El Diario,  art,  formgiving,  pyII

„Heal your Heart“ – El Diario – Part VI

„In the Presence of Angels“ – Montag, 30. Oktober 2023

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19:19 Uhr

Die Kerze brennt. Soeben habe ich Seite 76 digitalisiert mit folgenden zwei Sätzen: „Ich spüre, dass sich ein Engel in meinem Raum befindet. Ich spüre, dass ich nicht alleine bin.“ Ich höre wie so oft Musik und skippe nach dem ersten Satz ein Lied weiter. Nach ein paar Sekunden denke ich mir, das kann doch nicht sein. Dieses Lied hört sich exakt so an wie ein Lied namens „In the presence of angels“. Ich öffne das Musikprogramm und ja, es stimmt. Gandalf spielt. Es ist die Version ohne Text. Einzig die Melodie. Ich bin zutiefst dankbar. Alles geschieht zur richtigen Zeit.

Alles ist Energie – Sonntag, 29. Oktober 2023

Seite 143

19:46 Uhr

Tatsächlich kann ich nicht genau sagen, warum ich Paulo Coelho über so einen langen Zeitraum idealisierte. Er könnte hier auf dem Campo zu Besuch kommen und ein Großteil der Menschen könnte nach umfänglicher Diskussion übereinstimmend zu dem Entschluss kommen, dass er ein komischer Kauz ist. Alles ist Energie. Ich habe heute gute 30 Seiten digitalisiert. Ich habe mich gestern und heute ein weiteres Mal verliebt. Ich habe Tränen in den Augen. Die Kerze brennt und die Zikaden zirpen. Fuck… Ich habe dieses Buch „Heal your Heart – El Diario – Ein Traum namens Ushuaia“ genannt und ich habe mich gestern und heute verliebt. Sie weiß, dass ich gerne lese und schreibe. Sie mag Bücher eher weniger. In Ecuador darf man ab 12 Jahren heiraten. Wo wird mich mein weiterer Weg hinführen? Wo stehe

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ich mir wieder und wieder selbst im Weg? Warum? Ich spüre in mir die Verzweiflung. Ich habe keine Ahnung, wohin mich mein Weg führen soll. Was ist „Perpetuum Publishings“? So viel Zeit investierte ich dahinein, doch wozu? Verflucht. Heute fand ich hier zwei spanische Bücher. Eines von Pablo Neruda und eines von Dr. Wayne Dyer. Es war ein langer Tag am Äquator. Julian, verflucht, wie kann es sein, dass du es am Samstagmorgen nicht mehr erwarten kannst, bis zurück nach Quito zu kommen um dort die Venezolanerin zu treffen, und dann einen Kaffee später dich hier in die Frau verguckt hast? Am frühen Morgen hast du noch mit Ma. länger telefoniert. Du wartest auf eine E-Mail-Antwort von K. Du denkst beizeiten an D. Verdammt Julian, was stimmt nicht mit dir und deinen Chakren? Kannst du dich entscheiden? Was siehst du in deinem Kopf? Worauf richtest du deine Aufmerksamkeit? Was ist dein größter Wunsch? Mit welchem Menschen möchtest du deine Lebenszeit verbringen? Oder mit welchen Menschen? Wie viel willst du noch schreiben? Wie oft wirst du in deinem Leben noch nach Südamerika gehen? Wieder und wieder und wieder… Wo ist Gott gerade? Ist er mir heute in der Erscheinung von ihr begegnet und liegt jetzt knapp 1.000 Meter von mir entfernt im Bett? Bin ich auf dem Holzweg? Wieder bricht das Licht durch mich durch. Ich darf noch einiges lernen auf meinem Weg. Ich bin so dankbar hier zu sein. Ich bin froh, dass wir morgen noch keine Bananen ernten. Das Textdokument „El Diario“ hat mittlerweile 507 Seiten. Dann werden es letztlich also doch wieder 800 Seiten werden. Kürzen kommt nicht in Frage. Alles ist Energie. Das Leben ist eine Schule für mutige friedvolle Kriegerinnen und Krieger. Was wird mich morgen erwarten? Was wünsche ich mir für den Monat November? Was ist die Liebe? An was denkt sie gerade? Wie viele Menschen sind am heutigen Tag 33 Jahre alt? Wie viele davon werden ihren 66. Geburtstag feiern? Wie viele von ihnen haben bereits Kinder? Wie viele sind selbstständig? Wie viele waren in Ecuador? Wohin führt mich mein Weg? Wohin führt mich mein Weg?

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Wohin führt mich mein Weg? Wohin führt mich mein Weg? Wohin drehen wir uns als Menschheit immer weiter auf diesem Planeten? Was ist morgen? Was fühle ich? Was ist er Wert der vermeintliche Erfolg? Alles nichts als Schall und Rauch? Alles Geschichte? Alles ohne Sinn und Ziel? Woher und wohin? Wie viel und wie schnell?

20:42 Uhr

Ich kann nicht schlafen, habe die Türe geöffnet um die alte Energie nach draußen und frische Luft ins Innen zu lassen. Die Kerze brennt wieder. Das Yuri Gagarin T-Shirt habe ich komplett vollgeschnäuzt und -geweint. Aber es ist gut, wenn die Gefühle einen Ausdruck finden und all das Verklebte und Verkrustete einen Weg nach draußen findet. Ich bin verzweifelt. Ich frage mich, was ich hier mache. Opfere ich mich für etwas wie so oft auf? Glaube ich daran? Gehe ich wieder über meine Grenzen? Wo ist der Frieden in meinem Herzen gerade? Ich bin so froh hier in der Natur zu sein. Rund um die Uhr das kontinuierliche Rauschen des Wassers. Armaden von Tropfen gemeinsam im Fluss. Sie rauschen unentwegt. Wie wir Menschen. Wir hängen alle miteinander zusammen. Heute habe ich erst mit meiner Schwester und dann mit meiner Mutter telefoniert. Ich habe wieder im Garten gearbeitet, in der Küche mitgeholfen, die Fische, Gänse und Hühner gefüttert, zwei Papayas geerntet, Mandarinen gepflückt, den Boden gewischt und ecuadorianisches Ceviche (ohne Yucca!) gegessen. Ja, ich habe mich verliebt. Aber wie viel ist diese Liebe wert? Wie flüchtig ist sie? Alles einzig Schall und Rauch? Ich habe hier „La Chunga“ von Mario Vargas Llosa liegen. Ich habe es in Mexiko-Stadt gekauft. Was trägt es im Innen? Was hat es mit diesem Buch auf sich? Was heißt „La Chunga“? Dieses ganze „Perpetuum Publishings“-Geschwafel kommt mir gerade wie eine idiotische Naivität vor. Bin ich nicht einfach nur verrückt und durchgeknallt? Vielleicht bin ich hier am perfekten Ort für mich, aber ich erlaube mir noch nicht so zu sein wie ich bin. Irgendetwas hält mich zurück. Was ist es? Die Angst vor meiner eigenen Größe? Die Unfähigkeit oder die Ungewissheit? Was nur hält mich zurück? Die tiefe Sicherheit, dass ich bereits am Ziel angelangt bin, es nur in mir nicht verdient

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habe? Was hält mich zurück? Die Alternativlosigkeit? Mein Gefühlsausbruch hat sich glücklicherweise beruhigt, das Wasser rauscht immer noch und die Müdigkeit wird stärker. Ich wünsche mir, dass es in der Nacht regnen wird. Ich vertraue darauf.

Perpetuum-Tag no. 800 – Samstag, 28. Oktober 2023

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19:34 Uhr

Die Frage ist, ob es in dieser Nacht wieder in Strömen regnen wird. Soeben habe ich auf der Perpetuum XII-Seite am 28. Oktober diesen Jahres bei Perpetuum-Tag no. 800 die Zahl 11.111.059 aufgeschrieben. Bedeutet also, dass ich mittlerweile 52 Bücher verkauft beziehungsweise verschenkt habe. Verbleiben also noch 11.111.059. Das sollte früher oder später zu schaffen sein. Ich weiß nicht, ob es sonderlich hilfreich wäre, wenn ich mir diesbezüglich ein Limit setze. Hier gibt es recht viele Menschen, die 100 Jahre alt sind. Heute Vormittag saßen wir im Auto das Gelände verlassend wie ein Mann gebückt an seinen Gehstock geklammert mit zwei Tüten in seiner Hand langsam aber stetig die Straße entlangzieht. A. meint nur er ist 110 Jahre alt. Die Mutter von ihrer Freundin ist 106 oder 107 Jahre alt. Sie wollte heute mit dem Bus nach Ibarra fahren um dort zu arbeiten. Mit über 60 Jahren verließ sie ihren Mann um dann für knapp 20 Jahre mit einem Anderen in einer anderen Stadt zu wohnen. Wieder das Rauschen des Wassers, die Zikaden und der konstante Schein der Kerze. Es hat etwas zutiefst Meditatives. Wird Antoine de Saint-Exupéry ähnlich geschrieben haben? Ich spüre den Frieden in mir. Dazu im Vergleich in Quito war es ein wahrlicher innerer Kampf und mich plagten viele negative Gedanken und Gefühle. Ich darf also vertrauen. Ich bin dabei no. 57 zu digitalisieren. Für gute 9 Seiten benötige ich eine Stunde Zeit. Das macht also bei knapp 160 Seiten in Summe 18 Stunden. Ewigkeiten ist es her, dass sich um 06:00 Uhr morgens in Mexiko der dampfende Popocatepetl magisch in die Höhe erstreckte. Aber diese Erfahrung so wie alle anderen Erfahrungen sind ein Teil dieser Reise, sind ein Teil der Reise meines Lebens, sind „Eine Zeppelinfahrt namens Leben“. Du bist für dein eigenes Wohlergehen verantwortlich, wertschätze all die Menschen, die dir im Alltag begegnen, integriere deine Schattenseiten und nutze die Energie deiner Wut um deine Ziele zu erreichen. Aus der Verbindung mit dem höheren Selbst ist alles möglich. Ohnehin gibt es keine Grenzen oder Limitierungen. Gerade ist das Schreiben zutiefst heilig. Ohne Ablenkungen fließt an diesem besonderen Ort die Tinte einfach

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auf das Papier. Es kann sein, dass sich exakt in diesem Augenblick des Herzschlags der Vollmond hinter den Wolken versteckt befindet und erstrahlt. Es ist eine Vermutung. Es ist ein Gefühl. Es ist ein Teil der Wahrheit. Ja, es wird noch eine geraume Zeit in Anspruch nehmen, bis no. 57 beendet sein wird. Es gehört zum Erfolg dazu. Einfach Tag für Tag, Schritt für Schritt, Seite für Seite. Niemals müde werden. Und falls doch, dann einfach abschalten und aussteigen, das Leben genießen, sich im Einklang mit der universellen Lebensmelodie tanzend im Moment bewegen und vergessen, was da im Gestern vermeintlich unmöglich erschien. Also alles halb so wild. Die Summe der Dinge ist die Summe der Dinge. Du bist. Und das muss genügen. Das wird genügen. Gott ist wieder ganz nah bei mir. Ich spüre ihn in meinem tiefsten Innen. Ich darf ganz einfach vertrauen. Ich darf sein. Ich bin. I am. I am. I am. I am. I am… I am holy. I am love. I am light. I am free. I am persistent. I am creative. I am active. I am connected. I am love. I am light. I am humble. I am in synchronicity. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. I am. Ich frage mich, ob ich noch unleserlicher schreiben darf.

Something New / Die graue Triumph-Schreibmaschine – Freitag, 27. Oktober 2023

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09:46 Uhr

Wir verlassen die Hauptstadt und ich bin gespannt, ob uns ein Weg gen Rio Magdalena führen wird. Die Infrastruktur ist ein Chaos, ich sitze auf dem rechten Rücksitz, die kühle Luft zieht durch das offene Fenster hinein, wenn die blauen Busse den leichten

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Berg hinauf beschleunigen wird die Luft beinahe schwarz und die Abgase ziehen ins Innen des Wagens. Ich verlasse die Venezolanerin, ich sah sie nicht wieder doch ich weiß, dass ich das nächste Mal in Quito wieder in ihr Einkaufszentrum gehen werde um mit ihr einen Kaffee zu trinken. Alles hat sich verändert, es stellt keine Schwierigkeit dar, mehr als 90 Tage in Ecuador zu bleiben, ich habe die Tinte im Gepäck, die graue Triumph-Schreibmaschine steht dort noch im Untergeschoss des Appartements irgendwo zwischen der Avenida 6 de Deciembre und der Avenida Gaspao de Villarroel. „Der kleine Prinz“ begleitet mich, meine Cusco-Umhängetasche begleitet mich samt der Gewissheit, dass ich mich auf dem richtigen Weg befinde. Ewigkeiten erscheint es her, da ich im Observation-Car im Southwest Chief Train mit dem frisch gebrühten Kaffee, Creamer und Zucker saß, den Sonnenuntergang in Arizona bezeugte, die Stadt der Engel vor mir, die Route 66 und die Panamericana im Rücken, ich an die Gallup-Lady denke, mich an die Unterschiede zu meiner vergangenen Schreibtisch-Arbeitsstelle erinnere und Tränen ob der Ungewissheit des weiteren Weges verliere. Ich falle in einen tiefen Schlaf und weiß nicht, ob ich jemals wieder aufwachen werde. Nehme das Leben nicht so ernst, eine Seite habe ich bereits im Geländewagen geschrieben – unter Anderem, da wir uns die meiste Zeit im Stau befinden. Morgen ist Vollmond, heute Nacht werde ich „Star no. 5001“ beendet haben werden. 21 Seiten verbleiben. Es wird eine kleine Herausforderung. Hat das alles einen Sinn? Es gibt keine Alternative. Alles ist der Veränderung unterworfen. Vor den Graffitis auf dem Bordstein ein Junkie, der gerade einen tiefen Zug aus seiner Bong nimmt. Julian, was machst du aus deinem Leben? Da ich mittlerweile keine Seiten aus meinen Notizbüchern mehr für erforderliche Tätigkeiten oder Arbeitsschritte mehr ver-…

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schwende habe ich mir auf die Tintenrechnung die Punkte: allbirds-Schuhe, Nudie-Jeans, iMac-Fotos-Synchronisation, „Perpetuum Publishings“-Backup, Verlagsliste mit den unterschiedlichen Ländern erstellen, Schreibmaschine kaufen, Blog-Artikel mit Links erstellen notiert. Ein weiterer Versuch mein Leben zu ordnen und einen weiteren Quantensprung in der Entwicklung gen Ewigkeit zu unternehmen. Diese Stadt hat mich geprägt, all die Frauen auf den Wegen haben mich mit ihrer Schönheit verzaubert und auf geht es wieder über den Äquator. Wieder singt Asher Quinn. Ich freue mich darauf, wenn ich mich im TGV durch die Auvergne-Rhône-Alpes sowie Provence-Alpes-Cote-d’Azur befinde und das erste gedruckte Exemplar von „Heal your Heart – El Diario – A dream called Perpetuum Publishings“ bei einem südamerikanischen Kaffee liegen habe und mit dem Füllfederhalter und der Tinte aus Ecuador all die Zeilen und Worte korrigiere. Ich muss gestehen, es ist nicht meine höchste Fähigkeit, die Kommasetzung zu beherrschen. Muss ich das? Jeder Versuch quält mich. Wenn es nichts mit dem Schreiben wird, dann kannst du immer noch Straßenverkäufer für Softdrinks, SIM-Karten, Almanache, Avocados, Mandarinen oder Smartphoneladekabel werden sage ich mir. Doch nicht in diesem Leben. In diesem Leben fahre ich mit meinem Rucksack und den Notizbüchern im Toyota LandCruiser FJ40 durch Portugal oder Afrika, heule mit den Wölfen und Adlern, singe mit den Hobos und den Gringos, denke an all die Kojoten, die es über die Grenze in die Staaten auf der Suche nach einem besseren Leben schafften.

10:58 Uhr

Ich muss gestehen, ich habe mich in die Farben des Landes verliebt. Die Millionen liegen hinter uns, die Natur wird uns schon bald wieder verschluckt haben, die Millionen liegen vor mir. Mit einem jedem Herzschlag rücke

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ich tiefer zu Gott. Jeder einzelne Buchstabe führt mich näher zu diesem Wesen. Ich bin angekommen. All die Momente haben einen Sinn ergeben. Du hast dich nicht ohne Grund auf die Suche begeben. Warum erkennst du nicht all die Zeichen, die du vom Universum geschenkt bekommst? Löse dich und befreie dich immer wieder aus einem temporären Zustand. Lasse los und folge all den Rufen. Tauche ab wo du willst und wie oft du willst. Wieder die Gedanken: Wenn ich „Heal your Heart“ nicht schreibe, wer soll es dann tun? Und wenn es jemand anderes macht liegt die Wahrscheinlichkeit bei mindestens 100 Prozent, dass das Werk nicht annähernd so gut ist wie meines. Du willst das Leben? Dann musst du dich der Sicherheit entsagen. Du kannst keinen Erfolg haben, wenn du an jeder Türe Schlösser befestigst, wenn du kein Risiko in Kauf nimmst, wenn du auf jeder Fahrt als erstes den Anschnallgurt zückst und und und. Du musst wagen. In jedem Augenblick musst du den sicheren Hafen verlassen. Du kannst nicht in den Geschmack der freien Fahrt kommen, wenn du gleichzeitig die Handbremse angezogen hast. Also lasse los und vertraue dich bedingungslos dem evolutionären Prozess an. Sei du selbst und lache. Gehe. Wandle. Reise. Transformiere dich.

19:21 Uhr

Dem Klang der Regentropfen folgend befinde ich mich nun wieder in der Natur. Irgendetwas hat sich seit dem letzten Mal sehr stark verändert. 2.200 Meter Höhenunterschied wurden wieder zurückgelegt, die Millionen Fahrzeuge gegen ein paar Esel, Kühe, die regulären Busse eingetauscht. Das Notizbuch no. 57 neigt sich dem Ende zu. Es war ein Prozess, aber es ist wichtig für diesen Abschnitt, wichtig für dieses Buch. Noch heute morgen fragte ich A. wie alt sie meint zu werden, sie sagte schmunzelnd 150 Jahre. Ich bewundere sie, wie sie mit 75 Jahren, die gute drei Stunden Fahrt über unzählige Schlaglöcher zurückgelegt hat, mit welcher Energie sie ohnehin den Alltag und all die Kleinigkeiten bestreitet. Ich glaube nicht, dass es selbstverständlich ist. Die Strecke von Quito hierher war wieder eine typische Südamerikareise. Selbstverständlich Tränen in den Augen, unzählige Menschen aller Kategorien in den Hauseingängen und zwischen den Fassaden im Außen der Wohnungen. Irgendwann endete wieder der Asphalt, es ging zurück zum Ursprung immer tiefer hinein in das Grün. So oft es ging öffnete ich das Fenster vom Platz auf meiner Lieblingsseite in Fahrzeugen: rechts. Die älteren Menschen – vorwiegend Männer – winkten wieder, ohnehin wurde jedes Nicken in Kombination mit einem leichten Lächeln sofort erwidert. Erinnerungen an die Fahrradreise durch Bulgarien und Rumänien tauchen wieder auf. Während mir der kühle Fahrtwind ins Gesicht pustete, ich über die ewigweiten Landschaften blickte, all die Nebelwolkenschleier meine Fantasie weiteten wurde ich mir gewahr, dass ich einen Schritt weitergekommen bin. Sofern andere Menschen in meinen Augen Fehler machen ist es wichtig, dass ich mich daran nicht aufhänge. Es ist nicht korrekt ausgedrückt. Auf dem Weg wurde mir während die Gebetskette aus Kairo durch meine Hände kreiste und ich Neville Goddard hörte schlichtweg bewusst, dass ich einen jeden Menschen so akzeptiere wie er ist. Es hilft nichts an einer starren Vorstellung festzuhalten, die letztlich nicht der Realität entspricht. Es ist ein Prozess. Irgendwie will es gerade nicht so richtig fließen. Wieder stelle ich fest, dass das Schreiben im Notizbuch ein in Gänze anderes ist denn das Schreiben in unmittelbarer Verbindung mit der potentiellen Welt. Vermutlich geschieht es einzig in meinem Kopf. Morgen ist Vollmond, vorhin fegte ich hier in meiner kleinen Hütte den Boden, wischte, entstaubte jede vorhandene Fläche, nahm den fertig gepackten djungelnilgrünen Rucksack wieder in die Hand, legte jedes Kleidungsstück sorgfältig auf das Bett, legte ohnehin jeden in meinem Gepäck vorhandenen Gegenstand auf das Bett. So ganz stimmt das nicht, aber vom Gefühl her kommt es diesem Vorgang gleich. Nun stehen in dem Holzregal vor mir in der Dunkelheit die gefüllten Notizbücher dieser Reise. Wenn ich das Raumlicht anmache, dann sehe ich sie dort zu viert nebeneinander auf dem Regalbrett no. 3 stehen. „Heal your Heart“ ist ein Prozess, eine Entwicklung, eine Odyssee, eine Reise. Wie ich vorhin die Fotografie der katalanischen Raupe mit den unzähligen blauen Schmetterlingen auf einem Cover verband wurde mir etwas mit unglaublicher Kraft bewusst. Es kommt nicht darauf an, wie gut oder wie viel ich schreibe. Es geht nicht darum, im Leben irgendetwas Signifikantes zu machen oder zu erreichen. Es geht schlichtweg darum, die Realität zu akzeptieren und sich selbst als kontinuierlich lernendes und entwickelndes Leben im fortwährenden Fluss mit dem Außen zu erleben. Das Leben ist komplex. Das Leben ist einfach. Morgen ist Vollmond. Ich habe Quito im Rücken. Die Frau aus Venezuela ebenso. Die Erde dreht sich weiter. Die Regentropfen prasseln auf das Wellblechdach. Die weiße Kerze brennt wieder. Doch das Schreiben in einem Dachgeschosszimmer in einer Hauptstadt ist nicht mit dem Schreiben hier zu vergleichen. In den ersten Minuten da die Kerze hier das Licht der Dunkelheit erleuchtete flog ein Nachtfalter hinein. Kleine Tränen rinnen über meine Wangen. Ich weiß nicht genau, was es mit den Fahrten in Südamerika auf sich hat. Jede Fahrt ist ein Abschied, jede Fahrt ist ein Neubeginn, jede Fahrt ist eine Reise ins Ungewisse. Die graue Triumph-Schreibmaschine steht nun wieder alleine im Keller, das Tintenfass ist hier an meiner Seite. „Atlantis“ von Donovan habe ich vermutlich als letzter Gast des Café Rio Intag mitgenommen. Ohnehin waren die letzten Tage wie eine Parallelwelt. Wenn ich ganz tief in mich hineinspüre werde ich mir gewahr, dass das Größte meines Lebens erst noch in der Zukunft auf mich wartet. Aber ich begreife immer stärker, dass jeder neue Sonnenaufgang ein weiterer Baustein des Gesamtwerkes darstellt. Alles ist miteinander verbunden. Alles geschieht in Zyklen. Alles ist in Bewegung. Alles ist im Fluss. Wir tragen alle Tropfen des Amazonas in uns. Ja es ist wahr, ohne Träume wären wir lediglich vertikale Pfützen. Ich habe herausgefunden, dass Neville Goddard an einem 19. Februar auf Barbados geboren wurde, dass die Summe der Dinge stets mehr ist als sie zunächst erscheinen mag. Aber einzig wenn du bereit bist deinen gewohnten Platz zu verlassen, einzig wenn du den Mut hast aufzustehen und nicht nur deine eigene Richtung im Blick zu behalten sondern die Gesamtheit der potentiellen Richtungen anzuvisieren und dann in Verbindung mit deinem Selbst zu erkennen was an dir ist zu erfüllen.

In Gänze komme ich noch nicht auf den Punkt aber ich bin am Üben. Ich bin einzig ein Fragment inmitten dieses ewiglichen Kosmos‘. Die Zeit steht still, die Energie durchfließt mich, ein weiteres Mal wurde die nördliche mit der südlichen Hemisphäre verbunden. Freitagabend, der getrocknete Salbei aus Kalifornien raucht wieder, mein Herz schlägt noch stärker als jemals zuvor. Wieder habe ich es in der Hand weiterzuschreiben oder aber mich dem Gedanken hinzugeben, dass es ja ohnehin keine Relevanz hat. Also halte ich fest an diesem Traum, lasse alles los um mich von ihm in die Höhe ziehen zu lassen und zu erkennen, dass dieses Leben das größte Geschenk ist.

Etwas hat sich in den vergangen zwei Wochen verändert. Ich habe mich verändert. Alles hat sich verändert. Meine Intention hat sich verändert. Ich weiß, dass nach „Heal your Heart – El Diario“, „UNRUHE“, „XXXX Fragen und die eine Antwort“, „De Soñar y Crecer“, „Corazón sanado“ und „Die Tinte Gottes“ darauf warten manifestiert zu werden. In diesem Leben liegt nicht alles in meiner Hand. Und das ist auch gut so. Ja, möglicherweise werde ich mit 99 Jahren und den knapp 1.400 Notizbüchern immer noch eine Randnotiz sein. Aber das ist nicht von Bedeutung. Letztlich geht es darum die Fähigkeit zu kultivieren, bewusst in einem jedem Moment die Zeit anhalten zu können und das Geschehen aktiv zu gestalten.

Seite 141

21:30 Uhr

Ich bin ausgesprochen müde. Seit einer guten Stunde regnet es wieder viel. Es wird wohl nichts mit der Beendigung von „Star no. 5001“ heute. Mit etwas Glück kann ich diese Seite fertigstellen. Quito ist so weit entfernt. Es hätte auch einzig ein Traum sein können. Hier fühle ich mich wieder wohl. Der Straßenlärm existiert hier nicht. Mit etwas Glück gibt es eine WLAN-Verbindung mit zwei Balken. Dafür kein Smartphone-Netz und Papayas en masse. Morgen ist Vollmond. Morgen ist Perpetuum-Tag no. 800. Heute ist Perpetuum-Tag no. 799. Mir wird klar, dass ich noch sehr weit von der eigentlichen Wahrheit, von dem Sinn, von dem Leben entfernt bin. Aber ist das verwerflich?

