fiktion? Ewigkeiten hier im Universum, Quito – Zürich, Los Angeles oder Kapstadt, alles Schall und Rauch. Alles Schall und Rauch? Verdammt Gott. Verflucht, wo bist du? Wo bist du? Wo bist du? Wo bist du? Wo warst du mein gesamtes Leben lang? Gott, wo bist du? In mir ist sie wieder diese Traurigkeit, ist es das dieses Leben, dieses „Über-sich-ergehen-lassen“? Das Klavier von John Corlis spielt wieder. Bin ich nicht doch mit 33 Jahren von all den Anderen abgehängt? Aber ich glaube. Ich bin. Ich atme. Ich liebe. Ich schreibe. Zwischen Ma. und mir ist Funkstille, alles plätschert so vor sich hin. Geldprobleme und Sorgen, Probleme, Probleme, Probleme, Probleme, Probleme, Probleme. Fülle, Fülle, Fülle, Fülle, Fülle, Fülle. Reichtum, Reichtum, Reichtum, Reichtum, Reichtum, Reichtum. Liebe, Liebe, Liebe, Liebe, Liebe, Liebe. Es ist gesetzt, dass unser aller Tage 24 Stunden haben. Aber für jeden einzelnen Menschen können diese 24 Stunden etwas gänzlich anderes bedeuten. So ist das eben, das ist Leben, das ist Sein, das ist Existenz. Das ist die Realität. Es tut wahrlich gut die Finken und Spatzen trällern zu hören. Wo werde ich im nächsten Jahr wohnen? Mit welchen Menschen darf ich meine Zeit verbringen?
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Glaube. Glaube an dich. Glaube an dein Land. Glaube an deine Nächsten. Glaube an deine Eltern. Glaube an deine Geschwister. Glaube an deinen Lebensgefährten. Glaube an die Kinder. Glaube an deine Ahnen. Glaube an die Sonne. Glaube an Gott. Glaube an Jesus. Glaube an Johannes. Glaube an den Eckstein. Glaube an die Liebe. Glaube an die Menschlichkeit. Glaube an deine Kraft. Glaube an „la hija de venezuela“. Glaube an die heilende Kraft des Wassers. Glaube an dein Wirken. Glaube an die Schönheit der unperfekten Dinge. Glaube an Engel. Glaube an den NaNoWriMo. Glaube an die Sterne. Glaube an deine Träume. Glaube an die Kreativität. Glaube an die Lebendigkeit. Glaube an deine Imagination. Glaube an deine Anwesenheit. Glaube an den Flügelschlag des Schmetterlings. Glaube an das Sandkorn in der Wüste. Glaube an die Oase. Glaube an die Rettung. Glaube an die Fata Morgana. Glaube an die Gebete. Glaube an die Kreativität. Glaube an die Kontinuität. Glaube an das spirituelle Wachstum. Glaube an deinen Flug. Glaube an Wunder. Glaube an Mystik. Glaube an dich. Glaube an dich. Glaube an die Kraft der Wiederholung. Glaube an Fatima. Glaube an Lourdes. Glaube an Mekka. Glaube an Rom. Glaube an Sedona. Glaube an die Jungfrau von Guadeloupe. Glaube an die Freude. Glaube an deine Arbeitskollegen. Glaube an die Menschen auf der Straße. Glaube an Ushuaia. Glaube an Moskau. Glaube an Israel. Glaube an Jerusalem. Glaube an Prag. Glaube an den Kölner Dom. Glaube an das Straßburger Münster. Glaube an Chartres. Glaube an Babaji. Glaube an Marseille. Glaube an die Inspiration. Glaube an die Gesundheit. Glaube. Glaube an den Amazonas.
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Glaube an die Vergebung. Glaube an deine magnetische Anziehungskraft. Glaube an die Wahrheit. Glaube an deine Ausstrahlung. Glaube an dein Licht. Glaube an dein Feuer. Glaube an dein inneres Kind. Glaube an deinen Reichtum. Glaube an den kleinen Prinzen. Glaube an die Ewigkeit. Glaube an das Erwachen. Glaube an das Wachstum. Glaube an die Erfüllung deiner Wünsche. Glaube an die Heilung. Glaube an die göttliche Fügung. Glaube an das Universum. Glaube an die Raupe. Glaube an die Raupe. In der Raupe liegt das größte Wunder verborgen. Glaube. Glaube an die Füllfederhaltertintenaneinanderreihungen. Glaube an die Echtheit und die Wahrheit deiner Tränen. Glaube an die Heilung. Glaube an die Liebe. Glaube an dich. Glaube an Seite 44. Glaube an Ecuador. Glaube an Venezuela. Glaube an Gott. Glaube an deine Kraft. Glaube daran, dass dein Sein einen Unterschied darstellt. Glaube an deine Gefühle. Glaube der Nacht. Glaube der Milchstraße. Glaube deinen zaghaften Gehversuchen. Glaube deiner Neugierde. Glaube deinem Herzen. Glaube deiner Seele. Glaube. Glaube heute. Glaube morgen. Glaube übermorgen. Glaube überübermorgen. Glaube überüberübermorgen. Glaube überüberüberübermorgen. Glaube überüberüberüberübermorgen. Glaube in einer Woche. Glaube in einem Monat. Glaube bei Vollmond. Glaube bei der Sonnenfinsternis. Glaube an die Bücher. Glaube an das Wunder. Glaube an das Wunder. Glaube an das Wunder. Glaube an den Durchbruch. Glaube an den Aufstieg. Glaube an den Höhenflug. Glaube an das Jenseits. Glaube an deine Gebetskette. Glaube an den Weg. Glaube an die Myriaden an Verflechtungen. Glaube in Ewigkeit. Glaube an den vermeintlich Abgehängtesten. Glaube an die Musik. Glaube an deine Selbstwirksamkeitserwartung. Glaube an das Leben. Glaube an das Leben. Glaube an das Leben. Glaube an das Leben. Glaube an das Leben. Glaube an das Leben.
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19:49 Uhr
„If you choose the red, and I choose the blue / We can share the green, we can share the green / When I’ve lost my worlds, looking at you / I didn’t know your name, I didn’t know you could / Change what I see / Change the way I feel / I was far away from me / I wasn’t listening. We have learnt to be far from home / What it takes to build our kingdom […] And it changed what I see / And it changed the way I feel…” Es sind die Worte aus “Our Kingdom” von Hugo Barriol, die gerade unmittelbar zu meiner Seele sprechen. Leben ist Liebe ist Imagination ist Glaube ist Gott. Wir sind alle Gigantinnen und Giganten. Wir sind das Wunder. Wir müssen geläutert werden wieder und wieder um zu unserer vollen Größe anzuwachsen. Ja, es ist die Wahrheit. Wir sind das Wunder. Es gibt kein Zurück mehr. Im Leben gab es noch niemals ein Zurück. Es ist das dritte Jahrtausend nach Christus. Wir erschaffen die Möglichkeiten. Wir erwachen einen jeden Morgen erneut. Wir schreiben Geschichte. Wir meißeln uns im Prozess aus dem ursprünglich bedeutungslosen Granitsteinblock. Wir sind das Kunstwerk. Wir sind das Wunder. Wir glauben. Wir wirken. Wir geben. Wir fühlen. Wir verbinden. Wir ermöglichen. Wir erschaffen. Wir bauen von Grund auf neu auf dem Fundament der Zeitlosigkeit. Wir wissen. Wir fühlen. Wir atmen. Wir tragen die schlagenden Herzen in unseren Brüsten. Wir gehen nach vorne. Wir sehen. Wir inspirieren. Wir heilen. Wir sind der Unterschied. Wir sind der Wandel. Wir sind der Fortschritt. Wir sind der Ursprung. Wir sind die Antwort.
Wieder ist sie vor mir diese weiße Wand. Doch was sehe ich? Welches Bildnis installiere ich dort glasklar vor meinem inneren Auge? Worauf richte ich meine Aufmerksamkeit? Worauf schaue ich? An was denke ich? Was denke ich? Was schreibe ich? Was mache ich? Was fühle ich? Was wünsche ich mir? Was lasse ich in mein Bewusstsein? Welche Informationen sauge ich in mir auf? Was befindet sich auf meinem Teller? Was bricht jenseits der gnadenlosen Schwärze unweigerlich durch? Was bete ich? Was träume ich? Was sehe ich? Was sehe ich? Was schreibe ich? Was wiederhole ich wieder und
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wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder in meinem Bewusstsein?
The Hidden Chapter no. 0 oder zurück beim Licht Amerikas – Dienstag, 14. November 2023
07:54 Uhr
Gegen 07:00 Uhr schälte sich die Sonne aus den weißen Nebelschleiern, wir befinden uns auf halber Strecke gen Quito, ich bin wieder mit meiner Inca-Kola eingedeckt – auch wenn ich sie eigentlich des Unternehmens wegen nicht kaufen und trinken dürfte. Die Nacht war kurz, ich meinte meinen Personalausweis irgendwo auf dem Rückweg von Los Cedros verloren zu haben exakt an dem Tag da ich die Geschichte des Gringos Juan gehört hatte, dessen Dokumente vom Fluss verschluckt wurden. Um 04:34 Uhr fand ich ihn dann schließlich doch auf dem Stuhl unter einem Pullover versteckt. Es ist ein herrlicher Tag, ein Wunder. Ich bin gespannt, was in Quito wartet und in welche Richtung die Sonnenstrahlen führen werden. Was werde ich im Jahr 2035 schreiben? Die Straße ist neu asphaltiert, der gelbe durchgezogene Mittelstreifen schlängelt sich kontinuierlich den Berg empor. Das Glück, es möchte erobert werden. Im Gepäck habe ich die „Peacemaker“ um mich in der Nacht vom Großstadtlärm zu schützen. Ich weiß, dass ich diese Woche die Venezolanerin wiedertreffen werde. Wir passieren Los Armadillos, es wird kühler, die Pick-Ups kommen uns entgegen, der Motor arbeitet. Die Landschaft zieht vorbei, vereinzelt befinden sich am Straßenrand weiße Kreuze mit Namen verunglückter Menschen. Dieses Jahr ist ewig lang, gefühlt eines der längsten meines Lebens. Über uns der blaue Himmel, rein und ohne Flugzeuge. Wieder habe ich den Eindruck, dass das Oben hier in Lateinamerika schöner ist als in der Mitte Europas.
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Gegen 15:00 Uhr – Quito
Quito und das frühe Aufstehen machen mir zu schaffen. Vorhin lag ich eine knappe Stunde im Bett, war in Gänze groggy und lauschte dem starken Regen. Die Buchbestellungsliste für Januar im nächsten Jahr ist angefertigt, irgendwie denke ich öfters an Anita Moorjani, ich lasse los und vertraue bedingungslos dem Universum. Alles ist gut. Nun habe ich hier wieder das Zimmer und den Schreibtisch, nun darf oder vielmehr muss ich mein Können und Durchhaltevermögen wieder unter Beweis stellen, nun geht es um die Konkretisierung des Werkes und alles ist gut so wie es ist. Ich atme tief ein und aus und der Atem heilt mein Sein.
20:47 Uhr
Ich liege im Bett, 04:30 Uhr heute morgen ist Lichtjahre entfernt, Los Cedros ist Geschichte, ich höre „Chasing Shadows“ von John Corlis in Dauerschleife und wünsche mir wahrlich, dass ein empfindsamer Mensch beim Schmökern in „Heal your Heart – El Diario – Ein Traum namens Ushuaia“ selbiges empfindet, wie ich jetzt beim Hören. Der Autolärm und all das Gepiepe und Gehupe sind ausgeblendet, in mir habe ich die unterschiedlichen
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Geräusche vom Fallen der Regentropfen abgespeichert. Der Tag heute war eher unter dem Durchschnitt, ich finde mich langsam damit ab, dass ich dieser Typ auf dem Beifahrersitz bin, ich träume im Innen, ich schreibe in der Stille in der Dunkelheit begleitet vom Licht der Ewigkeit. Ich gebe niemals auf, es bedarf einiger vermeintlich fehlerhafter Steinwürfe ins Wasser, bis der Winkel perfekt ist, bis alles offensichtlich ist, bis man die Zeit innerhalb eines Herzschlags anhalten kann, bis alles schweigt und sie dir diesen Blick zuwirft, den du niemals vergessen wirst. Ich bin in den Pyrenäen, ich bin dabei, das Textdokument mit dem Titel „Notizbuch no. 57_abgeschlossen“ durchzugehen, um es dann diese Woche auf die Internetseite hochzuladen. Alles ist ein Prozess. Es ist ein kontinuierliches Werden und Vergehen, ein niemals endendes Geben und Nehmen. Die silberne Gebetskette in meiner Hand. 6 Tintenfüllungen hat mein Quito-Tintenfass bereits hinter sich, es ist der Song ohne Ende. Niemand weiß, wann er einst anfing zu spielen. Sie gehen über die Gehsteige und die Kreuzungen, zeigen und behaupten sich, sind Teil der Großstadt, Teil des Lebens, Teil dieses verfluchten Irrtums. Manche rennen ein paar Meter, andere wiederum bleiben stehen um eine Fotografie einer Hausfassade aufzunehmen. Die Kinder Venezuelas überall, ausgestattet mit Rucksäcken und Träumen im Gepäck. Ja, wahrlich gibt es Tage, die erst um 21:01 Uhr erobert werden, das Glück kennt keine Uhrzeit, der Fleiß lebt jenseits von Preisen, die Arbeit die Tugend und die Muse eine Sehnsucht auf den Tischen in der Mitte des Geschehens. Ja, du wirst nicht wissen, was das
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Leben ist, wenn du niemals lerntest zu leben. Mit der Liebe verhält es sich ähnlich. Es ist an mir diesen Traum zu manifestieren. Ich schließe die Augen und trinke am Ufer Ushuaias einen Kaffee, blinzele in die Sonnenstrahlen und winke der Möwe am Himmel zu, die mir all die Neuigkeiten aus der Ferne verkündete. Ich bin. Ich schreibe. Ich lebe. Ich bin auferstanden von den Toten, blickte tief und musste eine Entscheidung treffen. Alles ist ein Kompromiss. Aber irgendwann wirst du aufwachen und das Kostüm, das du trägst, ist ein immenser Irrtum. Jedes Jahr ein neuer Abschnitt. Zyklen um Zyklen. In knapp zwei Monaten werde ich mit dem Zug in Basel SBB angekommen sein, meinen Rucksack schließen, auf den Bahnsteig treten und wieder in die Biobäckerei gehen, einen Kaffee Crema samt einer veganen Quiche essen, gen Rhein streben, auf das Münster steigen, ein Foto schießen und dann schließlich nach Deutschland ziehen, mein Fahrrad samt dem neongelben Helm aus dem Keller schieben und bis Stuttgart strampeln. Ich werde losgelassen haben und angekommen sein. Ich kam und ich blieb. Du zogst vorbei, doch du warst nicht dazu bestimmt mein zu sein. Freilich warst du ein genialer Gedanke. Seite an Seite hätten wir uns im Gewirr der Schornsteindüfte finden können, wir hätten als ein eingespieltes Team Geschichten unserer Herzen erschaffen können, es wäre dieses eine verdammte Werk gewesen; aber die Sterne, sie hatten anderes mit uns vor. Und so bin ich hier und du bist da, alles zurück auf Anfang. Alles Schall und Rauch. Nichts als Illusion. Einzig Fassade. Armut im Denken. Kranke Wesen von Ängsten zerfressen. Doch hebe deinen Kopf um hinauf gen Himmel zu ziehen, halte sie fester als fest deine Träume um in Gänze loszulassen und zu sein.
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21:21 Uhr
Du könntest ein Vorbild sein. Du könntest bewegen und inspirieren. Du könntest mit Lichtgeschwindigkeit auf dem Kometen durch das Universum ziehen. Du könntest gewinnen. Du könntest ein Gewinner sein. Du könntest siegen. Du könntest Geschichte schreiben. Du könntest Reichtum generieren. Du könntest Ruhm und Ehre erlangen. Auf dem Ozean bahnt sich eine winzige Nussschale einen Weg an das Ufer welches sich noch tausende Kilometer entfernt befindet. Lässt du die Zeit verstreichen? Ergreifst du all die Chancen und die Möglichkeiten? Bist du du selbst? Hast du den Mut zu dir, zu deinen Werten und zu deiner Meinung zu stehen? Lässt du dich verdrehen? Gibst du klein bei? Lässt du dich unterkriegen? Steckst du zurück? Lässt du andere deine Richtung bestimmen? Duckst du dich? Versteckst du dich? Interessierst du dich dafür, was andere Leute über dich denken? Bist du zu nett? Bist du der Depp? Bist du Everybodies Darling doch kennst dich selbst nicht?
Einen Wunsch habe ich. Ich entschied mich für „Perpetuum Publishings“. Dieser wird mich nach Ushuaia führen. Ich folge dieser Fährte. Ich bin der Pionier. Ich bin der Zeuge. Ich bin der Prophet. Ich bin auferstanden. Ich bin die Liebe. Ich bin das Licht. Ich bin der Glaube. Ich bin.
Alles vibriert. Unter Strom. Ja, unter Strom. Es ist das Zeitalter der Inszenierung für jene die nicht gelernt haben das Wahre und das Eigentliche zu sehen. Dekaden falsch gespielt. Hals über Kopf in der Hölle gestrampelt. Wach auf. Wach auf. Wach auf. Sei es dir selbst wert. Sei du selbst. Sei.