„Hold me Patcha-Mama“ – Donnerstag, 26. Oktober 2023

Seite 131

18:28 Uhr

Das Tief ist zu Ende, die Kerze brennt wieder, ich schreibe weiter. Was gestern war – tatsächlich weiß ich es nicht mehr. Heute spüre ich mein Herz zerreißen. Zwei Menschen und wenn ich keine Entscheidung treffe, dann sind sie möglicherweise beide weg. In mir ist das Gefühlschaos, in mir ist laut der heutigen Tarotkarte die Fülle, ich lege wieder mehr Wert auf mein Äußeres. Das Buch neigt sich dem Ende zu, doch das Leben geht weiter. Ewiglich vibriert der „Perpetuum Publishings“-Traum. Ich weiß, dass ich noch einige Herausforderungen auf mich nehmen muss. Doch die Realität ist, dass ich die Entscheidung getroffen habe hier jetzt in Ecuador zu sein. Ich erinnerte mich heute wieder stärker an das Dreiländereck: In der Panaderia die Croissants für Frankreich, an einer Straßenfassade ein Werbeplakat mit Laufschuhen „Walk on Clouds“-Swiss Engineering, vor dem Ministerio de Transporte y Obras Públicas ein Schild mit einer Straßenisometrie, mit Fahrradständern, einem beidseitigen Einrichtungsradweg, mit breiten Gehwegen und einem Tempo-30-Schild. Darunter der Hinweis auf die Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die deutsche Flagge. Immer tiefer schraube ich mich hinein in die Materie, weiß, dass die Schmetterlinge fliegen und sich in einem jedem Augenblick Myriaden von Hebeln bewegen. So lasse ich das Universum dankend für mich arbeiten und übernehme meinen Teil der Aufgaben. Die Musik sie spielt wieder, auf den Straßen da tanzen sie und wir übertreten sie alle die Schwelle hinein in das Land unserer Träume. Die Tränen kullern wieder, „I listen to your call, hold me Patcha Mama for now and for all…”, ja, ich weiß, dass es unzählige Gründe zum Leben gibt, ich weiß, dass nichts vergeblich ist. Manche Prozesse müssen einfach schmerzhaft sein, manche Tage erscheinen gleich einem nicht überstehbaren Berg. Doch dann singen Sam Garrett und Mollie Mendoza, dann ergibt alles einen Sinn, dann lösen sich die inneren Knoten und du lässt los um weiterzuziehen. Fast habe ich das Gefühl, dass die Kerze an diesem Abend so schön scheint wie noch niemals zuvor. Die Flamme geht niemals aus. Wir werden alle geführt im

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Unsichtbaren. Wir wurden alle dazu bestimmt im Licht zu stehen. Armut ist ein Konstrukt. Jeden Tag erneut wachen wir auf mit all unseren Kräften, erschaffen das Unmögliche und dienen aus der Liebe heraus für die Menschheit. Morgen werden wir Quito verlassen, ich bete weiter, dass sich alles fügen wird. Ich klammere mich momentan an Seite 131 in Zeile 7 fest. Wieder ein surrealer Zwischenzustand. Interessiert es jemanden, was du schreibst? Wie wichtig nimmst du dich? Wie viel Wert und Aufmerksamkeit schenkst du dir selbst? Wie viel Verantwortung übernimmst du? Wie weit bist du bereit zu gehen? Wie tief bist du bereit zu blicken? Wie stark ist deine Liebe? Was vermag dir dein Herz zu geben? In diesem Zimmer befinde ich mich ein weiteres Mal in einer Zeitkapsel. Schließe ich die Augen, dann werde ich unmittelbar in die Zukunft katapultiert; wieder diese immense „Perpetuum Publishings“-Maschinerie. Heerscharen von emsigen Armen und Maschinen, Regale bewegen sich wie von unsichtbaren Händen geschoben, ein Duft von frisch gedrucktem Buch, Schlüsselmacherinnen für geheime Kapitel, …
Mir wird bewusst, dass die Welt ohne die Menschen nichts wäre. Nichts. Nein nichts. Wir Menschen sind es, die alles am Laufen halten, wir Menschen sind es, die glauben, wir Menschen sind es, die Waffen auf den Boden legen und für den Frieden auf die Straße gehen. Wir Menschen sind es, die träumen, wir Menschen sind es, die geben und die wagen und die niemals aufgeben. Wir Menschen sind es, die wir uns als Fremde unmittelbar finden und erkennen, annehmen und wertschätzen. Wir sind im Jahr 2023 Menschen. Wir waren im Jahr 1984 Menschen. Wir werden im Jahr 2078 Menschen sein. Wir schreiten unweigerlich voran gen Morgen. Auf manchen Passagen werden wir getragen vom Geist der Zeit, da unsere Seele und Glieder zu müde sind. Ein weiteres Mal notiere ich mir, was die letzten Worte wären, wenn ich in 30 Minuten sterben würde: „Es spielt keine Rolle was du machst. Es ist bedeutungslos, wie viel Geld sich auf deinem Konto befindet oder wie viele Immobilien du besitzt. Niemanden interessiert es, dass du in 29 Minuten sterben wirst. Also könntest du es auch gleich bleiben lassen. Aber es geht weiter und ich werde mich im Himmel befinden. Alles ist gut und

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alles war seit jeher gut. Du bist der wichtigste Mensch auf diesem Planeten. Du fliegst und du strahlst, du bist pure Liebe und möglicherweise sogar ein Engel. Du hast gegeben und gewagt, du hast festgehalten an deinen Träumen, du konntest dich einen jeden Tag neu erfinden. Du schwammst im Fluss und saßt an der Quelle zugleich, wurdest von den Fähren stetig auf zu neuen Ufern getragen, spieltest die Melodie inmitten der göttlichen Symphonie und es ging Takt um Takt und Schritt für Schritt und Buch um Buch und irgendwann, ja da warst du angelangt. Du hattest alles, Erfolg, Ruhm und die Liebe, du wachtest auf neben deinem wichtigsten Menschen, ihr habt Kinder in die Welt gesetzt und im Regen getanzt. Ihr verbandet Kontinente und blicktet hinauf zu den Sternen des Nachts da wo sich die Wolken befanden. Im Schwarz da wurden sie ausgepackt die größten weißen Leinwände und mit Farbbeuteln aus Indien beworfen. Das Gemälde stand da und brannte sich in euren Geist ein. Ihr wart herausgetreten aus der Pforte auf ein neues Podest und alles war so klar und intuitiv. Im Kreise der Gemeinschaft wurdet ihr getragen und gehalten, da wuchs es und verging es, da war Bewegung, da war der kontinuierliche Austausch der Energie, da war der Antrieb und die Bewegung. Blicke zurück auf dein Leben, im vertikalen Friedhof wirst du beerdigt werden, siehe da der weiße Granitstein aus Marmor mit der Inschrift „Julian D. Herzel – Er kam. Sah. Und schrieb. 1990 – 2090 nach Christus.“ Ja, es spielt keine Rolle, was du machst. Niemanden interessiert es, was du schreibst oder wo du dich befindest. Aber distanziere dich von all dem Materiellen und der Oberflächlichkeit und es gibt einzig Licht. Es gibt einzig Liebe. Milliarden von Seelen hier um zu lernen und sich an all dem Reichtum zu erfreuen. Also lasse los und vertraue dich bedingungslos all dem Sein an. Du kamst nicht ohne Grund, du warst Inspiration und Segen, Kämpfer und die Verkörperung des Friedens. Immer wieder bist du aufgestanden, immer wieder hast du den Vorhang hochgezogen und die Fenster geöffnet. Immer wieder hast du die Türe aufgemacht und neue Verbindungen gestärkt. Immer weiter bist du gegangen. Immer tiefer hast du geblickt. Immer mehr hast du gespürt. Immer schöner bist du geflogen. Und höre da, da spielt sie noch ein

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letztes Mal für dich die Musik. Sehe all die Luftballons und Seifenblasen in die Höhe ziehen, …
Andere zogen in 80 Tagen um die Welt und damals in den guten alten Zeiten, da habe ich in den 80 Tagen in Ecuador Gott gefunden. Die Zeit wird knapp, eine Handvoll Sandkörner befindet sich da noch in meiner Hand und ich bin angekommen. Ich bin angekommen auf diesem Planeten und in diesem Leben. Ich bin angekommen in den Armen meiner Frau, ich habe mich verloren und mein Herz gefunden, gefleht und gemeint zu sterben. Aber ich erwachte und das Göttliche verneigte sich vor mir ob meiner Bereitschaft zu opfern. Ein letztes Mal wird es dunkel am Himmel, die Nacht bricht herein und ein letztes Mal wirst du auf die Probe gestellt. Dein Atem wird langsamer, du befindest dich in deiner eigenen Welt und blinzelst nur noch bruchstückhaft. Gute 8 Minuten verbleiben dir noch… Es spielt keine Rolle was du schreibst. Sie haben dich gefunden von Marokko bis nach Malawi, von Australien bis nach Ägypten bis nach Argentinien, von Indien bis nach Israel und bis nach Island, von der dominikanischen Republik bis nach Deutschland bis nach Dschibuti. Du bist gewesen und deswegen warst du. Aus all dem Unsichtbaren hast du geschöpft, hast dich der Veränderung der Materie gewidmet und die Summe der Dinge geeint. Die Liebe deines Seins wohnt fort in all den Herzen die dich fanden und die kamen, dein Sein das Geschenk in der Bereicherung der Begegnung. Es war ein stetiges Nehmen und Geben. Es war ein Prozess. Es war eine Reise. Es ist ein Prozess. Es ist eine Reise. Du wirst geboren, du darfst leben, du stirbst und du gehst in den Himmel, du kamst auf die Erde und so schließt sich der ewige Kreislauf des Seins. Alles hat ein Ende doch die Ursprünge wohnen in der Ewigkeit. Vorerst ist es meine letzte Nacht in Quito. Ich habe das Licht ausgeschaltet, einzig die Kerze brennt noch. Wieder Kerze, Füllfederhalter und Gebetskette. Selbstverständlich „Star no. 5001“. Es braucht diese Hingabe, es braucht diese Widmung. Es braucht dein Sein. Es braucht dein Erwachen. Es braucht deinen Glauben. Und so werde ich nicht müde zu schreiben. Gute 20 Seiten liegen noch vor mir. Osho hat zu mir gespro-…

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chen. Neville Goddard ebenso. Babaji auch. Die Frau der Berge mit am lautesten. Da war der Mönch aus Tallinn, die Schneeflocke aus Hamburg, da war die Schildkröte und die Südkoreanerin. Da waren Luxemburg und Luxor, Liechtenstein und Lima, Lörrach und Limerick. Irgendwo „Change – Band I“, dann „Change – Band XII“, „Perpetuum Publishings“ und „Drive Change“. Da war Nürtingen und Nürnberg, Neapel und Nizza, New Mexico und der Traum von Nepal. Ich spüre die Gegenwart von Ma. Ich spüre ihr Sein. Ich spüre die Erhabenheit und meine Intuition. Ich spüre die Essenz und den Ursprung. Ich bin verbunden. Mein Herz flackert in aller Lebendigkeit. Es ist ein ekstatischer Tanz der Loslösung und Transformation. „Courage, Dear Heart.“ Ich war Jesus Christus. Ich war Rainer M. Rilke. Ich war „Harry Potter“. Ich flog als Brel die Jojo und fand mein Paradies namens Hiva Oa. Ich war Moitessieurs Joshua. Ich war der Mond, der die Sonne küsste. Ich bin das Feuer. Im Jahr 2054 werde ich geschrieben haben werden. Picasso lehrte mich die Kunst des Buchstabenmalens. Ich werde mir bewusst, wie ich an die Venezolanerin denke, dass die Venezolanerin nicht die Venezolanerin ist. Aber eine andere Geschichte. Irgendwo erklingt eine Zither. Derwische drehen sich im Kreis. Rumi lebt. Rumi lehrt. Rumi füllt. Ein Kelch wird in der Runde herumgereicht. Die Energie knistert. Die Kerze brennt. Der Hund bellt. Die Frau ist erregt. Die dritte Dekade im dritten Jahrtausend wird unweigerlich die weitere Richtung prägen. „Perpetuum Publishings“… Der Traum fliegt. Er ist wahr geworden. Wir glauben. Die Stille hat dich heimgesucht. Der Vulkan ist explodiert. Die Medien haben einen neuen Krieg gedruckt. Wen interessiert es? Die Quadratur des Kreises, die Kaulquappe im Ganges und der koptische Christ im Kloster in Kairo. Die Zeder aus dem Libanon und die Liturgie aus dem Lazarett. Der Segen. Der Jude. Der jüdische Geist. Das Judentum. Prag Josefov V. Wien. Jerusalem. Theodor Herzl. Meine Wurzeln, meine Ahnen, meine Liebe, mein Sein. Mein Segen. Meine Suche. Dank dir Unbeschreiblichkeit samt innerer Unruhe, dass ich einst losgezogen bin. La Esperanza, Fusa, Totolapan, Magdalena und Albuquerque, ich habe euch allesamt in mein Herz geschlossen. Letztes Mal Cusco und Aguascalientes, Guatapé und Alejandria, Medellín, Calí und San Agustín. Die Geschichte

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geht weiter. Ja, sie wird immer weitergeschrieben. Nach mir, da kommen andere, da meistern sie all die Fragen und Hirngespinste, denn sie glauben, denn sie widmen sich der Materie und der Beschaffenheit der Dinge. Von Kirschblüten in Japan, von Papierkranichen und goldenen Schreinen, von Geishas und Laotse werden sie philosophieren, all die alten Geister wieder aufleben lassen und die Generationen prägen. Ja, die Notizbücher regieren die Welt, all die mobilen Endgeräte wurden abgeschafft, die Herzen fanden sich, die Herzen, ja die Herzen sie hielten sich. Und es geht weiter, es muss immer irgendwie weitergehen. Ob Nord, Ost, Süd oder West, ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter, ob Baby, Jugendlicher, Erwachsener oder alter Mensch, ob Gicht oder grauer Star, ob Depression oder Demenz, ob Abitur oder Analphabet, ob Imbabura oder Morelos, ob Sieg oder Niederlage, ob Integrität oder Authentizität – ja, es wird stets weitergehe. Mehr und mehr werde ich mir gewahr, dass ich alles aufgeschrieben habe, was ich festhalten wollte. Doch es wird immer mehr und es ufert immer weiter aus, ich bin JLD und JPD, ich werde als Wassertropfen in der Gruppe mit den Anderen als Welle durch den ins Wasser geworfenen Stein in Bewegung versetzt. Wir gehen alle unsere Wege, irren beizeiten in Ecken und dunklen Winkeln, doch werden früher oder später unweigerlich als lodernde Funken hinaus aus dem Feuer gen Himmel stoben. Und es ist spät geworden, ein weiterer Meilenstein erreicht, ein neuer Tag bricht an, das Gebet wird gesprochen, die Dame dreht sich um, ein Blick, ja ein Blick, der alles verändert. Und ich schaue zurück, dort reihen sich die 1.440 Notizbücher aneinander, ich habe mich irgendwann entschieden da es keine Alternative gab. Die Hoffnung ging heute doch einzig um den Weg zu ebnen, das Weltall wird bis an das Ende all unserer Tage nicht durchdringbar sein. Die Welt sie dreht sich. Die Kugeln der Gebetskette kreisen durch die Finger. Die Gebetsfahnen wehen. Die Schneeflocken werden über die Kuppen der Himalayaberge geblasen. Die Zitadelle erblüht. Die Samen werden wieder in die fruchtbare Erde gepflanzt. Es geht weiter, es geht immer weiter. Ich atme tief ein und die Zeit steht still. Ich blicke zurück: Die Bibel, der Koran, der Almanach, die Bhagavad Gita, die Kabbala, die Poesie – alles nichts

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als Schall und Rauch. Auferstanden von den Toten, wiedergeboren in einem neuen Kleid, gefunden im Spiegel der Oberfläche des kristallklaren Gebirgssees. Vertrauen geschöpft. Inspiration gewonnen. Sie erobert. Ihr mein Herz anvertraut. Alles hat sich verändert. Ein neues Jahr bricht an. Der Keller wurde ausgeräumt, ausgemistet und gereinigt. Die Energie hat sich gewandelt. Ja, ich bin immer noch Mensch. JDH, das bin immer noch ich. Die Kreditkarte ein Unikat – aber was spielt das für eine Rolle? Was bitte spielt das schon für eine Rolle? Und während sie sich die Geschichten der Tage ohne Ränder erzählen, da drehe ich die Münze auf dem großen Tisch im Wohnzimmer und lache nicht, denn die Arroganz der Großen bleibt bestehen. Die Wolkenbänke auf den Bergketten gepaart mit der Silhouette der Hauszeilen Quitos ein unvergesslicher Anblick. Ein Traum wurde dir geschenkt. Ja wahrlich, ein Traum. Und dieser Traum ist dein Leben. Dieser Traum ist fernab alles nur Erdenkbaren. Gänsehaut sucht dich heim, du wurdest gefunden, sie haben dich gefunden. Der Kreis schließt sich. Alles hat sich aufgelöst. Du bist die pure Liebe. Die Fische schwimmen im Teich. Sie warten auf dich. Du kehrst nach Hause zurück. Du hast gefunden was du gesucht hast. Du bist angekommen. Glückstränen rollen über deine Wangen. Du hast Gott gefunden. Du warst am Ende und dir wurde eine neue zuvor unbekannte Türe geöffnet. Du gehst deinen Weg. Du gingst ihn von Geburt an. All die Jahre auf den verlorenen Pfaden mit den groben Ecken und Kanten haben einen Sinn ergeben. Mit letzter Kraft erreichst du die Oase. Man bettet dich auf feinste Stoffe, fächert dir kühle Luft zu, benetzt deine Lippen mit paradiesischem Wasser und badet dich in kostbarsten Ölen. All die Kerzen des Gehöfts werden deiner vermeintlich zufälligen Ankunft zum Dank entzündet. Sanft fallen Tropfen des Himmels auf das Grün der Palmenkronen, auf das Grün der Gräser gleich Wiesen, auf das Grün der Hoffnung. In der Nacht zählst du die Sterne, die Falken wurden von Anderen gezähmt, es geziemt sich nicht für dich diese Form der Arbeit da du dich bereits wieder an den eigens für dich geschaffenen Schreibtempel hast setzen lassen. Tinte aus Gold und Pergament aus purer Form, wieder die Matrixstränge, wieder ein neuer Beginn, wieder

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ein kleiner Tod, wieder eine Eingebung, wieder die Freude in deinem Innen, wieder die Wiederholung, wieder alles zurück auf Anfang. Das Gesicht brennt noch leicht von den Sandkörnern, die dir peitschten ins Gesicht da du dich über Kadaver und Leichenberge schlepptest doch niemals müde wurdest dieser Fata Morgana zu folgen. Ein weiterer Moment da es angebracht wäre dem Initiator zu danken, da die dichterischen Fähigkeiten die damaligen Machenschaften überstiegen haben werden. Es ist Perpetuum-Tag no. 798. Die Kerze brennt. Verloren fahre ich als „The Great Gatsby“ durch die Straßen. Ich bin Carpenters „Der Schlangenmensch“ samt Camerons „Avatar“, Judorowskis „DUNE“ und Fellinis Rimini. Ich bin in Italien. Ich koste von dem frischen Olivenöl und den Paninis. Ich beobachte wieder die Ameisen, wie sie wohlgeordnet im kontinuierlichen Takt ihre Arbeit verrichten. Warum können wir als Menschheit nicht einfach wie diese Ameisen leben? Das ist eine berechtigte Frage! Ameise 1 ist Land 1 und Ameise 2 ist Land 2 usw. Und wir gehen alle Seite an Seite da wir einem übergeordneten Ziel folgen, da wir wissen, dass es gemeinsam am schnellsten geht. Ich bin abgestiegen um aufzusteigen. Ich bin ausgestiegen um einzusteigen. Werde durch Städte und Nationen gefahren, taumle beizeiten immer noch, da die Kraft des Kometen immer noch nicht ihre volle Kraft entfaltet hat. Das Wachs. Die Einkehr. Die Meditation. Die Kontemplation. Die Triumph-Schreibmaschine. Der Grund. Das Fundament. Das Mantra. Der Muezzin. Ein Spaziergang am Ufer des Nils auf der Suche nach Frieden doch nichts als Feluken. Tolstoi träumt und Dostojewski denkt, … Dinosaurier trampeln zum Zweiten. Diphtherie hat die Supermärkte heimgesucht. Die kleinen Tomaten verrotten neben den kleinen Kartoffeln. Ich denke wieder an meine Cleopatra vor dem Kolibritunnel. Wenigstens hat sie einen Piaster von mir. D. in Fortaleza. K. in Fusa. Ma. in Barcelona. Julian in Quito. „UNRUHE“.

Midnight Blue – Mittwoch, 25. Oktober 2023

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17:20 Uhr

Endlich habe ich meine heißgeliebte Tinte wieder. Ich dachte beinahe, dass es in Südamerika dieses Unternehmen mit dem Stern nicht gibt. Dann war ich heute nach dem Mittagessen in dem Einkaufszentrum, ich meinte die Venezolanerin wiederzutreffen. Irgendwie erkannte ich nichts wieder, ich wurde von diesem immensen Monstrum verschluckt. Unzählige Gänge und Plattformen, Menschen, Menschen, Menschen, doch sie sahen aus, als würden sie in den Modeläden und Parfümerien, in den Spielzeuggeschäften und Cafés wohnen. Naja, irgendwann begriff ich glaube ich, dass ich nicht dort war wo ich hätte sein sollen. Ich trug einen Zettel mit einem geringen Betrag mit mir rum und sollte damit zu einer Bank gehen. Irgendwann fand ich eine Bank im obersten Stock im hintersten Winkel, hatte Schweißperlen auf der Stirn weil ich mich in diesem künstlichen Wirtschaftsgebäude so unwohl fühlte und wurde enttäuscht, da sie mich an einen anderen Ort schickten. Ich betrat auf dem Rückweg aus dem Labyrinth einen Modeladen, sprach zwei Frauen an ob sie mir weiterhelfen könnten, sie arbeiteten nicht dort, ich fand zwei T-Shirts mit Rundhalsausschnitt – eines in grau und eines in dunklem marineblau – bezahlte die zwei T-Shirts, verließ die Ansammlung von Kleidungsstücken, verirrte mich irgendwo, fragte eine Bedienung im Restaurant nach dem Ausgang, stolperte dann beinahe über die Tische und Gäste in einem Café, die unmittelbar zwischen dem Gang und der Treppe in das Stockwerk mit dem Ausgang platziert waren, doch dann… ja dann erspähte ich tatsächlich diesen Namen, diese Marke, dieses göttliche Unternehmen. Ich war nun im Sog der Marketingspirale, wurde magisch die Treppe hinuntergeführt und flugs in diesen schwarzen Laden mit dem weißen Logo – oder andersherum – gegangen. Die Türe wurde mir glaube ich geöffnet, ich fragte nach Tinte – hatte glücklicherweise die Umhängetasche mit dem Lederetui und einem Füllfederhalter besagter Marke dabei –, fand unmittelbar die Tinte, musste beim Bezahlvorgang erst ein Ausweisdokument vorzeigen, dann bei der Kreditkarte meine Geheimzahl eingeben, dann der Verkäuferin meine E-Mailadresse und Handynummer nennen und schlie-…

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ßlich auf der Bezahlbestätigung meiner Tinte noch einmal E-Mail-Adresse und Handynummer aufführen sowie eine Signatur hinterlassen. Fast meinte ich soeben einen lebenslangen Vertrag für ein Millionenfahrzeug unterschieben zu haben. Aber hier im Bett liegend schaue ich auf die Rechnung und bin mir sicher, es ist nur Tinte. Sie ist zwar etwas teurer als in Europa, wurde in Österreich hergestellt und trägt im Adressnamen des Exporteurs Hamburg. Diese Tinte ist also in der Tat weit gereist, sie hat einen langen Weg hinter sich und vor sich und beinahe habe ich das Gefühl, dass man es beim Schreiben spürt. Ich bin sehr froh, dass der Füllfederhalter mit dem kleinen Prinzen nun endlich wieder wahre Tinte trägt. Man merkt es beim Schreiben, sie ist deutlich dunkler – beinahe schwarz – und die Füllfederhalterspitze zieht glaube ich schneller über das Papier. Auf jeden Fall ist der Tintenfluss flüssiger. Das Behältnis mit 60 Millilitern wiegt gefühlt ein Kilogramm. Ich glaube, dass es mittlerweile no. 8 oder 9 sein muss. Ich kaufte einmal „burgunderrot“ und eine Spezialedition mit einer Art türkisgrün. Ja, manchmal kann man damit schreiben, aber eben nicht auf Dauer. Würde ich für diese Tinte 100 oder 1.000 Euro ausgeben? Es ist tatsächlich eine gute und berechtigte Frage. Vermutlich ist der erste Impuls sicherlich nein, viel zu teuer, xyz. Aber warum eigentlich nicht? Tinte ist flüssiges Gold, mit Tinte kann alles erschaffen werden. In der Tat mag diese Frage berechtigt sein, warum nicht ein jeder Mensch mit einem ein Liter Tintenfass im Hause ausgestattet ist. Du kannst alles damit erschaffen. Freilich zunächst auf dem Papier – aber spielt das eine Rolle? Gefühlt muss mich dieses Tintenfass auf meiner Reise begleiten. Zumindest kann ich nun nicht mehr über zu wenig Nachschub jammern. Ich meine fünf oder sechs Notizbücher damit füllen zu können. Im Supermarkt haben sie schon alle nur erdenklichen Weihnachtsgeschichten aufgeführt, ich komme mir vor wie zwischen den Welten, nur nicht am Ende des Jahres. Okay. Um ehrlich zu sein verbleiben auch noch 17 Prozent von 2023. Mehr als 17 Prozent von 2023. Ich habe also noch unendlich viel Zeit, die mir wichtigsten und dringlichsten Dinge vor mir herzuschieben und dann auf den letzten Drücker zu erledigen. Gibt es da gegenwärtig etwas? Ich muss noch eine E-Mail an meinen ehemaligen Arbeitgeber schreiben bezüglich dem

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Arbeitszeugnis. Dann ist da noch das Ansprechen der Venezuela-Frau. Tatsächlich sah ich sie heute. Nach meinem Tintenbeutezug ging ich zum Haus zurück, kam mir wieder ein bisschen wie ein Ringer oder Boxer vor, da ich mittlerweile ganz gut all meine Energie in den Körper verlagern kann um präsent zu sein, um mich zu spüren, um einfach anwesend zu sein. Im Haus erholte ich mich also kurz und ging dann noch einmal los – in die andere, in die richtige Richtung – zu dem passenden Einkaufscenter. Ich glaube so oft wie an diesem Tag war ich in meinem Leben noch nicht in Einkaufscentern. Dort ging ich wieder in eine Bank, stellte mich in eine kürzere Schlange doch fand mich unmittelbar von der Genervtheit des Wartens genervt. Irgendwann stand nur noch eine Frau vor mir, es gab glaube ich fünf Schalter, an dreien hingen Schilder die aller Wahrscheinlichkeit nach bedeuten „nicht besetzt“ und an einem war ein Schild für ältere und / oder beeinträchtigte Menschen angebracht. Ich mache mich schon bereit mein Anliegen vorzutragen wie sich rechts von mir zwei Frauen an der Schlange vorbei auf den offenen Schalter zubewegen. Nein, so leicht lasse ich mich nicht veräppeln, auch wenn eine der Frauen wichtig aussieht oder zumindest eine Energie ausstrahlt, dass sie Geld und Macht hat. Mir egal, ich presche im idealen Moment nach vorne da sich die Schlange vor mir in Luft aufgelöst hat und stehe da. Doch die Angestellte bittet mich noch einmal zur Seite zu treten und einen weiteren Moment zu warten und winkt die wichtige Frau ran. Naja, irgendwie muss ich das über mich ergehen lassen. Zwei Minuten später stehe ich wieder bei ihr, sie ist freundlicher zu mir als ich gedacht habe, hat ein leicht verblasstes Tattoo mit einem Herz an ihrem Handgelenk und ist professionell. Auch dort bin ich allerdings falsch, sie schickt mich in ein anderes Stockwerk. Okay, also noch einen Versuch unternehmen, innerlich explodiert es förmlich in mir, da ich weiß, dass dort im oberen Stockwerk meine Venezolanerin auf mich wartet. Vor ihrem Shop steht Kundschaft, ich sehe sie nicht. Ich gehe zu der anderen Bank – einer Cooperativa –, sie können das Dokument bearbeiten, benötigen allerdings noch andere

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Dokumente. Wenn ich mich recht entsinnen kann hat der Betrag 2,63 Dollar betragen. Warum schreibe ich diese Vorgänge so ausführlich auf? Vermutlich weil gerade nicht so viel Spannendes in meinem Leben geschieht. Ich weiß es nicht. Wobei, ich bin froh, dass ich mit der neuen oder vielmehr der alten Tinte schreibe und ich darf noch mein heutiges Soll an Seiten erfüllen.

18:19 Uhr

Ein wenig lächerlich ist es, dass ich jetzt schon ans Schlafen denke. Julian, irgendetwas Spektakuläres musst du heute noch zu Papier bringen. Tatsächlich habe ich nun doch „Opus Pistorium“ als E-Book gekauft. Ich kann es niemandem empfehlen. Kein Plan, wohin die Zukunft führt. Die Tage rauschen gerade so vorbei und ich kann es nicht ausdrücken, was ich empfinde. Ich befinde mich nun seit geraumer Zeit in Ecuador. Warum? Was mache ich hier? Ich mag das Essen, ich mag die Landschaft, ich mag die Energie. Doch genügt das um Ecuador besser als Deutschland zu finden? Ich habe nicht den geringsten Hauch einer Ahnung. Möglicherweise ist das beizeiten ganz gut. Okay. Ich muss mich zusammenreißen. Angenommen mein Buch „Heal your Heart – El Diario – Ein Traum namens Perpetuum Publishings“ wird ins Spanische übersetzt und wird dann im heimischen Buchhandel unter dem Titel „Corazón Curado – El Diario – Un Sueño llamado Perpetuum Publishings“ zu erwerben sein. Was würde ich den Leuten gerne mitgeben? „Hupt nicht zu viel, aktiviert das Fahrrad, das in eurem Keller steht oder kauft euch eines, traut euch auf die Straße. Ihr lebt im schönsten Land auf dieser Erde, ihr tragt all die Reichtümer in euch. Wertschätzt all die indigenen Wesen, seid achtsam gegenüber der Natur und all den Tieren. Ihr seid das Aushängeschild des Paradieses für diese Welt. Hier am Äquator, am Mittelpunkt der Erde schlägt eine andere Zeit und das spürt man. Hier fließen die Kräfte der südlichen und nördlichen Hemisphäre zusammen und erschaffen etwas Neues, etwas Magisches, etwas weitaus Größeres.“ Wieder taucht sie auf die Frage in meinem Kopf, welcher Mensch ich als 75-Jähriger sein möchte. Zumindest weiß ich, dass ich meiner inneren Stimme gefolgt bin. Ich habe gelebt. Mir war stets das Unbekannte, das Neue und das Fremde wichtiger. Als Erwachsener habe ich sch-…

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ließlich doch noch akzeptiert, dass es im Leben gewisse Pflichten gibt und dass es nun einmal nicht möglich ist, der Welt all die eigenen Ideale überstülpen zu wollen. Manchmal reicht es den Glauben zu bewahren, dass man selbst ein guter Mensch ist und auf irgendeiner Ebene eine Bereicherung für einen anderen Menschen darstellt. Vielleicht fragt dich am Morgen eine ältere Dame aus der Nachbarschaft, ob du sie küssen kannst, ihre Schwester wohne in Los Angeles, sie ist alleine und du hast so schöne Augen, du bist ein so schöner Mensch. Man weiß nie, was dort draußen geschieht. Es lohnt sich also die Türe aufzumachen. Was habe ich noch gelernt? Ich bin weder Matt Haig noch Paulo Coelho, heiße auch nicht Goethe oder Hermann Hesse. Carlos Ruiz-Záfon, Haruki Murakami oder Carlos Castaneda lebten oder leben in anderen Körpern. Du musst nicht denken gut schreiben zu müssen, du musst einzig aus dir herausschreiben. In der Welt geht es meistens nicht mit rechten Dingen zu. Wenn du aber ein guter Mensch bist, wenn du jeden Tag aufstehst und ein kleines Wenig deinem Traum folgst, dann werden sich unweigerlich früher oder später Handlungsfenster auftun, du erhältst Angebote und Möglichkeiten, du bekommst Früchte geschenkt und findest dich in einem Leben des Reichtums. Es hilft nichts, wenn du darüber nachdenkst, was hätte sein können, wenn x, y und z geschehen wäre. Das Einzige das hilft ist, wenn du einen jeden Tag das machst was dir gerade möglich ist. Vielleicht hast du einen Masterabschluss und einen recht passablen Lebenslauf aber du putzt im Untergeschoss als Freiwilliger in einem anderen Land eine Küche, du wischst Böden und entstaubst Möbel, haschst nach dieser Triumph-Schreibmaschine und lebst irgendwie ohne zu wissen wie. Dann darf das so sein. Dann führst du ein gutes Leben. Dann bist du angekommen auf dieser Welt. 33-jähriges Ich, hast du noch Fragen? Was ist mit der Venezolanerin? Sprich sie an oder lass es bleiben, aber mache von ihrer Reaktion nicht dein Lebensglück abhängig. Bereite ihr eine Freude dadurch, dass du aufmerksam bist und ihr ein Kompliment machst. Frage sie, ob du sie nackt als

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Model beschreiben darfst. Deswegen wanderst du nicht in die Hölle. Deswegen bist du kein schlechter Mensch. Vielleicht sagt sie auch nein und dann hat sich die Sache ohnehin gegessen. Noch etwas? Werde ich mit dem Schreiben Erfolg haben? Schau dich an. Du befindest dich heute bei Perpetuum-Tag no. 797.