Gott ist in dir. Du bist Gott. „Free your soul and be true to life and love…“. Es gibt nur einen wahren Weg. In Wahrheit bin ich Sri Sri Ravi Shankar. Alles eine Option. Im Tempel vor der Kathedrale aus goldenem Glas befindet sich das Geheimnis. Dort ruht der Schlüssel.
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Wir sind alle Legendinnen und Legenden. „To The Stars“. Inspiration pur. Die Purifikation deiner Seele jenseits von Gut und Böse. Segen und Heilung. Wertschätzung und Dankbarkeit. Gnade und Gelübde.
Coming Home – Montag, 13. November 2023
19:59 Uhr
Los Cedros befindet sich Welten entfernt von mir. 48 Stunden befand ich mich dort, bereits auf den ersten Schritten auf dem schmalen matschigen Fußweg wurde mir bewusst, dass ich mich durch ein ewigliches Portal bewege. Irgendwie kam ich heute Vormittag wieder recht schnell zurück und wurde mir beim Abspülen des Geschirrs gewahr, wie ewiglich laut mir das Rauschen des Rio Magdalena nun vorkommt. In den 48 Stunden hatte ich unzählige Herzschläge der Angst wie ich auf den Pfaden zu den Wasserfällen alleine ging und ein Knacksen oder ein Rascheln aus dem Unterholz erschall die Stille zu zerreißen. Eine Schlange gleich aus der Wilhelma oder aus „Harry Potter und der Stein der Weisen“ hätte mich mitsamt Regenjacke und Gummistiefeln hinunterschlingen können. Eine Vogelspinne hätte sich in Windeseile über meinem Kopf hinabseilen und genüsslich in den Nacken beißen können. Letztlich kam ich jedoch mit einem Schrecken davon.
Noch gestern Abend saß ich unter dem gelben LED-Licht am Tisch auf der Terrasse, die Nebelschleier hatten die kleine Ansammlung von Gebäuden längst in Beschlag genommen, das Fallen der Regentropfen ein Ende gefunden und einzig die Zikaden und ein paar Vögel waren noch wahrzunehmen. Vor mir „To The Stars“ von Harry Harrison, die in sich Ruhendste der Katzen, meine Cusco-Umhängetasche sowie die Ausstattung der PhD-Studenten. Vor mir A. und D. aus Ecuador oder R. aus Nepal, sie kamen geführt vom Lichtkegel der Stirnlampen mit weißen Beuteln aus der Dunkelheit zurück. Diese wurden erst gewogen, behutsam geöffnet und zum Vorschein kam schließlich jeweils eine Fledermaus. Das kleinste Exemplar wog um die 15 Gramm und wurde nach ein oder zwei Minuten wieder in die Freiheit fliegen gelassen. Es war ein magischer Moment an diesem Tisch an den Stützpfahl des Daches gelehnt zu sitzen und Zeuge zu werden, wie dieses eingespielte Team weiter seinem Forschungsdrang und der Neugierde folgte. Ich fühlte mich wie ein Pionier, wie ein Teil eines ausgesprochen wichtigen Projektes, alles ergab einen Sinn.
Was geschah noch? Ich entdeckte den Fußabdruck eines Pumas, meditierte am alten Wasserfall auf einem mit von Moos bedeckten Stein den Fluss der Tropfen zu betrachten, schmuste zu oft mit dem Chihuahua und mit Laika, erstellte endlich das „Perpetuum Publishings“ Verlagsprogramm 2024 / 2025 im Rohformat, begegnete einer Rießenkröte und trank den Kaffee begleitet von ihrem Blick. Es waren 48 Stunden ohne Internet, zwei Nächte im 3-Bett-Zimmer in der Holzhütte vor dem Naturpanorama, unzählige Motten und Schmetterlinge, ein paar Kolibrifunde und die Gespräche über Nepal, über den Goldenen Tempel der Sikh, über die unterschiedlichen Glaubensrichtungen und die Spiritualität, über die Arbeit, die Liebe und den Frieden.
Nun sitze ich hier wieder in meinem Bett auf Zeit beim Schein der Kerze, bin deutlich präsenter, höre meine „Mix der Woche“-Playlist und weiß, dass sich früher oder später alle Dinge fügen werden. Vermutlich haben sie sich bereits schon gefügt. Tatsächlich frage ich mich immer noch, was mich hierher geführt hat und warum ich den Drang weiterzuziehen dem Universum übergab und mich dazu verpflichtete, mich bis zum Abschluss des Jahres an diesem Platz zu befinden. Diese 48 Stunden haben mich verändert, ich begriff, dass ich mit meinem Sein, mit meinem Denken und mit meinem Handeln einen Unterschied darstellen kann. Ich begriff, dass es an mir ist in die Richtung zu gehen, die ich in meinem Innen sehe. Ich begriff, dass ich den Mut bei jedem einzelnen dieser Schritte aufbringen darf, meinem Herzen zu folgen und all den Träumen Leben einzuhauchen.
Irgenwie atme ich anders. Ich ruhe in mir. Ich bin mit etwas sehr Großem und Magischem in Verbindung. Ich bin anders mit der Erde verbunden. Ich bin dieser winzige Funken in diesem ewiglich lodernden Kosmos. Ich falte meine Hände anders zum Gebet, ich nehme die Geräusche anders wahr. Ich schmecke bewusster. Ich bin empfindsamer geworden. Das Bad im kalten kristallklaren Wasser reinigte mich. Das reine ursprüngliche Quellwasser heilte mich. Immer wieder stellte ich mir vor, wie all die letzten Partikel und Reste von Gift aus meinem Körper gespült werden wenn ich mich erleichtere. Neue Gedanken bahnten sich Spuren in meinen Geist. Vielleicht war dieser Moment die Öffnung meines Geistes und meines Herzens. Wie ich hier sitze beim Rauch des getrocknenten Salbeis, bei „Nothing Can’t Create Anything – Live“ von Reinhardt Buhr, wie die letzten Tropfen aus der neu geschenkten Trinkflasche von N. meine Lippen benetzen wird mir bewusst, dass ich keinem „Lyrikwettbewerb 2023“ bewusst werden muss. Der NaNoWriMo ist für mich gänzlich bedeutungslos. Ich muss nicht für irgendetwas schreiben. Ich muss überhaupt nichts. Ich kann das Notebook nun zuklappen und in den Rio Magdalena werfen. Ich kann diese Internetseite löschen und mich aus der digitalen Welt verabschieden. Aber ich befinde mich an einem anderen Punkt. Ich habe Notizbuch no. 56 digitalisiert und werde irgendwann die Courage besitzen, dieses auch auf die Internetseite hochzuladen. Mein Atem ist so tief und ruhig wie seit Myriaden von Augenblicken nicht mehr. Ich bin in Verbindung mit unserem sich kontinuierlich drehenden Planeten. Ich erkannte, dass ich egal ob ich in Deutschland, in Ägypten oder in Ecuador gehe, ich bin. Ja. Ich nehme mich an jeden Fleck dieser Welt mit. Ich kann jedes Land dieses blauen Planeten bereist haben. Aber wenn ich in meinem Innen nicht glücklich bin, dann bin ich schlichtweg nicht glücklich. Wenn ich mein Innen nicht transformiere, dann kann ich jeden Abschluss, jedes Geld, jeden materiellen Reichtum besitzen. Aber ich werde nicht glücklich sein. Wenn ich in mir diesen einen Teil nicht gefunden habe, dann kann ich es von keinem anderen Menschen erwarten. Wenn ich mich so wie ich einst als unperfektes Kind einst geboren wurde in Gänze annehmen und lieben kann, dann kann mich niemand annehmen und lieben. Wenn ich den Frieden in meinem Selbst nicht kultiviert habe, dann werde ich Bücher noch und nöcher lesen können, dann werde ich Bücher noch und nöcher schreiben können, dann werde ich ewiglich aus der Unruhe und der Angst heraus handeln.
Ich halte sie in die letzten Kerzenlichtminuten die silberne Münze auf meinem Nachttisch, auf meinem Altar auf Zeit und lese „British Surrender 1777“. Diese Münze wurde im Jahr 2015 gedruckt und in Umlauf gebracht. 1777 war irgendwann die Realität in der Vergangenheit, ein Ereignis setzte sich in dem zeitlosen Buch der Menschheitsgeschichte fest, vielleicht musste es schlichtweg auch einfach geschehen, da bereits alles in den Sternen geschrieben stand. Diese Münze wurde einst erdacht und erschaffen, sie diente als Zahlungsmittel. Sie dient als Zahlungsmittel. Sie wird als Zahlungsmittel dienen. Sie ging von Hand zu Hand, sie befand sich in den USA und nun in Ecuador. Sie wird sich vermutlich auch in Kolumbien, Brasilien oder Venezuela befunden haben. Diese Münze, sie wurde von Männern und von Frauen, von Kindern und von Jugendlichen, von Erwachsenen und von Greisen, von Indigenen und von Gringos, von Atheisten und von Schriftstellern, von Analphabeten und Professoren am Körper getragen. Diese Münze, sie lebte ein kleines Bisschen.
Es ist 20:52 Uhr. Warum sind Menschen arm? Wir tragen alle den unbegrenzten Reichtum in unserem Innersten. Früher oder später ergibt alles einen Sinn. Ja. Früher oder später ergibt alles einen Sinn. Früher oder später werden sich deine Bemühungen auszahlen. Früher oder später wirst du irgendwo unter einem gelben Lichtkegel auf dem Holztisch liegen in einem Cover „To The Stars“. Dort werden nach dir Menschen sitzen, die heute lernen zu laufen, die heute nichts mehr sind denn ein Traum. Und sie werden früher oder später Laufen können, sie werden ihren Weg über all die Ecken und Kanten, durch Decken und Rahmen, in Fremdkörpern und falschen Töpfen finden. Aber all diese Irrungen und Wirrungen, sie werden ihren Weg prägen, sie werden ihre Spuren hinterlassen. Sie werden dich zeichnen. Sie werden eingehen in die Geschichte und weiterschreiben. Sie werden irgendwann an einem Punkt angefangen haben, dieses Pendel in Bewegung zu setzen. Diese Glaskugel wurde einst in den Apparat gesetzt und fliegt seit jeher. Das Perpetuum Mobile fing an zu schwingen und es wird auf Ewigkeiten schwingen. Die Geschichte neigt sich dem Ende zu. Ein neues Kapitel beginnt. Ein weiterer Abschnitt öffnet sich. Es ist ein Kommen und Gehen auf diesem Planeten in diesem Kosmos in dieser Zeit. Es ist ein Geben und Nehmen. Es ist ein Fehler machen und Erkennen. Es ist das Fallen der Tränen. Es ist das Glück. Es ist das Leben. Es ist unbeschreiblich. Es ist ein Prozess. Es ist eine Odyssee. Es ist eine Zeppelinfahrt namens Leben. Es ist der Zug ins Nirwana ohne Bahnsteig. Es ist der Amazonaswassertropfen im Nil oder im Ganges. Es ist ein Traum namens Ushuaia. Es ist die Summe der Dinge. Es ist der Eiskristall. Es ist der Sturm und Drang. Es ist die ewigliche Repetition der Wiederholungen der Echos. Es ist die Nichtigkeit und der Schall und Rauch. Es ist ein Nichts. Es ist ein verdammt immenses Nichts. Es ist nichts als eine Fantasie. Es ist ein Wahnkonstrukt. Es ist ein Pipe-Dream. Es ist das vierte Foto der Polaroid-Kamera. Es ist die weiße Trinkflasche.
Sicherlich vermisse ich meinen Long Haul Trucker. Ich vermisse mein „Disparaître“ von Lionel Durey aus Marseille samt „Ferrara“ von Bert Wagendorf, welche nun irgendwo in einem Umzugskarton im alten Kinderzimmer meiner Mutter liegen. Aber ich trage sie hier bei mir diese eine Pilgermuschel aus Polen und aus Italien. Diese Pilgermuschel hat die Welt gesehen. Diese Pilgermuschel wird noch weitaus mehr von der Welt sehen. Diese Pilgermuschel wird im nächsten Jahr Lourdes und Santiago de Compostela besuchen. Ich kam mit der grauen Edelstahlflasche von M., mit dem Überbleibsel und dem Rest von M. und erhielt hier diese neue Trinkflasche als Geschenk überreicht. Ich erinnere mich an L. aus den Niederlanden, die mich damals irgendwo zwischen Besançon und der Rhone auf ihrem „Circuit des Cent Cols“ für ein paar hundert Kilometer begleitete. Ich erinnere mich an den Bike Wanderer. Ich erinnere mich an die Begegnung mit dem Brasilianer im Cafe del Ciclista auf seiner Fahrt bis nach Jamaika. Ich erinnere mich an meinen Warmshowers-Host aus Russland. Ich erinnere mich an meine erste Warmshowers-Gastgeberin in Besançon. Ich erinnere mich an die Doubs und die Loire, an die Donau und an den Neckar, an den Rhein und an den Atlantik, an das Schwarze Meer und das Mittelmeer, an die Frioul-Inseln und die XXL-Pizza am Hafen mit dem Inder und der Begegnung mit der Tahitianerin. Ich erinnere mich an JPD und das Vauban-Viertel. Über dem Geschehen wacht die goldene Madonna. Ich befinde mich irgendwo in Katalunien und gehe zu der Kappelle von Montserrat. Ich erblicke sie in ihr Gebet vertieft. Mit Schweißtropfen auf der Stirn stehe ich dort auf dem Großglocknerpass, irgendwo auf den Höhen über dem Lago di Letro, irgendwo im Nirgendwo, irgendwo im Weg und dann auch wieder nicht. Rousseau in Avignon und Flaubert bei den Pyramiden, Goethe im „Zum Weißen Schwan“ und Mahfuz in Khan-el-Khalili und London in San Francisco, Zweig in Petropolis und Ruiz-Zafón in Los Angeles, de Saint-Exupéry in den Sternen und Jorge Luis Borge in Genf. Nabokov in Montreux und Vázquez-Figueroa in Teneriffa.
Die Zeit steht still. Ich liege am Strand und höre das Rauschen der Wellen. Ein paar Möwen kreischen zimtig-weich in der Höhe irgendwo über mir. Ja. Alles Schall und Rauch. Alles ein Gedanke Gottes. Alles Glaube. Alles Imagination. Alles in meinem Sein. Alles in dir. Alles in Bewegung. Alles zurück auf Anfang. Alles neu. Alles bewahren. Alles klärt sich. Alles eine Welt.
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Ziele und Wünsche für Quito:
- Mit Ma. telefonieren
- Notizbuch no. 56 auf Internetseite einpflegen
- Die Venezolanerin wiedersehen
- Zur Botschaft gehen um das Visum zu beantragen
- „Perpetuum Publishings“-Verlagsprogramm digitalisieren
- Haare schneiden
- Kerze kaufen.
LOS CEDROS – Sonntag, 12. November 2023
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13:54 Uhr
Um 06:00 Uhr bin ich aufgewacht, es gab Pancakes und Kaffee zum Frühstück, gegen 08:00 Uhr ging ich los zum Rio Los Cedros und dann weiter an dessen Ufer bis zu dem Wasserfall „Antigua“. Hier ist es ruhiger geworden, ein Teil der anderen Gruppe reiste heute ab, nun bin ich noch hier
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mit zwei Anderen und die Energie hat sich verändert. Es ist ruhiger geworden, ein neuer Freiraum hat sich geöffnet, die Energie hat sich gewandelt. Aber immer noch gibt es da in mir einiges, das Heilung bedarf. In der Nacht träumte ich von einem guten Freund, von meiner Mutter und von meiner Schwester. Mit allen drei Menschen hatte ich in den Beziehungen Auseinandersetzungen im Traum. Im Schlaf schlug ich einmal mit dem Bein weil ich meinte zu fallen. Früher hatte ich das oft. Es war immer der Moment, da das Bewusstsein abschaltet. Aber mittlerweile dachte ich, dass ich das hinter mir habe. Ich wollte nach dem Internet fragen aber spüre, dass es besser ist, wenn ich einfach hier bin, wenn ich präsent bin, wenn ich mich nach dem Lauf der Dinge richte. Ich weiß nicht, was ich mache, wenn sich meine energetischen Verstrickungen nicht lösen. Doch sie werden sich lösen. Ja, sie werden sich unweigerlich lösen. In meinem Innen läuft sie ab die Transformation. Gerade habe ich mich länger mit dem Nepalesen unterhalten, ich habe seine Kontaktadresse und wenn ich nähere Informationen zu Indien oder Nepal benötige, dann kann ich mich gerne an ihn wenden. Vielleicht ist es das Zeichen des Universums, dass ich nächstes Jahr endlich nach Australien und Asien gehen muss. Aber in welcher Reihenfolge? In welchem Abschnitt? Die Zeppelinfahrt sollte ich im Mai auf jeden Fall machen und was danach kommt, das kommt danach. Ich wünsche mir noch mehr auf Berge zu steigen und irgendwann mit dem Schreiben der Bücher erfolgreich zu sein. Die Vögel zwitschern und die Temperatur
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ist so kühl, dass ich eigentlich die Jacke anziehen sollte. Doch ich bin hier und ich bete für die Neuigkeiten. Ich weiß nicht, ob ich in die richtige Richtung laufe. Gestern habe ich Johannes aus der Bibel beendet. Nun fange ich mit der Apostelgeschichte an. Die Bibel ist lang und umfangreich. Ich spüre, dass ich vor einer weiteren Schwelle stehe. Es wird Zeit für einen Wandel. Aber ich lebe im Vertrauen, dass alles seinen richtigen Weg geht. Im Morgen akzeptiere ich mich als das spirituelle Wesen. Ich darf darauf vertrauen, dass die Sonne stets über den Wolken scheint. In meinem Herzen, da scheint sie immer die Sonne. Aber es ist erforderlich, dass du dich von Zeit zu Zeit darauf einstellst, dass Dinge geschehen, die du nicht beeinflussen kannst. Ich bete für all das Gute und den Frieden auf dieser Welt. Ich bete für die Liebe. Ich bete für die Summe der Dinge. Aber wir sind alle spirituelle Wesen und miteinander verbunden. Am Ende des Tages wünschen wir uns zu bestehen unter dem Firmament der Sterne. Ja, ich wünschte mir bereits vor Ewigkeiten, dass die Planeten heller strahlen würden. Wieder trage ich das Gefühl in mir, dass ich der erste oder der letzte Mensch auf Erden bin. Ich befinde mich auf der Reise des Lebens, ich befinde mich auf diesem Abenteuer und ich weiß, dass die Sachverhalte jenseits des Offensichtlichen rätselhaft sind. Im Angesicht meiner eigenen Größe behalte ich immer die Würde und den Segen. Mein Geist wächst mit einem jedem Atemzug und die Natürlichkeit meiner Bewegungen fließt wie der Ozean. Die Stärke und die Integrität sind diverse Antworten auf deine
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Fragen. Gefangen bin ich in meinen Gedankenkonstrukten. 15 Dinge, die ich in meinem Leben noch machen möchte:
- Mit der transsibirischen Eisenbahn nach Moskau Richtung China fahren
- Mit dem Fahrrad bis ans Nordkap fahren
- Nach Ushuaia gehen
- Mit einem Schiff von Europa nach Lateinamerika fahren
- Ein Stück Land in Spanien kaufen und bewirtschaften
- Auf den Popocatepetl steigen
- Australien besuchen und vor dem Uluru übernachten
- „Perpetuum Publishings“-Buchverlag Gewerbe anmelden
- Algerien, Marokko, Israel, Sudan, Russland, die Türkei, Nepal, Indonesien, Indien und den Libanon bereisen
- Bolivien, Chile und Argentinien bereisen
- „Heal your Heart – El Diario“, „Die Tinte Gottes“ sowie „UNRUHE” erfolgreich beenden
- Eine Zeppelinfahrt in die Schweiz unternehmen
- Eigenes Baumhaus oder Earthship konstruieren
- Mit dem Fahrrad bis nach Santiago de Compostela fahren
- Mit Ma. eine Familie gründen.