19:03 Uhr

Die Kerze brennt und fast meine ich vergessen zu haben was im Leben am Wichtigsten ist. Ich liege hier alleine im Zimmer und träume davon mit diesem Werk die Welt ein klitzekleines Bisschen besser zu machen. Entgegen all der Umstände. Entgegen all der Realität. Es ist mein Leben. Ich habe es in der Hand. Ich schreibe die Geschichte. Also. Wo fange ich an und wo höre ich auf? Die Quantität ist niemals ausschlaggebend. Mein Kopf ist leer. Gerne wäre ich Beethoven. Nein. Eigentlich nicht. Ich habe das Zugticket Straßburg – Marseille für Montag, den 22. Januar 2024 gebucht. Marseille werde ich zum dritten Mal besuchen. Zwei Mal fuhr ich aus dem Remstal mit dem Fahrrad hin, das dritte Mal ist es der Ausgangspunkt um nach Santiago de Compostela zu fahren. Ich befinde mich gerade mitten auf der Reise um kurz nach meiner Rückkehr dann schon wieder aufzubrechen. Ma. hat mir diesbezüglich schon Vorwürfe gemacht. Ich kann sie gut verstehen. Aber es gibt keine Alternative. Ich muss am Montagabend in Marseille am Hafen sitzen und die Pizza aus Capri verspeisen, am Dienstagmorgen am Hafen einen Café au Lait samt Pain au Chocolat essen, mich dann auf den Sattel schwingen und bis nach Arles fahren um Van Gogh einen Besuch abzustatten. Auf dem Weg werde ich natürlich all die Buchläden betreten und vor meinem inneren Auge die „Perpetuum-Publishings“-Regale mit den Ausgaben und den Unendlichkeitszeichen erschaffen und manifestieren. Im Jahr 2024 möchte ich #connectthedots beenden. Dann werde ich vom Remstal oder vielmehr von der einstigen Stadt der Mobilität mit dem Fahrrad nach Osten entlang der Donau bis ans Schwarze Meer, nach Süden entlang des Neckars und der Rhone bis nach Marseille, nach Westen bis Bordeaux beziehungsweise an das Kap Finisterre und nach Norden entlang des Rheins bis nach Hoek van Holland und wenn es gut läuft auch das Nordkap erreicht haben. Mute ich mir nicht zu viel zu, sollte ich nicht auf dem Boden der Tatsachen bleiben und einen Gang herunterschalten mag man Stimmen auf

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den Alpen rufen hören. Aber nein, alles läuft seinen Gang, „Halleluja“ und du wirst wissen, wenn dich ein Traum in Gänze aufgefressen hat und du erst wieder ausgespuckt wirst, wenn er sich manifestiert hat.

19:36 Uhr

31 Seiten verbleiben mir hier noch in „Star no. 5001“ und ich glaube, dass ich noch eine Schippe drauflegen darf bezüglich des Schreibpensums. Ich weiß, dass dieses Notizbuch inoffiziell Quito gewidmet sein wird. Alleinig schon der Name „Q-U-I-T-O“. Eine Mischung aus einer exotischen Frucht, einer amüsanten und doch gefährlichen Kampfsportart, ein alles verheißendes Mysterium. Wie ich die ersten Tage in der Nähe des historischen Zentrums mich befand glaubte ich Quito nach zwei oder drei Tagen schon durchschaut zu haben. Mittlerweile begreife ich die Verflechtungen und Herausforderungen mehr und mehr. Und das historische Zentrum ist nur ein kleiner Teil, ein winziger Teil dieser Millionenmetropole. Freilich ist Quito nicht Mexiko-Stadt. Und auch nicht Kairo. Diese beiden sind Fälle für sich. Diese beiden sind Universen für sich. Tokio kenne ich noch nicht. Vielleicht schreibe ich auch einfach nur gut über Quito da ich denke bei Quito eine höhere Wahrscheinlichkeit zu haben, dass die Leute es gut finden, dass ich positiv über Quito schreibe. Wie viele Künstler haben wohl über Paris geschrieben? Irgendwie habe ich vergessen worauf ich hinaus will. Was würde ich gerne mit der Venezolanerin machen? Sie kommt nicht aus Quito, ich auch nicht und so müssten wir nicht darüber nachdenken weiterzuziehen. Wir könnten Wurzeln schlagen wenn auch nur eng umschlungen für eine Nacht unter der kühlen Bergluft. Ich gehe mit ihr Hand in Hand durch den Park, wir essen ein Eis, schauen, welche Filme im Kino laufen, gehen irgendwo auf die Höhe um all die Lichter der Seelen zu sehen und doch ihnen zugleich ein Stück weit entfremdet zu sein. Die Melodie der Liebe durchzieht uns. Wir verlieren uns im Gegenüber, sind süchtig nacheinander, doch wir sind füreinander da und heilen uns. Sicherlich habe ich Schwierigkeiten diese Zeilen zu schreiben da ich schon bei Ma. in Barcelona in Gedanken bin. Aber diese Welt ist beizeiten wunderlich groß – war ich weiser oder einzig naiv-blind da ich meinte und doch eigentlich wusste alles durchschaut zu haben und viel zu groß für diese Welt zu sein glaubte? Ich weiß es nicht. Zumindest

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darf ich mir gegenwärtig eingestehen, dass ich noch vieles zu lernen habe in meiner Inkarnation. Mein Magen knurrt, mein Abendessen bestand aus einer Schale Reis und ein paar Bissen Kohlsalat. Okay. Eine Tasse Colada Morada gab es auch noch. Ich hätte gerade Lust auf das mexikanische Essen oder auf die XXL-Pizza aus Marseille. Chufa ist auch nicht verkehrt. Ich kann mir nicht helfen, morgen ist schon wieder Donnerstag, gerne wäre ich bis zum 02. Januar in Ecuador, aber des fehlenden Visas wegen geht es nicht. Eventuell ist es auch nur die Angst das Land zu verlassen und Peru einmal mehr zu beschnuppern. Gerade kommt es mir wie ein schlechter Traum vor, dass ich tatsächlich bis nach Ushuaia mit den zwei Rucksäcken ziehen wollte. Ich bin froh, wenn ich am Mittwochabend im Januar in Stuttgart landen werde und meine Familie wiedersehe. Zugleich würde ich gerne hier Fuß fassen, mich hier verwurzeln und einfach bleiben. Okay. Ich weiß, dass ich in La Esperanza, in Otavalo, in Magdalena und in Quito Menschen habe, die mir am Herzen liegen und mit denen ich Verbindungen aufgebaut habe. Selbiges gilt für Fusa und die Umgebung, für Mexiko-Stadt und Totolapan. Sicherlich weiß ich, dass es nicht möglich ist, alle Menschen auf dieser Erde wiederzutreffen. Aber auf einer anderen Ebene werden wir uns alle unweigerlich früher oder später wieder begegnen. Der nächste Kaffee wird ein Genuss. Ich freue mich darauf Spanien besser kennenzulernen. Ganz früher in einem anderen Leben war da ein Partyausflug nach Lloret de Mar, dann 2013 der Barcelonabesuch mit einer Kommilitonin als Freizeitexkursion und schließlich diesen Sommer Katalonien no.2. Pamplona, Bilbao, Saragossa, Madrid, Sevilla, Valladolid oder Santiago de Compostela sind für mich gegenwärtig nicht viel mehr als Worte. Woher kommt überhaupt der Wunsch, die Sehnsucht oder vielmehr noch die Notwendigkeit zu reisen? Da ist das innere Gefühl einen Großteil meines Lebens nicht losgezogen zu sein. Da war der Elefant am Pflock. Dann das ans Krankenhausbett gefesselt sein 2008 / 2009. Ich frage mich, warum ich damals noch nicht die Kunst des Schreibens kultiviert habe. Ich las viel, auch wenn es aufgrund der Medikamente oft nicht möglich war und ich die Konzentration einer Eintagsfliege im Koma hatte. Ich habe einmal angefangen zu rechnen wie viele Tage oder viel schrecklicher noch Nächte ich dort lag. Es waren über 100. Definitiv ist das mit ein Grund,

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warum sich meine Arztbesuche über die vergangenen Jahre signifikant reduziert haben. Wenn ich lebe, dann lebe ich, wenn ich sterbe, dann soll es eben so sein. Ich bin mit diesem Leben nicht das beste Vorbild, aber jeder muss selbst schauen, wo er bleibt. Die Gebetskette no. 3 zu kaufen steht noch aus. Vielleicht mache ich das in Lima. Ich kann es allerdings nicht erzwingen. Marseille, Lourdes, Santiago oder Fatima (sofern ich es bis nach Fatima schaffen sollte) eignen sich eventuell auch besser nächstes Jahr. Ich kann es nicht erzwingen. Es muss einfach so geschehen. In Mexiko-Stadt war ich nach dem Kirchenbesuch kurz davor aber ich ging weiter. Ich blicke auf das Tintenfass und es ist ein ausgesprochen schönes Gefühl – eine Wohltat – zu wissen, dass sich zu einem bestimmten Prozentsatz „Die Tinte Gottes“ darin befindet. Klar mag der Titel überheblich klingen, aber irgendwie sprudelte er an dem weißen gemieteten Schreibtisch in der Wallbrunnstraße no. 68 in Lörrach an einem Moment einfach so aus mir heraus. Was kenne ich aus Italien? Da war die Radtour von Venedig über die Alpen bis kurz vor München mit meinem Vater. Da war irgendwann in Hamburg der Flug nach Neapel und der Trip via Rom und Florenz. Da war aufgrund der optimalen Zugverbindungen vom Dreiländereck D-Ch-Fr der Mailand-Kurzbesuch. Da war Ligurien mit Mutter, ihrem Freund und Schwester (ich glaube zwei Mal), da war noch einmal der Stiefel mit Familie und Verwandtschaft aus Bayern, da waren freilich auch die Gardaseebesuche mit Freunden. Sizilien, Ferrara, die südliche Ostküste und Siena möchte ich noch aufsuchen. Cinque Terra war da auch mit Mutter und Schwester. Komisch in der Tat, dass ich hier in Südamerika liege und über die Urlaube in Europa nachsinne. Aber der Abstand tut mir gut. Es tut mir gut morgen nicht um 06:00 Uhr aufstehen und zur Arbeit gehen zu müssen. Der Wecker klingelt um 05:00 Uhr, aber das tut nichts zur Sache. Jeder Mensch hat seine Daseinsberechtigung auf diesem Planeten. Jeder Mensch hat es verdient im Wohlstand zu leben. Doch die Definition dieses Wohlstandes sollte jedes Individuum selbst vornehmen. Ich möchte nicht schlafen, ich freue mich auf den morgigen Tag, gerne würde ich die Zeit bis zur

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Morgendämmerung überspringen und einfach in den Abschnitt starten.

Between Barbados & Bangkok – Dienstag, 24. Oktober 2023

13:02 Uhr

Es ist die Gewissheit, dass alles so sein muss wie es ist. 7 Tage verbleiben noch im Oktober. Alles kommt zu seiner Zeit. Der Räucherstäbchenduft hängt in der Luft doch um ehrlich zu sein weiß ich nicht, woher er stammt. Vielleicht sind es die Ananasstückchen auf dem Herd. Mein Bauch spielt verrückt, der Flug konnte heute Morgen recht unkompliziert umgebucht werden. Naja, ich hatte schönere Tage des Schreibens…

Notizbuch no. 58 – „la hija de venezuela“

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13:29 Uhr

Gefühlt werde ich gerade sehr stark auf die Probe gestellt. Wenn ich Gott bin, was mache ich dann mit dieser Tatsache, mit dieser Erkenntnis? Über „Der Nagel im Kopf“ bin ich auf den Autoren Henry Miller gestoßen und über ihn auf eine Leseprobe von „Opus Pistorum“. Ein Wenig ist es wie Kinski. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Also es gibt schon diesen Teil in mir, der die Schilderungen anziehend findet und gleichzeitig steckt darin etwas sehr Entwürdigendes, Unmenschliches. Ich könnte mich nun wieder Seitenlang über Henry Miller aufregen und über ihn hinwegziehen. Aber hat es einen Sinn? Ich frage mich, was das Morgen bringt. Bin ich Diplomat, bin ich der erfolgreiche Schriftsteller, bin ich beides? Wer bin ich? Wer möchte ich sein? Wo liegt die Diskrepanz zwischen dem was ich bin und dem was ich mir erträume? Ich möchte einen anderen Menschen lieben, ich möchte geliebt werden, aber ich kann nicht lieben. Auf Quechua heißt Herz oder Corazon Sonqo oder Sunqu. Was mache ich damit? Wieder stehe ich mir selbst im Weg, wieder ist da die fehlende Verbindung, wieder ist da die Einsamkeit. Ich habe Ma. eine sehr lange E-Mail geschrieben und aufgeführt, dass ich diese Woche nicht mit ihr telefonieren möchte. Ich brauche Abstand, ich muss mich irgendwie schützen, ich weiß nicht, wie sehr ich sie an mich heranlassen darf und was sie mir zu geben vermag. Gott, wo bist du? Fast meine ich, dass wenn ich den gesamten Tag im Bett liegen würde, ich glücklicher bin. Aber dieses Glück ist eine Illusion. Gleichzeitig habe ich gerade kein Bett. Ich ha-…

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be gerade kein festes Zuhause. Es mag eine unglaubliche Freiheit sein und gleichzeitig erdrückt es mich, weil ich mich noch schnell verloren fühlen kann. Irgendwie ist es eine Zwickmühle. Ein Dilemma. Ich möchte aus meinem Körper schlüpfen. Das Leben ist gerade so schwer. Es ist eine Last. Es erdrückt mich und macht mich kaputt. Scheiße verdammt. Klar wäre jetzt der Moment, wo ich mich in dem Inkognito-Tab betäuben und verlieren könnte. Aber ich wäre nur noch verzweifelter und würde mich danach bescheidener und schuldig fühlen. Was also mache ich? Soll ich jetzt schauen, ob ich die Venezolanerin antreffe? Was erwarte oder vielmehr wünsche ich von ihr? Mein Leben ist ein Scherbenhaufen. Alles zerbricht. So ist es heute und so war es seit jeher. Ich schrieb ein paar tausend Stunden, aber was ist das wert? Ich weiß es nicht. Ich muss kapitulieren und mir eingestehen, dass ich alleine nicht mein gesamtes Leben lang bestehen kann. Vielleicht könnte ich mit dem Inkognito-Tab auf Dauer irgendwie ein verzweifeltes Leben führen und vermeintlich bestehen. Aber die Leute würden auf mich herabblicken. Die Leute würden mich verachten. Ja Julian, vielleicht hast du das verdient. Gerade möchte ich diese großen und mächtigen erhebenden Gedanken. Aber wo sind sie? Wo ist die Magie? Wo ist das Wunder? Wo ist die Neugierde? Wo ist der Zauber? Wo ist der Mann, der Verantwortung für die eigene Zukunft übernimmt, der Kraft gibt und stützt? Hier sitzt gerade dieses Häuflein Elend. Fuck… Fuck… Fuck… Ich fühle gerade nichts, da ist dieses Vakuum, diese Leere, dieses Zerbrochene.

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14:11 Uhr

Ich bin gerade nicht da, ich bin einfach verschwunden. Alles ist eine Farce. Niemanden interessiert es was ich mache. Gott ist nichts als eine Illusion. Ich fühle mich so leer. Ich habe die Kerze angezündet, liege im Bett – Julian, was zur Hölle machst du? Ich bin froh, dass ich am Morgen den Flug LA – Stuttgart umbuchen konnte auf Quito – Stuttgart. Klar kostet es etwas. Aber das ist ein Teil des Spiels. Das Geld befindet sich überall. Was nur mache ich? Was nur mache ich? Gerade wäre der Punkt, da ich eine Umarmung, da ich Liebe am stärksten bräuchte. Ich habe Ma. abgestoßen. Tränen bilden sich in meinen Augen. Ich bin alleine. All der Schmerz dringt in mir nach oben. Ich darf mich selbst lieben lernen. Ich darf diesen Julian, der jetzt traurig und alleine im Bett liegt lieben lernen. Ich darf trotzdem weiter glauben und träumen. Ich darf einfach Mensch sein mit guten und mit schlechten Tagen. Nur ist mein Problem, dass die schlechten Tage überwiegen. Ich finde glaube ich Gefallen daran zu leiden. Ich kann nicht glücklich sein. Immer muss irgendetwas geschehen. Ich kann nicht einfach den Frieden genießen. Ich frage mich, was ich hier mache. Da ist diese Trauer. Da ist das Unverständnis. Da ist die Ungewissheit ob des Morgens. Die Kerze brennt. Da muss es noch mehr geben in diesem Leben. Da muss noch mehr sein.

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15:37 Uhr

Vielleicht ist Künstler gleichzusetzen mit Überflüssiger. Du bist da, aber du hast keine Funktion. Du hast keine Funktion. Ja, du musst dich selbst ernst nehmen, du musst selbst deinen Weg gehen, gleichzeitig musst du in den Dialog gehen, dich anderen mitteilen, … es ist ein Paradoxon. Ja, wahrlich ist es ein Paradoxon. Und so kommt alles irgendwie wie es kommen muss und du befindest dich da und fragst dich, was die Materie schon von Bedeutung ist. Alles ist abstrakt und surreal. Da ist dieser innere Schmerz der dazu führen kann mich nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Mein verdammtes Leben lang habe ich mich kontrolliert, war der an den Pflock gebundene Elefant. Aber was jetzt? Was jetzt? Was jetzt? 33 Jahre bin ich alt und da ist die pure Verzweiflung. Da ist nichts. Ma. hat mir schon geantwortet, sie schickt mir eine Umarmung wenn ich sie annehme, aber ich kann sie nicht annehmen, sie würde mich erdrücken. Ich kann niemandem vertrauen. Ich muss entweder mit aller Gewalt meine eigenen Träume durchsetzen oder mein Wille wird gebrochen, ich bin handlungsunfähig und gefügig. Es ist der perfekte Mensch für jede Institution, die Maschine und der Sklave der anwesend ist und Befehle ausführt. Am Ende jeder gewissen Zeiteinheit erhält er Geld und dann nennt sich dieses gesamte Paket Leben oder Alltag und die Gesellschaft dankt dir, weil du so wie ein reibungsloses Glied funktionierst. Aber ich bin am Ende meiner Kräfte angelangt, ich mag auf der Suche sein aber wer dankt es mir? Warum erwarte ich, dass ich einen Dank erhalte? Warum, warum, warum? Ich verstehe es tatsächlich nicht. Es ist der Graus, es ist der pure Horror. Mein Schädel dröhnt, ich würde so gerne verschwinden, mich einfach auflösen, nicht mehr sein, nein, nicht mehr sein. Ich wünsche mir ganz tief im Innen geliebt zu sein, wo ist meine Großmutter, wo ist meine Taufpatentante? Wo ist das Licht? Ich bin das Licht; ich bin das Licht kann ich ewiglich wiederholen aber da ist nichts. Da ist nichts. Kein Inhalt, kein Gefühl, kein Boden. Es reißt mich weg, wieder stürze und falle ich, ich klammere mich an diesem Notizbuch und dann am nächsten fest. Mir egal, was die Leute über mich denken. Ich setze irgendwie einen Schritt vor den anderen.

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Wieder eine neue Seite, es mag heute nicht der Geniestreich sein aber es ist etwas. Es ist wenigstens etwas und vielleicht hätte ich auf einer anderen Welt in einem anderen Leben in den Genuss kommen können dieses Schreiben als etwas Natürliches zu kultivieren und nicht dauerhaft stattdessen mit diesem Schreiben eine Form von Protest oder verkorkster Existenzdaseinsberechtigungsphilosophieschwafelei ums Eck zu kommen. Meine Augen sollten aus meinem Kopf kullern, wo ist das Licht des Gestern? Wo ist das Licht des Gestern? Wo ist mein Halt? Wo ist meine Heimat? Bin ich Deutscher? Bin ich Schlesier? Bin ich Wiener? Du kannst auf Dauer nicht abgekoppelt von deinem Ursprung und deinen Wurzeln leben, du wirst eingeholt werden, du wirst an den Ort deines Ursprungs unweigerlich zurückkehren müssen. Und so habe ich zwei Fragen in meinem Kopf, die mich beschäftigen: a.) Was kostet die Welt und b.) wann werde ich das nächste Mal mit einer Frau schlafen? Es sind in der Tat nicht die originellsten aber sie führen mich weiter und sie verhelfen mir dabei mein Werk Buchstabe für Buchstabe, Wort für Wort, Zeile für Zeile, Seite für Seite, Tag für Tag und Buch für Buch anschwellen zu lassen. Vielleicht ist „Perpetuum Publishings“ ein Pipe-Dream. Aber dann ist es der schönste Pipe-Dream der Geschichte. Dann floss eine Existenz in diesen Pipe-Dream mit der Gewissheit, die Welt ein kleines Wenig verändern zu können. Verdammt. Alles ist gut. Es ist ein langer Weg zum Erfolg. Es ist ein langer Weg zum Leben. Es ist ein langer Weg dich aus der Bedeutungslosigkeit deiner Existenz herauszumeißeln und deinem Sein irgendetwas von Ewigkeit und Zeitlosigkeit einzuverleiben. Sie mögen nicht verstehen warum ich bin, woher ich komme oder wie viele Absätze ich verfasst habe. Sie mögen lachen. Aber früher oder später werde ich belohnt werden. Früher oder später werde ich mein Selbst gefunden haben und aufleuchten. So ein Buch kann überflüssig sein, es kann ein Grund sein ins Gefängnis zu wandern, es kann dazu führen, dass sich eine nicht näher skalierbare Anzahl an Menschen deswegen das Leben nimmt, es kann dir ein paar Millionen aufs Konto bringen, es kann dich berühmt machen, es kann ein Parlament zum Stürzen bringen, es kann un-…

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erheblich viel Mehrwert generieren und und und. Alles ist leer. Alles ist leer. Alles ist leer. Alles ist schön. Alles ist Licht. Alles ist Liebe. Alles ist normal. Alles ist rund. Alles ist gelb. Xyz.

16:06 Uhr

Was machst du als Schriftsteller in einem anderen Land? Warum wurdest du Schriftsteller? Warum hast du Stadtplanung studiert? Warum schreibst du? Warum meinst du überhaupt etwas verändern zu können? Warum glaubst du, dass es überhaupt eine Rolle spielst was du denkst ergo schreibst? Warum kannst du nicht einfach deine Klappe halten? Warum bist du? Warum lebst du? Warum bist du ein Mann? Warum hast du Gefühle? Wirst du eines Tages Kinder haben können? Was ist los mit dir? Warum nimmst du dich ernst? Wie viele Monde gibt es in Summe in diesen Kosmen? Was ist dein Problem?

16:45 Uhr

Was ist los? Wer bin ich? Wo bin ich? Manchmal wache ich morgens auf und ich weiß nicht, wo ich bin noch in welchem Datum ich mich befinde. Alles erscheint dann so surreal. Vermutlich gilt es diese Tatsache zu akzeptieren. Vermutlich darf ich darauf vertrauen, dass alles seine Richtigkeit hat. Naja. Gut Ding will Weile haben. Ich vermisse mein Notebook ein wenig, damit ich dieses Notizbuch digitalisieren kann. Ich freue mich nicht sonderlich darauf aber irgendwie werde ich es an einem Wochenende schon hinbekommen. Nächstes Jahr werde ich stolzer Besitzer einer Schreibmaschine sein. Andere kaufen sich ein Auto, ich kaufe mir eine Schreibmaschine. Der Regen prasselt auf die Dächer und die Straße. „El niño“ ist da. Ich würde jetzt gerne eine Frau über den Dächern von Quito lieben. Aber vielleicht bin ich nicht dazu gemacht zu lieben. Ich weiß tatsächlich nicht einmal, ob ich überhaupt lieben darf. Ich komme mir schon schuldig vor alleine bei dem Gedanken eine andere Frau zu begehren. Da ist diese Unnatürlichkeit meiner Sexualität, dieses verklemmt und abgekapselt sein. Diese Separierung. Aber das ist ein Teil meines Lebensweges. Dieses Buch fing mit dem Buchregal an. Wenn ich nächstes Jahr nach Hause kommen werde, wird

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dieses Buchregal Zuwachs erhalten. Unweigerlich. So ist der Lauf der Dinge. So ist das Leben. So ist die Materie. So ist die Beschaffenheit jenseits von Gut und Böse. Ich atme. Ich taumle. Ich setze meine Reise fort. Gerne hätte ich ein Visum für Ecuador gehabt. Vielleicht in ein oder zwei Jahren. Ich weiß, dass alles geschehen muss wie es ist. Alles ist gut. Alles ist gut. Alles ist gut. Alles ist gut. Alles ist gut. Alles ist gut. Jetzt wird mir bewusst, dass ich dieses Notizbuch in Quito beenden muss. Knappe 40 Seiten verbleiben mir noch. Es ist das inoffizielle Quito-Notizbuch. Ja, hier fing es an und hier wird es auch enden. Die Leute mögen Dinge von mir erwarten aber ich bleibe hier und ich schreibe. Ich bin. Gut Ding will Weile haben. Gott ist im Wasser und im Licht, in der Erde und im Himmel, im Feuer und in mir. Gott ist in Ma. und in der Tinte. Gott ist in Quito und im Mittelmeer zwischen Afrika und Europa. Gott ist die Zuflucht und der Neubeginn, der Anker und das Fundament, Gott ist die Wiege der Schöpfung, die Summe der Dinge und der Anfang vom Ende. Gott ist die Mutterliebe und die Geborgenheit, Gott ist Traum und Wunsch, Gott ist eine Schriftstellerin. Gott ist der Friede. Gott reißt alle Waffen dieser Welt an sich, schmilzt sie ein und lässt Füllfederhalter aus ihnen werden. Gott ist das Alphabet. Gott ist im Tal der König/innen anzutreffen. Gott zeigt sich in dem Prostituierten. Gott hat keinen Preis. Gott ist unvergleichlich. Gott ist die Farbe und die Würze. Gott ist Speis und Trank. Gott ist Magie und Labyrinth. Gott ist auf dem Mond. Gott ist Vollendung. Irgendwo, da fing es an und irgendwie wird es sich kontinuierlich wandeln. Alles fließt. Alles transformiert sich. Alles ist im kontinuierlichen Rauschen des Waldes anzutreffen. Alles ist Friede. Alles ist Geborgenheit. Alles ist Fülle. Alles ist Segnung. Alles ist Würde. Alles ist Erhabenheit. Alles ist relativ sagte schon Albert Einstein, setzte sich auf sein Fahrrad und fuhr nach Mladá Boleslav in Tschechien, um mit Klement, Laurin und Dunlop ein Wettrennen zu machen. Alles ist gut so wie es ist. Ich dachte am Nachmittag geschlafen und geträumt zu haben. Ich war die gesamte Zeit wach. Doch tatsächlich war ich verdammt weit weg und ich bin froh jetzt noch hier zu sein, zu atmen und um 17:06 Uhr diese

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Seite zu beenden.

19:43 Uhr

Ich habe gegessen und festgestellt, dass manchmal ein Gang aus dem Zimmer hilft um dich selbst in deinen Mitmenschen zu erkennen. So befinde ich mich also in Ecuador, ich erhalte Einblicke in die Alltagsgespräche und die Leben, in die Verflechtung zu Kolumbien, Venezuela, Mexiko und die USA, in all die unterschiedlichen Sichtweisen und Perspektiven. Das wahre Problem auf unserem Planeten wird niemals eine Überbevölkerung oder eine Naturkatastrophe sein. Das einzige Problem ist ein Irrtum im Denken. Alles andere wird sich früher oder später von selbst regeln. Die Menschheit ist ein immenser zusammenhängender Organismus mit unzähligen Ebenen. Die Menschheit ist ein unglaubliches Wunderwerk das voll ist von Potentialen, Chancen, Traditionen und Werten. Es gibt sie stets die Möglichkeit im Einklang mit dem Göttlichen zu handeln. Ich weiß und spüre, dass an dem Ort da ich mich im gegenwärtigen Moment befinde ich unter einem guten Stern schlafe. Ich spüre es und es durchzieht meinen Geist. Hier bin ich geborgen und hier fühle ich mich wohl. Hier kann ich Kraft schöpfen. Hier bin ich ein Teil von allem. Hier bin ich der Weltenbürger. Hier bin ich das eine kleine Rädchen in dieser immensen zusammenhängenden Maschinerie. Und ich werde an all den Tagen in all den Jahren und Dekaden da ich lebe weiterschreiben und all die Kerzen der Länder entzünden. Denn wir alle wohnen auf demselben Planeten, wir tragen alle fühlende Herzen in unseren Körpern. Wir sind zarte und sensible Wesen, empfänglich für all das was sich um uns herum abspielt. Wir sind Lebewesen so wie die Tiere und die Pflanzen Lebewesen sind. Im Laufe unseres Weges haben wir all die Optionen zu einem ganzheitlichen Geist zu werden und die Verbindungen in Richtung all der Völker, all der Institutionen und Akteure auszustrecken. Wir sind stets mächtiger als wir es für möglich halten. Wir sind der Anbeginn einer neuen Zeit, da wir im dritten Jahrtausend nach Christus mit all den digitalen Möglichkeiten über einen unbegrenzten Fundus an Werkzeugen zur Lösung vermeintlich drängender Herausforderungen verfügen. Es liegt an uns, die Wahl zum Zweck und Einsatz dieser Werkzeuge zu

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treffen. Wir sind der Antrieb und Impuls. Wir sind das Leben und die pure Kraft. Wir sind „Perpetuum Publishings“. Wir sind „Drive Change“. Denn wir drehen das Rad der Zeit, wir bewegen uns jenseits von Konventionen um im Einklang mit dem innovativen Geist Stück für Stück das Morgen zu begründen. Wir dürfen all das Vertrauen in unsere ureigenen inneren Bilder, Wünsche und Sehnsüchte entwickeln. Wir sind der Wandel. Ja, ich bin mir bewusst, dass sich diese Worte wie eine politische Rede beispielsweise vor den Vereinten Nationen anhören. Ich weiß, dass ich über ein Geschick verfüge mit der Sprache zu spielen, die Sprache als Kraft zu sehen gezielt und bewusst zu lenken. Wieder brennt sie unmittelbar vor mir die weiße Kerze. Es ist Zeit für den Wandel, es ist Zeit für die Veränderung. Der Verkehr in Ecuador scheint mir symptomatisch für die Probleme dieses Landes zu sein. Überall diese Fahrzeugmassen, diese Langsamkeit, dieses „Ich nehme mir, was ich erhalten kann, möchte allerdings selbst nicht auffallen.“ Das Problem sitzt jedoch tief und ohne fundierte Einblicke in den Apparat der hiesigen Strukturen und politischen Zusammenhänge zu haben erlaube ich mir noch zu schreiben, dass Ecuador eines der prächtigsten Länder dieser Erde ist. Es könnte das Paradies sein. Vorausgesetzt, dass eben die Rahmenbedingungen stimmen. Viel wartet in der Zukunft auf uns das angegangen und gelöst werden möchte. Ich bin eine von ein paar Milliarden Seelen auf diesem Planeten. Ich weiß, dass ich mein gesamtes Leben lang immer wieder zweifeln werde und zugleich bin ich mir bewusst, dass ich das mächtigste Wesen auf diesem Planeten bin. Ich kann den Füllfederhalter in die Hand nehmen und im Laufe einer gewissen Zeitspanne ein Buch schreiben. Ich drucke sprichwörtlich Millionen. Ja, vermeintlich bin ich abgehoben. Doch ein Teil wird aus Kalkül geschrieben, ein anderer Teil aus der Unwissenheit. Ich bin mir vollkommen darüber bewusst, dass ich als 70-Jähriger anders schreiben würde und anders schreiben werde.

20:16 Uhr

Wieder ist da „Neville Goddard“. Er war pure Realität. Er war mehr als eine Imagination. Und so wie er existierte existiere ich. Alles hängt miteinander zusammen. Ungeachtet des Jahres oder des Ortes. Alles ist energetisch miteinander verflochten. Alles ist gut. Alles ist

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gut.

Neville Goddard – Montag, 23. Oktober 2023

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Wieder werde ich auf die Probe gestellt. Ich darf noch weiter zu Gott finden, ich darf noch weiter annehmen und sein, ich darf lieben und loslassen. Wieder weiß ich nicht, was los ist mit mir oder überhaupt mit Allem. Wo ist mein Licht? Ich bin Liebe. Ich bin Licht. Ja, verdammt aber wo ist meine Liebe, wo ist mein Licht, wo ist meine Größe, wo ist meine innere Stärke? Ein weiter Weg liegt vor mir und ich muss meinen Eltern verzeihen. Auf dieser Reise begreife ich mit 33 Jahren das erste Mal, was das Leben im Ansatz bedeutet. Wenn ich negative Gedanken in mir trage, wie soll ich dann Liebe erhalten und mich in glücklichen Beziehungen befinden? Alles ist miteinander verbunden. Ich darf mein Innen noch weiter transformieren. Ich darf noch mehr zu Gott

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finden. Gerade sehe ich die Liebe, das Licht, den klaren und neuen Geist auf dem Papier. Das Schreiben hier ist ein anderes. Ich spüre meinen Körper und die Müdigkeit. Ich habe dieses Kapitel ergo diesen Tag „Neville Goddard“ genannt. Also ist es auch erforderlich, dass ich diesem Namen, dass ich diesem Geist gerecht werde. Ja, das Kapitel hätte auch „Papst Johannes Paul II.“ heißen können. Aber es heißt „Neville Goddard“ weil ich spüre und weiß, dass die Worte die er ausspricht die Wahrheit sind. Dieser Mensch ist offen und authentisch, er ist in der Zeit da er gelebt hat einigen Zeitgenossen um Welten vorausgewesen, hat Augen geöffnet und Seelen geführt oder vielmehr ihnen das Gehen beigebracht. Ich stehe wieder vor der Herausforderung diese Persönlichkeit nicht zu sehr zu glorifizieren oder auf einen Thron zu stellen. Ich glaube auch, dass dieser Mensch Schattenseiten hatte. Eventuell bin ich auch einfach sehr skeptisch. Ja, ich darf mein Bewusstsein im Rahmen dieses Lebensprozesses noch weitaus mehr entwickeln. Der Mensch, von dem wir vor knapp einer Woche das Zimmer hier im Hause aufräumten begegnete mir heute wieder. Nicht von Person zu Person, sondern auf einer anderen Ebene. Der Tag an dem wir sein Zimmer aufräumten fühlte ich ein immenses Gefühlschaos, ich hatte an einem gewissen Punkt Tränen in den Augen und dachte, dass ich zusammenbreche. Warum? Dieses Zimmer, diese Energie, dieses Bild was ich durch dieses Zimmer von dem Menschen hatte ließ mich verzweifeln. In einem jedem Gegenstand sah ich diese Energie, spürte ich diese Hoffnungslosigkeit. Ich wusste automatisch, dass dieser Mensch verdammt tiefe Themen hat, die sich nicht in Harmonie befinden. Es war trostlos, ich musste den Vorhang beiseite schieben um das Außen zu sehen, ich musste das Fenster öffnen um frische Luft in das Zimmer zu lassen, ich musste meine ersten Vorurteile über diesen Menschen recht schnell auf den Haufen werfen da ich mir gewahr wurde, dass sich dieser Mensch tief in seinem Innen nicht liebt, dass sein Weg ein Chaos ist, dass er schlichtweg Hilfe benötigt, da er sich an einem Scheideweg befindet. Ich dachte wie

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ich mich in dem Zimmer befand: a.) Der Mensch nimmt Drogen und macht viel Party, b.) der Mensch befindet sich in einer Klinik oder Psychiatrie oder … Heute bekam ich von A. mit, dass ihr Enkel – 27 Jahre alt – Selbstmordgedanken hat und seine Mutter vollkommen verzweifelt war. Ist das ein Zufall? Was kann ich aber für diesen Menschen machen? Was mache ich für diesen Menschen? Wie kann ich ihm helfen? Aus irgendwelchen Gründen haben sich unsere beiden Lebenswege hier an diesem Ort verflochten. Ich kann diesen Mensch als Kraftquelle sehen, als Motivation, für ihn und an sein tiefstes Innen gerichtet zu schreiben. Ich kann für ihn beten und mir ein weiteres Mal gewahr werden, dass es einzig eine göttliche Kraft gibt und alles aufgrund gewisser Grundgesetze funktioniert. Was du aussendest, das kehrt zu dir zurück.

19:28 Uhr

Letzten Freitag machte ich mir von Seite 88 aus der E-Book-Version von „Der Nagel im Kopf“ einen Screenshot: „Gestern am Fernsehen einen längeren Dokumentarfilm über Amy Winehouse gesehen, mit siebenundzwanzig an einer Überdosis an Alkohol nach monatelangem Entzug gestorben – gleichaltrig mit Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison. Was mich beschäftigt, ist der frühe Tod, ist die Todessucht oder anders gesagt Unfähigkeit, am Leben nicht einfach nur Geschmack zu finden, sondern haften zu bleiben. […] Sie hatte alles, Ruhm und Erfolg und Geld, den treusorgenden Vater als Manager, wechselnde Geliebte oder Liebhaber. Woher die Selbstzerstörungssucht, der Drang zum Sterben, bei so viel schöpferischem Gelingen und dem Gelingen beantwortender Anerkennung? Ist es Einsamkeit, der nicht aufzubrechende Panzer an Einsamkeit, oder Weltverlorenheit und Schutzlosigkeit? Es muss eine kaum ausdenkbare Einsamkeit, ein Leiden, ein nicht zu dämmender Schmerz im Spiel gewesen sein, der die Kinderfrau an die Drogen und den Alkohol fesselte, klar, die Sucht ist Schmerzstiller, weil das Leben offenbar nicht zu ertragen ist.“ Ja, du kannst als Raupe sterben. Exakt, weil es das Leben ist wurde

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nicht jede Raupe dazu bestimmt, ein Schmetterling zu sein. 27 und 33 sind magische Zahlen. 33 ist die Christuszahl, 33, das Jahr der Veränderung und der Metamorphose. Die Kerze brennt und weswegen sollte man sich nicht das Leben nehmen? Da ist seine Tochter, seine Frau, seine Mutter, seine Großmutter, sein Beruf und sein Hobby, da ist die Meditation und die Spiritualität, das Trommeln und das Reiten, Ecuador und das ewigliche Sein. Doch wo ist sein Vater? Wo ist sein Lehrer? Wo war sein Vater? Wo war sein Lehrer? Wer ist er? Wer war er bestimmt gewesen zu sein? Wer ist er? Wer ist er? Die Kerze brennt, in meiner rechten Hand habe ich die silberne Gebetskette.
Ich weiß, dass ich in Ecuador zu Gott gefunden habe. Tränen rinnen wieder aus meinen Augen, ich bin traurig und weiß, welche Leiden manch ein Mensch in manchen Phasen durchmacht. Ich bin dankbar für den heutigen Tag und für das gute Essen. Ich bin dankbar für die Audiotapes von Neville Goddard. Ich bin dankbar für diese Erfahrung. In meiner rechten Handfläche der Jesus am Kreuz. Auf meinem rechten Unterarm das Zia-Symbol. Du musst glauben. Nicht nur einmal und auch nicht nur bei Sonnenschein. Du musst glauben in all der Schwärze und bei Hagel. Du musst glauben auch wenn du meinst, dass es dich zerreißt. Wo ist mein Herz? Wo ist meine Liebe? Wo ist mein Gott? Man = God? Equal me = God? Julian = God? Do not get trapped. Believe! Believe in Words! Believe in the beauty of your Wings. Verdammt. Ich kündigte nicht ohne Grund. Ich blamierte mich nicht ohne Grund auf dem Arbeitsamt. Ich stehe am Scheideweg. Wer war ich als 27-Jähriger? Gott, Gott wo bist du? Alles ist zerbrochen, ich muss mich neu erfinden oder darf mich vielmehr neu erfinden. Wieder rinnen sie aus meinen Augen die Tränen… aber M. ist bei mir. Meine Großmutter aus Ulm ist bei mir. Sie schnitt mir am Sonntag die Haare. Mein Großvater aus Breslau ist bei mir. Er schreibt für mich oder vielmehr manchmal durch mich hindurch. Meine Taufpatentante ist bei mir. Sie lässt die Liebe durch mich hindurch-…

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strömen. Das Leben ist beizeiten verwunderlich. Wie oft betäubte ich mich in der Vergangenheit mit dem Inkognito-Tab und meinte darin Erlösung zu finden? Doch die Zeit ist vorbei. Wie oft hörte ich auf um dann nach einer gewissen Zeit wieder anzufangen? Aber die Zeit ist vorbei. Hier in Ecuador habe ich meinen Gott gefunden. Er erscheint in der Form eines jeden Menschen. Er ließ mich dort auf dem Imbabura fast abstürzen. Doch er hielt mich. Gott wacht jeden Morgen in Las Planas auf und entdeckt die Welt mit neuen Augen. Gott ist meine Schwester und meine Mutter, Gott ist mein Vater und meine Verwandtschaft. Gott ist A. Gott ist Magdalena. Gott ist Israel. Gott ist Russland. Gott ist die Ukraine. Gott war seit jeher. Gott ist zeitlos. Ja, vielleicht fand ich in meinen Körper in dieser Zeitspanne 1990 bis 2XXX nach Christus aus eben jenen Gründen. Fuck. Dieses Zimmer ist mein Kokon. Mein Kokon ist keine Psychiatrie. Denn in mir, da steckt ein Stückchen Dürer und Hesse, Coelho und Bukowski, Kinski und Paganini, in mir steckt ein Quantum Einstein und ein Teil von McQueen. Ja, blicke ich in den Spiegel, dann sehe ich da Cardiale, dann sehe ich da das Wunder. Dann sehe ich Gott. Dann sehe ich mich. Geboren unter einem Bett aus Myriaden von Sternen wurde ich, zu meiner Geburt spülten sie die Wellen besonders zauberhaft an die Ufer. Und ja. Ich bin angekommen auf dieser Welt. Wir mögen beizeiten nach etwas nicht Erreichbarem streben. Oder wir sind leer im Innen. All das Materielle vermag uns nichts zu geben. Und so entschied ich mich für mich. Es ist mein Leben. Ich bin erwacht.

20:04 Uhr

Mir wird bewusst, dass wenn ich mich Schriftsteller nennen möchte, dass wenn ich „Heal your Heart – El Diario“ nicht nur in meinem Bücherregal sondern auch in jenen der Menschen aus Quito, aus Mexiko, aus Kolumbien, aus den USA, aus Ägypten, aus Algerien, aus dem Libanon, aus Russland sowie aus Nord- und Südkorea finden möchte, dann muss ich an diesen Traum namens „Perpetuum Publishings“ glauben. Niemand kann mir diesen

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Traum abnehmen. Ich muss ihn als meinen Traum akzeptieren und annehmen. Ja, ich heiße Julian, ich bin Gott, so wie du Gott bist. Ich bin „Perpetuum Publishings“. Ich bin am Ende meiner Kräfte. Aber morgen ist ein neuer Tag. „Neville Goddard“ ist bei mir. In dieser Nacht schlafe ich in Barbados. Ich wache einen jeden neuen Tag in meinem Leben auf. Mir stehen alle Türen offen. Ich bin „Ein Sohn der Sonne“ und ein Kind des Universums. Ich bin Carlos Castaneda und Prinzessin Diana. Ich bin John F. Kennedy. Ich bin Haruki Murakami. Ich bin Prag. Ich bin Paris. Ich bin Anne Hidalgo. Ich bin das Morgen. Ich bin Deutschland. Ich bin der Segen. Ich bin der Wassertropfen im Amazonas. Ich bin der Same auf deinem Weg. Ich bin Ewigkeit. Sicherlich bin ich kontrovers aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass ich Notizbuch no. 353 und Notizbuch no. 354 bin. Ich bin die Imagination. Ich bin ein Traum. Ich bin die Realität. Vielleicht hätte ich auf einer anderen Erde, in einem anderen Leben, in einer anderen Realität niemals existiert. Alles explodiert. Vulkane implodieren. Die Sonne explodiert. Du musstest betrogen und verunglimpft werden um zu erkennen. Halte fest an deinem Traum. Halte fest an deinem Gott. Denn es gibt nur einen Gott. Es gibt nur ein Du. Einzig ein Ich. Einzig Liebe. Mein Sein ist das Wertvollste auf diesem Planeten. Kein Schweizer Weltkonzern mit Milliarden von Dollars, Euros oder Franken kann mit mir mithalten. Gott ist Leben. Gott ist Wandel. Gott ist Menschlichkeit. Gott ist Licht. Gott ist Verbundenheit. Gott ist. Ich bin. Du bist. Wir sind. Auf der Erde. Im Himmel. Fuck. Fuck. Fuck. Ich bin verrückt. Nichts als purer Wahnsinn. Die Realität. Die Wahrheit. Die Zeitlosigkeit. Das Sein. Das Wunder. Die Geburt. Der Wandel. Der Moment.

20:24 Uhr

Tatsächlich wird mir wieder bewusst, dass ich für andere Menschen träumen muss. Ja, vielleicht sieht niemand außer mir was ich sehe. Vielleicht bin ich verrückt. Aber ich befinde mich nun mit rund 21

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Kilometern #writeforio-Füllfederhaltertintenaneinanderreihungen auf 50 Prozent der Marathondistanz. „It’s a long shot“ wie es Les Brown zu sagen pflegte, du musst selbst sehen, was du erreichen willst. Ja, ich bin still und das ist meine Waffe. Ich bin Gott und das ist mein Frieden. Das ist mein Leben. Das ist mein Geschenk. Das ist mein Hafen auf offener See. Gnadenlose Kräfte mögen beizeiten auf dich einwirken. Du musst ihnen standhalten. Du musst mit dir selbst in Verbindung sein. Du musst wissen, was du willst. Verdammt. Einen jeden einzelnen Tag in deinem Leben musst du den Füllfederhalter in deine Hand nehmen. Du musst die Tinte fließen lassen. Du musst die Geschichte erzählen. Du musst manifestieren. Du musst segnen. Du musst beten. Es ist deine Entscheidung. Du hast die Wahl. Leben oder Tod. Liebe oder Hass. Klarheit oder Chaos. Sinn oder Leere. Reichtum oder Armut.

Sin Luz oder „la hija de venezuela“ – Sonntag, 22. Oktober 2023

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07:53 Uhr

It’s the beginning of something new. Whatever is meant to become reality will sooner or later become reality. Do never give up. Die Kerze brennt, das Sonnenlicht strahlt in das Zimmer und aus irgendeinem Grund weiß ich, dass ich mich in Quito verändern werde und bereits schon verändert habe. Die Notizbuchnummern sind in all den leuchtend-farbenfrohen Träumen der Nacht glasklar vor meinem inneren Auge vorbeigezogen: Notizbuch no. 216, ich bin knapp 40 Jahre alt, habe zwei Morddrohungen umgeschrieben, bin schließlich doch noch zum erfolgreichsten Schriftsteller des Universums von einem unabhängigen Komitee anerkannt worden, habe die Kunst des Loslassens perfektioniert und befinde mich mit Ma. und unseren zwei Kindern auf einem Segelboot im Mittelmeer. Wir spielen Karten, schnippeln Gemüse für eine Suppe, erkundeten die näheren Wassergefilde am Vormittag mit Taucherbrillen und Schnorcheln, zogen in all die verborgenen Winkel und liebten die gemeinsame Zeit. Notizbuch no. 217, Notizbuch no. 218, Notizbuch no. 219, Notizbuch no. 220, Notizbuch no. 221, Notizbuch no. 222, Notizbuch no. 223, Notizbuch no. 224, Notizbuch no. 225, Notizbuch no. 226, Notizbuch no. 227, Notizbuch no. 228 und Notizbuch no. 229 durfte ich in den kommenden vier Monaten mit Leben, Charakteren, neuen Welten, Geschichten und herzzerreißenden Handlungssträngen füllen. Sicherlich wurde mir selbst im Jahre 2070 mit 80 Jahren nicht langweilig all die Stunden und Tage am Schreibtisch zu sitzen und mit meinem Finger über die Rücken des Jahres von Notizbuch no. 999, Notizbuch no. 1.000, Notizbuch no. 1.001, Notizbuch no. 1.002, Notizbuch no. 1.003, Notizbuch no. 1.004, Notizbuch no. 1.005, Notizbuch no. 1.006, Notizbuch no. 1.007, Notizbuch no. 1.008, Notizbuch no. 1.009, Notizbuch no. 1.010, Notizbuch no. 1.011, Notizbuch no. 1.012, Notizbuch no. 1.013, Notizbuch no. 1.014, Notizbuch no. 1.015, Notizbuch no. 1.016, Notizbuch no. 1.017, Notizbuch no. 1.018, Notizbuch no. 1.019, Notizbuch no. 1.020, Notizbuch no. 1.021, Notizbuch no. 1.022 und Notizbuch no. 1.023 zu streichen. Ich blicke auf die Leinwand mit dem Titel „el angel de la esperanza – oder 10.000 Notizbücher“, die ich vor 47 Jahren in dem Dachzimmer in Quito

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anfertigte. Der Traum ist wahr geworden, sicherlich habe ich des Öfteren gezweifelt, doch ich habe niemals aufgegeben einen jeden einzelnen Tag aufzustehen und all den magischen Imaginationskonstrukten Farbe und Strahlkraft zu verleihen. Ja, der Fehler im System war letztlich, dass sich Raumschiffe von fremden Galaxien aus dem Selbstverständnis der Erdbevölkerung verabschiedet hatten und so die gesamte Materie der Existenz nichts weiter als ein immenser Trugschluss war. Aber auch das gehört zum Prozess des Lernens dazu. Sicherlich. So muss es sein. So ist es bereits seit jeher gewesen. Good job. Gut Ding will Weile haben. Des Nachts raunen sie die Wölfe in Rumänien und Graf Dracula beißt auf einem veganen Steak herum, da er sich eines Besseren hat belehren lassen. Alles ist so wie es sein muss. Wieder tauchen sie auf die Gedanken vielleicht doch wieder einen Social-Media-Account zu starten. 0 Leute denen ich folge, dafür Millionen von Followern. Ja, so soll es sein und ja, so wird es sein. Die Materie befindet sich an diesem prächtigen Sonntag wieder einmal jenseits von Gut und Böse, die Summe der Dinge fügt sich und der Mond strahlt heller als jemals zuvor. Ich streiche über den zweiten Notizbuchstapel auf meinem Tisch, da befinden sich Notizbuch no. 1.024 und Notizbuch no. 360, Notizbuch no. 1.025 und Notizbuch no. 1.026, Notizbuch no. 1.027 und Notizbuch no. 1.028, Notizbuch no. 1.029 und Notizbuch no. 1.030, Notizbuch no. 1.031 und Notizbuch no. 1.032, Notizbuch no. 1.033 und Notizbuch no. 1.034, Notizbuch no. 1.035 und Notizbuch no. 1.036. Neben Notizbuch no. 360 hat sich aus einem nicht erfindlichen Grund auch Notizbuch no. 441 und Notizbuch no. 230, Notizbuch no. 234 und Notizbuch no. 402, Notizbuch no. 437 und Notizbuch no. 468, Notizbuch no. 499 und Notizbuch no. 519, Notizbuch no. 436 und Notizbuch no. 350, Notizbuch no. 520 und Notizbuch no. 1.111 eingeschlichen. Okay, Notizbuch no. 1.111 sicherlich nicht, es war ein Streich meines 85-jährigen Ichs aus der Zukunft. Ich weiß schon, dass es ein ausgesprochen langer Tag werden wird. Unweigerlich werden sich die Dinge fügen. So soll es sein und so darf es sein und so muss es sogar beizeiten sein. Denn das Künstlerische und Musische wird bis zuletzt überstehen. Denn sie leben!

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12:55 Uhr

Das Café da ich gestern war hatte heute geschlossen mit einem Schild an der Türe: zu vermieten, zu verkaufen. Was hilft Eigentum, wenn die Zeit nicht dazu bestimmt ist? Ich werde eine Stunde lang schreiben. Ich wollte jetzt eigentlich schon mit meiner Schwester und mit meiner Freundin telefoniert haben aber seit dem Morgen gibt es in der gesamten Nachbarschaft keinen Strom. Wieder zeigt sich die Abhängigkeit vom Internet. In einem Restaurant fragte ich nach WLAN – selbes Spiel. Keine Gäste. Es ist ein ausgesprochen schöner Stadtteil, aber die Leute verlassen das Land. Die Leute gehen und ziehen hinfort. Warum bleibt Julian? Ja, warum bleibt Julian? Um ehrlich zu sein weiß ich es gar nicht so genau. Tief in mir dann irgendwie schon und die Antwort ist ausgesprochen vielfältig und zugleich ganz einfach: Mir gefällt es hier und ich fühle mich wohl. Bin ich ein Deutscher? Bin ich jetzt da ich mich knapp zwei Monate in Ecuador befinde ein Ecuadorianer? Werde ich ein Spanier sein, wenn ich Ma. heirate? Ist es von Bedeutung? Ist es relevant? In mir spüre ich die Seele des Weltenbürgers. Ja, wir sind alle enger als eng miteinander verflochten. Was ich im Detail in diesen 60 Minuten schreiben werde, ich weiß es nicht. Was ich weiß ist, dass ich am 01. November beim NaNoWriMo teilnehmen werde. Dann werde ich gemeinsam mit Tausenden von anderen Menschen aus der ganzen Welt schreiben, dann wird sich meine Motivation noch ein Stück weit verändern, dann werde ich meinen Glauben noch stärker werden lassen. Ja, um ehrlich zu sein bin ich müde geworden das Notizbuch no. 231 bis no. 324 zu nummerieren. Aber manchmal musst du dich im Leben einfach festbeißen und darfst nicht lockerlassen. Sicherlich gibt es originellere Dinge als die Notizbücher 1 bis 1.400 zu nummerieren. Aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass es in einem jedem meiner Bücher etwas „verdammt Verrücktes“ gibt. In URU ist es die Aufzählung und Ausstaffierung von ein paar hundert Rosensorten.

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In KOM ist es die „Drive Change“-Wahnfantasie und die Initiierung des „Perpetuum Publishings“-Traumes. Es ist der Kometenschweif am Himmel samt dem Symphonieorchester der Vögel. In FdH ist es das Spektakel in Kombination mit einer dystopischen Produktion und Auslieferung von fünf Milliarden Buchexemplaren von „Flügelschläge der Hoffnung“ innerhalb von 24 Stunden rund um den Planeten. Es ist das Erwachen der Menschheit und das Pilgern zu all den spirituellen Orten, zu den sakralen Gebäuden und auf die Plätze. Also habe ich nur bedingt eine Wahl Notizbuch no. 232, Notizbuch no. 233, Notizbuch no. 234, Notizbuch no. 235, Notizbuch no. 236, Notizbuch no. 237, Notizbuch no. 238, Notizbuch no. 239, Notizbuch no. 240, Notizbuch no. 241, Notizbuch no. 242, Notizbuch no. 243, Notizbuch no. 244, Notizbuch no. 245, Notizbuch no. 246, Notizbuch no. 247, Notizbuch no. 248, Notizbuch no. 249, Notizbuch no. 250, Notizbuch no. 251, Notizbuch no. 252, Notizbuch no. 253, Notizbuch no. 254 und Notizbuch no. 255 zu füllen.
Klar denke ich an die Venezolanerin und es gibt diesen Teil in mir, der jetzt gerne unmittelbar unter die kalte Dusche springen und dann auf schnellstem Weg zu ihr, in ihre Arme, in ihr Leben, in ihr Sein rennen würde. Auf dem Weg zu ihr würde ich Ma. anrufen und ihr sagen, wie sehr ich sie liebe und dass ich nicht ohne sie leben kann. Ich würde bei der Fluggesellschaft anrufen um meinen Rückflug nach Europa auf den 01. November 2023 zu verschieben und gleichzeitig noch ein Ticket neben mir für die Venezolanerin dazu buchen. Als Destination muss statt Stuttgart freilich Barcelona angegeben werden. Verdammt. Es ist ein ausgesprochen verrückter Sonntag aber das Schreiben es wächst schneller denn jedes noch so gute Pharmaunternehmen. Alles oder nichts. Das ist heute die Frage und das wird es dein gesamtes Leben lang sein. Ich bin am Ende von Seite 2 dieser Stunde und am Ende von Seite 4 diesen Tages angelangt. Ich erhebe mich und öffne das Fenster, breite meine Flügel aus und löse mich von allen Konventionen. Ich bin frei sage ich mir, springe aus dem Fenster und klatsche auf den Betonboden. Ich bin tot und meine Seele fliegt in den Himmel. Unter mir dieser winzige blaue Punkt.