Du kannst alle deine Träume erschaffen. Du lebst im Paradies und du bist ein Mehrwert für all die Seelen, mit denen du dich umgibst. Du bist der Balsam für meine Wunden und der Nektar für meine Langeweile. Im Morgen werden wir gelebt haben, auf dass es kein zweites gäbe. Und das ist die Situation. Das ist die Verkörperung all der Gelüste und der irdischen Güter. Der Friede währt ew-…
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iglich. Du musst stets an erster Stelle stehen.
Irgendwann nach 19:00 Uhr
Ich habe mich verliebt. Doch wie viel wiegt meine Liebe? Wie viel wiegt mein Herz? Was sind die Samen, die ich auf meinem Weg hinterlasse? Beinahe erscheint es mir unmöglich in Verbindung mit meinem Herzen zu leben. Ich trage es in meinem Nachnamen. Meine Familie trägt es im Nachnamen. Die Familie meiner Mutter trägt die Erde im Nachnamen. Die Familie meiner Großmutter trägt den Fuß im Nachnamen. Ich bin ein winziger Teil dieser Erde. Ich wurde aus irgendeinem Grund in Deutschland geboren. Ich bin mit Allem verbunden. Ich bin ein Teil dieses Großen und Ganzen. Ich trage sie in mir die Liebe. Ich spüre es an meinem Herzen reißen mit aller Gewalt, wenn ich da auf meinem Schoß die Hunde habe. Ich spüre, dass ich lebe, wenn ich an sie denke. Irgendwie bin ich hier gelandet, irgendwie werde ich die weiteren 33 Jahre meines Lebens schreiben. Es reißt an mir mit aller Gewalt. Ich werde durchdrungen vom Geist der Zeitlosigkeit. Ich bin dieses Wesen, dass das Unmögliche manifestiert. Alles ist enger als eng miteinander verflochten. Ich spüre in meiner Seele diese Traurigkeit aufsteigen, all die in den vergangenen Jahrzehnten unterdrückten Gefühle, all die Wunden und all die Schmerzen. All der Verdruss und all die Enttäuschung. All der Kampf. All das verlorene Umhertreiben. All das Chaos. All die Rückschläge. All die Niederlagen. All die Fehler und all die Irrtümer… Aber es h-…
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ilft nichts, die Musik sie spielt weiter, das Neue wird unweigerlich durch unsere Ahnen hindurch geboren. Ja verdammt. Ich denke an sie. Ich schreibe für sie. Ich schrieb all die Kilometer für sie. Ich reiße mich ein weiteres Mal zusammen und weiß, dass die Sonne morgen wieder aufgeht. Hier in Ecuador spielt sich das Leben ab. Hier in Ecuador bin ich mit meiner Seele in Verbindung. Wieder wacht da über mir der Engel, das Wasser tropft unaufhörlich auf den Boden, die Zeit steht still. Ja, die Zeit steht still. Ich weiß wieder nicht, ob ich zu ernst bin oder was das alles soll. Aber ich lese die Bibel zu Ende. Ich bin ein guter Mensch. Ich bin ein Teil von allem. Ma. ist da und D. ist da und M. ist da und O. ist da und F. ist da und B. ist da und K. ist da und J. ist da. Sie sind alle bei mir, wir sind alle miteinander verbunden. Heute schaffte ich es, das Verlagsprogramm zu erstellen. Ich schob es lange vor mir her, ich schob es lange auf, aber irgendwie spürte ich diese feinstoffliche Energie, die sich nicht im Detail erklären lässt. Und sie erfüllt mich und sie berührt mich und sie ermöglicht es mir das Wesen zu sein, das ich bin. Heute und morgen und in einer Woche und in einem Monat und in einem Jahr und in einer Dekade und in einem Millennium. Auf Ewigkeiten.
Irgendwann
Ich habe endlich wieder Suppe gegessen, werde mich morgen in der Früh
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auf den Weg zurück begeben und bin gespannt, was mich erwarten wird in der neuen Woche. Ich bin dankbar für alles was mir widerfährt. Ich bin dankbar.
Gegen 21:00 Uhr
Ich bin müde, mich zieht es ins Bett, gleichzeitig ist es zu interessant dabei zuzuschauen, wie die Fledermäuse in weißen Beuteln eingesammelt und hergebracht werden. Sie werden gewogen und gemessen, es wird erhoben, ob sie männlich oder weiblich sind und ob die Weibchen schwanger sind. Ich weiß tatsächlich immer noch nicht so richtig, warum ich hier bin. Sie sitzt mir gegenüber und spielt ein Lied mit dem Text „I just wanna be yours…“ Ja, eventuell ist das Universum so einfach und transparent, möglicherweise bin ich all den Herausforderungen noch nicht gewachsen. Morgen früh geht es zurück, die neue Woche beginnt, viel wartet darauf erreicht zu werden. Ich muss nach Quito ein paar Dinge erledigen und schauen, dass ich weitere Freiwillige finde, die angezogen werden zu Osho zu gehen. Aber das alles entwickelt sich irgendwie und wer wären wir um nicht die zu sein die wir sind, um uns von dem Wesentlichen zu lösen. Aber Lateinamerika ist real, es existiert und es ist der einzige Sinn des Seins. Also geht es weiter. Und die Weichen sind gestellt um schlichtweg zu sein. Und so geht alles seinen Gang, in jedem Moment und zu jeder Stunde. Alles ist gut so wie es ist.
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Doch die Heilung ist manchmal näher als man denkt. Alles ist in Bewegung. Alles ist die Summe der Dinge. Doch die Notwendigkeit einfach auf dein Herz zu vertrauen und zu fühlen ist unweigerlich gegeben.
Der Baum des Lebens – Samstag, 11. November 2023
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15:01 Uhr
Ich befinde mich nun in Los Cedros und ging vorhin knapp 1,5 Stunden zu dem neuen Wasserfall. Nun weiß ich nicht so recht, wie es weitergeht. Befinde ich mich am passenden Fleck? Die Natur ist hier noch intensiver, ich fühlte mich wie in einem Tropenhaus. Aber im Leben geht es stets darum deinem eigenen Weg zu folgen. Die Melodie jedoch erklingt ewiglich. In Gedanken bin ich zu einem gewissen Teil in Spanien bei Ma. Ihr Großvater starb gestern oder heute. Ich fühle mich angespannt und kann nicht so recht sagen, ob ich mich am passenden Fleck befinde. Aber das tut nichts zur Sache. Ich freue mich auf das nächste Jahr, ich freue mich darauf, all die weiteren großen und kleinen Reisen zu unternehmen. Ja, ich bin in Ecuador, ja, ich bin die Summe der Dinge. In meinem Selbst trage ich all die Reichtümer der Menschheitsgeschichte. Mein Haupt ist im Zentrum jenseits von Gut und Böse. Nun befinde ich mich hier. Nun gibt es kein Zurück mehr. Die Rosen in den Niederlanden fühlen sich gut. Es war ein langer Tag. Ich stand um 06:00 Uhr auf und lernte, dass der Moringa-Baum auch der Baum des Lebens ist. Es ist der Kuba- oder der Fidel Castro-Baum. In ihm sind unzählige Schätze enthalten, er versorgt die Lebewesen und trägt unweigerlich dazu bei, das dritte Jahrtausend nach Christus zu einem besseren Ort zu machen. Ich bin offen und genieße es, im Meer all der Chancen zu tauchen. Der Schatz liegt tief und das Wesen hält ewiglich. Soeben erfuhr
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*Zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine signifikant relevanten Einträge*
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ich über „Rite in the Rain“. Ich muss diese Notizbücher in meine Sammlung aufnehmen. Ich wünsche mir im Regen zu schreiben. Ich befinde mich in Verbindung mit allem und bin gegenwärtig unglaublich weit entfernt von Europa und allem. Ich bin ein Mensch mit einem fühlenden und schlagenden Herzen. Ich bin mir meiner Vergangenheit gewahr und frage mich, was im Januar im nächsten Jahr geschehen wird:
- Ankunft Flughafen Stuttgart am 03.01.
- Fahrrad in Lörrach abholen
- F. und E. besuchen
- Fahrt Straßburg – Marseille am 22.01.
- Buchbestellung in die Hand nehmen mit „Heal your Heart – El Diario“, „XXXX Fragen und die absolute Antwort“, „They call it L-O-V-E“ und „De Soñar y Crecer“
- „Perpetuum Publishings“-Flyer und „Chiribiquete“-Aufkleber in die Hand nehmen
- Geburtstag mit J. feiern und S. besuchen
- Nach Ulm, Waldsolms, Butzbach und Lüdenscheid mit dem Auto fahren (inklusive Nürnberg)
- Steuererklärung 2023 machen
16:08 Uhr
Es ist lächerlich. Nun befinde ich mich hier an diesem idyllischen Ort, ich bin im Zentrum des Geschehens und meine Gedanken schweifen in die Zukunft. Julian, bleibe einfach an dem Fleck in der Präsenz da du dich im gegenwärtigen Moment befindest. Ich muss die Energie hier in meine Seele aufsaugen. Orte wie diese gibt es nicht überall. Ich liege im 3-Bettzimmer alleine, ich komme mir vor wie in einer National Geographics-Ausgabe, ich komme zur Ruhe, ich spüre den Frieden, ich
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höre all die Vögel. Ja, jetzt bin ich hier an diesem Ort. Habe ich die Waldgeister um Erlaubnis gefragt, bevor ich den Wald betreten habe? Nein. Vielleicht war das mein Fehler. Wieder ist da meine Empfindung, mich nicht willkommen zu fühlen. Aber ich akzeptiere es und lasse mich dadurch nicht aus dem Konzept bringen. Ich freue mich auf diese Nacht. Hier bin ich weit entfernt, es ist wie in einer anderen Welt. Hier bin ich zuhause. Hier bin ich Mensch. Hier öffne ich meine Seele. Welchen tiefsten Wunsch habe ich? Diesen einen Wunsch gibt es nicht. Klar ist da der Wunsch mit dem Schreiben erfolgreich zu sein. Aber ich kann es nicht erzwingen. Es ist wichtig, dass ich mich so annehme wie ich bin. Die Frage ist stets, wohin wir uns bewegen und was uns wahrlich von Bedeutung ist. Nun da ich hier bin ist die Antwort klar. Selbstverständlich hat der Regenwald / die Natur Vorrang. Der Regenwald / die Natur muss Vorrang haben. Wer wären wir Menschen ohne Geld? Wer wären wir Menschen ohne den Regenwald / die Natur? Wer erhört unsere Gebete? Wer liebt? Wer hat den Mut auszusprechen, was die Wahrheit ist? Wer setzt sich für das Gute und Richtige ein? Wer folgt seinen Idealen und der inneren Stimme? Wer fügt die Bausteine inklusive des Ecksteines zusammen? Wer wagt und führt im Alltag all die Handlungen aus, die erforderlich sind, um das Neue zu manifestieren? Wer segnet und wer betet? Wer lässt los und vertraut sich bedingungslos dem Universum an? Irgendetwas muss mich hierhergerufen haben. Ich weiß nicht genau, was es ist. Ja, es ist der Geist Lateinamerikas, es ist das spirituelle Herz Ecuadors. Gegen 08:30 Uhr fuhren wir mit dem Motorrad los. Ich hatte Glück. Die erste Person, die C. und ich fragten, ob sie mich in die Höhe fahren möchten, gab ein Angebot ab. Zwar war der Preis
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mit 10 Dollar recht hoch, für eine Fahrt von gut 30 Minuten über hügeliges Gelände allerdings fand ich ihn angemessen. Ich hätte die Möglichkeit gehabt, hier einen Freiwilligendienst zu absolvieren. Hinterher ist man immer schlauer. Ganz leise höre ich die Mutter mit ihrer Tochter sprechen. Ich vermisse die Gemeinschaft. Ich vermisse den Zusammenhalt. Gerade ist hier eine Gruppe von Wissenschaftlern aus den USA. Es sind fünf Leute. Ecuador, USA, Indien und Nepal. Ja, hier ist die Welt zuhause. Was mache ich hier? Was hat mich letztlich hierhergespült? Ich weiß es nicht, ich darf allerdings darauf vertrauen, dass ich mich hier am passenden Fleck befinde. Osho ist nun sehr weit entfernt, knapp zwei Monate war ich da, doch hier verändern sich die Dinge. Das ist das Leben. Wie viel gehört dazu an diesem Punkt Häuser zu errichten? Man braucht Materialien, Arbeitskräfte und eine funktionierende Idee in Kombination mit einem realistischen Plan. Ich weiß, dass ich noch einmal vor nächstem Jahr herkommen werde. Dann bringe ich Lebensmittel mit. Nächste Woche muss ich nach Quito gehen. Ich komme mir wie in „Into the Wild“ vor. Ich bin am Ende der Zivilisation angelangt. Ich befinde mich hier und schreibe. Los Cedros mag so wichtig sein wie Machu Picchu. Ohne Los Cedros gäbe es deutlich weniger Heilung für unseren Planeten. Was wünsche ich mir gerade? Was wünsche ich mir gerade? Tief in mir ist da die Gewissheit, dass ich mich exakt an dem richtigen Ort befinde. Ich befand mich bereits mein gesamtes Leben lang am passenden Ort.