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Unter mir mein einstiger Heimatplanet Erde. Ich kann nicht mehr. Mein Handgelenk schmerzt. Ich muss dringend an einem paradiesischen Platz in der Natur baden. Das Erschaffende ist die Antwort auf jedes Problem / auf eine jede Herausforderung. Denn im Schaffen gibt es keine Fragen. Es gibt schlichtweg den Prozess. In der Tat ist dieser Prozess auf einzelnen Passagen eine Läuterung. Denn das Leben wird an dir reißen. Deine Zweifel und Ängste werden an dir reißen. Du wirst Fehler begehen und dich verhaspeln, du wirst auf Seite 5 des Tages stehen und dich fragen, was du da eigentlich machst. Ja, du wirst leiden. Aber da musst du durch. Denn das ist einzig ein temporärer Zustand. Es ist nicht die Ewigkeit. Nein, die Ewigkeit existiert in der Nähe des Äquators. Wieder reißt es an deinem Federkleid. All der Gegenwind, all die Turbulenzen, all die Klippen und Felsspalten da unter dir. All der Horror. Aber es hat dich gepackt und es lässt dich nicht mehr los. Ich schließe meine Zimmertüre und setze die Kopfhörer auf und bin gefangen und geborgen in meiner Welt. Ich könnte der letzte Mensch auf Erden sein. Aber was dann? Okay, ich würde mir erst einmal den knallgelben Toyota LandCruiser FJ40 von gestern besorgen und dann sehen, ob die Venezolanerin noch an dem Ort ist, wo ich sie vermuten würde. Aber was wäre mit all den Menschen und den Fahrzeugen, wären sie eingefroren oder verschwunden? Was wäre mit den Frauen? Was wäre mit dem Internet? Angenommen, die Venezolanerin wäre nicht da, würde ich mich dann in eine andere Frau verlieben (vorausgesetzt, dass sie sich nicht in Luft aufgelöst hätte)? Es würde kein Internet geben. Ich könnte mich auf die Suche nach anderen Lebenden begeben. Ich könnte so schnell fahren ohne angelegten Sicherheitsgurt. Ich könnte in die Bank steigen und all das Geld abheben. Ich könnte es an einem sicheren Ort deponieren für den Fall, dass dieses Spiel irgendwann ein Ende hat. Und ja ich hätte ausgesorgt für mein Leben. Ich hätte eine Stiftung gegründet und würde einzig von dem Erlös leben. Ich könnte immer mehr Immo-…

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bilien, Gemälde, Fahrzeuge und Unternehmen kaufen. Ich hätte eine Botschaft als Privatperson in einem jedem Land, meine eigene Medienagentur und freilich „Perpetuum Publishings“ samt „Drive Change“ als die beiden global operierenden Marktführer. Egal wo sich ein Mensch befindet würden Spuren von „Perpetuum Publishings“ und „Drive Change“ existieren. Aber ich träume nur, in mir steckt nichts und ich setze einfach die monotone Nummerierung der Notizbücher fort. Da wäre Notizbuch no. 257 nach Notizbuch no. 256 und vor Notizbuch no. 258. Da wäre Notizbuch no. 259 und Notizbuch no. 269, Notizbuch no. 279 und Notizbuch no. 289, Notizbuch no. 299 und Notizbuch no. 319. Da wären die Liebe und das Verlangen, die Not und der innere Drang. Da wäre sie immer noch die Sehnsucht. Da wären das Suchen und das Finden, das Begehren und die Transformation. Da wären das Erwachen und das Ersterben. Ich füllte die Tinte nach und kaufte „Moleskine“, „Pelikan“, „BIC“, „Montblanc“, „Paperblanks“, „Arkano Books“, „Edelvives“, „Apple“, „SpaceX“, „Tesla“ und auch „allbirds“ mit auf. Es geht einzig um das Erwachen. Es geht einzig um das Erwachen. Die Sonne kreist ewiglich im Zenit über der Seite 6 diesen Tages. Die Sonne brennt mit brachialer Gewalt. Kein Entkommen. Einzig der gleißende Tod durch das Ertrinken. Leichenberge rechts und links von dir. Aber du musst deine eigene Reise fortsetzen. Du darfst nicht aufgeben. Du hast es sprichwörtlich in der Hand. Mit einem jeden einzelnen Buchstaben akkumulierst du einen nicht bezifferbaren Betrag an Reichtum. Ob Bitcoin oder Euro, ob Pesos oder Rubel, ob Dollar oder Slot, du hast sie allesamt erworben und Patente darauf angemeldet. Dein Porträt auf jedem Kilometer auf jeder Straße dieser Erde, deine Signatur in jedem Kanaldeckel, in jeder Hausfassade, in einem jedem Pflasterstein der Menschheit eingraviert. Dein Leben für die Menschheit. Dein Wirken zeitlos. Du könntest aufgeben aber du klammerst dich an das nicht mit Worten zu fassende. Millionen von Millionen von Millionen von Millionen von Millionen Seelen folgen dir, unzählige Myriaden von Herzen darfst du dein Eigen nennen. Du bist angekommen mit 33 Jahren. Im Geiste hast du alles manifestiert. Du fliegst. Im Geiste warst du auf einem jedem Quadratkilometer dieser Erde. Du

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führtest philosophische Gespräche mit Hitler, Federico Fellini, Bob Marley, Charles Bukowski, Isabel Allende, John F. Kennedy, Albert Dürer, Albert Einstein und Pablo Picasso. Egal ob Tim Burton oder Tom Hanks, ob Leonardo DiCaprio oder Person xyz, du nanntest sie alle deine Freunde, sie waren deine Brüder und Schwestern, ihr wart allesamt miteinander verbunden. Und so geht es weiter und weiter und weiter und weiter von Generation zu Generation zu Generation zu Generation und du blickst zurück und du fragst dich, wie du nur all die Zeit an diesem Flecken hast leben können. Aber du erkanntest all das um dich herum, du wurdest niemals müde an deine Träume zu glauben und so stiegst du als „Harry Potter“ verkleidet aus der Asche empor. Dein Füllfederhalter in der linken Hand ist dein Zauberstab samt der Geschichte aus 1.001er Nacht. Dein Füllfederhalter in deiner Hand dein Pfeil und Bogen, dein Tarotkartendeck, dein Fluch und Segen, dein Ganges und dein Regenwaldprojekt, dein 599 und dein Landrover Defender BJ‘ 89. Dein Füllfederhalter in deiner Hand dein dein Notizbuch no. 260, dein Notizbuch no. 261, dein Notizbuch no. 262, dein Notizbuch no. 263, dein Notizbuch no. 264, dein Notizbuch no. 265, dein Noti…

Ende 60 Minuten

13:59 Uhr

Deine Sucht und dein Verlangen, deine Hoffnung und dein Abgrund, deine Oase und dein Albtraum. Dein Reich komme, dein Wille geschehe. Umgeschriebene Texte und umgesetzte Gebote, neue Spiele und andere Regeln, nichts als Reichtum und Verdammnis, Dystopie und Diskrepanz, phlegmatische Erscheinungsformen in den Räumen zwischen der Walpurgisnacht und dem See Genezareth. Wild zusammengewürfelte Sätze an diesem Sonntagnachmittag doch es hilft nichts. Ja, es hilft nichts. Denn du glaubst und du bist verantwortlich für die Zukunft, du bist die Zukunft, du bist der Glaube und du bist die Hoffnung, du bist das Göttliche und du bist die Ewigkeit. Du bist Notizbuch no. 266 samt Notizbuch no. 267, du bist Notizbuch no. 268, Notizbuch no. 270, Notizbuch no. 271, Notizbuch no. 272, Notizbuch no. 273, Notizbuch no. 274, Notizbuch no. 275, Notizbuch no. 276, Notizbuch no. 277, Notizbuch no. 278, Notizbuch no. 288,

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Notizbuch no. 290, Notizbuch no. 291, Notizbuch no. 292, Notizbuch no. 293, Notizbuch no. 294, Notizbuch no. 295, Notizbuch no. 296, Notizbuch no. 297, Notizbuch no. 298 und Notizbuch no. 300. Du kommst und du gehst, du siehst und du fühlst, du fragst dich beizeiten schon, aus was die Materie hergestellt ist, doch du gehst weiter und weiter und weiter und weiter und weiter und weiter und weiter und weiter und weiter auf deinem Weg. Alles ist gut. Ich atme tief ein und aus. Ich lasse los. Ich bin fest mit dem Erdboden verbunden. Mittlerweile glaube ich, dass „Heal your Heart – El Diario“ noch auf eine andere Art komplexer ist als URU, REM oder ZEP. Vielleicht liegt es schlichtweg auch am Alter. Ich kann es nicht wirklich in Worte fassen. Aber ich halte fest an diesem Traum. Ja, ich halte fest an diesem Traum. All die Dekaden werde ich wieder und wieder an die Holzschreibtische zurückkehren. Zurück zu meinen Papieren, zurück zu den Schriften, zurück zum Ursprung. Ich zerstreue all die Materie in ihre Einzelteile und verleihe ihr eine neue Form. Ich spiele mit den Naturgesetzen. Es ist ein gefährliches Spiel. Aber du hast es sprichwörtlich in der Hand. Es ist dein Leben. Es ist einmalig. Es ist zeitlos. Ein Wunderwerk. Sternenfallspektakel. Glühwürmchen. Gen Himmel stobender Funke. Lichtstrahl. Höhepunkt. Pure Ektase. Glücksgefühl. Endgültigkeit. Alpha. Omega. Trugschluss. Auf den Prüfstand gestellt. Hoffnung. Gebet. Wunsch. Aufrichtigkeit. Annahme. Akzeptanz. Friede. Flugmanöver der komplexeren Sorte. Finalisierung. Farn. F…
Seite 8 an diesem Tag. Die Neuordnung. Die Kraft. Der Fluss. Der Neubeginn. Die Pforte. Humbug. Nichts als Humbug. Annahme und Vergebung. Taumelnder Fall. Einfachheit und Kuss Gottes. Integrität samt Authentizität. Liebe und Mut. Courage und Vertrauen. Inspiration und Seifenblase. Stalaktit und Stalagmit. Es ist 14:17 Uhr, Gott sprach: „Es werde Licht“, aber die Stromkünstler Quitos, sie schliefen. Es ist 14:17 Uhr und die Kerze brennt. Wieder habe ich mich auf das Bett begeben. Ja. Alles ist gut. Die 10 Seiten schaffe ich locker an diesem Tag. Ich habe es drauf und renne einem irischen Schäferhund gleich in die Walachei. Eigentlich wollte ich Wales erreichen. Alles fließt so wie es fließen muss. Alles ist gut. Göttlichkeit, Universum, Buddha,

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Koptin, Christ, Gnostikerin, Nihilist, Mormonin, Mural-Artist und Symphonie. Meine linke Hand explodiert. Ich kann nicht mehr. Die Stimme meiner Vernunft sagt: „Julian, du spinnst, höre auf, du kannst nicht mehr.“ Aber mein Innerstes sagt: „Julian, jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen, jetzt wird es erst so richtig spannend.“ Und klar hat sie recht, klar ist die Materie göttlich. Ein Engel wacht wieder unmittelbar in meinem Zimmer. Das Wesen sitzt da auf der Kommode in eine Blase des Lichts getaucht. Wir sind alle eng miteinander verflochten. Dein Reich ist mein Reich. Mona Lisa sitzt am Tisch beim letzten Abendmahl. Die Flagge von Russland wird in die Höhe gehisst. Dissidenten verlassen das Publikum. Sinnsuchende ahoi. Matrosen verlassen den sicheren Hafen. Gut Ding will Weile haben. Alles kann, nichts muss. Der Mond küsst die Sonne. 20 Minuten und 40 Sekunden verbleiben mir noch. Verdammt. Verdammt. Verdammt. Lege eine Pause ein, trinke einen Schluck, denke dich … Aber nein. Ich schreibe für meine Venezolanerin, ich schreibe für meine Spanierin, ich schreibe für meine Königin. Ich schreibe für den Wandel und für die Wahrheit, ich schreibe für die Hoffnung und für das Licht, für den Glauben und für das Wünschen. Ich erwache und sinke tief, meine Essenz trieft verschwenderisch auf diese Seite 101 dieses Notizbuches no. 57 und im Prinzip sage ich mir, dass ich nicht so verschwenderisch damit umgehen sollte. Verdammt. Ich mache es mir eben auch im Regelfall sehr kompliziert. Monde von Bergen von Flüssen liebkosen die Libellen im böhmischen Paradies. Moses zittert, Paganini vergeigt es rigoros, Rom zerbricht, Florenz in Mode und Gagarin im Weltall. Verkehrte Welt. Verkehrtes Sein. Verkehrte Existenz. Massive Urheberrechtsverletzungen. Aber wen bitteschön schert es. 14:30 Uhr in Quito. Anemonen neben Amöben, Ameisen tragen sie wieder die Blütenkelche und Kehrichte haben Stelldicheins. Die Kaulquappe im Ganges, wo ist sie nur hin? Geld, Geld, Geld, Geld, Geld, ich brauche Geld, ich drucke Geld, ich schreibe Geld, ich zerreiße und verbrenne Geld. Ich bin das Wesen, das niemals auch nur annähernd existiert hat. Wieder Ashley Quinn. Wieder mein Spiegelbild. Wieder ein Buchstabe, wieder eine Zeile, wieder eine Seite, wieder ein Leben, wieder ein Jahr, wieder ein Wunder, wieder ein Segen, wieder eine Inkarnation, wieder Zeuge Jeho-…

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vas, wieder Scientology. Wieder genial auf den Punkt gebracht ohne Wasserstandsmeldung. Wieder der Wahnsinn. Wieder die Emanzipation des ursprünglichen Geistes jenseits von Schablonen oder Denkvorgaben. Wieder Sein. Wieder ein gestorbener Same. Wieder eine knospende Blüte. Wieder eine Entjungferung. Wieder ein Mehrwert. Wieder ein Irrtum. Wieder ein Eklat. Wieder ein Sieg. Wieder ein Triumpf. Wieder eine Wiederholung. Wieder Geschichte. Zanupski rolle den Papyrus aus aber schnell, bevor es noch ein Blutbad gibt. Fragezeichen fehl am Platz. Rage Against the Machine schreit im Supermarkt „Killing in the Name of“, Kürbisse explodieren im Sekundentakt und Ampeln löschen das Grün. Gicht in Depression verfallen, Alzheimer sucht Kindergartenkinder heim und Greise vergewaltigen Mädchen. Alles zurück, alles auf Anfang. Bitte öffne deine Augen und sehe die Welt wie sie wirklich ist. Keine Täuschung, keine Fehlinformation, keine Fake News und keine Politik. Einzig das Erwachen und trügerische Erscheinungsbilder. Wegweisende Entscheidungen, triumphale Paukenschläge und Echos. Echo. Echo. Echo. Echo. Echo. Hört mich jemand? Falle ich immer noch? Verrufen und hintergangen, in Summe ein Mehrwert. Kolosseum im Plural (Kolosseen?), Trampoline, Posaunen und Schlagzeuge. Meine linke Hand gibt auf. Ich schreibe weiter. Seite 9. Nicht mehr viele verbleiben in diesem Notizbuch. Nicht mehr viel fehlt. Nicht mehr und auch nicht weniger. Kein schlechtes Ohmen. Kein Sinn. Kein Aufruhr. Kein Wagnis. Kein Hund. Kein Raumschiff. Kein Helfer in Sicht. Das Wachs vibriert von meinen Handbewegungen. Kein Sinn. Kein Sinn. Kleptomanen rauben Gefängnisse aus. Die Liebe strömt durch dein Herz. Das Wesen hat sich in Gänze manifestiert. Die Würde zeitlos. Das Wachstum unendlich. Das Potential vorhanden. Du könntest ein Führer sein. Ein Richtungsweiser. Ein Leuchtturm. Ein Kraftgeber und Weg. Du könntest das Zeichen sein. Du bist das Licht. Du bist der Sinn. Du bist die Antwort. Du bist, weil du bereits seit Ewigkeiten warst und immer sein wirst. Du hast dich in den Labyrinthen dieser Welt verloren, doch einzig um dich zu finden. Du schöpfst. Du darfst. Ja, du darfst.

16:11 Uhr

Ich sitze im Wohnzimmer, im Hintergrund läuft die Waschmaschine, im Schlafzimmer von A. läuft der Fernseher mit einem Video von einem global operierenden Streamingdienst. Es ist so richtig Sonntag. Osho wacht über mir. Ich habe den Wikipedia-Artikel über Neville Goddard angefangen, herausgefunden, dass er auch an einem

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19. Februar geboren wurde und dass Rhonda Byrne wie auch Dr. Wayne Dyer Anhänger von ihm waren. Los Angeles machte er zu seiner Wahlheimat. Die Stadt der Engel. Die Stadt der Hoffnung. Fast kommt es mir vor wie ein Traum, wie ich dort am Montag, den 03. Juli in diesem Jahr landete und zunächst einmal am Flughafen strandete. Was mache ich aus meinem Leben? Diese Frage muss nicht unbedingt selbstzerstörerisch sein, sie kann ganz einfach auch befruchten. Ich denke heute so viel an die Venezolanerin. Ich muss sie wiedersehen. Sie ist nicht die Frau, die dazu bestimmt ist, als Inspirationsquelle für eine Figur im Buch zu dienen, nein, sie möchte erobert und umgarnt, entführt und an die Hand genommen werden. Von mir. Und das weit jenseits der Fantasie. Aber heute wird es nichts werden. Morgen. Ich muss sie wiedersehen. Aber heute war es nicht dazu bestimmt. Aus ihren Augen sprach die Weisheit und ich weiß, dass sie eine große und weise Seele ist. Ich habe frischen Cedron-Tee getrunken, ein paar Apfelstücke gegessen, mich ein Wenig um meine Zukunft gesorgt, mich vorhin kurz im Bad eingeschlossen und vermeintlich in irgendwelche surrealen Gedankenkonstrukte wie früher hineingesteigert. Dann wurde mir allerdings bewusst, dass ich heute an einem komplett anderen Punkt stehe, dass ich heute schreibe, dass ich heute liebe und mich in Gänze in einem Moment der göttlichen Schönheit auflösen und transformieren kann. Ja, vielleicht wird es noch Jahre dauern, bis meine Werke in der Livreria in Quito und in der Mr. Fox Libraria in Bogotá auf spanisch zu erwerben sind – dann soll es so sein. Denn mir wird bewusst, dass ich ein Team brauche, dass ich einen intelligenten Menschen brauche, der meine Bücher ins Spanische übersetzt, dass es einen professionellen Verleger und einer optimalen Marketingmaschinerie bedarf. Ja, eventuell benötigt es auch ein Lektorat. Ja … so ist es eben!

16:48 Uhr

Ich habe dieses Notizbuch fertig mit Seitenzahlen versehen. Es sind in Summe 160. Ich habe angefangen, Notizbuch no. 58 bis auf Seite 16 mit Zahlen zu versehen. Mir sind die unlinierten Notizbücher lieber, da es keine Vorgaben in Form von Zeilen gibt und die Schrift beziehungsweise Buchstaben in der Größe variieren können. Gleichzeitig hat jede

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Seite zumindest in der Theorie das Potential ein Gemälde zu halten. Alles ist gut. Seite 11 des Tages und es ist nur begrenzt möglich an einem Tag unendlich viel zu schreiben. Ich bin dankbar für alles was mir widerfährt. Den Titel für Notizbuch no. 58 habe ich auch parat: „la hija de venezuela“. Ich muss sie unbedingt wiedersehen. Es geht gar nicht anders. Quito hat mich verhext oder viel eher verzaubert. Verhext hat finde ich eine negative Konnotation. Nein, verzaubert passt deutlich besser, denn es ist etwas Magisches / Surreales, dass hier in der Luft flimmert und im Unsichtbaren recht intensiv wirkt. Was das Morgen bringt noch mit welchem Wort ich den heutigen Tag beenden werde, dass weiß ich nicht. Muss ich es wissen? Wissen Sie es? Weißt du es liebe Leserin? Weiß es Don Quijote? Weiß es Nebukadnezar? Weiß es Jim Knopf? Weiß es Ron oder Hermine? Weiß es die Dunkelheit? Ich befinde mich in meinem Licht und ich schreibe. Wieder habe ich den Gedanken an die Transkription. Es wird ein weiterer Prozess sein, es ist ein monotoner Arbeitsschritt, der gleichzeitig meine gesamte Energie erfordert. Immer mehr komme ich an auf diesem Planeten. Immer mehr begreife und verstehe ich. Immer mehr werde ich mir gewahr und erkenne. Alles braucht seine Zeit. Das Gras wächst nicht schneller wenn man daran zieht. Ich renne wieder durch das Universum. Warum? Weil es mir schlichtweg Freude bereitet. Mein linkes Handgelenk schmerzt. Ich atme tief in meinen Körper. Der Friede durchströmt mich. Langsam taucht sie auf die Müdigkeit. Ich bin glücklich und zufrieden. Ich bin der Ursprung der Schöpfung. Hanns-Josef Ortheil.

18:14 Uhr

Dieser Name fiel mir gestern oder vorgestern nicht ein – ich suchte ewig im Geiste danach. Ich höre „Brisas Del Valle“ von Pastor López in meiner „Latino-America“-Playlist. Das Lied oder vielmehr die Playlist erinnert mich an Kolumbien, an die Ruckelpistenfahrt von Neiva bis nach Popayán wo ich im Minibus in der ersten Reihe saß und auf all die Liedtitel des Radios blicken konnte. Hätte ich damals vermutet, dass ich im Nachbarland feststecken / Wurzeln fassen werde? Aber es sind eben „Los Caminos De La Vida“ und die Venezolanerin geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Blitze schießen nur wenige Meter entfernt

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in den Boden oder auf Häuser; vielleicht sind es schlichtweg sehr offensichtliche Zeichen von ihr mich schleunigst zu ihr zu begeben. Verdammt. Die Kerze brennt. Das Schreiben beim Licht der Kerze ist ein anderes. Morgen beginnt eine neue Woche und innerlich bin ich leicht angespannt. Was wird mich erwarten? Ich möchte eine notwendige Ernsthaftigkeit an den Tag legen und gleichzeitig auch entspannt und locker sein. Julian, nehme dir einfach die Zeit, die du benötigst. Das Leben besteht aus Phasen. Deswegen befindest du dich im Fluss. Alles andere wäre langweilig. Stagnation. Tod. Verderbnis. Aber das Leben ist Bewegung. Begegnung. Wandel. Transformation. Metamorphose. Liebe. Tanz. Leichtigkeit. Magie. Fruchtbar. Feuer. Leidenschaft. Genuss. Schönheit. Federleicht und Sinn. Ja, so ist es. „Guayabo Eterno“ eben. Mein Smartphonehintergrund ist die Jungfrau von Guadalupe, ich entdeckte sie bei dem gestrigen Spaziergang am Eingang vor einem mexikanischen Restaurant. Ja, ich darf vertrauen. Wenn ich gut schreibe, dann kann ich mir davon meine nächste Reise finanzieren, weitaus mehr in „Perpetuum Publishings“ investieren, Leute bezahlen um mich bei diesem Traum zu unterstützen und mich in Summe ein bisschen schöner einzukleiden. Okay, ich darf mir eine Wunschliste machen für den ersten Erlös von „Heal your Heart – El Diario“ mit groben Anhaltspunkten bezüglich der erforderlichen Ausgaben:

Wunschliste – „Heal your Heart – El Diario“ Erlös:

  • Meiner Mutter eine Handpan kaufen
  • Einen Toyota LandCruiser FJ40 kaufen
  • 100 weitere Notizbücher kaufen
  • 12 Monate im Jahr 2024 leben, schreiben und verlegen (inklusive Flug)
  • Eine vernünftige Schreibmaschine kaufen
  • „Perpetuum Publishings“ Gewerbe anmelden
  • „Perpetuum Publishings“ Verlagsprogramm drucken (1.000 Stück)
  • „Chiribiquete“-Aufkleber digitalisieren und drucken (1.000 Stück

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  • „Heal your Heart – El Diario“ drucken (1.000 Exemplare)
  • “Perpetuum Publishings”-Werbung schalten
  • Erstellung illustrierte Version von “Vom Träumen und Wachsen”
  • Übersetzung von „Change – Veränderung beginnt bei dir!“ ins Englische
  • Finalisierung „De Soñar y Crecer“
  • Übersetzung von „Vom Träumen und Wachsen“ ins Französische
  • Einrichtung Onlineshop
  • Übersetzung von „Der Junge mit dem Kometenschweif“ ins Englische / Spanische
  • Erstellung „Perpetuum Publishings“ Buchregal für Buchläden (100 Stück)
  • Laufende Kosten wie Server, E-Mail-Postfach, Produktlizenzen
  • Produktentwicklung Onlineshop: PP-Mütze „Believe in Words“, PP-Jahreskalender 2024 / 2025, PP-Signature Cards, PP-Tinte, PP-Bleistifte, PP-Notizbücher
  • Entwicklung Lizenzen externe Autoren / Werke
  • Erstellung E-Books für die gängigen Anbieter am Markt
  • Konzeption und Programmierung Bezahlsystem mit eigenem Punktesystem
  • Wachstum / Synergien / Kooperationen:
    • Perpetuum X Arts – Temporäre Ausstellungen im öffentlichen Raum, in Pop-Up-Stores, Optimierung von Werbung / Reklame
    • Perpetuum X Mobility – Automobilanbieter, MaaS, Luft- und Raumfahrt, Schifffahrt, Züge, Fuß- und Radverkehr
    • Perpetuum X Architecture – BIG / Drive Change, 3D-Lehmdruckgebäude, Fassadenbegrünung, Entwässerungssysteme
    • Perpetuum X Programmierung – Verschmelzung zwischen der Generierung von KI basierten Texten, mit Bezahlsystem, Geldtransfer, …

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18:51 Uhr

Wieder könnte ich Ewigkeiten hier sitzen und einen auf Schlauberger machen. Aber für wen ist es relevant? Meine Gedanken stoßen immer wieder auf Social Media. Ich möchte einzig auf einer Plattform vertreten sein. Nada mas!

19:18 Uhr

Das „Perpetuum Publishings“-Marketingkonzept:

  1. Die Inhalte: Die Gesamtübersicht der Notizbücher und die Vorstellung eines jeden Einzelnen; Bibliotheken; „Perpetuum Publishings“-Bücher und Produkte; PP-Bücher von Fremdautor/innen; die Schreibgeräte – Füllfederhalter, Tinte, Schreibmaschinen, …; die Arbeits- und Schreibplätze; die Briefmarken; die Bücherschränke im öffentlichen Raum; die Murals; die Museen; die Zitate und Denkmäler im öffentlichen Raum; …
  2. Die Frequenz: …
  3. Das Konzept: Coffeecup-Poems, Hat-Poems, T-Shirt-Poems, Mural, the most famous Poems with big P-E-R-P-E-T-U-U-M P-U-B-L-I-S-H-I-N-G-S letters (-> each letter one poem), Netflix series, Songs, Rolex-Marketingblätter, der Zeppelin, der Schiffscontainer, das Flugzeug mit der Schlaufe.

Ich weiß, dass ich mich gerade an einem ausgesprochen wichtigen Punkt in meinem Leben befinde, der richtungsweisend, wenn nicht sogar weltverändernd ist. Viel ist weggebrochen von der Identifikation mit meinem alten Selbst und ich sehe mehr und mehr aus meinem Licht, aus meiner Liebe, aus meinem wahren Selbst heraus. Ja, ich bin in Gänze verantwortlich für mein Leben. Heute stand ich in dem unteren Bad in welchem es einen großen Spiegel gibt vor der Scheibe und blickte mich an, ich blickte in meine Augen. Es war ein sehr langer und tiefer Blick, es war die Erkenntnis, dass dieses Leben in Gänze verantwortlich ist für den eigenen Werdegang und für die Entwicklung von „Perpetuum Publishings“. Es bricht durch und aus mir heraus. Ich bin ein befreites Wesen und in erster Linie ein Mensch. Ich bin ein unglaublich reiches Wesen. Ich bin reich. Ich bin reich. Ich bin frei. Ich bin Liebe. Ich bin Licht. Ich bin Liebe. Ich bin frei. Ich bin reich. Ich bin in Gänze verantwortlich für mein eigenes Leben. Ich bin in Gänze verantwortlich für mein eigenes Leben. Ich bin meines Glückes Schmied.