Gegen 17:30 Uhr
In meinem Körper, auf diesem Planeten, in diesem Uni-…
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versum. Die Komplexität der Materie lässt sich unweigerlich überprüfen. Du musst gegenüber dir selbst diesen Anspruch haben, dass alles was du machst einem gewissen Mindeststandard genügt. In der Konsequenz bedeutet das, dass du verantwortlich für das bist, was in deinem Leben geschieht. Wir sind die Summe unserer Momente. Wir sind das Leben. Wir sind die Liebe. Wir sind der Sinn. Wir sind die Täterschaft. Im Angesicht einer neuen Stunde wirst du die Wahrheit erkennen. Am Ende deines Lebens wirst du wissen, welcher Mensch du wahrlich in deinem Innen bist. Du darfst dir stets sagen, dass du eines von mehreren Milliarden Lebewesen bist. Also werde der Verantwortung gerecht, die damit einhergeht. Denn letztlich wirken wir alle mit, das Bauwerk des Morgens zu erschaffen. Im Glauben mögen wir zunächst im Verborgenen wirken, doch die Zeitlosigkeit ist omnipräsent. Das Absolute ist absolut. Wir bewegen uns alle auf Ebenen. Je nach Blickwinkel und Perspektive erhalten wir neue Einsichten in die Materie, die unseren Augen dem einfachen Anschein nach verborgen ist. Doch letztlich ist kein Wort vergeblich. Letztlich wird sich alles ineinander fügen. Du hast es von der ersten Sekunde an gewusst. Ich trage immer noch die Flasche von M. mit mir, die er bei dem Unfall verlor. Es ist eine Edelstahlflasche mit 0,5 Litern Füllmenge. Symbolisch kann das bedeuten, dass ich überall auf meinem Weg Trinken auffüllen kann. Auf dieser Reise bekam ich bislang zwei Flaschen geschenkt. Die no. 1 hier in Magdalena von N., es ist ein Gegenstand für Radfahrer. Die zweite Flasche bekam ich vor drei oder vier Tagen. Mo. fragte mich, ob ich nicht
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einfach diese Flasche haben möchte. So werde ich mir wieder gewahr, dass sich Zeichen von M. auf dem Weg befinden. Ich wünsche mir meinen eigenen Ort, an dem ich Wurzeln schlagen kann. Ich wünsche mir ein eigenes Zuhause. Was wird geschehen, wenn ich nächstes Jahr nach Deutschland zurückgehen werde? Im Januar werden unzählige schöne Momente auf mich warten und recht schnell geht es dann auch wieder weiter Richtung Westen. Das ist alles. Vielleicht werde ich in Spanien oder Portugal mit Ma. ein Stück Land finden, damit wir uns dort niederlassen können. Ich darf mir vergegenwärtigen, dass inklusive der Zugaben nichts umsonst ist. Alles ist auf dieser Ebene in Verbindung. Weswegen kam ich hierher? Ich brauchte Abstand, ich musste mich verbinden, ich wollte meine Perspektive verändern. Nun bin ich hier und alles ergibt einen Sinn. Wir sind die Schöpfenden unseres Zeitalters. Wir sind die Zeichen und die Wegweiser. Ja, es gibt unendliche Optionen um das Grundsätzliche zu manifestieren. Vorhin drehte ich die Münzen in meinem Geldbeutel um und fand dort all die Portraits der Menschen. Was trugen sie in ihrem Kopf in sich und wann trafen sie die Entscheidung um beispielsweise Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden? Was führte letztlich dazu? Vermutlich sind es Fragen, die ein jeder Mensch früher oder später in sich trägt. Wohin führt mich mein Weg, welche Auswirkungen haben meine Mühen und wie viel wiegt der eigene Lebensweg? Der Nebel legt sich über die Bäume, dort oben am Himmel nur ein kleiner Fleck an dem es noch hell ist. Es wird
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kühl, die Geräusche und Stimmen der Tiere verändern sich. Tatsächlich erinnere ich mich an den Blick, den wir uns vorhin zuwarfen. An diesem Wochenende wird Mar. wieder bei Osho sein, ich sehe sie nicht. Was sagt mein Innen? Ich muss eine Entscheidung treffen und letztlich wissen, was für mich wichtig ist. Was erzählt mir mein Herz? Was ist die Liebe? Ich atme tief in meinen Bauch und spüre meine Beine auf dem Holzboden in den Schuhen. Ich spüre die Bank mit meinem Gesäß und meinem Rücken. Ich rieche den Duft der Frau die gerade vorbeiging. Ich höre die Anderen im Hintergrund reden samt der Melodie der Tiere. Ich schmecke nicht sonderlich viel. Ich bin erschöpft, doch auch ein Stück im Frieden. Im Frieden zu sein ist eine Aufgabe des Lebens. Ich befinde mich auf einer Zwischenstufe des Lebens. Das gehört dazu, wenn du ein Erwachsener bist. Die Sonne ist da wo du gehst. Ich segne all die Seelen, die mir auf meinem Weg begegneten. Der Mond sagt dir gute Nacht wenn es soweit ist. Ich halte das Schicksal der Welt in meinen Händen. Ich gehe hinauf auf alle Berge, die Wolken ziehen hinfort und die Planeten werden gewirkt haben mit ihren Energien. Ich bin dankbar für meine 33 Lebensjahre und alles was mir bislang wiederfahren ist. Der Ton auf deinem Haupt gleicht der Tönung der Blumen. E. ist weit entfernt und ich denke an den Blick der rund 40-jährigen Frau, die mir gestern im weißen Pickup auf der Straße begegnete. Ich denke an all die Blicke der Menschen auf der Strecke heute. Es waren sehr tiefe Blicke und ich hatte den Eindruck, dass sie einen Menschen sehr tief
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in die Seele schauen können. Nun schläft die Natur fast, es ist beinahe dunkel, die Bibel wartet in meinem Zimmer darauf nachher weitergelesen zu werden und das Glück des Seins ist nicht umsonst. Mit der Pflicht zu leben gehen unterschiedlichste Funktionen einher. Wie viel wird JPD in dieser Woche in Marseille geschrieben haben? Wann befand er sich das letzte Mal in Asien? Warum habe ich heute keine Affen auf dem Weg zum Wasserfall gefunden? Ich trage das Universum in mir und ich bin ein Kind des Universums. Der Tropfen aus dem Amazonas fließt nun im Bermudadreieck, die Mienen in Ibarra werden geschlossen werden und das Gute siegt am Ende des Tages. Ich denke an S., C., M. und die Venezolanerin in Quito. Wo wird sich P. aus Paris nun befinden? Was ist die Summe der Dinge wert? Die Lust der Kreativität ergibt immer das Richtige? Osho und A. sind weit entfernt, die Kälte dringt in die Oberfläche meines Körpers ein und die Glühwürmchen leuchten. Du wachst stets auf um deine innere Kraft größer werden zu lassen. Ich falte innerlich meine Hände zum Gebet und bete zu Jesus. Meine Engel befinden sich über mir, sie wachen da, sie sind im …
Die Kraft der Gebete – Freitag, 10. November 2023
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03:11 Uhr
Seit guten neun Stunden hat es keinen Strom. Es nieselt leicht und ist stockdunkel. Das Wasser im Rio Magdalena rauscht kontinuierlich. Wir sind abgeschnitten von allem. Kein Internet, kein Smartphone-Empfang. Nur eine Kerze. Es ist allerdings eine besinnliche Stimmung. Die Kraft der Gebete hat eine stärkere Wirkung. Woher ich das weiß? Ich spüre es. Und es ist offensichtlich. Schlichtweg ein schönes Gefühl. Bin ich angekommen im Himmel? Habe ich erreicht, was ich auf der Erde erreichen wollte?
19:21 Uhr
Die Arbeitswoche liegt hinter mir. Morgen möchte ich zu Los Cedros gehen. Es ist ein Naturschutzgebiet, ich möchte dort die Nacht verbringen. Ich brauche Abstand von allem. Ich darf mich zentrieren und austarieren. Vielleicht werde ich morgen früh mit Ma. telefonieren. Die Kerze brennt wieder. Ich habe wieder angefangen in der Bibel zu lesen. Immer wieder markiere ich mir auf dem Smartphone einzelne Ferse, die ich farblich in der App hervorhebe. Ich bin mir darüber bewusst, dass meine Reise in diesem Leben noch nicht zu Ende ist. Alles ist ein Prozess und exakt das macht es so spannend. Was wäre oder vielmehr ist mir am wichtigsten, wenn ich morgen sterbe?
- Zu wissen, dass ich mit „Perpetuum Publishings“ angefangen habe ein Universum zu verändern.
- Die Liebe in meinem Sein in Gänze kultiviert und zur Geltung gebracht zu haben.
- Den Frieden in meinem Herzen zu spüren und zu spüren, dass ich den Himmel längst betreten habe.
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Wünsche und Träume November:
- NaNoWriMo mit 60.000 Wörtern beenden
- Zu Los Cedros gehen mit Übernachtung
- Nach Quito und Venezolanerin zum Kaffee einladen
- Osho unterstützen
- „Tengo mucho sueños“-Trailer erstellen
- Mit Spotify verbinden
- „Wie kannst du mich unterstützen?“ – Social Media (Patreon)
- Montblanc bezüglich Blogpost schreiben
- Werbung auf der Seite schalten
- Chiribiquete-Aufkleber digitalisieren
- Die Synergien und Kooperationspartner -> Paperblanks, Montblanc, Rolex, WordPress, Komoot, Maps.me, Polarsteps, Spotify, Apple
- „Geschäft und Wachstum“ aktualisieren und binden
- „Das Verlagsprogramm“ erstellen
- Einträge: „Meine Richtungsweiser“, „Those Sacred-Places“, „Ben – The Healer“.
Ich trage all die Liebe in meinem Sein. Ich werde berührt und durchströmt vom Licht. Ich bin der Ozean in deinem Universum. Ich bin das Reich Gottes. Ich kam auf die Erde um Zeitlosigkeit zu erlangen. Ich bin der Frieden in Person. Ich empfinde das Glück und die Erfüllung. Ich atme tief ein und aus. Ich bin im Zentrum meines Seins. Ich bin bei Gott. Ich wurde gefunden und erhielt einen Platz in der Mitte des Geschehens. Ich bin frei. Ich bin Verbundenheit. Ich bin die Welle – de facto ein Meer aus
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Wassertropfen.
„ferne Claude-Laurrain-Wolken“ – Donnerstag, 09. November 2023
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18:55 Uhr
Ich sitze halb aufrecht im Bett. Es ist dunkel. Es regnet. Die Kerze brennt. Es gibt seit knapp zwei Stunden keinen Strom mehr. Es kommt exakt zur richtigen Zeit. Nun habe ich am Donnerstagabend die Zeit, mich wieder auf mich zu besinnen. Irgendwie bin ich gestern Abend auf „Lolita“ gestoßen. In
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Anbetracht des Inhalts könnte Mensch der Meinung sein, dass dieses Buch schlecht oder nicht zu veröffentlichen sei. Nein. Dem ist nicht so. Die Wahrheit ist, dass du folgende drei Sätze in Folge lesen kannst und das erste Mal erkennen wirst, was Lesen wahrlich bedeutet: „Vielleicht hob sich eine Baumreihe als Silhouette gegen den Horizont, hingen stille Mittage über weiten Feldern voll blühenden Klees, waren in ein verschwimmendes Azurblau ferne Claude-Lorrain-Wolken gezeichnet, von denen nur der Cummulusteil sich von dem unbestimmten und ohnmächtigen Hintergrund abhob. Oder vielleicht war es auch ein strenger El-Greco-Horizont, trächtig von tintigem Regen, und ein flüchtiger Blick auf einen Farmer mit Schrumpelnacken und ringsumher abwechselnd Streifen von Quecksilberwasser und grellgrünem Mais, und das ganze Ensemble öffnete sich wie ein Fächer, irgendwo in Kansas.
Ab und an kamen in der Weite dieser Ebenen riesige Bäume auf uns zu, um sich befangen am Straßenrand zusammenzudrängen und ein wenig wohltätigen Schatten über einen sonnenfleckigen Picknicktisch zu breiten, in dessen Nähe plattgedrückte Pappbecher, Flügelfrüchte und weggeworfene Eisstiele auf der braunen Erde umherlagen.“ Sicherlich macht es mich kaputt Zeilen wie diese zu lesen und Zeilen wie diese Vladimir Nabokovs‘ in mein Notizbuch zu schreiben. Verdammt. Zumindest scheint er so wie
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ich am 30. Dezember 2022 auch in Montreux gewesen zu sein und wird aller Voraussicht nach einen ähnlichen Blick auf den Genfer See genossen haben können. In der Tat quält es mich. Das Schaffen überfällt mich wieder. Die vier Horrorarbeitstage dieser Woche sind abgeschlossen, endlich kann das wahre Schaffen beginnen. Ein Blick in die NaNoWriMo-Tabelle vorhin zeigte mir, dass ich ein bisschen Gas geben muss. Ja, ich heiße nicht ohne Grund JDH. Der Name ist alles. Die Kerze brennt. Nun lautet die Devise: Kerzenscheinschreiben. Die silberne Gebetskette aus Kairo liegt klar wieder in sicht- und greifbarer Nähe. Erst Seite 17. Ich bechere mich weg. Der kleine Prinz ist sicherlich auch wieder am Start. Die Pilgermuschel liegt ebenso vor mir. Vor dem Schreiben nahm ich sie von der Innenseite der Türe auf das Bett. Also vermutlich Ein-, Ausgangs- oder Haustüre. Mein damit verbundenes Ziel war über sie zu schreiben und mich mit Santiago de Compostela und dem Pilgerweg zu verbinden. „Ein Sohn der Sonne“. „Yo soy un hombre de Magdalena.“ „Tengo hambre“. So muss ich schreiben. Im Februar nächstes Jahr werde ich mich in Santiago de Compostela befinden. Ich werde in Spanien lieben. Ich werde Spanien lieben. Ich werde am Kap Finistere in die Fluten starren und all den gen Lateinamerika fahrenden Booten winken. Alles ist möglich. Eventuell begebe ich mich von Portugal aus via Wasser auf direktem Weg wieder auf den amerikanischen Kontinent. Meine linke Hand brennt ein wenig. Die Pilgermuschel be-…
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kam ich sogar in Polen auf dem Pilgerweg von einem Italiener überreicht. Von seiner Partnerin habe ich die E-Mail-Adresse, ich schrieb ihnen ein oder zwei Mal, doch erhielt nur einmal eine Antwort. Sie verlieh mir Flügel. Sie wird mir auch nächstes Jahr Flügel auf meinem Drahtesel verleihen. Hoffentlich ist es Ende Januar nicht zu kalt, zum Zelten. Ich muss an Mr. Pumpkin irgendwo vor Avignon denken. Er mit seiner Ukulele namens Mr. Pumpkin. Vielleicht setze ich das alles auch nur falsch in meinem Kopf zusammen. Nichts ist unmöglich. Ma. hat sich bei mir gemeldet. Sie hat mich also nicht in den Wind geschossen. In den Wind schießen. In den Wind der Veränderung schießen. Vom Schreiben leben. Am Abgrund leben. Alles ist möglich. Ich dachte vorhin an K. Ich werde in meinem Leben noch einmal Fusa besuchen. Die Gebetskette trägt eine Kugel für jeden Ort in den ich mich verliebte. Die Welt behalte ich bei mir und trage sie ganz fest in meinem Herzen. Bald geht es wieder gen Vollmond. Die Kerze brennt. Schweißtropfen bilden sich auf meiner Stirn. Ich könnte jubeln vor Glück, weil ich in exakt einem Jahr auf mein „Perpetuum Publishings“-Bücherregal auf „Heal your Heart – El Diario“, „Die Tinte Gottes“, „XXXX Fragezeichen und die absolute Antwort“ als auch auf „UNRUHE“ blicken werde. Wo wohne ich? Auf meinem Kühlschrank die Magnete aus Marseille, Arles, Lourdes, Pamplona, Santiago de Compostela und Lissabon. Auf meinem Kühlschrank die Magnete aus Ägypten, Basel-Weil am Rhein-Huningue, Ecuador, Santa Fe – New Mexico, Los Angeles und Ibiza. Auf meinem Kühlschrank ist alles möglich. Du hast das Glück in der Hand. Kind, schaue
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mir ganz tief in die Augen: „Du bist der erfolgreichste Schriftsteller dieser Welt.“ Das inkludiert auch die Frauen und XYZs. Das bedeutet also, dass es vor dir niemanden gibt, der dir das Wasser reichen kann. Der Friede übermannt mich. Früher oder später wird alles einen Sinn ergeben. Ein Moment meiner Tage: Die zwei Motorsensen heulen, Dieselgeruch hängt in der Luft, Moskitos schwirren gleich Kamikazefliegern um dich herum, du hältst die Machete in deiner linken Hand und bist froh noch alle Gliedmaßen zu besitzen, alle paar Minuten kracht es – eine weitere Bananenpflanze wurde gefällt, ein paar Mal hat es dich auf dem glitschig-modrigen Boden mit den Bananenfasern fast auf die Fresse gelegt und bei jedem Handgriff an den Pflanzen meintest du, dich könnte unmittelbar eine Tarantel oder vermeintlich gewöhnliche Spinne bespringen / attackieren. Gestern hieß es nur: „Cuidadio, te pica. Es necesario ir al hospital. Tu puedes morir.“ Ich lebe. Ich fühle mich tatsächlich Welten lebendiger als am Montagmorgen. Woran das liegt? Sicherlich nicht daran, dass der Kaffee kalt war. Ja. Der Vollmond liegt in der Luft. Es ist in der Tat grundlegend in Ägypten gereist zu sein und geschrieben zu haben. Korea wartet auf dich. Südkorea genauer gesagt wartet auf dich. JPD in Marseille. JLB in Genf. Ich in Ecuador. Gammastrahlen rauschen durch die Luft. Alles braucht seine Zeit auf dieser Welt. Morgen ist ein neuer Tag. Gut Ding will Weile haben. Du bist der Schöpfende deiner eigenen Realität. Aber so muss das wohl sein. Ja, ich werde wieder nach Quito gehen. Ich werde freilich wieder
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nach Bogotá gehen. Mexiko-Stadt vermutlich ja. Aber eine andere Welt. Vielleicht habe ich sie auch nicht so recht kennengelernt. Ich brauche Liebe. Ich fahre mit einem Raumschiff bis in deinen Schoß. Ich bin Liebe. Alles ergibt einen Sinn. Du bist der Magier. Gleich einem gregorianischen Derwisch mache ich zwei vierstündige Handstände in Folge und frohlocke. Im Tal wurde es still ob ihrer frevelhaften Erscheinung. Lärchen drucksen herum. Ja. Keine Frage. Fraktale jenseits von Raum und Zeit. Ewigkeit auf Ewigkeit. Mantren und Gebote. Kelche und Oblaten. Gesänge und ewiger Friede. Ja. Ewiger Friede. Formvollendete Symphonie. „Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu.“ Und so kommt es wie es kommen muss. All die Kalenderblätter das gleiche Gesabbel von ihnen, der Russe aus Hamburg lässt grüßen. Hamburg lässt grüßen. Die Reeperbahn lässt grüßen. Alles zurück auf Anfang. Keine Alternative. Schließe deine Augen und falte deine Hände zum Gebet um dich in Gänze dieser höheren Macht zu übergeben. Und du wirst finden. Du hast bereits dein gesamtes Leben lang gefunden. Aber dieses Finden wandelt sich. Dieses Finden ist genial. Also sei dankbar und freue dich auf den neuen Tag. Denn in Gedanken hast du aufgeräumt und umgestellt. In Gedanken bist du. Die Italienerin mit den großen Brüsten verblasst so langsam vor meinem inneren Auge. Alles zurück auf Anfang. Alles zurück auf Anfang. Folge deinem Atem. Folge der Intuition. Folge den Zeichen auf deinem Weg. Sei. Sei ganz schön viel. Traue dich. Beeinflusse nicht, denn Tiere
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springen emsig Regenbögen gleich über gebrochene Schatten.
Die Angst vor der Tiefe – Montag, 06. November 2023
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17:28 Uhr
Ich fühle mich leer und verstört. Verständlicherweise habe ich von Ma. eine gewisse Sprachnachricht erhalten. Damit muss ich leben oder vielmehr arbeiten. Da muss ich durch. Ich muss oder vielmehr darf die nächsten Tage deutlich stärker in die Tiefe gehen. Ich muss es mir selbst wert sein. Wenn ich weiß wer ich bin, wenn ich an mich glaube, dann spielt es keine Rolle, was andere über mich denken. Ich lese „Feeling is the Secret“ von Neville Goddard. Den Tag über waren wir wieder auf der Plantage, es war harte Arbeit und jetzt bin ich froh, frisch geduscht zu sein. Ich bin gerade räumlich in Ecuador, doch innerlich in Deutschland. Ich habe „Heal your Heart“ nicht ohne Grund als Titel gewählt, aber kann ich dieses Buch mit Inhalt füllen? Gibt es den Punkt X da ich weiß, dass mein Herz geheilt ist? Oder ist es vielmehr ein lebenslanger Prozess? An meiner Türe hängt eine Kette mit fünf Engeln. Es sind gute Engel. Es sind die Engel Gottes. Sie schützen und behüten mich. Sie wachen über mir und fangen mich auf. Sie halten mich und trösten mich. Die Engel sehen mich, wo auch immer ich mich befinde. Gefühlt bin ich gerade ein emotionales Wrack, aber es wird viel nach oben gespült, ich muss mir nicht alles gefallen lassen. Ich bin der Schuhabstreifer, wie Anita Moorjani zu sagen pflegt. Ich bin ich in meiner vollen Kraft. Ich
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bin die Liebe. Ich bin das Licht. Ich bin verantwortlich für mein Leben. Ich bin verantwortlich für meine Zukunft. Deswegen schreibe ich. Deswegen lebe ich. Ich spüre den Frieden in mir. Wobei ich glaube, dass es ein trügerischer Frieden ist. Ich bin immer noch recht leicht gereizt. Heute morgen…
20:46 Uhr
Ich höre „Mol Mantra“ von Amrit Kirtan, habe „Holy Bible“ auf meinem Smartphone und weiß, dass ich von Gott geliebt werde. Die Richtung kann ich nicht mit der Kraft meines Verstandes erzwingen. Ich darf loslassen und bedingungslos vertrauen. Nein, es ist kein naives Vertrauen, es ist ein tiefes Urvertrauen. Es ist das tiefe Urvertrauen, das die Hummel besitzt um zu fliegen, es ist das tiefe Urvertrauen, das der Wassertropfen besitzt um sich in einen bildschönen Eiskristall zu transformieren, es ist das tiefe Urvertrauen der Sonne am Himmel. Und aus diesem tiefen Urvertrauen heraus schreibe ich. Vermutlich besitzt „Perpetuum Publishings“ mittlerweile 8 oder 9 Millionen Zeichen exklusive Leerzeichen. Ja, gegenwärtig schlafe ich einfach abends ein und wache morgens auf ohne exakt zu wissen, was geschieht. Ich lasse mich einfach ein. Ich habe keine Alternative. Klar brauche ich meinen Raum und meinen Platz. Mir wird bewusst, dass ich auf dieser Reise mittlerweile nicht mehr die zwei Rucksäcke besitze oder vielmehr bin. Sicherlich stehen sie hier im Zimmer. Aber gerade bin ich die Gummistiefel, ich bin die „Heal your Heart“-Notizbuchsammlung, ich bin „Madama Butterfly“ und die weiße Coco-Mütze, ich bin die Chiligewürzmischung aus Mexiko und die Magnete im Bad
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aus LA, New Mexico und La Mitad del Mundo. Ich weiß, ich bin angekommen hier an diesem Zwischenort. Ich weiß, dass ich Lourdes und Santiago de Compostela am Ende meines Lebens besucht haben werde. Ich weiß nicht, ob mich Ma. noch liebt. Ich weiß, dass ich zwei Blasen auf meiner linken Handinnenseite habe. Ich weiß nicht, was ich mir davon erwarte, wenn ich sie dieses Wochenende wiedersehen werde. Das ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt alles. Das Schreiben ist mir das Wichtigste im Leben. Ich atme tief ein und aus. Der Rio Magdalena rauscht kontinuierlich. In 24 Stunden werde ich einen Schritt weiter sein. Alles ist gut. Ich bin geschützt und behütet. Ich bin geliebt. Ich bin im Reinen. Ich bin im Zentrum meines Wesenskernes. Ich wohnte in Stuttgart und in Winnenden, in Hamburg und in Kaiserslautern, in Nürnberg und in Lörrach, in Magdalena und ich weiß nicht wo. Die Zukunft gegenwärtig ungewiss, doch mein Sein real, der Augenblick real, die Zentrierung real. Das Schreiben real. Meine Träume real. Auf dass sie leben. Denn früher oder später wirst du dich im Angesicht einer dunklen Stunde finden unter dem göttlichen Lichtkegel, der dir den Weg weisen wird.
Ein göttlicher Pakt – Sonntag, 05. November 2023
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00:13 Uhr
Ich höre „OM“ von Yogi Hari. Ich bin zutiefst dankbar, dass ich diesen heutigen Tag erleben durfte. Ich bin dankbar für alles, was mir widerfahren ist und für den Reichtum, den ich von anderen Menschen erhalte. Ich bekomme so viel Liebe und Vertrauen von den Seelen, die mich umgeben. Ja, das Morgen leuchtet wahrlich hell. Ja, das Morgen ist das Wunder. Ein Tropfen wird nicht auf den Stein einwirken können. Aber ein Tropfen, der fällt und fällt und fällt und fällt und fällt und fällt und fällt und fällt und fällt und fällt und fällt, ja der wird auf den Stein einwirken können. Und so verhält es sich auch mit dem Schreiben. Ein Buchstabe wird noch nicht die Welt verändern können. Aber ein Buchstabe gefolgt von dem nächsten und dem nächsten und dem nächsten und dem nächsten und dem nächsten und dem nächsten und dem nächsten und dem nächsten und dem nächsten und dem nächsten, ja der wird die Welt
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verändern können. Letztlich ist alles ein immenses Spiel des Glaubens. Alles ist Imagination. Alles ist Bewusstsein. Alles ist Realität. Alles ist ein Traum. Alles ist in kontinuierlicher Bewegung.
16:52 Uhr
Gefühlt hat es mir alle Energie geraubt, da ist sie wieder knüppelhart diese Schwere bei jedem einzelnen Schritt. Die Zeit verrinnt und irgendwie auch doch nicht, alles geschieht so unendlich langsam, ich bewege mich in einer Zwischenwelt. Aber ich darf diese Phase akzeptieren, ich bin gerade hier, ich bin ich, ja, ich bin ich. Das Angebot bezüglich der Ayahuasca-Zeremonie es besteht, doch gegenwärtig befinde ich mich nicht in der Verfassung es anzunehmen. Also warte ich darauf, bis morgen Montag ist, ich warte, bis nächstes Jahr 2024 ist, ich warte, ich warte, ich warte. Ich kann nicht mein gesamtes Leben lang Kraft aufwenden, es ist ein Raubbau an meiner Seele. Ich weiß nicht, ob ich für dieses Leben gemacht bin. Bin ich zu naiv und leichtgläubig? Ich weiß nicht, wem ich Vertrauen schenken kann. Bei jedem Menschen habe ich den Eindruck, dass er hinter dem Rücken negativ über Andere redet. Bald ist 18:00 Uhr, bald ist es Zeit für das Abendessen, es ist ein rabenschwarzer Tag. Ich werde die Radtouren nächstes Jahr unternehmen. Ich werde bis nach Santiago de Compostela fahren. Ich werde bis an die Rheinmündung fahren. Ich weiß, dass ich kein schlechter Mensch und nicht ganz dumm bin. Die Zusammenkunft gestern wünschte ich mir rückgängig zu machen, ich möchte sie wiedersehen, doch nun ist da dieses Gefühl der Zurückweisung, nun ist da dieses Gefühl so wie ich bin nicht zu genügen. Es ist ein bescheidenes Gefühl. Ich komme mir vor wie unzählige Male durch den Fleisch-…
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wolf gezogen. Ich habe nun zwei Plätze in der Natur gefunden, wo ich einfach sitze und auf die Landschaft schaue. Ich beobachte die Ameisen, wie sie in die eine Richtung die zurechtgeschnittenen Blätter tragen und in die entgegengesetzte Richtung mit leeren Händen gehen. Man könnte annehmen, dass sie den Weg aufgeteilt haben je Richtung. Aber nein. Sie laufen mal links und mal rechts einander entgegen, stoßen sich immer wieder, doch gehen dann alsbald weiter. Die Ameisen mit den kleinen Blättern laufen schneller als jene mit den größeren. Sie konzentrieren sich wirklich sehr auf ihre Sache. Sie haben ein kontinuierliches Tempo, eine nicht sichtbare Energie scheint sie zu verbinden. Ich bewundere sie. Gleichzeitig tun sie mir ein wenig leid, weil es ein fortwährendes Vorangehen ist. Sind Ameisen philosophisch? Können sie schlichtweg innehalten und sein? Heute habe ich ganz kurz die Frau oder vielmehr das Mädchen gesehen, in das ich mich am vorletzten Wochenende verguckt habe. Sie wird in sechs oder sieben Tagen zum Arbeiten kommen. Ich werde sie wiedersehen. Ma. habe ich eine längere Sprachnachricht geschickt. Ich fühle mich falsch, unter Druck gesetzt, weiß nicht, ob da zwischen uns Liebe ist, ich kann nicht alles im Zwiegespräch kommunizieren. Möglicherweise fehlen die Worte aus meinem Mund. Sie sind auf dem Papier zu finden. Gestern und heute war eine Besucherin oder ein Besucher auf meiner Internetseite und hat ein paar Mal herumgeklickt. Ich darf vertrauen, dass sich die Dinge in die richtige Richtung bewegen. Gut Ding will Weile haben. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Gerade würde ein Teil von mir gerne meine Familie treffen und gleichzeitig in Ecuador sein. Aber es geht nicht. Also harrt ein Teil von mir aus, ein anderer betet und wünscht und der dritte zweifelt immer noch. Hier ist die Welt so groß und ich bin so klein. Jeder Tag und jeder Moment zählen. Es ist eine intensive Schule gerade. Es ist die Schule des Lebens. Abseits von Unterrichtsfächern lerne ich gerade zwischenmenschliche Dinge. Ich begreife, dass man beizeiten einfach schweigend mit anderen nebeneinandersitzen kann, dass Arbeit ein
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Bestandteil des Lebens ist – aber eben nur ein Bestandteil. Ich begreife, dass mein Tränenmeer unendlich groß ist und mein Horizont der Sehnsucht unglaublich weit. Wieder stelle ich fest, dass es gute und schlechte Tage gibt. Dann wären da noch die „weder noch“ Tage, die beschissenen und die wundervollen mit Glitzerstaub-Tage. Die gesamte Bandbreite eben. Ein göttlicher Pakt.
19:58 Uhr
Ich liege im Bett und begreife wieder, dass es sich stets lohnt, die Türe zu öffnen und in die Verbindung zu treten im Glauben an das Gute im Menschen. Heute las ich ein wenig in dem kleinen Heftchen „Die Versöhnungsbotschaft von Fátima“. Auf der nächsten Radreise werde ich nach Santiago de Compostela Fátima besuchen. Ja. Es wird eine weitere Pilgerfahrt werden. Ich bin sehr dankbar gerade hier zu sein. Beim Abendessen fragte ich A. ob sie wisse, warum ich hier bin. Sie sagte nein so wie ich. Es ist das Universum, das mich hierhergeführt hat. Sie weiß ebenso wenig, warum sie hier ist. Sie hat gemeint, dass wir beide ein Glückslos gezogen haben. Ich weiß, dass ich mich im Paradies befinde. Im Hinterkopf habe ich den Gedanken an den NaNoWriMo. Ich liege hinter dem Zeitplan. Aber wofür mache ich das? Ich bin mir dessen tatsächlich nicht gewahr. Ich darf noch stärker zu Gott finden und die Beziehung ernster oder fester werden lassen. Aber wie funktioniert das? Ich glaube, es gibt nicht den einen Weg. Es ist eine Summe der Dinge. Also sicherlich ist es wichtig, sich ganz dem Göttlichen hinzugeben. Zudem müssen spirituelle Texte, Musik, harmonische Inspirationen oder Gespräche mit einer Zeitlosigkeit im Alltag Raum einnehmen. Letztlich ist die innere Hingabe grundlegend. Du hast nur dieses eine Leben. In all den unzähligen Stunden da du alleine bist, darf deine Beziehung noch inniger und tiefer werden. Einen jeden einzelnen Tag üben wir. Es ist die Schule des Lebens. Jeden Morgen erwachen wir er-…
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neut, jeden Morgen haben wir alle Möglichkeiten, die Weichen für ein friedliches und florierendes Leben zu stellen. Wir befinden uns alle auf der Reise. Wir sind alle auf dem Weg in die Zukunft. Da unser Innen verunsichert oder fehlgeführt ist, wird unser wahres Sein unter Beweis gestellt. Uns werden all die Möglichkeiten in die Wiege gelegt. Doch irgendwann befinden wir uns unweigerlich an dem Punkt, da wir Verantwortung übernehmen müssen und andere Menschen führen dürfen. Es ist grundlegend, dass wir die Reife entwickeln von der Suche ohne Ziel zu einem klaren und weisenden Denken zu gelangen. Ja. Die Zeit ist relativ. Das Geld ist relativ. Doch die Liebe bleibt letztlich bestehen. Durch dein Sein hinterlässt du Spuren. Durch deine alleinige Anwesenheit wird deine Gravur im Universum integriert. Du hast es in der Hand und du befindest dich in der Hand eines Größeren. Du bist in der Mitte deines Seins. Du bist kontinuierlich der Funken, der seine Mitmenschen erleuchten kann. Wie Neville Goddard sagt, sollst oder vielmehr musst du in deinem Innen, in deinem Sein nach Jesus Christus suchen. Diese Suche ist es, die dir letztlich ein neues Universum eröffnen wird. Wir tragen alle ein Stück der Wahrheit in uns. Mit unserem Sein beleuchten wir dieses Absolute, dieses Universelle aus unserer Perspektive. Im Reinen mit dir selbst wirst du die Erlösung finden. Die Erlösung ist die Antwort auf deine Fragen. Die Erlösung wird dich gleichzeitig spüren und erkennen lassen, warum du deinen Weg mit deinen Lebensthemen hast. Zu jeder Zeit bist du die Quelle der Inspiration, bist du der Unterschied, bist du der Mehrwert und schlichtweg der Reichtum. Habe keine Angst und fürchte dich nicht vor
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der Dunkelheit, denn in ihr wirst du die gesamte Strahlkraft deines Lichtes finden. Glaube, glaube, glaube. Kultiviere die Gewissheit in diesen Glauben mit jedem Atemzug und mit jedem Herzschlag. Integriere all die Schattenseiten um zu deiner wahren Größe anzuwachsen.