19:29 Uhr

Ich bin reich. Notizbuch no. 301, Notizbuch no. 313, Notizbuch no. 314, Notizbuch no. 315, Notizbuch no. 316, Notizbuch no. 317, Notizbuch no. 318, Notizbuch no. 320, Notizbuch no. 321,

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Notizbuch no. 322, Notizbuch no. 323, Notizbuch no. 325, Notizbuch no. 326, Notizbuch no. 327, Notizbuch no. 328, Notizbuch no. 329, Notizbuch no. 330, Notizbuch no. 331, Notizbuch no. 332, Notizbuch no. 333, Notizbuch no. 334, Notizbuch no. 335, Notizbuch no. 336, Notizbuch no. 337, Notizbuch no. 338, Notizbuch no. 339, Notizbuch no. 340, Notizbuch no. 341, Notizbuch no. 342, Notizbuch no. 343, Notizbuch no. 344, Notizbuch no. 345, Notizbuch no. 346, Notizbuch no. 347, Notizbuch no. 348, Notizbuch no. 349, Notizbuch no. 351, Notizbuch no. 352, …

Mondongo – Samstag, 21. Oktober 2023

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07:23 Uhr

Ich liege auf dem Bett und bin wieder blockiert. Mir wurde vorgeschlagen, dass ich das Wochenende über nach Cotacachi fahren könne. Ich packte – aber mehr pflichtbewusst denn aus dem Innen heraus. Irgendwie ist es eine Samstagskrise, was mache ich hier in Südamerika? Die Zeit heilt alle Wunden, gestern habe ich einen Vortrag von Neville Goddard mit dem Titel „Imaginal Acts Become Facts“ für ein paar Minuten angehört. Aufgrund der schlechten WLAN-Verbindung war es allerdings recht anstrengend ob der vielen Pausen. Ich könnte alles haben. Ja. Ich könnte alles haben. Aber was mache ich? Okay, ich schreibe wieder, ich befinde mich auf Seite 81, ich spüre den Hunger in meinem Innen und dieser Hunger ist es, der mich etwas fühlen und die Freude nach der nächsten Mahlzeit wieder größer werden lässt. Ich habe Kopfweh, eine ungesunde Energie steckt in mir fest, ja, ich bin blockiert. Ich bin abgenabelt von dem Leben, abgekoppelt, abgeschottet und isoliert. Die natürlichen Bedürfnisse anderer Menschen nach sozialem Zusammenhalt, nach Gemeinschaft und Austausch, nach Lachen und Komik – ich trage sie nur bedingt in mir. Vermutlich kann Mensch nicht unberechtigterweise die Frage stellen, warum ein 33-Jähriger mit einem guten Masterabschluss, mit mehreren Sprachkenntnissen, mit der Neugierde nach der Fremde und dem Unbekannten, mit Reiselust und einem Fahrrad die Ungewissheit des Schreibens und des damit verbundenen Lebens einem sicheren und geregelten Job vorzieht. Bei diesem Angestelltendasein kam mir alles wie eine Farce vor. Innerlich verachte ich dieses moderne Sklaventum, die eigene Lebenszeit gegen eine gewisse festgelegte Summe von Geld je Zeiteinheit einzutauschen. Es ist schlichtweg lächerlich. Mit dem Schreiben ist die Freiheit als auch die Pflicht verbunden, ein Werk zu erschaffen. Früher meinte ich, dass es keine sonderlich wichtigen Regeln ob eines guten Schreibens gibt. Mittler-…

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weile habe ich diese Sichtweise revidiert, sage allerdings immer noch, dass es schlichtweg das Wichtigste ist kontinuierlich zu schreiben. Immer weitere Schichten werden freigelegt und exakt dann wenn du meinst bereits alles mit Worten gefasst zu haben hast du eine neue Erkenntnis (oder eine Krise – was mehr oder weniger gleichbedeutend ist) und du siehst die Dinge aus einer veränderten Perspektive und kannst de facto auch wieder frisch schreiben. Die Sonne scheint, ein Hund bellt, ich habe Sehnsucht nach Kaffee, etwas hält mich an der Großstadt und gleichzeitig stößt sie mich ab. Ich möchte heute gen Park laufen, mich fallen lassen und einfach sein. Ich weiß nicht, ob mir das gelingen wird. Ich möchte mit Ma. telefonieren, doch möchte dafür einen ungestörten Platz haben. Wieder liege ich hier und atme einfach, frage mich, was an diesem Wochenende geschehen wird (ergo was gelesen und geschrieben werden wird) und bin einfach. Ja. Ich muss niemandem etwas beweisen. Wenn du irgendeine Diagnose hast bist du nicht weniger Mensch oder nicht weniger wert. Du musst schlichtweg die Verbindung zu deinem höheren Selbst aktivieren und einfach aus deinem Inneren heraus sein. Meine mittlerweile drei Tattoos sind immer noch eine Art kindliche Protestform gegenüber der Konvention. Ich bin ohnehin ein Mensch, der lieber Kontra gibt als mit der Masse mitzuschwimmen. Das hat mir schon viele Probleme beschert. Ja. Jetzt weiß ich gerade nicht so recht, was ich schreiben soll. Fortsetzung folgt…

08:34 Uhr

Wenn du keine Richtung hast in die du gehst wirst du in die Richtungen anderer Menschen gegangen. Die Sehnsucht nach dem Leben treibt mich an, die Gewissheit nach dem Ursprung hält mich und trägt mich. Irgendwo zwischen Afrika und Australien werden in diesem Moment wieder Fische unter der Oberfläche des Wassers ihre Kreise ziehen und die Möwen in die Höhe steigen. Ja. Ich glaube, dass Ushuaia als vermeintliches Ziel dieser Reise nur ein Name ist und nicht dazu bestimmt ist erreicht zu werden. Aber schon gut, all die Bausteine der Gegenwart erschaffen unweigerlich ein Monument der größeren Sorte. Keine Ahnung, was morgen ist, ob ich sie noch einmal wiedersehen werde und warum ich sie überhaupt wiedersehen möchte. Alles nichts als Schall und Rauch, doch wir wurden dazu bestimmt in diesem Leben den Tod als Freund zu umarmen. Denn die Vergänglichkeit ist omnipräsent, das Raum-Zeit-Gefüge ein ewiglicher Kosmos. Summen von Vögeln ziehen wieder gen Süden, Simplizität wird unweigerlich die Obhut erlangen und an diesem Wochenende tanzen sie in Magdalena. In der Zukunft scheint das Licht an jedem Ort der Welt unglaublich hell und es lohnt sich einzutauchen in die Wassermassen der Universen. Das Trauma einer nicht gelösten Tat zieht sich gleich einem zerstörerischen Faden durch ein jedes Gemälde das zu erschaffen wirst. Aber das Göttliche besteht immerzu und die Hölle ist eine Illusion des Verstandes. Das Schreiben in Lateinamerika ist ein anderes, das Schreiben in Ecuador ist auf eine andere Art freier als das in Kolumbien. November und Dezember – zwei Monate verbleiben noch im Jahr 2023 inklusive der 10 Tage im Oktober. Wo ist mein „Der Nagel im Kopf“? Wo ist mein …

09:00 Uhr

Wo ist mein Kopf? Wo ist mein Spieltrieb? Wo ist mein Kind?

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10:53 Uhr

Ich befinde mich im Café Rio Intag hier unmittelbar in der Guanguiltagua und dem Parque Metropolitano de Quito Guanguiltagua, habe soeben für einen Dollar eine Flasche mit frisch hergestelltem Karotten-Orangensaft erworben und mich ob meiner fehlenden Kopfbedeckung dann schließlich dafür entschieden in dieses Café zu gehen und mich dem Schreiben zu widmen. Tatsächlich ist das Besondere am Schreiben in Cafés, dass es einem in Verbindung mit den Spaziergängen und all den Beobachtungen samt Gedankengängen in Erinnerung bleibt. Und durch die Einung mehrerer solcher sprichwörtlichen Gedankengänge entsteht schließlich ein Buch, ein fertiges Werk, das in fremde Hände übergeben werden kann und früher oder später auf einer gewissen Ebene Bekanntheit erlangen wird. Gerade fühle ich mich hier wohl, hier im Schatten auf der Außenterrasse sitze ich gerade alleine. Im Hintergrund singt eine Frauenstimme auf englisch, sie wird

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von einem Klavier, von einem Kontrabass und eventuell von einer Geige begleitet. Ja, hier sitze ich in Quito in einem Café und schreibe, trinke Orangensaft und denke an Ma. – vor einer knappen halben Stunde telefonierten wir, ich konnte mich allerdings nicht so richtig konzentrieren, da meine Füße mir mitteilten, dass sie die Nachbarschaft erkunden mögen. Ich ging aus dem Haus, lief 20 Meter, mir kam eine ältere Dame entgegen und sprach mich unmittelbar an. Sie sagte glaube ich einfach nur: „Sie sind sehr schön“ auf spanisch, „Sie haben sehr kraftvolle Augen. Beten Sie für meine Gesundheit.“ Bei der eigenen Gesundheit hängt alles miteinander zusammen, sie wird von der Seele getragen, sie ist Bestandteil einer nicht enden wollenden Reise. Seit knapp 10 Minuten warte ich auf meinen Americano und frage mich, ob sie die Kaffeebohnen erst pflanzen müssen. Die Postkarte aus Tepoztlán in Mexiko an meinen Vater und seine Freundin wartet immer noch darauf geschrieben und mit einer Briefmarke versehen zu werden. Tatsächlich ist dies im Ausland gar nicht immer so einfach. Aber gut Ding will Weile haben und Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut. Sollte ich nicht für eine geraume Zeit in Quito leben? Ich glaube, dass ich mich hier in dieser Stadt ausgesprochen gut fallen lassen und verlieren könnte. Ich brauche dringend eine Kopfbedeckung, ein viertes Exemplar von den Lindau Gospels, ein T-Shirt mit Ecuador- oder Lateinamerikabezug und die Gewissheit, dass jedes Zeichen das ich schreibe inklusive all der Leerzeichen eine Daseinsberechtigung hat. Es gibt zwei Seiten im Leben: In einem Café als Barista (m/w/d) zu arbeiten oder am Tisch als Gast (m/w/d) zu sitzen und zu schreiben und sich bedienen zu lassen. Aber alle Tage – mögen sie noch so schön sein – haben früher oder später ein Ende. Ma. wird jetzt vermutlich in Barcelona bei der Palästina-Demonstration sein und gemeinsam mit all den anderen hunderten oder vermutlich eher tausenden von Menschen gemeinsam demonstrieren. Ich bewundere sie dafür. Ich glaube, ich war einmal kurz bei einer Demonstration. Ich finde es wichtig, dass sich Leute für etwas einsetzen, aber

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ich sitze lieber und schreibe und lasse andere ihre Wege gehen und bestreiten. Ich muss zum Friseur gehen. Das letzte Mal war ich zwar erst in Ibarra vor knapp fünf oder sechs Wochen aber dennoch ist es wichtig für meine Gesamterscheinung.

11:30 Uhr

Wenn dir etwas wichtig ist, dann musst du dich darum kümmern. Im Leben werden wir alle von dem Glauben getragen, er treibt uns an, er zieht uns, er verleiht uns Flügel und er hilft beizeiten Unmenschliches zu ertragen. Der Glaube ermächtigt uns über uns selbst hinauszuwachsen, er gibt uns Mut und Vertrauen, Courage und Schönheit. Letztlich ist es der Glaube, der dazu bestimmt ist, Erfüllung zu finden. Wir sind alle enger als eng miteinander verflochten. Es gibt kein Zurück auf deinem Weg. Jeder Schritt den du gehst wird dein Sein unweigerlich prägen. Du wurdest dazu bestimmt zu fliegen. Dein Spirit währt ewiglich. Im Intag-Tal sagen sich Hase und Fuchs gute Nacht während all die Morpho-Schmetterlinge von Kanada aus nach Mexiko fliegen. Ja. In meinem Leben werde ich mich noch in Ushuaia befinden. Aber auf dieser Reise? In diesem Leben? Im dritten Jahrtausend? Tatsächlich übersetzte ich gestern das „Der kleine Prinz“-Zitat und es war ein wenig anders als ich es mir vorgestellt habe. Es lautet in etwa wie folgt: „Ich werde einige Raupen ertragen müssen, wenn ich Schmetterlinge kennenlernen will.“ Es missfällt mir, da es trennt. Es trennt die Menschen im Sinne eines Betrachtenden in Raupen und Schmetterlinge. Es separiert. Ja, es trennt. Gleichzeitig steckt ein gewisser Funken Wahrheit in ihm. Denn nicht jede Kombination aus Schmetterling und Raupe ist auch passend. Es gibt Raupen, die Schmetterlinge sind und es gibt Schmetterlinge, die Raupen sind. Freilich ist es keine allgemeingültige Wahrheit und die Summe der Dinge ist ewiglich gleich, da das Momentum sich fügt. Ich bin dankbar für dieses Leben und weiß, dass früher oder später all die Fragen ein Ende haben werden. Ich bin dankbar für dieses Leben und ich bin dankbar für meine Gesundheit. Ja, im neuen Jahr werde ich zurückblicken und wissen, dass ich 2023 Notizbuch no. 60 beendet haben werde. Ja, unwei-…

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gerlich fügen sich die Dinge. Meine Seele fliegt wieder und wohin wird sie mich noch tragen in diesem Leben in diesem Körper? Ich kann es nur ahnen und vermuten. Wie ich hier so sitze und schreibe denke ich wieder an JPD und wie er dort im Vauban Stadtteil vor der Baguelerie Marseillaise saß und schrieb. Es gibt ein paar Bibliotheken auf dieser Welt, die mir am Herzen liegen.

13:55 Uhr

Endlich schreibe ich wieder mit dem anderen Füllfederhalter. Es ist ein gänzlich anderes Schreibgefühl. Ich bin stolzer Besitzer eines weiteren Paperblanks-Notizbuches. Eigentlich wollte ich in der „Livreria-EC“ das weitere Lindau Gospels Exemplar erwerben, doch fand stattdessen „Madame Butterfly“ von Benjamin Lacombe. Im Regelfall sind die Schöpfenden der Cover bereits tot. Doch er lebt noch und automatisch keimte in meinem Herzen ein wenig Boshaftigkeit auf. Warum hat er Erfolg und ich nicht? Aber ich darf dieses Gefühl akzeptieren und mich auf die Ursachenforschung nach den dahinterliegenden Gründen begeben. Ich habe eine volle Tasse mit Koka-Tee und Notizbuch no. 58 bereits im Visier. Langsam fange ich wieder an zu leben. Die Menschen sehen automatisch, welcher Mensch du bist oder vielmehr welches Herz du trägst. Alles benötigt seine Zeit in diesem Leben. Es ist ein immenses nicht mit Worten zu fassendes kollektives Wachstum der Menschheitsgeschichte. Wir sind da allesamt miteinander involviert. Ich denke wieder an „Embraced by the Light“ und an die wahre Größe des eigenen Seins jenseits der materiellen Ebene. Ich befinde mich in einer immensen Metamorphose. So wie ein jeder andere Mensch, so wie ein jedes Unternehmen, so wie eine jede Institution auf diesem Planeten. Armut ist die Illusion. Reichtum ist die Wahrheit. Wir sind wahrlich im Prozess der Manifestierung von etwas unglaublich Großem. Unsere Werke werden noch in tausenden von Jahren bestehen bleiben wie die Pyramiden von Gizeh, wie Machu Picchu, wie all

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die anderen archäologischen Plätze dieser Welt mit einer generationenübergreifenden Geschichte. Wieder spricht es aus meinem Innen heraus: „Glaube an dich.“ Ich bin mittendrin statt nur dabei. Ja, es ist wahrlich genial. Mache schlichtweg das was aus den Urtiefen deines Selbst natürlich ist. Habe keine Scham oder Scheu dich zu blamieren. Immer wieder dringt das Bild einer Schreibmaschine in meinen Kopf. Immer wieder dröhnt es da aus meinem Innersten heraus: „Julian, du musst schreiben, folge deiner Bestimmung, glaube an dich.“ Die Momente der Ewigkeit werden mehr, mein Herzschlag wird immer kräftiger und der Flug zeitloser. Wieder sind es der Spirit of Eternity, der Spirit of Canada und der Spirit of Zurich. Sie wirken gemeinsam. Das Feuer brennt unter dem sternenleuchtenden Nachthimmel und die Sonne erleuchtet die sagenumwobenen Rätsel. „Glaube an dich. Glaube an dich.“ Ich befinde mich im Jahr 2028, bin 38 Jahre alt und nummeriere an einem regnerischen Herbstsamstag im Hinterland Kataloniens das Notizbuch no. 158 und das Notizbuch no. 159 und das Notizbuch no. 160 und das Notizbuch no. 161 und das Notizbuch no. 162 und das Notizbuch no. 163 und das Notizbuch no. 164 und das Notizbuch no. 165 und das Notizbuch no. 166 und das Notizbuch no. 167 und das Notizbuch no. 168 und das Notizbuch no. 169 und das Notizbuch no. 170 und das Notizbuch no. 171. Ich muss eine Pause einlegen, mein erstes Kind ist vier Jahre alt, all die Holzspielzeuge liegen auf dem Dielenboden verstreut. Ich öffne die Terrassentüre, lege einen Holzscheit im Kamin nach, setze Wasser auf und mache ein paar Lockerungsübungen. Ich blicke auf die „Perpetuum Publishings“-Buchregale no. 1, 2, 3, 4 und 5. Mittlerweile befindet sich auf jedem Kontinent mindestens eines dieser Exemplare. Unweigerlich sind wir alle miteinander verflochten. Mittlerweile sind es 47 Bücher aus meiner Feder die in der Glasvitrine stehen. Finn hat sie geöffnet und „Heal your Heart – El Diario“ herausgezogen. Nun

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befindet sich da auf Seite 493 eine meisterhafte Krakelei. Ich klaube das Buch vom Boden auf und mich trifft der Schlag. Ich lese wie ich in Quito im Dachgeschoss am Schreibtisch sitze und beim Fließen der Tränen auf Seite 87 in „Star no. 5001“ schreibe, berechne, wie ich im Jahr 2028 im Hinterland Kataloniens am Schreibtisch mit einem weiteren Berg frischer Notizbücher sitze und sie bereits für die nächste Dekade nummeriere. Seitdem war ich in Summe acht Mal in Lateinamerika. Es ist ein Teil meiner Weltenseele. Ich habe neben Mexiko, Kolumbien, Ecuador und Peru schließlich doch auch Bolivien, Chile, Argentinien, Uruguay, Paraguay und Brasilien besucht. Vier Mal fuhr ich mit dem Zug von Cusco bis nach Aguascalientes, hatte jedes Mal davon inspirierende Begegnungen und wurde stets im selben Hotel mit der Dachterrasse von der bezaubernden Dame begrüßt. Drei Mal davon erhaschte ich Blicke auf Bücher von mir, die da von Seelen in Rucksäcken getragen wurden, auf Tischen lagen oder vor Köpfen mit Händen hingen. Eine Träne fällt auf das Papier, in der Luft steht ein Staubkorn, ja, kurz taucht eine Erinnerung von der russisch-orthodoxen Kirche auf dem historischen Friedhof in Weimar neben Schiller und Goethe auf, zum zweiten Mal sitze ich da im Jahr 2036 mit Notizbuch no. 311 auf dem Schoß. Ich bin freilich 46 Jahre alt und erinnere mich daran, wie ich selbiges Notizbuch wie auch das Notizbuch no. 310, das Notizbuch no. 309, das Notizbuch no. 308, das Notizbuch no. 307, das Notizbuch no. 306, das Notizbuch no. 305, das Notizbuch no. 304, das Notizbuch no. 303, …

14:33 Uhr

Ich trinke den Koka-Tee, warte auf diesen Friseurtermin, in Genf ist es 21:34 Uhr, ich bin ein wenig müde, da ich mich daran erinnere, wie ich irgendwo zwischen Murakami, Lem, Rilke, Heming-…

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way, Allende und Konsorten mich behauptete, da ich nicht aufgab damals an diesem kalten verregneten Herbsttag im Hinterland Kataloniens mit der Nummerierung des Notizbuches no. 172, des Notizbuches no. 173, des Notizbuches no. 174, des Notizbuches no. 175, des Notizbuches no. 176, des Notizbuches no. 177, des Notizbuches no. 178, des Notizbuches no. 179, des Notizbuches no. 180, …
Meine Hand schmerzt, bin ich verrückt, vermeintlich rebelliert alles in mir, sicherlich gibt es diese Stimme die da spricht: „Julian, hast du noch alle Notizbücher im Schrank…?“ Und freilich schenke ich ihr Beachtung. Ich stehe da mitten in der Nacht im Jahr 2047 bei Vollmond von meinem Schreibtisch und somit auch von Notizbuch no. 555 und meinem beinahe beendeten Vollmondgedicht auf, nehme den silbernen Kerzenhalter in die Hand und gehe zu „Perpetuum Publishings“-Buchregal no. 5 um die nicht vorhandenen Schranktüren zu öffnen und zu überprüfen, ob ich da noch alle Notizbücher auf den Brettern stehen habe. Freilich, da sind sie feinsäuberlich notiert: Notizbuch no. 181, Notizbuch no. 182, Notizbuch no. 183, Notizbuch no. 184, Notizbuch no. 185, Notizbuch no. 186, Notizbuch no. 187, Notizbuch no. 188, Notizbuch no. 189, Notizbuch no. 190, Notizbuch no. 191, Notizbuch no. 192, Notizbuch no. 193, Notizbuch no. 194, …
Ich denke an die Leserin, die gemeinsam mit mir gewährleistet, dass neben Notizbuch no. 195, Notizbuch no. 196 und Notizbuch no. 197 steht, sie sitzt im Zug am Fenster auf der Strecke Moskau – Kiew, trägt ein Regenbogen-T-Shirt und wird nur marginal von den an die Fensterscheibe prasselnden Tropfen abgelenkt. Sie hat wahrlich keinen Plan was sie aus ihrem Leben anstellen soll, die letzten drei Nächte schlief sie nicht, sie ist 27 Jahre alt und dachte schon daran in Prag in einer Nacht von der Brücke in die eiskalte Moldau zu springen. Aber sie fand

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diese weiße Feder auf dem Boden, sie hatte all die Déjà-Vus und den Glauben, die Begegnungen und die Freundschaften, die auf gewisse Zeit pausiert waren. Irgendwo in Josefov V kaufte sie sich einen Füllfederhalter mit ihrem letzten Ersparten und weiß, dass sie nachdem sie Notizbuch no. 198, Notizbuch no. 199, Notizbuch no. 200, Notizbuch no. 201, Notizbuch no. 202 … gelesen haben wird …

14:53 Uhr

04:53 Uhr AM in Tokio, schwere Regentropfen fallen auf den Boden und ich stelle mir vor, dass ein jeder Tropfen ein verkauftes „Perpetuum Publishings“-Buchexemplar repräsentiert. Ich bin 100 Jahre alt, es ist das Jahr 2090 und ich habe mittlerweile Notizbuch no. 1.404 in Quito auf dem Schreibtisch liegen. Es ist die Seite 1, ich stecke fest, befinde mich in einer weiteren Schaffenskrise, möchte allerdings noch mindestens zwei Seiten schreiben, bevor ich mich gemeinsam mit Ma., meinem inzwischen 67-jährigen Sohn Finn samt seiner Frau und seiner Tochter, ihrem Mann und ihren drei Kindern treffen möchte. Wir werden für fünf Tage nach Magdalena fahren, es ist ein Familienausflug der kleineren Sorte, Perpetuum-Tag no. 25.232 und sonnig. Als kleine Erinnerung an das Schreiben damals am 21. Oktober 2023 habe ich all die vermeintlichen „Notizzettel“ aufgehoben. Ohnehin habe ich seitdem keine „Notizzettel“ mehr weggeworfen. Ja, es soll zwei oder drei Mal vorgekommen sein, dass aus meinem Müll sogenannte „Gedankenstützen“ genommen und dann auf Auktionen für ein paar hunderttausend Dollar versteigert wurden. Nicht mit mir, so erkannte ich selbst das krakeligste Wort als Meisterwerk an – Picasso oder Van Gogh lassen grüßen. Klar ist es verrückt, wie ich damals als 33-Jähriger mit den Hermesschuhen (jene mit der gelben Sohle) den Überblick bei der Nummerierung all meiner künftigen Notizbücher behielt. Aber irgendwie fand ich den Durchblick zwischen Notizbuch no. 203 und Notizbuch no. 302, zwischen

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Notizbuch no. 312 und Notizbuch no. 400, zwischen Notizbuch no. 901 und Notizbuch no. 888.

20:08 Uhr

Ich habe eine neue Smartphonehülle für mein iPhone XR in rot von ihr überreicht bekommen samt fünf 1 Dollar-Münzen. Zwei Mal James Monroe, ein Mal James Madison, zwei Mal „Liberty“. „E PLURIBUS UNUM“. Gesegnet ist das Göttliche. Die Ewigkeit währt ewiglich. Nein, du bist weder ohnmächtig noch hilflos. Du bist exakt an dem Punkt da du dich befinden musst um noch weiter zu wachsen. Die Kerze, sie brennt wieder. Ich habe mir heute mein erstes Feuerzeug in Ecuador erworben. Ich glaube tatsächlich, dass es mein erstes erworbenes Feuerzeug auf der südlichen Hemisphäre unseres Planeten ist. Es ist gelb und wurde in Brasilien hergestellt. Junge, schreibst du? Ja? Okay, dann ist alles gut. Ich bin in Gedanken bei der Venezolanerin von dem Smartphonehüllenladen. Sie sieht zu gefährlich aus. Sie ist zu braun gebrannt, hat zu viele Tattoos, ein zu hübsches Dekolletee, sie ist in Summe zu perfekt um wahr zu sein. Und gleichzeitig hat sie sich gegenüber mir so normal verhalten, gleichzeitig hat sie mir all diese Blicke zu lange zugeworfen. Verdammt. Wieder hat es mich gepackt. Fuck. Fuck. Fuck. Vermutlich könnte ich mit ihr zum ersten Mal in meinem Leben auf der südlichen Hemisphäre schlafen. Ich glaube, dass ich mich mein gesamtes Leben daran erinnern würde. Und gleichzeitig würde ich Ma. damit so verdammt stark verletzen. Aber ich muss sie wiedersehen und gleichzeitig an all den Erinnerungen an die Nummerierung von Notizbuch no. 204 und Notizbuch no. 205 und Notizbuch no. 206 und Notizbuch no. 207 und Notizbuch no. 208 und Notizbuch no. 209 und Notizbuch no. 210 und Notizbuch no. 211 und Notizbuch no. 212 und Notizbuch no. 213 und Notizbuch no. 214 und Notizbuch no. 215 festhalten. Und gleichzeitig ist da ihr Körper, gleichzeitig sind da ihre Rundungen, gleichzeitig ist da ihr Busen, gleichzeitig ist da ihre Stärke und ihr Vertrauen, gleichzeitig ist da ihre Haut und ihre Frisur, gleichzeitig ist da ihr Mund und ihr Wesen, gleichzeitig sind da ihre Augen. Verdammt…

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Mein Kopf explodiert. Meine Vorstellungskraft wird gerade zerschossen. Mein Sein surreal. „Courage, Dear Heart.“ Ein Tiefflieger der größeren Sorte. Die Zerrissenheit in meinem kleinen Selbst. Verdammt. „Courage, Dear Heart.“ „Courage, Dear Heart.“ Ich sollte sie zu meiner „Madama Butterfly“ machen. Herz, wo bist du? Verdammt. Verdammt. Verdammt. Verdammt. Gerade fliege ich so stark auf der Frequenz meiner Träume. Verdammt. Ich wache auf, vielleicht war alles nichts weiter als nur ein Traum. Ich spüre da einen anderen Menschen neben mir, ich spüre all die Wärme und die Sanftheit, ihren kontinuierlichen Atem, ihren zarten Duft, ich halte ihre Haare in meiner rechten Hand und drehe meinen Kopf nach rechts. Ich erschrecke, denn es ist nicht die Frau, die ich erwartet habe. Ich muss den Spiegel zerschlagen, ich bin Tom Cruise in „Vanilla Sky“ und sie ist…

20:40 Uhr

Ich liege wieder im Bett. Neben mir befindet sich die brennende weiße Kerze auf „Madame Butterfly“, mein iPhone XR mit der roten Silikonhülle, mein Reisepass sowie mein anderer Füllfederhalter als Tintenvorrat. In meiner rechten Hand halte ich wieder die silberne Gebetskette. Auf dem Notizbuch liegt ein viertel Dollar aus dem Jahr 2022. Er ist silbern und funkelt verdammt beeindruckend. Dort ist das Bildnis von Anna May Wong samt ihrer Hand. Julian, wenn du gut schreibst wirst du auf Briefmarken, auf Geldscheinen oder -münzen, in Buchläden und im Fernsehen erscheinen. Du hast es wieder sprichwörtlich in der Hand. Wieder höre ich Neville Goddard: „that we burry them into their funerals and they can’t believe it, because they are not dead and you are telling them that they died, that if a thing dies it is dead…“. Ja, die Zeit mag befremdlich sein. Aber umso wichtiger ist es, dass wir auf eine ganzheitliche Sicht betrachtet handeln. Wir dürfen vertrauen. Wir dürfen all den Reichtum unser Eigen nennen. Wir dürfen die ganze Liebe aus unserem Herzen heraus zulassen. Ja, ich bin dankbar für diesen heutigen Tag. Ich bin dankbar für all die Begegnungen und Momente der Zeitlosigkeit. Ich bin dankbar für die Sprachaufnahme von Neville Goddard. “I am writing Shakespeare today!” Ja, das ist die Wahrheit. Period!

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Meine Wünsche für die Zukunft:

  • „Heal your Heart – El Diario“ fertigstellen und in meiner Hand halten
  • Mit einer Schreibmaschine schreiben
  • Notizbuch no. 57 beenden
  • Mit einem Toyota LandCruiser fahren
  • Ma. besser kennenlernen
  • Bolivien besuchen
  • Meine eigene Wohnung haben
  • Den Frieden in meinem Herzen immer weiter hinaus in die Welt tragen
  • Meine Nächsten lieben und weiter die Kunst des Vergebens praktizieren
  • Ein „Perpetuum Publishings“-Mural erschaffen auf einer öffentlichen Hauswand oder Mauer
  • Einen Frauenkörper beschreiben mit Worten der Schönheit
  • Die „Perpetuum Publishings“-Mütze mit „PP – Believe in Words“ erstellen
  • Den „Perpetuum Publishings“-Kalender 2024 erstellen
  • Das Chiribiquete-Logo digitalisieren und den Chiribiquete-Aufkleber in 1.000-facher Ausfertigung erstellen
  • Das „Perpetuum Publishings“-Verlagsprogramm erstellen
  • Mein erstes Buch im Buchladen kaufen
  • Den Onlineshop einrichten
  • „Perpetuum Publishings“ als Buchverlag anmelden
  • Die Frau aus dem Smartphonehüllenladen treffen
  • Die zwei Leinwände in Ecuador mit Leben füllen
  • Den Blogeintrag „365 days of Writing – The Stats“ veröffentlichen
  • Für 111 Euro Werbung für die Internetseite schalten
  • Den Blogeintrag „6 Monate Perpetuum Publishings – Die Internetseite“ veröffentlichen

Valladolid – Freitag, 20. Oktober 2023

09:32 Uhr

Wir sitzen hier vor dem Ministerio del Ambiente, Agua y Transición Ecológica weil es eine Angelegenheit zu regeln gibt. Ich mag diesen Stadtteil hier mit den spanischen Straßennamen, mit Barcelona, Madrid, Valladolid, Mallorca oder Pontevedra. Das Schreiben gestern Abend war ein kleiner Wahn, ich bin froh, dass ich dennoch um 06:00 Uhr mit nur leichtem Kopfweh aufstehen konnte. Ich fühle mich wohl, alles wird sich zur passenden Zeit regeln. Ich habe wieder Motivation und Antrieb E-Mails zu schreiben, alte Kontakte und Verbindungen zu aktivieren, „Perpetuum Publishings“ weiter voranzutreiben und den nächsten zwei oder drei Büchern kontinuierlich Form zu verleihen. Manche Dinge brauchen manchmal einfach Zeit, die Sonne geht jeden Tag auf und wieder unter. Das mag ich hier am Äquator, dass jeder Tag gleich lang ist, dass es keine zentralen Differenzen gibt zwischen den Jahreszeiten, dass es möglich ist die Routinen und Gewohnheiten so zu organisieren, dass sie in all den Monaten sich gleichen.

09:49 Uhr

11 Tage verbleiben noch im Oktober. Was geschieht in diesem Zeitraum? Was werde ich im November schreiben? Wohin verschlägt es mich in Zukunft? Was ist mir wichtig? Was mache ich in 10 Stunden? Wer zeichnet das Morgen? Wer findet die Antworten auf die zentralen Fragen?

10:10 Uhr

Für die Internetseite habe ich „Fünf Exemplare Lindau Gospels“, „Der kleine Prinz auf Reisen“ und „Die Schreibgeräte“ im Blick. „Die Schreibgeräte“ wird aufgeteilt in Computer, Füllfederhalter, Federkiele, Schreibmaschinen und Smileys / Symbole. Drei Lindau Gospels habe ich bereits gefüllt, zwei dürfen noch erworben und manifestiert werden.

Seite 69

13:07 Uhr

Ich brauche Freiraum, alles stürzt auf mich nieder und mein Selbst ist verloren in all den Möglichkeiten und Handlungsoptionen. Ich tauche ab bis in den Mariannengraben und tauche noch tiefer. Ich tauche ab auf Ewigkeiten. Ich zerfließe. Ich rebelliere. Ich gebe auf. Ich verzweifle. Ich taumle und ich falle. Ich rausche mit Lichtgeschwindigkeit jenseits von Raum und Zeit. Ich verbinde mich mitten in meinem Wesenskern, doch kann mich nicht finden. Ich renne immer schneller auf die Klippe auf den Abgrund zu. Ich springe und meine Flügel breiten sich aus, ich muss nicht der Kitt für die nicht gelösten Probleme anderer Menschen sein. Ich muss einzig leben und mich im Angesicht der Göttlichkeit wandeln und hergeben. Ich darf lieben und in meinem ganzen Licht erstrahlen. Ich kann geben ohne Angst haben zu müssen, mich dabei zu verlieren. Ich kann sein und die Zeit anhalten. Wieder habe ich den Schutzpanzer aufgesetzt, wieder schreibe ich, wieder wirke ich. Gerade bin ich von meinen anderen Notizbüchern und von meinem Notebook, von meiner Solarlichtleuchte und meinem kalifornischen Salbei getrennt. Es kann eine Aufgabe sein von diesen Gütern wie auch von dem dschungelnilgrünen Rucksack loszulassen und mich hier in der Gemeinschaft einzufügen. Doch das fühlt sich nicht richtig an. Ich befinde mich auf der Reise. In „Der Nagel im Kopf“ las ich heute: „Fragt man mich, was mir Heimat bedeutet, sage ich Kindheit. Es ist da, wo man die Welt erstmals erblickt und erlernt und Vertrauen gefasst hat. Ich spreche in alten Vorstellungen von Heimat.“ Es sagt viel aus über mich, dass ich einen Schriftsteller zitiere, den ich irgendwie nicht so richtig mag. Ein Nizon ist eben kein Coelho, kein Murakami, kein … Ein Nizon ist ein Nizon. Entweder man mag ihn, oder man mag ihn eben nicht. Ja, es ist eine Zeit der Wunder. Aber man muss auch

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den Mut haben, sie als solche wahrzunehmen und dann damit umzugehen. Es ist der Freitag, der 20. Oktober 2023 um 13:22 Uhr in Quito. Ich höre „Savasana II“ von Gabriele Morgan. Ich schreibe auf Seite 69. Ich gehe bereits meinen Weg. All die Eindrücke heute waren wieder einmal Beweis genug, dass ich mich längst auf meiner Reise befinde. Gefühlt schaute ich all die Frauen an die meinen Weg kreuzten. In meinem Blick, in meinem Herzen, in meiner Seele befand sich die Liebe, ich nährte mich an ihrer Schönheit und an ihrer Liebe. Manche erwiderten meine Aufmerksamkeitsbekundungen und umarmten mich so innerlich irgendwie. Wieder bilden sich Tränen in meinen Augen, weil ich eventuell noch mein gesamtes Leben lang Beziehungen aufgrund von Ungereimtheiten, aufgrund von nicht geklärten Konflikten oder einem fehlenden Gefühl von Freiheit und Entfaltung zugrunde gehen lasse. Alles kann zerbrechen. Mein Herz ist erkrankt. Ich befinde mich ein weiteres Mal in den Überresten der Glut. Als Phönix winde ich mich in der Asche, nehme über mir einen Schmetterling wahr, wie er sich aus der Verpuppung befreit und gen Norden fliegt. Insgeheim verdamme ich alles und jeden. Ja, vielleicht ist das mein Problem. Alles ist scheiße. Alles ist nichts als Fassade. Aber irgendetwas muss ich mit meiner Energie schließlich machen. Also konzentriere und fokussiere ich mich. Wieder die Kopfhörer, wieder der Tunnelblick, wieder das Licht dort irgendwo am Ende das mich antreibt und zieht. Julian, behalte dir das Vertrauen, gehe beharrlich deinen Weg, schmücke dich nicht mit fremden Federn, denn es steht dir nicht gut. Lasse deine Wurzeln immer weiter im Boden verwachsen und beiße dich fest. Lasse los und entspanne. Atme tief ein und aus und

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wisse, dass du geschützt bist. Sei einfach. Sei ganz schön viel. Raune mit den Wölfen des Nachts und halte deine Träume fest im Blick. Erschaffe das Neue, sei gnadenlos wenn es darum geht, deine eigenen Ziele zu erreichen ohne dabei zu viel auf die temporären Zustände anderer Menschen zu geben. Ziehe hinfort um den Planeten immer wieder und wieder, generiere all den Wohlstand und lasse andere Menschen gleichzeitig in den Krieg ziehen und sich vernichten. Es ist nicht an dir die Verantwortung für einen anderen Menschen zu übernehmen. Sei einfach und davon ganz schön viel, akkumuliere all die Eindrücke und Momente dieser Reise, befreie dich von falschen Glaubenssätzen und sei.

13:37 Uhr

Die Zeit sie vergeht nicht. Ich habe mich hier in irgendetwas energetisch verstrickt. Wieder Stress, Stress und Stress. Wieder das Gefühl zu verschwinden und nur so am Rande zu existieren. Aber es ist okay. Ich habe die Weichen des Schicksals in meiner Hand. Und auch wenn ich noch mein gesamtes Leben lang mit den gleichen Herausforderungen zu kämpfen habe so weiß ich, dass ich losgezogen bin und all die Kraft aufgebracht habe, mich aus dem unscheinbaren Stein herauszumeißeln. Eine Ode der Freude ist es zu atmen, eine Myriade von Wundern geschieht rund um den Planeten in jedem einzelnen Moment. Ich bin wieder in der Verbindung mit meinem Selbst. Ich bin ich. Einfach unvergleichlich. Ich selbst. Verloren. Beizeiten. Gehalten unter der Milchstraße und dem Polarstern. Ein Notizbuch kann nicht alle Probleme lösen. Aber Notizbuch no. 1 und Notizbuch no. 2 und Notizbuch no. 3 und Notizbuch no. 4 und Notizbuch no. 5 und Notizbuch no. 6 und Notizbuch no. 7 und Notizbuch no. 8 und Notizbuch no. 9 und Notizbuch no. 10 und Notizbuch no. 11 und Notizbuch no. 12 und Notizbuch no. 13 und Notizbuch no. 14 und Notizbuch no. 15 und Notizbuch no. 16 und Notizbuch no. 17 und Notizbuch no. 18 und Notizbuch no. 19 und Notizbuch no. 20 und Notizbuch no. 21 und Notizbuch no. 22 und Notizbuch no. 23 und Notizbuch no. 24 und Notizbuch no. 25 und Notizbuch no. 26 und

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Notizbuch no. 27 und Notizbuch no. 28 und Notizbuch no. 29 und Notizbuch no. 30 und Notizbuch no. 31 und Notizbuch no. 32 und Notizbuch no. 33 und Notizbuch no. 34 und Notizbuch no. 35 und Notizbuch no. 36 und Notizbuch no. 37 und Notizbuch no. 38 und Notizbuch no. 39 und Notizbuch no. 40 und Notizbuch no. 41 und Notizbuch no. 42 und Notizbuch no. 43 und Notizbuch no. 44 und Notizbuch no. 45 und Notizbuch no. 46 und Notizbuch no. 47 und Notizbuch no. 48 und Notizbuch no. 49 und Notizbuch no. 50 und Notizbuch no. 51 und Notizbuch no. 52 und Notizbuch no. 53 und Notizbuch no. 54 und Notizbuch no. 55 und Notizbuch no. 56 und Notizbuch no. 57 kann das. Und freilich bin ich mir gewahr, dass falls das noch nicht genügen sollte ich noch Notizbuch no. 58 und Notizbuch no. 59 und Notizbuch no. 60 und Notizbuch no. 61 und Notizbuch no. 62 und Notizbuch no. 63 und Notizbuch no. 64 und Notizbuch no. 65 und Notizbuch no. 66 und Notizbuch no. 67 und Notizbuch no. 68 und Notizbuch no. 69 und Notizbuch no. 70 und Notizbuch no. 71 und Notizbuch no. 72 und Notizbuch no. 73 und Notizbuch no. 74 und Notizbuch no. 75 und Notizbuch no. 76 und Notizbuch no. 77 und Notizbuch no. 78 und Notizbuch no. 79 und Notizbuch no. 80 und Notizbuch no. 81 und Notizbuch no. 82 und Notizbuch no. 83 und Notizbuch no. 84 und Notizbuch no. 85 und Notizbuch no. 86 und Notizbuch no. 87 und Notizbuch no. 88 und Notizbuch no. 89 und Notizbuch no. 90 und Notizbuch no. 91 und Notizbuch no. 92 und Notizbuch no. 93 und Notizbuch no. 94 und Notizbuch no. 95 und Notizbuch no. 96 und Notizbuch no. 97 und Notizbuch no. 98 und Notizbuch no. 99 und Notizbuch no. 100 und Notizbuch no. 101 und Notizbuch no. 102 und Notizbuch no. 103 und Notizbuch no. 104 und Notizbuch no. 105 und Notizbuch no. 106 und Notizbuch no. 107 und Notizbuch no. 108 und Notizbuch no. 109 und Notizbuch no. 110 und Notizbuch no. 111 und Notizbuch no. 112 und Notizbuch no. 113 und Notizbuch no. 114 füllen muss. Und früher o-…

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der später ergibt alles einen Sinn, früher oder später fügen sich die Dinge, früher oder später wird sich zeigen, aus welchem Holz du gemacht bist. Also zeige dich in deiner unperfekten Art und schreibe an all den Tagen und in all den Nächten. Schreibe in all den Ländern und Nationen, in all den Myriaden von Herzschlägen und Augenblicken, auf der nördlichen und auf der südlichen Hemisphäre, im Norden, im Osten, im Süden und im Westen, schreibe ohne angezogene Handbremse und sei dir gewiss, dass es Leute gibt, die all diese Fähigkeiten und Beobachtungsgaben nun einmal nicht haben. Und klar, Tinte besitze ich auch noch genug um Notizbuch no. 115 und Notizbuch no. 116 und Notizbuch no. 117 und Notizbuch no. 118 und Notizbuch no. 119 und Notizbuch no. 120 und Notizbuch no. 121 und Notizbuch no. 122 und Notizbuch no. 123 und Notizbuch no. 124 und Notizbuch no. 125 und Notizbuch no. 126 und Notizbuch no. 127 und Notizbuch no. 128 und Notizbuch no. 129 und Notizbuch no. 130 und Notizbuch no. 131 und Notizbuch no. 132 und Notizbuch no. 133 und Notizbuch no. 134 und Notizbuch no. 135 und Notizbuch no. 136 und Notizbuch no. 137 und Notizbuch no. 138 und Notizbuch no. 139 und Notizbuch no. 140 und Notizbuch no. 141 und Notizbuch no. 142 und Notizbuch no. 143 und Notizbuch no. 144 und Notizbuch no. 145 und Notizbuch no. 146 und Notizbuch no. 147 und Notizbuch no. 148 und Notizbuch no. 149 und Notizbuch no. 150 und Notizbuch no. 151 zu füllen. Klar Notizbuch no. 152 und Notizbuch no. 153 und Notizbuch no. 154 und Notizbuch no. 155 und Notizbuch no. 156 und Notizbuch no. 157 werden auch noch gefüllt werden. Letztlich geht es darum einfach dein Ding zu machen und dich kontinuierlich neu zu verbinden. Letztlich geht es darum dir treu zu bleiben. Letztlich geht es darum dich dem Unbekannten kontinuierlich immer weiter anzuvertrauen. Halte fest an all den Schönheiten und Wundern die du siehst. Gehe deinen Weg. Höre auf dein Herz. Erhebe dich um die Sterne

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vom Himmel zu pflücken.

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16:55 Uhr

Wieder das gleiche Spiel. Ich habe meine Schuhe ausgezogen, mir kaltes Wasser ins Gesicht getan und das vage Vorhaben entwickelt nach unten zu gehen. Aber ich kann gerade nicht. Ich bin blockiert. Sicherlich, früher oder später muss ich nach unten gehen. Okay, ich wollte gehen, doch hörte dann Stimmen aus dem Erdgeschoss und ich würde mich dort gerade fehl am Platz fühlen. Also sitze ich am Schreibtisch, verhalte mich passiv, bin hier, bin ich, bin auf Seite 74. Links auf Seite 73 eine Themenseite mit der Überschrift „Die Schreibmaschinen“. Sie ist zu rund 25 Prozent gefüllt und ich hoffe, dass ich die Zeit und Energie finden werde, sie zu beenden. Denn wenn das Notizbuch einmal mit Text gefüllt ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass es noch einmal mit Muse und Feingefühl aufgegriffen wird nur bedingt vorhanden. Gerade erscheint es mir ausgesprochen abwegig, dass ich gestern für gute zwei Stunden draußen war. Jetzt ist sie wieder da die Wand mit aller Macht und Gewalt. Es macht weder Sinn sie wegdrücken zu wollen noch sie zu verleugnen. Ich akzeptiere sie als einen natürlichen Teil meines Selbst. Was habe ich auch für eine andere Alternative. Aber ja, ich habe Hunger und habe mich vorhin nach dem Mittagessen einfach so verdrückt ohne ein Wort zu sagen. Es ist sicherlich nicht die feinste Sache.

18:10 Uhr

Essen befindet sich in meinem Magen und so wirklich weiß ich nicht, was ich an diesem Wochenende machen werde. Dort vorhin beim Essen und Abspülen des Geschirrs hatte ich unzählige Punkte im Kopf, über die ich gerne schreiben würde. Aber jetzt da die Kerze wieder brennt ist alles verschwunden. Wie ich runter ging war alles so wie immer. Ich glaube, ich bin der Mensch, der immer bemuttert wird. Ich weiß nicht warum. Gerne möchte ich nach Japan und Südkorea gehen. Nicht heute und nicht morgen aber in meinem Leben schon. Das Gute am selbstständigen Schreiben ist, dass man unweigerlich früher oder später auf sein Leben zurückblicken kann. Gibt es hier in Ecuador eine Mitfahrgelegenheit? Kann ich hier trampen? Wieder Fragen über Fragen über Fragen. Wer kennt eine Antwort? Ich denke an die Frau aus dem Einkaufszentrum beim Handyladen. Sie war sehr stark geschminkt, doch sehr attraktiv. Aber warum lasse ich mich

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so leicht von dem Äußeren blenden? Vielleicht ist sie ein schlechter Mensch. Aber gibt es überhaupt schlechte Menschen? In meinen Augen nicht – in meinen Augen gibt es einzig Situationen, in denen wir aufgrund der Umstände oder ungeheilter Wunden aus der Vergangenheit vermeintlich schlecht handeln. Doch im Kern sind wir alle eins. Im Kern sind wir alle gut und zeitlos.

18:21 Uhr

Ich weiß, dass mein Befreiungsschlag mir noch bevorsteht. Ich weiß, dass ich glaube. Ich weiß, dass ich groß bin und bereits alles in mir steckt. Ich weiß, dass ich ein unbegrenztes Potential in mir trage. Ich weiß, dass ich fliege. Wieder bündele ich meine Kräfte und rufe hinaus zu den Spirits: „Lift me up, teach me how to let my flight become more accurate, enable me to perform the miracle again and again, let me flow in accordance with whatever is. And so it shall be.” Alles ist gut auf dieser Welt. Alles ist gut in diesem Leben. Alles ist gut in der Gewissheit, dass kein Gebet umsonst ist. Ja, die Welt liegt mir noch bevor.

18:31 Uhr

Die heutige Tarotkarte ist „Princesa de Bastos“. Es ist eine schöne Karte exakt mit den Farbtönen wie ich sie mir gewünscht hätte. Gelb, orange und rot. Es ist meine Karte. Ich glaube, sie ist die Prinzessin der Scheiben. SEOM spricht in „Dein Wunder“ zu mir: „Deine Power wartet auf dich. Also hol dir deine Kraft zurück… so manifestierst du dein persönliches Wunder“. Ja, geliebte Menschen dienen Menschen. Wenn du nicht geliebt wurdest, wenn du nicht lerntest dich selbst zu lieben, dann hast du unweigerlich Schwierigkeiten damit dein Herz zu öffnen, deine Berufung zu verwirklichen, deinen Beitrag zu leisten und all die Schönheit der Verbundenheit anzuerkennen. Ich höre „Supernova“ von Really Slow Motion und würde hier jetzt gerne mit dieser Frau fliegen. Im Zweifelsfall liegen zwischen einem Pipe-Dreamer und einem Weltveränderer keine Differenzen. Jeder Wahnwitzige muss alles aufwenden an Kräften um sich selbst aus der Bedeutungslosigkeit seines Seins, seines Namens und seiner gesamten Existenz

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– sofern erforderlich – mit aller Gewalt herauszubrechen. Er muss unweigerlich polarisieren um zu inspirieren. Er muss beizeiten manchmal vermeintlich ein Idiot in den Augen einzelner sein um seine eigene Wahrheit zu leben. Was bist du dir wert? Wie viel Macht hat dein Wort? Sitzt du an der Schaltzentrale? Energetisierst du? Verbreitest du Licht, Wärme und Aufmerksamkeit? Liebst du die Menschlichkeit? Vergibst du? Bist du aufrichtig und verbunden? Ja, wir sind alle Gigantinnen und Giganten. Wir existieren alle bereits in der Ewigkeit. Es ist einzig erforderlich, dass wir uns von einem Gefängnis aus falschen Glaubenssätzen befreien, dass wir uns nicht mit der beschränkten Brille unseres kleinen Ichs personifizieren, sondern uns als dieses ewigliche spirituelle Wesen erkennen. Es ist wichtig, dass wir fliegen. Es ist wichtig, dass wir schaffen. Es ist wichtig, dass wir gegenseitig vertrauen. Es ist wichtig in die Tiefe der Augen unseres Gegenübers zu blicken und uns darin selbst zu finden. Das Licht, ja es kann beinahe erblinden lassen wenn man sich zu lange in der Dunkelheit im Schatten befand. Die Kerze brennt. Der Füllfederhalter schreibt. Das Licht erstrahlt. Mein Smartphoneakku hat mittlerweile 25 %, er lädt auf, ich darf meine Schwäche und Leere akzeptieren. Ich darf loslassen. Ich darf mich befreien aus all den Fesseln und Korsetten. Ich darf mich erheben und meine Selbstwirksamkeitserwartung steigern bis ins Unermessliche ohne dabei überheblich zu werden. Ich spüre, dass sich ein Engel in meinem Raum befindet. Ich spüre, dass ich nicht alleine bin. Ich spüre die Macht, die von „Star no. 5001“ ausgeht. Ich leuchte und vibriere bis in meine noch so verklebte Zelle. Ich reiße sie hinfort von mir all die Schatten und Dämonen. Ich lache. Ja, wahrlich lache ich. Ich zeige gnadenlos meine Fratze. Und ich renne wieder los ohne Rücksicht auf Verluste. Heute fuhren wir an einem Haus der Spitzenklasse mit drei Garagen und rund 1.000 Quadratmetern vorbei.

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An einem gewissen Punkt in deinem Leben musst du dich entscheiden, wer du sein willst. Du kannst dich dein gesamtes Leben mit irgendwelchen Umständen entschuldigen. Oder du kannst den Mut haben, auf den Boden der Tatsachen zu blicken und all die Verschmutzungen und Verunreinigungen der Essenz zu befreien. Du darfst vertrauen, dass dieser Prozess seine Berechtigung und seine Richtigkeit hat. Du darfst ihm glauben dem Herzen in deiner Brust. Ja. Irgendwie hatte ich schon bessere „Mix der Woche“-Playlisten. Was mache ich mit den Fetzen des 10-Dollar-Scheines, den ich gestern zerrissen habe? Dort ist ein Augenpaar eines mittelalten weißen Mannes abgebildet. Es ist Freitagabend. Die Kerze brennt. Die Geschichte ist niemals zu Ende. Sollte ich schreiben können so bitte ich um eine Antwort. Die Antwort kam prompt, ich schreibe weiter, Seite 77 und kein Ende in Sicht. Mit brachialer Gewalt bahnen sich gnadenlose Berserker den Weg aus Brechts Gewahrsam. Sie genießen Biere in Massen und bechern genial. Gnome beten und Basare gibt es in Kairo wie Sandkörner im See Genezareth. Bündele deine Kräfte und glaube daran, dass du dieses magische Wesen der Neuzeit bist. Ob ich dazu bestimmt bin die Verlagsbranche auf den Kopf zu stellen und die Grundgesetze umzuschreiben? Es ist an mir. Ich öffne das Fenster welches sich nicht öffnen lässt und schreie hinaus so laut ich nur kann: Warum hört ihr nicht, wacht auf, verändert eure Perspektive, habt den Mut euren Blick zu weiten und jenseits der vorgefertigten Pfade zu sehen, zu denken, zu handeln, zu lieben und zu gehen. Keine Grenzen, keine Vorurteile, keine Separierung. Einzig Liebe, Licht und Reichtum, die durch eure Blutbahnen fließen. Also habt den Mut mit Rückgrat an euren Träumen unentwegt zu bauen, euch nicht unterkriegen zu lassen, all die Schönheit auf dem eigenen Lebenspfad zu akkumulieren und weiterzuziehen in der festen Verankerung auf dem Boden. Ich habe einen Traum. Wir

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tragen alle Träume in unserem Innersten. Wir besitzen alle die Kraft um über uns hinauszuwachsen. Eingraviert auf dem Friedhof der Ewigkeit sind bereits unsere Namen im Stein der Zeitlosigkeit. Das Wasser des Ganges fließt unentwegt. Der Amazonastropfen küsst die Pyramiden und letztlich siegt der Glaube an das Gute. Wo auch immer du dich befinden magst – nichts ist aussichtslos. Nichts ist umsonst. Alles aus Gründen. Alles mit Berechtigung. Alles außer Kalkül. Alles Talentinnen und Talente. Zwischen Babaji, Osho, Rumi, Papst Johannes Paul II., Hildegard von Bingen, Jesus, der Jungfrau Maria, der Schneeflocke und Ma. bewege ich mein Bewusstsein unentwegt. Ja. Verdammt. Es spielt keine Rolle wie viele Bücher ich schreibe für den Erfolg. Das einzige von Bedeutung ist, dass ich „Heal your Heart – El Diario“ beende und nächstes Jahr im Januar meine Mutter umarme und mit ihr gemeinsam einen Spaziergang auf den Höhen unternehme, dass ich ihr einen Blumenstrauß schenke und das Geschenk aus Südamerika überreiche. Das Einzige von Bedeutung ist, dass ich glaube und niemals aufgebe an diesen Traum von „Perpetuum Publishings“ zu glauben. Denn ich bin „Perpetuum Publishings“. All meine Lebenszeit, all mein Herzblut, all meine Kreativität und mein Erfindungsreichtum, all meine Liebe und all meine Schönheit samt all der Tränen fließen dahinein. Seht her, ich lebe! Ja, der Zeppelin erhebt sich wieder in die Luft. Am Ende interessiert es niemanden, wie viele Fehlversuche du hattest, wie groß sie waren die Ängste und Zweifel, wie lange es gedauert hat und weswegen es nicht hätte funktionieren sollen. Am Ende interessiert einzig das Resultat. Der Ist-Zustand. Die Metamorphose der Zukunft. Die Anpassung der Neuzeit. Wer wäre „Der kleine Prinz“ ohne Antoine de Saint-Exupéry? Wer wäre Antoine de Saint-Exupéry ohne „Der kleine Prinz“ gewesen? Verdammt… glaube an dich. Glaube nicht daran, was in irgendeinem gottverdammten Buch steht, selbst wenn es auf Platz 1 der Bestsellerlisten steht und „Heal your Heart – El Diario“ heißt. Glaube an dich und nicht an ein

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Land. Glaube an dich und nicht an deine Vorgesetzten. Glaube an dich und nicht an die abstrakte Erlösung, die möglicherweise niemals eintreffen wird.

19:25 Uhr

Gestern schrieb ich sie auf die Worte: „Tendré que soportar alguna oruga si quiero conocer las mariposas.“ Den Punkt habe ich der Vollständigkeit halber ergänzt. Ja, es fällt mir wieder wie Schuppen vor den Augen. Das ursprüngliche Motto dieser Reise war für mich: „Tengo mucho sueños“ dijo la oruga y se fue. Ja. Früher oder später musst du dich entscheiden, wer du sein willst. Du hast es sprichwörtlich in der Hand. In deiner linken Hand. Alles auf Ewigkeiten miteinander verbunden. Heute hier und morgen da. Doch im Kern eins. Niemals voneinander getrennt. M. ist bei mir. Ich spüre es. Jetzt in diesem Moment. Ich traf ihn nicht ohne Grund. Nicht ohne Grund öffnete er sich mir gegenüber in den letzten Stunden. Nicht ohne Grund ist es erforderlich Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen und eigene Entscheidungen zu treffen. Verdammt. Denke niemals an das Aufgeben. Und wenn doch dann einzig, um danach umso schneller weiterzurennen. Ja, alles ist gut und das war es schon immer. Bin ich an diesem Freitagabend am Ende meiner 40 oder 38,5 Stunden Schreibwoche angelangt? Es wäre bedeutungslos, denn morgen und insbesondere am Sonntag werde ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln weiterschreiben. Denn ich kam nicht ohne Grund. Ich bleibe. Ich schreibe. Ich werde den Füllfederhalter niemals freiwillig absetzen. Niemand kann mich davon abhalten. Außer es ist die Liebe gegenüber meinem Gegenüber. Dann wandelt sich die Energie ein kleines Wenig. Ich bin angekommen. Ich stehe auf dem Podest ganz oben. All die Preise und Auszeichnungen werden mir überreicht unter der tosenden Begleitung der Jubelrufe. Aber sie interessieren mich nicht sonderlich. Denn Herzen kannst du nicht kaufen. Menschlichkeit kannst du nicht kaufen. Frieden kannst du

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nicht kaufen. Liebe kannst du nicht kaufen. Talent kannst du nicht kaufen. Hingabe kannst du nicht kaufen. Das Wesentliche, ja das wirst du niemals kaufen können. Also habe den Mut einfach du selbst zu sein. Sei es dir und all deinen Mitmenschen wert. Es ist egal, ob sie über dich reden. Denn am Ende des Tages bist es du gewesen, der in all den Nächten und Freitagabenden alleine am Schreibtisch saß, glaubte und schrieb. Es wäre das perfekte Ende für das Buch. Aber nein, es ist noch nicht vorbei. Ewiglich zittern Eiben im Takt von Herbstzeitlosen. Der Mond kracht. Der Karneval wahrlich nichts für mich. Der Wassermannfisch die perfekte Kombination. Es ist 19:43 Uhr und Gott ist bei mir. Ja, ich bin von allen guten Geistern im gegenwärtigen Moment begleitet und möglicherweise ist insbesondere deswegen Gott im Moment mit aller Kraft bei mir. Und Gott ist das Universum. Gott ist das Göttliche. Gott ist ein Neutrum. Gott ist Weiblichkeit und Männlichkeit. Gott ist Mensch. Gott gibt es ein paar Milliarden von Malen auf dieser Erde. Gott ist vollkommen. Gott ist Wachstum. Gott ist Metamorphose. Gott ist Reinigung. Gott ist Klarheit. Gott ist Freiheit. Gott ist Freude, Tanz und Bewegung. Gott ist Magie. Gott ist Natur. Gott ist Kolibri. Gott ist Wunder.

Es ist 20:06 Uhr

Ich habe mich wieder ins Bett verlagert. Hier kann ich weiterschreiben. Die brennende Kerze steht auf meinem burgunderrotfarbenen Reisepass. Die dort angegebene Adresse ist nicht mehr aktuell. Aber nach irgendeinem Gesetz soll es keine Rolle spielen. Alles strahlt so stark. Das Licht ist omnipräsent. Es ist heller als um 12:00 Uhr mittags am Mittelpunkt der Erde ohne eine Wolke am Himmel. Es ist heller als in der Kathedrale des Lichts. Gott stellt mich auf die Probe. Aber gegenwärtig befinde ich mich hier, sammle neue Erfahrungen und wachse. Ich bin reich. Ich bin Liebe. Ich bin Licht. Alles hat einen Sinn. Du bist das kosmische Wesen, das Großstadtkind. Du bist die Antwort. Du bist.

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Ich mache exakt das Richtige. Mein Kontostand reduziert sich gegenwärtig, doch mein Reich komme, denn dein Wille geschehe und unser tägliches Brot gib uns heute und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen, denn dein ist das Reich und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.