Das Leben ist pure Magie – Samstag, 04. November 2023
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Gegen 10:30 Uhr
Den Frieden in deinem Sein gefunden zu haben ist die Antwort auf
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alle vermeintlichen Fragen. Wenn du mit dir selbst im Reinen bist, dann kannst du andere Menschen lieben und so annehmen, wie sie sind. Es ist Arbeit, Verantwortung für die eigenen Gefühle zu übernehmen, sich selbst wertzuschätzen und zu respektieren, sich Gutes zu tun und immer weiter dem Unbekannten anzuvertrauen. Ja, es gehört Mut dazu, man selbst zu sein, es gehört Mut dazu, überhaupt zu sein, es bedarf einiges Vertrauens, das Leben als Geschenk und als Wunder einen jeden Tag erneut zu entdecken. Das Leben ist pure Magie. Das Leben ist ein Spiel. Das Leben ist ein Rätsel. Das Leben ist die Liebe gegenüber den Tieren. Das Leben ist Wandel. Das Leben ist Fluss. Das Leben ist Integrität. Das Leben ist Frieden. Das Leben ist die Summe der einzelnen Erfahrungen auf dem Weg. Das Leben ist Licht. Das Leben ist Harmonie. Das Leben ist Wohlstand. Das Leben ist eine Reise. Das Leben ist Akzeptanz. Das Leben ist Aussöhnung. Das Leben ist Kreativität. Das Leben ist Wachstum. Das Leben ist Erdung. Das Leben ist Transformation. Das Leben ist ein Traum. Das Leben ist Geschichte. Die Vögel zwitschern und im Zentrum meines Seins ruhe ich. Heute Nachmittag werde ich R., die Tochter von G. besuchen. Ich bin aufgeregt und gleichzeitig freudig. Ich sage mir, dass wenn es nichts wird ich um einen Schritt weiter bin. Sie ist sehr hübsch, sie ist Modell, sie riecht gut, sie ruht in ihrem Körper und hat dieses gewisse Etwas in ihren Augen. Sie ist
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älter und erfahrener als Mar. Es macht recht wenig Sinn, wenn ich mir innerlich ein Ziel setze. Ich werde es auf mich zukommen lassen und einfach meinem Herzen folgen. Gestern sagte ich zu ihr, dass es für mich eine Reise zur Heilung meines Herzens ist. Aber was bedeutet das konkret? Es kann alles und nichts sein. Es ist ein großes Rätsel. Vielleicht wird sie auch einfach später nicht zuhause sein und dann hat sich die Sache ohnehin erledigt. 33 Jahre ist ein Alter des Schicksals. Dein weiterer Weg bestimmt und ebnet sich, Urthemen tauchen auf und warten darauf gelöst zu werden. Du bist immer gut so wie du bist. Du bist eine Bereicherung für deine Mitmenschen. Du bist ein Geschenk. Du bist die Antwort auf jede einzelne Frage. Du bist der Regen auf dem Schilf. Du bist die weiße Gans. Du bist der Morpho-Schmetterling in ganzer Pracht. Du bist der offene Himmel. Du bist die Liebe und die Ewigkeit. Du bist die Symphonie. Du bist der Wassertropfen im Amazonas. Du bist die Krone der Schöpfung. Du bist die Quelle der Inspiration. Du bist die Essenz. Du bist das Zentrum des Stammes. Du bist der Segen. Du bist der Boden und der feuchte Lehm. Du bist die reife fruchtige Papaya. Du bist die Stimme deines Innen. Du bist der kontinuierliche Atem. Du bist die Melodie, die ich auf Ewigkeiten höre. Du bist ein Teil des Ganzen. Du bist der Vollmond. Du bist das Sandkorn. Du bist der Same. Du bist die Welle
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im Ozean.
19:33 Uhr
Erst jetzt begreife ich, wie leer mein Leben all die 33 Jahre war. Ich war nicht fähig zu lieben. Ich war da, doch irgendwie war ich auch nicht da. Aber jetzt weiß ich, dass Gott existiert. Und Gott ist nicht dieses abstrakte surreale Wesen, Gott ist real, Gott steckt in uns allen. Gott ist die Verbindung und der Friede. Gott ist die Summe der Dinge. Gott ist das Leben. Gott ist der Glaube. Doch der Glaube an was exakt? Der Glaube, dass dein Handeln einen Unterschied darstellt, der Glaube, dass dein Wirken einen Unterschied darstellt, der Glaube, dass du dein Leben als erwachsener Mensch unter Kontrolle hast.
19:43 Uhr
Die Realität ist, dass ich hier alleine heute den Entschluss getroffen habe zu R. zu gehen. Die Realität ist, dass ich den Mut gefunden habe mich lange im Spiegel bis in die Tiefe anzublicken, mich hübsch zu machen und mich von hier zu verabschieden, loszulaufen und nach gut vier Minuten einen Motorradfahrer auf der Straße zu treffen der mich fragt, ob ich Erdnüsse kaufen möchte. Es trifft sich gut, wenn man spontan einen Besuch abstatten möchte, eine Kleinigkeit mitzunehmen. Also kaufe ich drei Packungen für 2 Dollar – glücklicherweise hat er 18 Dollar Wechselgeld dabei – gehe weiter bis über die Brücke, gehe zu F. und schenke ihr ein rotes Notizbuch für ihre Memoiren, sie fährt mich gemeinsam mit dem Hund zu ihrer Schwester, dort bin ich froh, die Mutter und Tochter anzutreffen, wir fahren ins Städtchen um zu essen und unterhalten
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uns gut, ich fühle mich wohl, ich bin froh, dass ich diese Entscheidung getroffen habe, ich habe mich aus meiner Komfortzone begeben und sie haben sich gefreut, mich zu sehen. Knapp eine halbe Stunde später befinden wir uns zu acht oder neunt im Wohnzimmer, ich werde vielen Leuten vorgestellt und habe eigentlich gar keinen Überblick mehr. Aber das ist ein Teil dieser Reise, das ist ein Teil dieses Prozesses, das ist ein Teil dieses Lebens. Naja, sie fährt morgen wieder zurück in die Hauptstadt, es liegt nicht in meiner Hand gegenwärtig sie wiederzusehen. Ich weiß, dass wir uns wiedersehen werden, aber ich bin mir auch gewahr, dass ich noch umso tiefer in meinen Wesenszügen schüren muss. Mit Ma. besteht gerade Funkstille. Wenn ich nicht weiß in welche Richtung ich mich bewege, wer soll es dann wissen? Vorhin erhielt ich drei Mal das Angebot einen Joint zu rauchen oder geschenkt zu bekommen, vermutlich hätte ich vor drei oder vier Jahren noch ja gesagt. In Mexiko habe ich das Angebot erhalten, die drei Züge in Kolumbien waren etwas anderes. Drogen können dir kein reines Leben schenken. Ich spüre, dass ich noch so viel ausmisten muss und ich bin dankbar, das Schreiben zu haben, weil da alles aus mir heraus kann, ohne dass ich mir Gedanken darüber machen muss, wer es letztlich erhält. Das Problem gleichzeitig ist, dass es in Schüben aus mir herausbricht und wie bei einer Schleuse oder einem Staudamm mit kaputter Ausgleichsfunktion
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nicht zu einem kontinuierlichen Wasserfluss wird, sondern in unbestimmten Zeiteinheiten zu einem Durchbruch kommt. Durchbruch allerdings auf der Ebene, dass die Negativität im Vordergrund steht. Mit dem Schreiben weiß ich, dass ich kein schlechter Mensch bin. Mit dem Schreiben weiß ich, dass ich eine Aufgabe habe. Mit dem Schreiben weiß ich, dass ich meinen Träumen folge. Mit dem Schreiben weiß ich, dass ich mein Leben lebe. Ich spüre die Erforderlichkeit zur Aussöhnung mit meinen Ahnen. Ich spüre die Notwendigkeit der inneren Reinigung. Kein Wunder hatte ich Krebs bei all der Negativität. Ich muss alles aus mir herauslassen. Heute habe ich Notizbuch no. 57 fertig digitalisiert. Darauf bin ich sehr stolz. Aber wie geht es weiter? Ich muss mich einlassen auf Situationen und dranbleiben. Ich muss gemeinsam mit Anderen Ideen verwirklichen. Ich darf lieben, vertrauen und glauben. Das kommende Jahr rückt näher und mit jedem Kalenderblatt, das auf den Boden fällt, habe ich die Ahnung, dass ich weniger weiß, wohin ich gehen soll. Ich urteile, ich bin zu viel in meinem Kopf, ich darf mich erden, ich darf mich verwurzeln, ich darf mich verbinden, ich darf genießen, ich darf vertrauen und ich darf lieben. Wichtig ist die Kommunikation. Wichtig ist die Ausdauer. Wichtig ist die innere Ruhe zu haben. Alles braucht Zeit im Leben. Ja, alles braucht Zeit. Wieder weiß ich nicht, was die Anderen von mir erwarten. Ich spüre den Druck von allen Seiten. Verdammt. So viel Liebe, so viel Liebe, so viel Liebe erhalte ich. Ja, ich spüre sie, ich werde berührt, ich weiß, dass ich gerne Dinge für Andere mache. Aber genügt das?
23:45 Uhr
Ich denke an sie. Ich weiß, dass ich mich gerade in einem sehr tiefen und intensiven Heilungsprozess befinde. Ich ha-…
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be Hunger. Wieder geht mir alles durch den Kopf. Aber so ist das nun einmal. Ich schaue mir die Fotos auf meinem Smartphone an. Da sind zu 99 Prozent Landschaften oder Screenshots aus E-Books. Doch wo sind die Menschen? Ich höre „A Thousand Suns“. Wieder fangen Tränen an sich in meinen Augen zu bilden. Ich bin am überlegen, „Heal your Heart“ als Projekt einzustampfen. Aber manchmal musst du alles auf eine Karte setzen. Ja, vielleicht wirst du die Welt nicht verstehen, vielleicht wirst du gar nichts verstehen, vielleicht wird dich niemand verstehen. Aber zu weit bin ich schon mit den zwei Füllfederhaltern gegangen um noch umzudrehen. Ja, wohin sollte ich zurückgehen? Ich schreibe in „la hija de venezuela“. Ich weiß nicht, was morgen ist. Ich muss mich überraschen lassen. Ich weiß, dass der Inkognito-Tab Geschichte ist. Ich weiß, dass ich hier in Magdalena meinen Platz gefunden habe. Ich weiß, dass wenn ich mein Leben mit einem anderen Menschen verbringen möchte ich ausgesprochen viel Zeit habe. Alles zu seiner Zeit. Ich werde wieder eine Kerze erhalten. Ich darf vertrauen.
Ich schaue mir die Fotos an, die ich in den USA aus „Journey of a Soul“ von John Roger aufnahm. „But the law of karma says that there will be perfect justice.
When you know of the law of karma, you know that if something happens to you that you think from your present consciousness, is unfair, you can just let it go. You know that if it is unfair, the person will be held accountable for that, through Spirit. You do not have to do anything. You do not have to seek revenge. You do not have to try to get even. You do not have to think about
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it. You do not have to hang on to the experience at all. You can learn whatever you can from it, let it go, and go on to your next experience. (p. 41)
If you don’t enter into the negative expressions of revenge, hurt, despair, etc., you will keep yourself open and present for your next experience, which may be a beautiful one. If you do go into the negative aspects, you may block the next experience that is coming forward. It is very important to keep moving in your consciousness and not to hang on to old hurts and pains. Let them go as soon as possible and get on with the business of living. You will find your life much more enjoyable and much happier. (p. 42)”
Ich habe Hunger.
Ein immerwährendes Procedere – Freitag, 03. November 2023
Seite 159
13:45 Uhr
Ich knicke ein, ich kann nicht mehr, ich muss mir eingestehen, dass ich nicht alles unter Kontrolle haben kann. Gestern und heute habe ich mich passiv mit offener Türe hier in meinem Raum eingeschlossen. Wie kann ich mich nur lieben. Harte schwere Tränen rinnen meine Wangen hinunter. Ich hätte nicht gedacht, dass dieses Leben so verdammt anstrengend ist. Es sind die letzten Seiten in no. 57. Fast ist es mir gleich was ich schreibe. Ich bin wieder so kühl, so abgestumpft, so abgeschottet. Ich kann nicht mehr. Selbstverständlich schreibe ich weiter, ich mache weiter, ich mache weiter, ich mache weiter. Ja, egal wie oft ich fallen mag, ich stehe wieder und wieder auf, ich gehe weiter, ich setze kontinuierlich einen Fuß vor den anderen. Ich verstehe die Welt nicht. Ich verstehe mich selbst nicht. Ich verstehe schlichtweg nichts. Wieder hat es mir den Boden unter den Füßen weggerissen. Aber da musst du durch Julian, da muss du irgendwie durch. Da musst du durch. Du wirst es irgendwie durchstehen. Auch wenn du gar keine Ahnung hast wie. Ich komme mir gerade mit meiner Kraft gebremst vor. Es heißt mache dies nicht, mache jenes nicht, wenn du das machst, dann mache es so… Es strengt mich an, es macht mich kaputt. Es lässt mich glauben, dass ich keine Ahnung habe, dass ich ein Idiot bin, dass ich schlichtweg zu nichts zu gebrauchen bin. Aber ich lasse es über mich ergehen. Ich habe es mein gesamtes Leben lang über mich ergehen lassen. Ich bin bis an diesen Punkt gekommen und ich werde auch noch an jenen Punkt in Notizbuch no. 620 mit 66 Jahren kommen. Denn das ist das Leben. Ein ewigliches Mysterium. Manchmal hart und grausam, dann wiederum leicht und liebenswert. Es ist ein Prozess. Es geht immer auf und ab. Es ist ein immerwährendes Procedere. Und dafür bin ich dankbar.
Blume 1 – Donnerstag, 02. November 2023
Seite 156
11:06 Uhr
Irgendwie muss ich dieses Notizbuch jetzt beenden. Ich habe es zu lange vor mir hergeschoben. In der Nacht spürte ich die Anstrengung des gestrigen Tages. Heute Vormittag gibt es irgendwie nichts zu tun, ich verhalte mich passiv weil ich spüre, dass ich mich zu sehr in dieses fremde Projekt hineinbegebe, zu viel Kraft investiere und den Eindruck habe, dass mein eigenes Selbst ergo „Perpetuum Publishings“ vernachlässigt wird. Seit 08:00 Uhr digitalisiere ich also fleißig weiter und unterbreche die monotone Tätigkeit um auf die Toilette zu gehen, meine externe Festplatte zu holen, die #writeforio-Tabelle zu aktualisieren und festzustellen, dass ich 20 Kilometer geschrieben habe und vertraue einfach weiter dem Prozess. Ich weiß nicht, was morgen auf mich wartet. 3,5 Seiten darf ich hier heute füllen, die Venezolanerin wartet auf mich. Die Vorfreude steigt, es sollte machbar sein. Mein Kopf ist wie leergefegt, die Liebe ist so weit entfernt von mir. Wieder ist da die Negativität. Wobei sie so stark auch nicht ist – es ist eher eine Energie in der Form, dass ich mir gewahr werde, dass es noch viele Themen gibt, auf die ich meine Aufmerksamkeit richten darf. Nur wann und wie intensiv? Ich kann nicht alles machen. Ich kann nicht alles haben. Ich weiß, dass ich vor einer weiteren Entscheidung stehe. Für „Heal your Heart“ ist es nicht unbedingt schlecht, da ich definitiv kein zweites URU oder REM haben möchte. Ich wünsche mir die Zeit der Kurzgeschichten und Gedichte herbei. Ich muss schauen, ob ich aktuell noch Poesie verfassen kann:
Blume 1
Im Tal der nicht feststellbaren Gründe
wanderte sie mit milder Gabe -
ihr Antlitz getaucht in ein nebulöses Licht
dies jedoch neben ihrem Schleier.
Die Tapferkeit aus ihren Augen strahlte,
Größe war nicht messbar.
Ich denke an sie,
ich schlief heute Nacht in ihre Richtung,
Seite 157
ich sah sie im Traum,
ich reichte ihr Hand und Herz,
ging Schritt für Schritt an ihrer Seite
und musste Schmunzeln im Innen,
da ich wusste, worauf all das hinauslaufen würde.
Da ersprang sie die Knospe.
Und es ward Tag.
Vielleicht wusste Rilke mehr – ist es relevant? Die kühle Luft zieht durch die geöffnete Türe ins Innen meines Raumes, den Mond sah ich abnehmend am blauen Himmel, wieder diese Energie, wieder diese Energie, wieder diese Energie. Ich gefalle mir in der Funktion anwesend aber nicht da zu sein. Die Menschen müssen das akzeptieren, wenn sie mich in ihrer Nähe haben möchten. Ansonsten bin ich schneller als der Wind wieder verschwunden und hinfort gezogen auf zu neuen Orten. Auf zu neuen Ufern. Das Leben ist ein kontinuierlicher Wandel und was wird von mir erwartet? Was wird von mir wahrlich erwartet? Ich kann nur mutmaßen und so fließt die Tinte verschwenderisch in rauen Mengen gleich schönen Querulanten. Irgendwie fallen wir alle aus dem Raster heraus, irgendwie sind wir alle jenseits von Raum und Zeit auf der Suche nach dem eigentlich Bedeutsamen. Aber habe ich es letztlich in der Hand? Wer hat es in der Hand? Was stellen wir an in all den Zyklen und Abschnitten? Welche Räder drehen wir, welche Hebel setzen wir in Bewegung? Die Stimmen des Gestern da immer noch unglaublich laut aber mich stört es nicht, denn ich schreibe. Donnerstag ist heute, im Dreiländereck plätschert die Maschinerie wieder vor sich hin und wozu nachdenken, wenn doch alles vorgefertigt ist? Hin und weg, Himmel und Hölle, hier tatsächlich einzig zu Besuch. Aber tut das etwas zur Sache, denkt sie an mich, denkt sie an mich, hätte ich mich mehr inszenieren sollen? Alles Rätsel, überall Fragezeichen und wieder bräuchte ich unzählige Klone, Arme und Stifte um auszuführen, wonach mein Kopf verlangt. Aber das ist der Reiz von überhaupt allem. Deine Zeit ist begrenzt (zumindest jetzt für dich mit diesem Körper) und so kannst du nicht alles auf eigene Faust entscheiden, was du realisieren
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möchtest. Du bist auf Unterstützung und Zusammenarbeit angewiesen. Gut Ding will Weile haben. 2 Seiten verbleiben. Ich habe Durst. Ich könnte den ganzen Tag hier liegen bleiben und dem sanften Rauschen des Wassers lauschend auf ihre Ankunft warten. Ich habe einen nicht unerheblichen Teil in der Hand. Ich mache mein Ding und ich spüre, dass die Richtung ganz gut ist. Alles andere wird sich dann früher oder später von alleine regeln. Und so dreht sich die Erde weiter, die Kolibris fliegen, die Sonne scheint und alles ist gut. Ja, alles ist gut. Meine Schreibunterlage ist ein Informationsblatt mit dem Titel „Sí al Yasuní“. Wir stehen mit allem in Verbindung. Ich halte diesen trügerischen Frieden nicht mehr aus. Mein Bewusstsein ist auf Abwegen. Aber da muss ich wohl durch. Das ist ein Teil des Prozesses. Ich atme tief in meinen Bauch ein und aus. Ich spüre meine Kleidung und die Matratze samt dem Kissen unter meinem Körper. Parallel zu dem Wasserrauschen immer wieder Geräusche des sanften Windes oder der Schreibunterlage auf dem Papier beim Nachziehen meiner Hand. Ich befinde mich also immer noch in Ecuador und habe die Weisheit zumindest noch nicht vollumfänglich gefunden. Werde ich Rückmeldungen bezüglich meiner Einsendungen von den Verlagen erhalten? Wird sich all mein Schaffen dadurch quantenartig multiplizieren? Ich kann es einzig vermuten und darauf vertrauen, dass die Summe der Dinge am Ende des Tages / am Ende des Spielfeldes ihre Richtigkeit hat. Ich nehme mit meinen Augen das Licht am Fenster von draußen war, ich habe meine Aufmerksamkeit auf die Füllfederhalterspitze und die frische Tinte auf dem Papier gerichtet. Irgendwann abends in Kolumbien machten wir Augenyoga. Es war gut und dennoch anstrengend. Wie viele Brillen könnten abgeschafft werden, wenn mehr Augenyoga praktiziert werden würde? Alles oder nichts, es geht schleppend voran, die Alternativlosigkeit ist vorhanden. Es sollen neue Freiwillige kommen und das ist der Punkt da ich überlege weiterzuziehen. Es bedeutet schließlich, dass ich weniger wichtig bin oder gar überflüssig werden kann. Auch damit umzugehen ist ein Teil des Lebens. Ich glaube allerdings erst daran, wenn ich hier Gringos
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sehe und sie behaupten, dass sie gekommen sind, um als Freiwillige zu arbeiten.
Ein Stück Land in Andalusien – Mittwoch, 01. November 2023
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Ich liege wach im Bett und denke an Andalusien. Ich denke an die Tomaten und Papayas, an Avocados und ein eigenes kleines Stück Land. Ich blicke zurück auf die anderen Stationen der Reise und frage mich, was ich gerne nach Spanien mitnehmen möchte. Da sind aus Mexiko die Konstruktionen der Gabionen und der Lehmwände, die Kakteen und die Speisen. Aus Kolumbien ist da die Spiritualität, die Farbe, das Baño Seco und die Temazcal, das Arbeiten mit Bambus und mit Holz. Da sind Amarant und Quinoa, Sacha Incha und Kakao, Karotten, Radieschen und Salat, Mais und Weizen. Ich träume von meinem eigenen Stück Land. Aus den USA nehme ich die Blumenvielfalt aus dem Zentrum Albuquerques samt den Earthships aus Taos mit. Ich nehme die Kunst und Skulpturen aus New Mexico mit. Aus Ecuador die Suppen und die Colada Moradas, Yucca und Mangos, Bananen und die Anlage eines größeren Zentrums mit den unterschiedlichsten Funktionen. Ich träume von meinem eigenen kleinen Stück Land in Andalusien. Da ist das Meer in nächster Nähe. Da ist die Möglichkeit für Freiwillige bei diesem Projekt mitzuwirken und sich einzubringen. Da ist die Landwirtschaft
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und die Kooperation mit meiner Schwester. Da ist ein Bewässerungssystem für die Pflanzen sowie ein regelmäßiger Anteil an Bäumen zur Aufforstung. Neben Kräutern und Gewürzen in Anlehnung an einen Kräutergarten (vgl. Leonhard Fuchs, Nonnenhaus, Tübingen) gibt es Obst und Gemüse. Die Lebensmittel werden in einem Erdkühlschrank gelagert. Ein Teil davon wird verarbeitet und verkauft (z.B. Tomatensauce, Tomatensamen, Pesto, Aufstriche, getrocknete Tomaten, …). Das System setzt sich zusammen aus einem Netz von Wegen und unterschiedlichen Wohnplätzen. Es gibt einen Fleck von welchem aus die Sterne beobachtet werden können. Die Materialien der Gebäude werden aus vor Ort befindlichen Materialien zusammengesetzt. Die Nähe in Richtung Afrika ermöglicht neue Perspektiven und Synergien. Es gibt Optionen zum Tauchen, Surfen und Segeln. Das Gesamtprojekt ist über einen langfristigen Zeitraum mit einer übergeordneten Vision angelehnt. Hintergrund ist, dass in Jahren mit vielen Rückschlägen und Durststrecken der Glaube daran nicht verloren geht, sondern dass auch aus diesen Abschnitten gelernt werden kann. Hier füge ich die Aufzeichnungen aus Notizbuch no. 51 Seiten 69 bis 72 ein:
Die Gemeinschaft – 26. August 2023 / 03. September 2023
„Vom Leben in einer Gemeinschaft, von den Vorzügen und dem Perspektivwechsel auf die Gesellschaft, von den Nachteilen oder vielmehr in Kauf zu nehmenden Kompromissen, von den Mehrwerten für eine zukunftsfähige Gesellschaft und von all den Potentialen für ein neues Morgen…
Eine Gemeinschaft bietet viele Vorzüge. Es geht nicht darum, „der Gesellschaft“ einen neuen Status Quo überzustülpen, es geht vielmehr darum, einen resilienten Weg einzuschlagen, um in Einklang mit den Herausforderungen des dritten Jahrtausends in einem friedvollen Miteinander mit Mensch, Natur und den Tieren zu leben. Es geht nicht darum, die zivilisatorischen Errungenschaften und die Fortschritte zu verleugnen, nein, vielmehr geht es darum, die zur Verfügung stehenden begrenzten Ressourcen zu nutzen, um auf diesem Planeten noch all die weiteren Jahrhunderte und Millenien mit Milliarden von Seelen inmitten einer florierenden und prosperierenden Gesellschaft Seite an Seite zu leben. Ob es nun Theodor Herzls „Der Judenstaat“, Thomas Morus‘ „Utopia“ oder ein vermeintlicher Atlantistraum ist, die Zeichen der Zeit offenbaren unweigerlich, dass es an der Zeit ist, das Gewohnte inmitten des Systems mit einem klaren und wachen Bewusstsein auf den Prüfstand zu stellen und all die Wünsche, Sehnsüchte und Erwartungen inmitten eines Kreises von Menschen einzubringen. Denn wir entwickeln uns einen jeden Tag gemeinsam, wir stehen einen jeden neuen Morgen auf – nicht um das Alte fortwährend zu wiederholen, um die Suche immer größer werden zu lassen und uns in der Abgeschiedenheit zu betäuben -, nein, wir stehen einen jeden neuen Morgen auf, weil uns die Erfordernis antreibt, kontinuierlich weitere Schritte auf dem Entwicklungspfad der Zivilisation zu gehen. Denn wir sind in der Geschichte der Menschheit an dem Punkt angelangt, da wir sein müssen. Es ist grundlegend zu erkennen und dementsprechend auch zu handeln, dass es aus der egozentrischen Sicht- und Ausführungsweise keine weiteren Mehrwerte mehr geben kann, die dem Allgemeinwohl dienlich sind.
Die Rahmenbedingungen sind also klar, die Zeichen offensichtlich und so wird das Hauptaugenmerk neben der Schilderung der erforderlichen Schritte für eine Gemeinschaft inmitten der Gesellschaft auf den wesentlichen Themenstellungen und Herausforderungen liegen.
Da mit einer neuen Gemeinschaft sicherlich auch viele Erwartungen einhergehen ist es nicht unwichtig zu erwähnen, dass jede Verheißung auch seine Schattenseiten hat. Eine Gemeinschaft ist im Wesentlichen von den Individuen abhängig und von deren Fähigkeiten sich immer wieder auf das Neue einzulassen, im Diskurs und Austausch Fehler oder Ungereimtheiten zu klären und sich mit all den Facetten und Potentialen einzubringen. Langfristig kann eine Gemeinschaft also nur bestehen, wenn die Last von den Schultern der Einzelnen zusammen getragen wird. Um dezidierter auf die einzelnen Kernpunkte einzugehen ist nachfolgend die Gliederung dargestellt:
- Die Vision und das Leitbild
- Die Persönlichkeiten und die Aufgabenteilung
- Die Ausrüstung und die Werkzeuge
- Die Herausforderungen auf dem Weg
- Die Potentiale und die Möglichkeiten
- Die ersten konkreten Schritte zu einer Gemeinschaft
- Die Zusammenfassung und der Ausblick
Die Vision und das Leitbild:
Große Ideen, Bilder und Vorstellungen geben uns Kraft. Sie sorgen dafür, dass wir uns inmitten unseres sozialen Umfeldes sicher fühlen, dass wir für unsere Zukunft, für unsere Familie und für unsere Träume planen und kalkulieren können, sie erzeugen ein Gefühl von Komfort und von Zufriedenheit. Jede Nation benötigt Menschen, die komplexe Zusammenhänge einfach und verständlich zusammenfassen und mit einem gesunden Verstand der Masse nahebringen, verkaufen – also schmackhaft machen. Freilich bedarf es des Glaubens um kontinuierlich im Einklang mit unserem Innersten zu wachsen und nicht die Bodenhaftung zu verlieren. Der Wunsch nach einer Gemeinschaft entsteht im Regelfall aus der Unzufriedenheit eines gegenwärtigen Zustandes inmitten einer modernen wirtschaftlichen Gesellschaft. Jedes Werk hat seinen Ursprung und jede Sorge hat beizeiten ihre Berechtigung. Ja, eine Gemeinschaft kann zunächst eine Sogwirkung gleich einer paradiesischen Südseeinsel generieren. Eine Gemeinschaft (oder der Wunsch davon) kann eingeschlafene Potentialsamen wieder zum Leben erwecken, sie kann Freude bereiten und die innere Handlungsbereitschaft abseits von einem aus dem gesunden Funktionieren geratenen System aktivieren. In einer Gemeinschaft ist alles möglich. Eine Gemeinschaft beflügelt die Seelen und ist weit mehr als die Summe ihrer einzelnen Bausteine. Und gleichzeitig erfordert sie unendlich viel Mut, Handlungsbereitschaft, Kraft und Energie. Denn die Herausforderungen sind omnipräsent.
Zuallererst sollte sich bewusst gemacht werden, welche Gemeinschaft überhaupt angestrebt wird. Unzählige Fragen können auftauchen nach der Anzahl der Menschen, nach der Finanzierung, nach der Zielstellung, nach der räumlichen Situierung, nach dem Entwicklungsgrad, nach der Autarkie, nach dem Wunsch der digitalen Partizipation und sozialen Teilhabe, nach der Generierung von Mehrwerten und und und.
Um jedoch zu funktionieren braucht eine Gemeinschaft ein mehr oder weniger tragfähiges Konzept, einen roten Faden, Durchblick, Weitsicht und starker Charaktäre die gewillt sind, im Angesicht all der auf dem Weg wartenden Herausforderungen und Gegenwinde die Richtung nicht aus den Augen zu verlieren, sondern stattdessen innerlich zu wachsen und immer weiter auf den Grund der Existenz zu sinken. Letztlich wird das Universum all jene belohnen, die mit Energie und Glauben in Richtung des Morgens schreiten.
Gleichzeitig kann eine Gemeinschaft auch eine vermeintliche Illusion darstellen, da die unterschiedlichen Charaktäre nicht notwendigerweise mit den gleichen Erwartungen, Wünschen und Vorstellungen gesegnet sein mögen. Aber das ist ein zentraler Teil des Prozesses, dafür sind wir schließlich Individuen mit den unterschiedlichsten Hintergründen und Wesenszügen. Es ist wichtig, dass wir erkennen, dass die Hauptaufgabe einen jeden Tag darin besteht, das Gewohnte loszulassen und das eigene Selbst bedingungslos dem höheren Zweck und Willen anzuvertrauen. Es gibt keine Fehler außer jene die in der Realität nicht gemacht werden. Dankbarkeit ist eine wichtige Zutat für das Gelingen einer Entwicklung, für die floriende Gemeinschaft und das bedingungslose Sein inmitten eines ewigen Ozeanes der Veränderung Die Dinge werden stets geschehen, wie sie geschehen sollen. Der eigene Wille ist grenzenlos. Das Sein jenseits der Zeitlosigkeit ist geborgen.“
Alles vollzieht sich in Zyklen und Schüben. Auf dem Gelände gibt es eine Bibliothek / einen Arbeitsplatz mit Ton, Ölfarben, …
Wichtig ist das Verständnis, dass das gesamte Projekt kontinuierlich in Bewegung, also im Fluss ist. Das bedeutet, dass es nicht statisch ist. Es kann nicht der Anspruch bestehen ein endgültiges Ergebnis vorzufinden, wenngleich Fortschritte in regelmäßigen Abständen für den Erfolg und die Contenance des Projektes unweigerlich erforderlich sind. Mit der Gemeinschaft steht und fällt das Projekt. Einzelinteressen müssen zum Wohl des Gesamtnutzens in den Hintergrund gestellt werden. Das Projekt dient als Inspirationsquelle für andere Nachfolgeprojekte weltweit. Es integriert Key-Learnings aus den Gartenstädten, aus Cradle to Cradle oder der Transition Towns. Es gibt Areale, in welchen eine Smartphone-/ Computernutzung gestattet ist. Hintergrund ist das Bündeln an einem realen Ort und die Rücksichtnahme der anderen Interessen. Das Projekt ist gleichzeitig Achtsamkeits-, Bewusstseinsarbeit / spirituelles Wachstum. Unweigerlich ist alles miteinander verflochten.
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16:57 Uhr
Ich spüre, dass ich schreiben muss / möchte. Es ist der erste von 30 Tagen des NaNoWriMo. Im Prinzip muss ich jeden Tag einzig 1.667 Wörter schreiben um das Ziel von 50.000 Wörtern im November zu erreichen. Das sollte freilich problemlos machbar sein. Ich setze mir das Ziel, dass ich bereits am 15. November das Ziel erreicht haben werde. Ich finde diese Vorstellung ausgesprochen spannend jetzt im Moment mit tausenden von Seelen rund um den Globus parallel zu schreiben. Nicht unbedingt das Kompetitive steht im Vordergrund als mehr das gemeinsame Ziel zu verwirklichen. Okay, lange genug habe ich es vor mir hergeschoben. Heute darf ich „Star no. 5001“ beenden. In mir rebelliert es, den heutigen Tag habe ich eigentlich problemlos überlebt obwohl ich vor ihm Respekt hatte. Ich bin nun stolzer Besitzer eines Gummistiefelpaares Größe no. 43. Nun bin ich ein Mann von Magdalena. „Soy un hombre de Magdalena.“ Was noch fehlt? Ein passender Sombrero samt einer Machete. Der Hintergrund der Gummistiefel ist jener, dass hier 99,9 Prozent der Männer solche als Arbeitskleidung tragen. Tatsächlich glaube ich vielleicht 5 oder 7 Ausnahmen gesehen zu haben. Der Sonntag fließt nicht in diese Aufnahme ein. Am Morgen regnete es seit 5 Uhr ausgesprochen stark. Unzählige Male genoss ich das Drehen und Wenden im warmen Bett, der Regen prasselte auf das Dach – so wie jetzt. Doch um 06:25 Uhr musste ich mich aufraffen, putzte die Zähne, wusch meine Haare, zog mich an, legte das Kreuz fein auf mein Kopfkissen und ging um 06:45 Uhr zum Frühstück. Ich war mit A. alleine, es regnete so stark. Erst eine gute halbe oder dreiviertel Stunde später kamen die Anderen. Wir waren aufgrund des Wetters semimotiviert. Dennoch spürte ich die Unruhe in mir wie ich die Anderen mit meinem gefülltem Magen beim Frühstücken sah, ging draußen ein paar Mal hin und her um mir die Beine zu vertreten und den Kopf frei zu bekommen. C., der Vater von Mar. war wieder da, ich fühle mit ihm eine stärkere Verbindung und in meinem Kopf habe ich Gedanken à la: Er könnte dein künftiger Schwieger-…
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vater sein. Ich finde diese Vorstellung ausgesprochen merkwürdig, wenn nicht sogar befremdlich. Ich würde dann aller Voraussicht nach mit seiner Tochter schlafen. Aber irgendwie ist es das Leben. Jeder schläft mit jedem. Muss auch dieser Satz gegendert werden? Ich könnte auf der Stelle einschlafen. Ja, ich könnte auf der Stelle einschlafen. Dann könnte ich allerdings dem Gesamtziel des NaNoWriMos nicht näher kommen. Mein Körper schmerzt. Heute ernteten wir wieder Bananen. Insgesamt gute 65 Stauden. Je Staude beträgt die Anzahl der Bananen 15 bis 100. In Summe haben wir zu fünft heute also vermutlich rund 3.800 Bananen geerntet. Irgendwie hört sich das nicht so signifikant viel an. Und man möchte nicht wissen, wie viel Geld man für diese Arbeit erhält. Aber Ecuador ist nicht Deutschland. Das führt einem die Realität einen jeden Tag erneut vor Augen. In Katalonien ist heute Feiertag. Ich bin froh, dass bereits Mitte der Woche ist. Zwei Tage noch arbeiten und dann ist Wochenende. Mit etwas Glück werde ich sie wiedersehen. Ich hoffe es. Allerdings kann es auch sein, dass wir noch einmal nach Quito fahren. Ich darf also vertrauen, dass das Richtige geschehen wird. Wieder spüre ich, dass der Traum der letzten Nacht ausgesprochen schön und intensiv war. Hier gleite ich in den Nächten auf eine andere Art tiefer in die Frequenz meiner Träume. In Deutschland noch dachte ich, dass ich weiß, wie die Dinge funktionieren und wie die Erde sich dreht. In Lateinamerika allerdings begreife ich immer wieder, dass ich eigentlich gar keine Ahnung habe. In einzelnen Phasen lässt mich das beinahe verzweifeln, denn wenn ein 33-Jähriger nicht viel weiß, dann ist das vermutlich kein gutes Omen. Naja, tief in mir bin ich mir schon gewahr, dass alles in die richtige Richtung verläuft und ich mich bereits auf dem für mich passenden Weg befinde. Seit Anfang der Woche wird der Strom jeden Nachmittag ein paar Stunden bis 16 Uhr abgeschaltet. Es ist eine Maßnahme des Staates um den Stromverbrauch zu drosseln. Da kann man sich schon fragen, für was bestimmte Menschen bezahlt werden. Aber vielleicht machen sie ja alles einzig für ihr Land und für ihr Volk und es gibt keine damit verbundenen negativen Auswirkungen. Wieder denke ich an sie. Ich denke an sie. Ich denke an sie. Ich denke an sie. Ich denke an sie.
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18:34 Uhr
Seit 13 Stunden bin ich auf den Beinen, doch jetzt, wo ich mit gefülltem Magen und brennender Kerze im Bett liege überkommt mich die Müdigkeit. Ich denke an sie. Ich denke an sie. Ich denke an sie. Ich denke an sie. Ich denke an sie. Innerlich weiß ich, dass ich noch ausgesprochen viel zu lernen habe. Aber das ist schließlich das Leben. Ich weiß, dass dies hier noch nicht die Endstation meines Lebens ist. Wohin wird mich mein weiterer Weg führen? Weiter weg von Deutschland? Ist mir dieses Land immer mehr fremd geworden? Wünschte ich mir manchmal, nicht an diesem Ursprung geboren worden zu sein? Aber das gehört zum Alltag. Man muss manche Menschen einfach in ihren konformen Welten leben lassen, auch wenn diese eine gesamte Nation bilden. Tatsächlich drücken diese Zeilen wieder eine nicht geheilte Wunde meines Selbst aus. Aber das darf ich akzeptieren. Ich kann im gegenwärtigen Moment nur diese – meine – Wahrheit schreiben. Der Regen hat aufgehört, der Fluss hat eine drei- oder vierfache Wassermenge schätze ich. Wieder habe ich Fragen, warum ich des Öfteren die Entscheidung getroffen habe, für eine längere Zeit hier zu bleiben. In Kolumbien zahlte ich sogar einen Geldbetrag, damit ich mitarbeite. In der Tat mag es paradox erscheinen. Führt man sich allerdings vor Augen, was man alles an Wissen, an Einblicken, an kulturellen Gütern und an Schätzen erhält, dann ist diese Summe ausgesprochen gering. Jeden Tag brauche ich neben der Schlafenszeit zwei oder drei Stunden für mich. Ich muss mich entspannen und einfach abschalten, schreiben und meditieren oder nichts tun. Heute ist der „Dias de los Muertes“. Gerne wäre ich jetzt in Mexiko. Ausgelassen werden die Toten gefeiert. Welchen Grund hätte man auch mit trüber Miene das Abscheiden eines lieben Menschen zu bezeugen? Wenn sich eine Seele aus dem Körper von dieser Welt verabschiedet, dann befindet sie sich woanders. Ohnehin gibt es diese kollektive Bewusstseinsquelle. Das nennt sich Metaphysik oder schlichtweg Leben. Ich denke an sie. Der Gedanke an sie
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lässt mich nicht los. Heute begriff ich wie wichtig es ist, sich einfach auf sich selbst und die eigene Arbeit zu konzentrieren. Arbeit ist eine grundlegende, zentrale Säule im Leben eines jeden Menschen. Ohne Arbeit verkümmert man und wird depressiv. Die Definition von Arbeit muss allerdings jeder Mensch selbst finden. Die Zeit in der wir uns in kollektiver Beschäftigung befanden ist längst vorbei. Arbeit findet im Haus statt, Arbeit gibt es im Garten, Arbeit wird geschaffen, wenn ein Mensch oder eine Gruppe eine übergeordnete Vorstellung von einem Unternehmen hat oder haben. Mit das Wichtigste im Leben ist es ein schöpferisches Denken zu entwickeln und dieses jeden einzelnen Tag in der Praxis, in der Realität anzuwenden. Mit Arbeit wird das erforderliche Geld verdient, es werden soziale Kontakte geknüpft und im besten Fall „sinn-volle“ Tätigkeiten ausgeführt. Doch so wie der Begriff Arbeit ist „sinnvolle Tätigkeit“ eine individuelle Definition. Ein Lied zu komponieren ist Arbeit. Ein Gemälde zu malen ist Arbeit. Umzüge für andere Menschen zu erledigen ist Arbeit. Arbeit gibt es überall. Mit einer guten Arbeit kann inspiriert werden, sie kann Kraft und Vertrauen geben. Gute Arbeit kann gesamte Regionen und Nationen zu einem Aufschwung verhelfen. Gute Arbeit kann einstige Kritiker in die richtige Richtung drehen, sie kann Augen öffnen und Unwahrheiten aufdecken. Gute Arbeit schafft unweigerlich Mehrwerte und Synergien. Wenn man sich vorstellt, wie viele Produkte aus Bananen vor Ort in der Region für den Export hergestellt werden könnten: Säfte, getrocknete Früchte, Schmuck, Nahrungsergänzungsmittel, … aber stattdessen werden diese Früchte ohne Verarbeitung zu einem Schleuderpreis exportiert. Tatsächlich glaube ich, dass die meisten Menschen sich damit zufrieden geben, sich über ihre Arbeit zu beschweren, all die Dinge aufzuführen, die aus ihrer Sicht schlecht laufen ohne konstruktive Lösungsvorschläge aufzuführen und am Ende einer gewissen Zeiteinheit einen Geldbetrag X für ihre
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aufgewendete Energie zu erhalten. Jeder Mensch trägt Fähigkeiten in sich. Beizeiten kann es sich auszahlen, sich selbst fortzubilden und autodidaktisch seinen Kopf in neue Themenfelder zu stecken. Früher oder später wird sich das auszahlen. Von Natur aus sind wir Menschen bequem und gemütlich. Daher muss jeder Tag mit Leben gefüllt werden, daher muss kontinuierlich unter aktiver Aufwendung der eigenen Energie der Status Quo verändert beziehungsweise optimiert werden. Vielleicht sind die Menschen hier glücklich. Aber sie sind glücklich in ihrer eigenen Welt. Das höchste Ziel im Leben ist es allerdings nicht in deiner kleinen zurechtgeschusterten Realität in deiner Kommune oder Region glücklich zu sein, nein, du musst als Weltenseele glücklich sein.
Morgen ist bereits der zweite November, die Zeit rauscht an uns allen so schnell wie das Wasser des Rio Magdalenas vorbei. Dieses Leben ist einmalig und besonders. Aber ehe du dich versiehst kann es auch schon wieder zu Ende sein und du wirst dir ob bewusst oder unbewusst die Frage stellen müssen, ob du gelebt hast. Für jedes Individuum allerdings fällt auch hier die Antwort subjektiv aus. Ich weiß nicht, was uns morgen erwarten wird. Vielleicht ist die Uniformität gut, da man sich als ein Teil des Gesamten auf das Wesentliche konzentrieren kann. Es bedarf gewisser Normen um eine Gesellschaft am Laufen zu halten, diese Normen allerdings müssen progressiv und zukunftsorientiert sein und dürfen nicht der Inszenierung von Macht zu Partikularinteressen führen. In uns allen stecken unzählige Reichtümer. Aber aus lauter Bequemlichkeit lassen wir diese erst verstauben und dann verkümmern, bis sie schließlich in Vergessenheit geraten. Wir sind alle Millionärinnen und Millionäre. Wir wachen jeden Tag mit unendlichen Möglichkeiten und Optionen auf. Wir müssen sie nur sehen, als solche erkennen und nutzen. Wir müssen den Mut haben aus der gesichtslosen Masse herauszustechen. Wenn du der erste Mensch in deiner Familie bist,
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der einen neuen Weg einschlägt, dann ist die Wahrscheinlichkeit recht gering, dass du dabei unterstützt wirst. In deinen jungen Jahren wirst du bis in die Nacht hinein arbeiten, damit du Erfolg haben wirst. Oft schreibe ich über Erfolg. Was jedoch ist Erfolg? Erfolg ist die eigenen Fähigkeiten am kollektiven Markt der Möglichkeiten einzubringen und zu verkaufen. Um erfolgreich zu sein musst du dich verkaufen. Du musst Ausdauer und Durchhaltevermögen besitzen um erfolgreich zu sein. Ich könnte mir jetzt die Nachrichten oder einen Film anschauen. Nur welchen Mehrwert würde ich damit schaffen? Milliarden von Menschen machen das jeden Tag, werden mit irgendwelchen Propagandaschlagworten à la Krieg, Krankheit, Wirtschaftskriese bei Laune gehalten? Nur wem ist damit geholfen außer den Partikularinteressen jener, die diese Informationen in die Welt setzen. Ich glaube nicht, dass Alan Watts, Jiddhu Krishnamurti, Haruki Murakami, Osho, Jane Goodall, Dr. Wayne Dyer, Neville Goddard, Papst Johannes Paul II., Willy Brandt, John F. Kennedy, Steve McQueen, Robert de Niro, Mercedes Gleitze, Albrecht Dürer, Pablo Picasso, Friedrich Nietzsche, Wietold Pilecki, Theodor Herzl, Paulo Coelho, Friedensreich Hundertwasser, Mario Vargas Llosa, Klaus Kinski, Penelope Cruise, Isabel Allende, Vincent van Gogh, Hans Wilsdorf, Nikola Tesla, Louise C. Hay, Deepak Chopra, Hermann Hesse oder Albert Einstein irgendwann dort gelandet wären, wenn sie sich nach irgendwelchen äußeren Meinungen gerichtet hätten. Sie haben ihrer Intuition, ihrer eigenen Stimme, ihrem Herzen oder den Kräften des Universums vertraut, um ihre Ziele zu erreichen. Sie mussten alle ihre eigenen Wege gehen. Auf dieser Welt wird niemandem etwas geschenkt. Außer die Duftprobe in einem Einkaufscenter, doch auch die hinterlässt einen faden Beigeschmack. Ich weiß nicht, was mich morgen erwarten wird. Meine Vernunft hat mir bereits längst gesagt, dass ich mich „ausruhen“ soll. Aber mein Kopf und mein Innen sagen mir, dass ich schnellstens no. 57 heute beenden muss. Damit wird ein weiteres Kapitel beendet. Ein neues öffnet sich mit no. 58. Wir sind alle mit-…
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einander verbunden.
Die Libellenlarve / „As de Copas“ – Dienstag, 31. Oktober 2023
17:19 Uhr
Einen Tag vor dem NaNoWriMo 2023 bin ich tatsächlich am überlegen, ob ich den Blog nicht lieber einstampfen sollte. Aber es ist ein Teil des Prozesses sage ich mir. Fleißig sammle ich weiter valide Daten für die Statistik zu „365 days of writing“. 50.000 Wörter in einem Monat ist nicht wahnsinnig viel aber auch nicht zu vernachlässigen. Heute sind dies meine ersten Worte, die ich neu schreibe. Ich habe in der freien Zeit wieder knapp zwei Stunden Notizbuch no. 57 digitalisiert, rund 17 weitere Seiten, die vermutlich am Ende dieser Woche nach Beendigung dieses Vorgangs dann wiederum auf die Internetseite eingepflegt werden dürfen. Ich spüre, dass ich mich vor einem weiteren Scheideweg befinde. Ja, es gehört zum Prozess dazu. Ich darf vertrauen.
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19:47 Uhr
Es ist der letzte Tag im Oktober. Es sind die letzten Oktoberstunden im Jahr 2023. Wohin reise ich? An was glaube ich? Wie viel liebe ich? Die Kerze brennt… Die Tarotkarte des Tages: „As de Copas“. Ich denke an sie. Den gesamten Tag dachte ich an sie. Die gesamte Nacht dachte ich an sie. Alles Schall und Rauch. Die Vereinigung steht bevor. Ich habe Respekt vor dem morgigen Tag. Ich habe davor bereits seit Sonntag Respekt. Wir haben zu viert eine Flasche chilenischen Rotwein getrunken. Er entspannt. Ich bin glücklich auch wenn ich noch glücklicher wäre, wenn ich diesen Moment mit einem anderen Menschen teilen könnte. Wieder habe ich Tränen in den Augen. Vorhin war da wieder diese Missmut in mir. Ich ging um 17:30 Uhr Richtung Haupthaus mit dem Ziel zu essen und dann wieder in meine Cabaña zurückzukehren. Doch A. fragte mich, ob ich noch schnell no. 7 fegen könne, ob ich noch schnell no. 7 wischen könne, ob ich das Tor aufmachen könne… ich spürte all den Missmut in mir. Hätte ich nein sagen können? Vermutlich nicht. Wieder sprach mein Kopf an: Warum hätte sie das nicht bereits zwei Stunden vorher sagen können? Dann hätte man alles ideal vorbereiten können. Vielleicht
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ist es auch einfach nur meine deutsche Kopfstimme. Tatsächlich fühle ich mich mit dem Abendessen – obligatorische Suppe, Reis mit Bohnen, wenig Ceviche, zwei Gläschen Rotwein, einer viertel Papaya und einem Schokokuchen – im Magen zufrieden. Wohin wird mich mein Weg führen? Immer noch bin ich ungewiss, was da in der Zukunft auf mich wartet. Um auf no. 7 zurückzukommen. Ich machte es schließlich doch – allerdings mit diesem gewissen Widerwillen. Ich mache es, weil du es mir gesagt hast, allerdings nicht so schön und gut wie ich es machen würde, wenn ich aus eigenem Antrieb und Ziel den Entschluss dazu getroffen hätte. Aber okay… Naja, um den roten Faden wieder aufzugreifen: O. und M. kommen dann irgendwann wo wir Abendessen. Sie bringen Wein, Kuchen und Käse mit. Ich urteile wieder über sie. In der Beschreibung stand, dass Alkohol nicht erlaubt sei. Aber mein Herz sieht sie. Sie sind sehr herzlich und voller Liebe. Und dann laden sie mich ein und wir trinken gemeinsam unter dem von Wolken bedeckten Sternenhimmel Ecuadors chilenischen Rotwein. Wie ich das Glas ansetze habe ich Tränen in den Augen. So schnell kann es gehen. Das Universum hat mir unweigerlich den Dank ausgesprochen. Aber führe ich immer Befehle aus? Heute dachte ich mir, dass ich auf Ewigkeiten hier leben könnte. Es ist ein bisschen das Gefühl, das ich auf dem Ziegenhof in der Schweiz hatte. Morgens fuhr ich am Steuer des Traktors den Berg hinauf mit L. an meiner Seite. Die arg kühle Luft blies uns ins Gesicht, vor uns das schneebedeckte Bergpanorama umgeben von gelben Schlüsselblumen. Im Magen das knusprige Bauernbrot mit Butter und Ziegenkäse mit Himalayasalz. Dazu noch zwei Kaffee Crema und Schokolade. L. meint zu mir, dass um diese Uhrzeit unzählige Menschen im Auto im Stau stehen um zu ihrer Arbeit zu gelangen. Wir fahren im Traktor inmitten der Natur in die Höhe. Ja. Das Leben kann manchmal so einfach sein. Werde ich Mar. noch einmal wiedersehen? Sie hat mich verzaubert oder verhext. Verdammt. Ich denke so stark an sie. Denkt sie an mich? Ich vermute, dass die Kerze noch rund 10 Stunden hält. Fa-…
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hren wir bald wieder zurück nach Quito? Ich brauche Nachschub. Dann hätte ich Gelegenheit, die Venezolanerin wiederzusehen. Julian, du musst dich entscheiden. Herz, was flüsterst du mir? Ich hatte in der letzten Nacht einen ausgesprochen schönen Traum, ich kann mich nur nicht mehr daran erinnern. Aber ich habe es im Gefühl. Wo ist Gott gerade? Ist er mir vielleicht ganz nah? Ist Gott in mir? Was fühle ich? Was denke ich? Was geht in mir vor? Was flüstern mir meine Chakren? Heute räumten wir wieder einmal ausgesprochen viel auf und Julian konnte sich wirklich austoben. Alles ist miteinander verflochten. Ich könnte mir jetzt Gedanken darüber machen, wie ich bei der NaNoWriMo besonders gut abschneide. Aber wozu? Wozu?
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Ein Kommentar
Kaeleen
Eine wunderbare Reise mit vielen beeindruckenden Erlebnissen. Da brauchen die Augen irgendwann auch mal eine wohlverdiente Entspannung, damit eine Augen OP nicht in Frage kommen wird. Man einfach noch mehr sehen, noch mehr aufnehmen kann und seine Seele damit bereichert.