„Madama Butterfly“ – Donnerstag, 19. Oktober 2023

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13:46 Uhr

Wieder ist in mir diese Unruhe, diese Ohnmacht, diese vermeintliche Resignation gegenüber den Herausforderungen des Lebens. Wieder bin ich verloren. Wieder ist Gott weit von mir entfernt. Was mache ich? Wohin verschlägt mich mein Weg? Was ist der Sinn des Lebens? Ich dachte ich hätte bereits Antworten auf diese Fragen gefunden. Ja, ich habe bereits Antworten auf diese Fragen gefunden. Aber ich brauche einfach Zeit um herauszufinden was ich will, um in meinem vollen Licht zu erstrahlen, um aus mir selbst

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heraus ich zu sein. Es ist wichtig, dass ich meinen Dienst leiste und mich zurücknehme, dass ich die volle Verantwortung für mein Leben und all die damit verbundenen Verpflichtungen, Freuden aber auch Herausforderungen annehme. Es ist wichtig, dass ich einfach aus mir selbst heraus ich bin ohne mich in eine Schablone hineinpressen zu lassen. In mir ist diese Unsicherheit gerade wieder so stark, die Zweifel voll ausgeprägt ob ich mich in die richtige Richtung bewege. Unendlich viele Optionen und Handlungsmöglichkeiten gibt es… aber was fühle ich? Wie sieht mein Innen gerade aus? Wie erfüllt bin ich? Was geschieht mit meiner Energie? Worauf richte ich meine Aufmerksamkeit? Wohin schaue ich? Was ist mir wichtig? Mit welchen Menschen verbringe ich meine Zeit? Was ist Liebe und vielmehr noch, was ist sie wert? Ich bin ratlos und unsicher. Ich meinte die letzten Tage so genau zu wissen, weswegen ich mich in Ecuador befinde, ich spürte es… aber gerade ist irgendwie alles verflogen. Was ist meine Aufgabe, wem kann ich vertrauen, von wem kann ich Hilfe einfordern und noch viel wichtiger zulassen? Mit wem kann ich offen sein und einfach fließen? Auf wessen Ratschläge darf ich hören? Wie laut ist meine innere Stimme? Was mache ich? Was werde ich heute im Laufe des Tages noch machen, dass ich morgen dankend mir in Erinnerung rufen kann? Wie viele Regentropfen befinden sich in den Gewässern der Welt? Wer richtet letztlich über wessen Leben? Was mache ich? Was mache ich? Was mache ich? Gestern habe ich im Untergeschoss eine Schreibmaschine in einem Regal versteckt gesehen. Sie rief leise daraus zu mir hervor: „Julian, nehme mich in die Hand, schreibe auf mir, befreie mich von all dem Staub und aktiviere wieder

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meine magischen Kräfte. Helfe mir heraus aus der Dunkelheit.“ Und ja ich weiß, dass ich im nächsten Jahr meine eigene Schreibmaschine kaufen werde, dass ich auf ihr Liebesbriefe, Flaschenposten, Gedichte, Kurzgeschichten, Kommentare, nicht erwähnenswerte Dinge als auch Romane in allen nur erdenklichen Formen verfassen werde. Ich glaube es ist deutlich besser zwischen Notizbuch, Schreibmaschine und Computer wählen zu können als nur zwischen zweien. Ja, es sind unendlich viele Spekulationen und Vorschläge, Hypothesen und Handlungsfenster. Lange ist es nicht mehr bis zum November-NaNoWriMo. Soll ich daran teilnehmen? Wie nehme ich daran teil? Nehme ich mir ein bestimmtes Ziel vor? Richte ich mich innerlich anders aus? Ohnehin, was ist all das Sein im Alltag wert, ist es letztlich nicht nur Schall und Rauch? Vergänglichkeit wohin du auch blickst, Vergänglichkeit, Vergänglichkeit, Vergänglichkeit, Vergänglichkeit. Und trotzdem, sollte es einen nicht davon abhalten in all den Momenten zu leben und zu wirken, sich auszudrücken und zu entfalten? Ja, gut Ding will Weile haben, gut Ding will wirken. Und so vertraue ich darauf, dass früher oder später all die unsichtbaren Fäden zusammenlaufen und mein Wirken nicht vergeblich gewesen sein wird. So ist es eben das menschliche Sein, so ist das Leben, so ist die Wonne. Gerade erinnere ich mich an die Abende alleine in der Unterkunft mit dem Swimmingpool zwischen Panamericana und Route 66, an die Sonnenuntergänge und die besondere Energie New Mexicos. Ja, was Skylar wohl seitdem gemacht hat, wen sie liebt und was sie denkt. Soll ich in Ecuador bleiben oder weiterziehen? Was ist mir letztlich wichtig? In mir diese Kraft, in mir diese Unruhe,

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in mir all die Möglichkeit. Was wird mir das Wochenende bringen, wohin zieht es mich? Was mache ich?

15:49 Uhr – Pizzeria Venezia Ecke Avenida 6 de Diciembre / Maria Angelica Carrillo in Quito

Seit einer gefühlten Ewigkeit sitze ich einmal wieder in einem Café und fühle mich wieder wie ich oder zumindest wie das Ich, das ich mir angeeignet habe. Die Frage quält mich leicht zumindest, ob ich weitergehen oder bleiben soll. A. ist ein wenig wie eine Großmutter für mich, ich fühle mich ein kleines Wenig wie ihr Sohn und als Teil der Familie. Aber ein Teil in mir spürt und weiß, dass ich noch nicht in Gänze angekommen bin, dass ich noch mehr Kämpfe fechten darf und muss, dass ich mein Sein und insbesondere mein Mann-Sein noch weiter unter Beweis stellen darf. Aber schon gut, ich atme, habe deutlich mehr Dollars in meiner Tasche und vor mir befindet sich ein fast gefüllter Americano. Hier bin ich also in Quito, wie nur bin ich hier gelandet, was wird im Morgen geschehen und welche Wunder warten noch auf meinem Weg? Ich bin der Julian, ich bin der Mensch, ich bin der Verantwortliche für mein Erscheinungsbild, für meinen Bildungsgrad und einen Großteil der Dinge, die mir widerfahren. Ich hatte zwei Ziele im Blick für heute Nachmittag: 1. Tinte kaufen und 2. einen Kaffee trinken. Beide Ziele habe ich realisiert. Allerdings fand ich die Tinte nicht dort wo ich meinte sie zu finden. Zwei Geschäfte weiter befindet sich eine Galerie. Wie wir gestern hier mit dem Auto auf dem Parkplatz standen meinte ich, es sei ein Zeichenbedarfsgeschäft. Letztlich tut es nicht viel zur Sache, da es heute geschlossen hat. Ich ging in den Shop

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unmittelbar daneben und fragte recht kompliziert wo ich Tinte kaufen könne. Ich erhielt eine passende Antwort und hatte also Glück. Nur dreihundert Meter entfernt fand ich im Einkaufszentrum „Quicentro Shopping“ eine Pappeleria, kaufte dort wieder zwei von den kleinen „Chinese Ink“ Tintenbehältnissen und durfte jetzt seit einer gefühlten Ewigkeit auf dieser Reise endlich wieder den Füllfederhalter mit dem gelben Stern und dem kleinen Prinzen füllen und somit feierlich in Betrieb nehmen. Vorgestern reinigte ich die beiden Füllfederhalter die ich auf diese Reise mitgenommen habe. So verändert sich alles und geht seinen Weg. Morgen werde ich vermutlich den Bus nach Otavalo und dann weiter bis nach Cotacachi nehmen. Irgendwie habe ich nicht so wirklich eine Ahnung, was ich dort mache. Aber es gibt diesen Teil in mir, der sich dazu entschieden hat, zumindest noch für eine weitere Woche an diesem Fleck mit den mir langsam bekannten Gesichtern zu verbringen. Hinter mir werden Geschäftsverhandlungen mit Autoteilen aus Italien geführt, das Sonnenlicht Ecuadors fällt auf die Seiten oder vielmehr auf no. 54, ich bin dankbar zu leben und gespannt, was ich auf die zwei Leinwände mit den Acrylfarben malen werde. Für mein Gepäck macht es sich nicht sonderlich gut, wenn ich mit Pinseln und Farben reise. Irgendetwas aus meiner Seele allerdings hat mir geflüstert, dass es erforderlich ist zu malen und meinem Innersten Ausdruck zu verleihen. Irgendwie ist es schön nun hier am Äquator zu sitzen und zu schreiben. Ich weiß, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

16:15 Uhr

Gerade werde ich mir gewahr, dass es keine Rolle spielt, ob wenn

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ich nach Deutschland zurückkommen werde, ich wieder arbeite. Denn dieser ursprüngliche kleine und winzige Keim namens „Perpetuum Publishings“ ist kontinuierlich zu einem größeren Baum angewachsen von dem ich in den künftigen Jahren leben kann, sofern ich ihn pflege und wertschätze. Aus einem mir nicht näher erfindlichen Grund befinden sich unter den Gästen ausschließlich Männer. Eros Ramazotti erklingt, vor drei Tagen schickte mir ein Freund Fotos aus Venedig. Ja, „Die Tinte Gottes“ ist aus irgendeinem Grund Italien und all den Kulturen, den Menschen und dem Essen, dem Land und der Kunst, der Landschaft und dem Meer gewidmet. Was im nächsten Jahr genau geschehen wird, das weiß ich nicht und es wird sich mir glücklicherweise auch erst dann in Gänze offenbaren. Ob ich bereits jetzt erfolgreich bin oder in einem Jahr – spielt es eine Rolle? Zu einem gewissen Teil spiel es selbstverständlich eine Rolle, denn davon hängt letztlich meine Rolle in diesem Leben ab. Bin ich der ewigliche Bittsteller und ein dem Schicksal Unterworfener oder nehme ich die Herausforderung als Richtungsweiser für meine inneren Wachstumsprozesse an? Immer weiter ruhe ich im Zentrum meines Seins. Die volle Kraft des Lebens und allem damit verbundenem offenbart sich langsam Stück für Stück. Es wäre ja wohl auch langweilig, wenn man bereits als Baby die Weisheit mit Löffeln gefressen hätte und alles in aller Ausführlichkeit wüsste. Und so vertraue ich darauf, dass Gott auf mich schaut und ich im Angesicht all der Proben und Herausforderungen Standhaftigkeit und Durchhaltevermögen bewahre. Sicherlich gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen einem Durchschnitts-…

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schreibenden und einem wahren Erfolgsautor. Es ist grundlegend in all den Phasen und Zeiten einen Durchblick zu behalten und die Gunst der Stunde zu nutzen, um die Summe der Dinge aus einer übergeordneten Perspektive zu betrachten. Bin ich das Wesen mit der wahren Kraft? Bin ich das Glück und der Reichtum? Bin ich in meinem Innersten der Millionär? Kann ich all die vor mir liegenden Tage aufstehen und im Angesicht der Hölle das Paradies wie auch die Oase sehen? Kann ich vertrauen? Kann ich glauben? Kann ich gehen und mich auf die Bank am Wegesrand setzten wenngleich sich am Horizont der Himmel dunkelrotschwarz färbt und sich Gut und Böse scheiden? Sind wir letztlich dazu bestimmt, das Glück mit goldenen Kellen aus dem paradiesischen Strom wie im Schlaraffenland zu schöpfen? Sind wir die Liebe? Sind wir die Antwort? Sind wir die Schönheit? Sind wir die Guten? Sind wir die Schöpfenden? Ich lasse los und ich gehe, ich komme und ich vergehe, ich bin dazu bestimmt zu bleiben, doch ist es sicherlich erforderlich, dass ich aus der Dunkelheit und der Konformität steige immer wieder und schlichtweg bin. „Gott reist immer inkognito“. „Courage, Dear Heart.“ Vielleicht sollte ich einfach einmal den Versuch wagen und Werbung für die Internetseite schalten. Vielleicht sollte ich dieses Gefühl vom Laufen auf den Straßen in Los Angeles so tief in mir verankern, dass ich mich am grausigsten Ort in aller Aussichtslosigkeit befinden kann und dennoch glaube und dennoch wirke und dennoch mein Licht erstrahlen lasse und dennoch kontinuierlich weiter wachse in Verbindung mit den gereinigten Straßen der Pflastersteine der Menschlichkeit. Niemand außer dir selbst ist für dein Schicksal ver-…

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antwortlich. Du bist deines Glückes Schmied. Du bist „Ein Sohn der Sonne“ und die Kaulquappe im Ganges. Du bist das Wunder samt der Inkarnation eines neuen Prozesses. Du bist die Heilung. Alles ist Energie. Alles ist Spiritualität. Alles ist Wachstum. Alles ist ein Zeichen samt all der schwarzen Löcher. Du magst den Kopf schütteln obwohl es nicht stimmig ist was ich schreibe und die Lärchen zappeln mit ihren Schnäbeln im kontinuierlichen Takt. Ja, alles ist gut exakt so wie es ist. Es gibt keine Benachteiligten in diesem Leben. Es gibt einzig unzählige Warums und die Kraft aus den Urtiefen des eigenen Selbst.

18:39 Uhr

Fuck!!!! Hier sitze ich also wieder alleine im Zimmer unmittelbar unter dem Dach, dem Himmel ein kleines Stückchen näher. Vor mir brennt eine neue Kerze, die Tintenvorräte befinden sich bei 100 Prozent oder sogar leicht darüber, ich habe ein magnetisches Lesezeichen im zauberhaften Buchladen „Livraria“ aus der Nachbarschaft erhalten mit dem kleinen Prinzen im Universum auf dem Planeten mit der roten Rose. Sein Umhang flattert… über ihm stehen die Worte: „Tendré que soportar alguna oruga si quiero conocer las mariposas.“ Den Punkt habe ich der Vollständigkeit halber selbst ergänzt. Wieder kommen die Tränen in meine Augen, weil ich weiß, dass es die Phasen wie diese sind, die über meine Zukunft, über meinen Zustand des Glücks und der Erfüllung, die über das Wohl der Menschheit (hoffentlich) zumindest zu einem gewissen Prozentsatz entscheiden. Ich habe die kleinen In-Ear-Kopfhörer eingesetzt,

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höre „Ma.“ von Guruganesha Singh. Den Punkt habe ich der Vollständigkeit halber selbst ergänzt. Ich trinke freilich wieder Leitungswasser aus der Tasse, gerne würde ich jetzt ein Zwiegespräch mit Masaru Emoto über die Qualität und die Wasserkristalle führen. Der Unterhaltung wegen würde ich dann Antoine de Saint-Exupéry einladen. Es könnte spannend werden. Ich befinde mich wieder in Gänze in meiner Welt. Ich lasse mich zu 1111 Prozent fallen in meinem eigenen Universum. #writeforio ich komme dir Buchstabe für Buchstabe mit all den Füllfederhaltertintenaneinanderreihungen näher. Seit knapp zwei Stunden bin ich stolzer Besitzer eines „Tarot Thoth“ Kartendecks von Aleister Crowley. Die Kerze brennt. Ich vermute, sie hat 40 Stunden vor sich. Es ist ein langer Weg. Es ist 18:51 Uhr, ich höre „Soft harp world“ von Lorenzo Tempesti. Verdammt. „Courage, Dear Heart.“ Ich weiß, dass es ein ausgesprochen langer Abend werden wird. Ich befinde mich im Flow. Notfalls mache ich eine Nacht durch. Das Koffein dringt durch mein Blut. Meine Gedanken spielen verrückt. Was wird sie wohl sein, die erste Karte aus diesem Deck?! Vor mir liegt ein 10 Dollar-Schein mit der Kennnummer PF180110365B. Ich habe ihn zerrissen. Es ist nichts weiter als Geld. Alles Schall und Rauch. Nichts als Vergänglichkeit. Du bist „Ein Sohn der Sonne“. Wird sie warten auf mich meine Joshua? Wann werde ich mit Jojo gen Süden fliegen? Ist Ma. meine Kamina? Die Tränen werden mehr. Ich höre „Yo Soy – (Versión Instrumental)“ von Carope. Es ist Donnerstag, der 19. Oktober 2023. In Berlin ist es Freitag um

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01:58 Uhr. AM. Die Zeit steht niemals still. Die Sandkörner fallen kontinuierlich ob im Geburtshaus Albrecht Dürers oder in Genf bei den Vereinten Nationen. Ich habe es voll drauf. Ich befinde mich „Im Fluss“. Quito – Düsseldorf eine Wellenlänge – eine Frequenz. Die Kerze brennt. Der kleine Prinz hat nun alle Gelegenheit sich voll und ganz auf dem Papier auszulassen. Da Linkshänder muss ich beizeiten eine Schreibunterlage unter mein Handgelenk legen. Freilich ist sie sternengelb und mit dem kleinen Prinzen ausgestattet. Ich erhielt sie damals vor dem Besuch im Mailänder Dom. Vor dem Besuch auf dem Dach des Mailänder Domes. „Rocco und seine Brüder“. Laura, die Bogotá-Frau leider Geschichte. Hannah du Polarlichtfrau aus Helsinki, wohin hat dich dein Weg verschlagen? Sam aus Eastbourne, ich flog zu dir in all den Nächten. D. aus Brasilien, du bist es, mit der ich Dachterrassengespräche vor der prächtigen Bergkulisse am liebsten führe. Titaua aus Marseille, wann werden sich unsere Wege wieder kreuzen? Ms. Pasto, wo bist du? Skylar aus Albuquerque, lädst du mich ein auf eine Rundtour im Heißluftballon? Nichts als heiße Luft mögen die einen schreiben oder sagen aber sie wissen nicht, dass ich all die Worte verdrehe und aus dem Kontext klaube. Sie wissen nichts. Und deswegen sind und bleiben sie stumm. Es ist 19:07 Uhr. Was wird sie sein die erste Tarotkarte? Fuck! Es ist die erste Tarotkarte mit einem Kartendeck in der Realität auf der südlichen Hemisphäre in der Inkarnation für mich. Alles dreht sich. „Der Junge mit dem Kometenschweif“ hat „Harry Potter“ entführt, „DUNE IV“ befindet sich bereits in meinem Projektordner, Gustave Flaubert zieht

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mit Henry Thomas im Geländewagen vorbei an den Pyramiden durch Ägypten. Da stellt sich ihnen ein Anhalter in den Weg. Es ist Santiago, der Hirtenjunge. In seinem XXXXXXL Wanderrucksack befinden sich mehr Goldvorräte als in den Sicherheitsspeichern Deutschlands und der Vereinigten Staaten von Amerika. Wieder kreisen die 54 silbernen Perlen der Gebetskette aus der koptischen Kirche aus Kairo durch meine rechte Hand. Auf meinem Smartphone öffne ich ein Selfie am Steuer des Baujahr ’89 Landrovers zwischen Nil und Wüstensand mit Flaubert, Santiago und Henry Thomas. „Die Fußspuren im Sand führen in die Unendlichkeit“. Freilich stehe ich neben Russell Crowe in „Gladiator“ im Ring. „Now We Are Free“. Wieder befinde ich mich auf dem ledernen Fahrradsattel in Tschechien irgendwo am Ufer des Mze-Flusses. „Now We Are Free“. „Radreise voraus in die Vergangenheit“. Wir kamen alle auf diese Welt als Legendinnen und Legenden. Die Kerze brennt. Das Licht es strahlt. Es ist 19:16 Uhr. Junge, mit dem Schreiben kannst du die Welt verändern. Zumindest ein kleines Wenig. Zumindest in deiner Welt. Und das muss genügen. „El Loco“? Nein! Meine Lebenszahl no. 4. „ESPADAS“. „Tregua“. Waffenstillstand. 33 Jahre Lebenserfahrung. 19:20 Uhr in Quito. „Angels Melody“ von Antonio Spaziani und Karin Rea. Unendlich viele Träume. Unendlich viel Segen. Güte. Reichtum. Wohlstand. Reicht es? 02:22 Uhr in Deutschland. Hallo Deutschland. 02:22 Uhr. Simplizität wider Willen. „Papillon“ und Steve McQueen, „Jules und Jim“, Fellini und Rimini, Clark Gable und Capri, DiCaprio und die Titanic, Alain Delon und „Mr. Ripley“,

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Enya oder Maire Brennan? Gold oder Silber? Alles oder Nichts? Joker oder Nichtsnutz? Fülle oder Leere? Film oder Realität? Ich habe ein Lesezeichen mit „IT“ von Stephen King erhalten. Ich ignoriere es. Wer oder bitte was ist Steven King? Im Himmel zelebrieren sie den Frieden. Aber bitte verdammt so sage mir in diesem Moment, wer wahrlich im dritten Jahrtausend nach Christus noch schreibt. Also so richtig schreibt. Gnadenlos ohne Kompromisse und Zensur. Ohne Rücksichtnahme… Es ist der Sturm und Drang. Die Verwandlung. Der Käfer im Mantel des Fremden im Jahr „1984“. „1Q84“. Suriname oder Aomame? Das Sams oder Karlsson vom Dach? Richtig oder falsch? Peru oder Bolivien? Hü oder hott? Baumhaus oder Earthship? Armut oder Reichtum? Dieser Füllfederhalter mit dem kleinen Prinzen auf der silbernen Füllfederhalterspitze flog mir am Ufer der Pegnitz neben dem Nagelkreuz von Coventry stehend zu. Ah ja, „Best of Blissful Poems – The Collection“, mein Montblanc-Mädchen aus Nürnberg, der älteste Buchladen, die Straße der Menschenrechte, das Fabrikgut Hammer und der Obelisk, das Meisterstück und all der Tand, unzählige Hände und geniale Menschen, doch verkrustet von Alkohol und zu viel Wohlstand, Armut im Innen und Leere im Kopf, Krempinski, wohin wirst du mich wohl noch führen in dieser Nacht? Gerne würde ich gerade einfach bei Ma. im Arm liegen und gemeinsam mit ihrem kontinuierlichen Atem einschlafen. Aber weit entfernt. Spanien ist nicht Ecuador. Neues Jahr, neues Glück. Zwischen der Universität Stuttgart und der lächerlichen Startrampe für die 2024-Rakete ins All be-…

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*Zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine signifikant relevanten Einträge*

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finden sich unglaublich viele Irrtümer. Das ist alles. „SpaceX“ längst vorgedrungen zu neuen Planeten. Alle anderen abgehängt. Fanboy von Steve Jobs und Bugs Bunny ist in meinen Augen raffiniert. 02:36 Uhr in Hamburg. Wieder Lüdenscheid, wieder 52 kleine Prinzen auf den neuen Pflastersteinen im Herzen der Altstadt. Ein neues Leben irgendwo. Ein weiteres Gebet. 1.605 Stufen zum Gipfel des Cerro de Monserrate. Wie viele Stufen auf den „Stairway to Heaven“? Wieder auf dem Weg nach oben. 23 Stufen hinab in die Fürstengruft in Weimar. Verrückt dieses Leben. „Obskures Objekt der Begierde“. Jean-Paul Belmondo ich komme. „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Wieder bin ich auf der Suche nach den Zeilen von Haruki Murakami. Sie lauten in etwa wie folgt. Und ja, es ist eine schlechte misslungene Wiederholung. Eine Nacht ohne Schlaf am Schreibtisch aus Holz mit den Kerben. Das Licht am Ende des Fensters, es brannte zu jeder Zeit. Gedanken huschen gleich Insekten durch meinen Kopf. Danke Nadesha. Oder Anoushka. Schon vergessen. Danilo Kiš. Hallo. Hallo Welt. Limetten oder Zitronen? Fuck. Also ich greife den roten Faden wieder auf. Der Tag erwacht. Nürnberg Laufamholz. Es ist ein schöner Tag. Auf meinem Schreibtisch liegen Fotos aus Wales, von all den teuersten Diamanten und dem Rolls-Royce Silver Cloud. Und von irgendeinem Gemälde. Ach ja, ich glaube, es ist die Mona Lisa. Aber es tut nichts zur Sache. Die Kerze brennt. Es ist 19:45 Uhr am Mittelpunkt der Erde. Frau aus La Esperanza, denkst du an mich? Vermutlich ist es sechs Uhr morgens in Nürnberg. Es ist ein Samstag oder Sonntag. Selbstverständlich schreibe ich. Was sonst sollte ich auch

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tun? „Sie nennen es Leben – Band I bis III“. Auf jeden Fall spinne ich aus den Fotografien eine Geschichte. Aber so richtig kann ich mich nicht konzentrieren. Vielleicht spinne ich mir gerade auch alles zusammen… „El Loco“? „Courage, Dear Heart.“ Ich denke an die Zeilen Haruki Murakamis. Ich sitze mit einer Wolljacke am Schreibtisch. Ich sitze am Fenster. Ein neuer Tag beginnt. Dort irgendwo am Horizont ist der Himmel in ein Blau aus Wasserfarben getaucht. Jetzt ist es an mir Verantwortung für all meine Träume zu übernehmen. Das Blau am Himmel zieht sich wie Tinte. Ließt überhaupt noch jemand im dritten Jahrtausend nach Christus? Okay, irgendetwas muss ich mir schließlich zusammenreimen. Es ist 09:51 Uhr in Tokio. Murakami rannte bereits 20 Kilometer, eröffnete eine neue Bar und schwamm gemeinsam mit Tsukuru 23 Bahnen. Zwischen „The Fog – Nebel des Grauens“ und Carlos Ruiz-Zafón sitze ich mit „Spinner“ im Zug und erhalte einen Anruf. „007“ oder „Bullitt“. Alles Schall und Rauch? Genf und JLB, JBL oder BKR? Das rote Kreuz oder der Heiler? Krempinski oder die Offenbarung? Riefenstein oder Rilke? Hirngespinst oder Hesse? Murks oder Mann? Analphabet oder Allende? Bredouille oder Brecht? Prahler oder Papst Johannes Paul II.? Jodel oder Jelinek? Sucht oder Sinn? Doof oder Dichter? Camouflage oder Campbell? Papst Johannes Paul II. oder Pessoa? Pessoa! Pessoa!! Pessoa! Pessoa! 20:01 Uhr in Quito, 03:02 Uhr in München an der Isar, 10:02 Uhr in Tokio, Murakami trinkt einen südamerikanischen Kaffee aus San Agustín und öffnet „Perpetuum Publishings“, ließt JDH oder BKR, JLB, JBL oder JPD. 03:03 Uhr in Genf unter dem wachen Blick des Mont Blanc. Coelho

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schreibt beim Kerzenschein oder dreht sich im Schlaf noch einmal um und träumt von JDH oder JKKR. Ewigkeit oder Erwachen? Erbstreit oder Eber? Element oder Eminenz? Eminem oder Eça de Queiroz? Eco? Nein! Bogotá! 2021! „Die Reliquie“. La Pola. Eça de Queiroz! Schall und Rauch? Nein! Ewigkeit! Hirngespinst oder gar Pipe-Dream? Nein! HESSE! „Das Glasperlenspiel“, „Les Saltimbaques“, alles eng miteinander verflochten. Zauberei oder Zufall? Zweckentfremdet oder Zeugnis der Zeitlosigkeit? Zumutung oder Zweig? Fortaleza oder Petrópolis? Zweig, Zweig, Zweig echot es von den Ästen der Eichen und Zedern, der Ahorne und Ginkgo-Bäume, der Sequoias und der Eiben. XYZ? Max Mustermann oder Marta Musterfrau? Nein! Sondern? Nihilist oder Nietzsche? Freilich Zarathustra, „Scrivekugel“ und Villa Silberblick. Wieder Weimar, wieder Zwetschgenbäume, wieder Großeltern. Und? Und? Ja, und? Ah, ja, okay. Und… ehm überlegen. Also? Also? Ja? Ja, ah… also… ehm Unheil oder Ushuaia? Nein! Nein? Nein! Nein? Freilich… Warum? Ah ja, verstehe. Falscher Text. Freitagabend wäre etwas anderes. Also? Also… ehm ja! Also, Unheil oder Updike? Kenne ich nicht… Unheil? Nein, Updike. Also eher Uhland? Ich glaube ja. Tübingen, Hesse, Neckar, Verbindung? Verbindung, schlagend! Oh nein! Ja… Also? Ja… weiter im Konzept. Konzentration. Kerzenlicht und Kompetenz. Königsblau und Kunigunde. Keim und Krönung. KZ oder Kalergi? Angemessen? Ich glaube ja. Kalergi? Coudenhove-Kalergi! Aha. Okay. Wien, 4., Favoritenstraße, Paneuropa,

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Paris – Nürnberg – Prag, 03:40 Uhr Frankfurt am Main, 20:41 Uhr in Quito, Müdigkeit schlägt ein aber so richtig mit aller Gewalt. Also abgenickt: Kalergi. G-I-L-O-Q-S-T-V-W-X-Y. Giloqstvwxy? Neues Wort? Nein! Nein? Nein! Konzentration bitte. Okay… verdammt, das wird schwer. Warum, warum, warum? Künstlerdasein, Kantt und Krönung, Krone und Wiederholung, Koalabär? Nein! …, …, …, …, Wahnsinn oder Wilde oder Waal? Waal? Ja, Waal! Wer? De Waal, „Der Hase mit den Bernsteinaugen“. Okay, gerade so. Wilde oder Waal? Und! Und? Ja, Wilde und Waal! „Das Bildnis mit den Bernsteinaugen“. Okay, schon gut. Wieder Quantität vor Qualität… Nicht unbedingt. Nein? Nein! Qualität freilich zieht sich durch die zarten Räume zwischen den Zeilen. F… F? F… vergessen also? Also, ja … ehm F… oder Fromm? Freud oder Frankl? Frankl! Wien! Amerika! Großvater! Glorifikation? Ja, möglicherweise ein Wenig. Stereotyp oder Sevčenka? Sevčenka? Ja, Sevčenka! Tarasas Sevčenka, 1814 bis 1861, …

21:00 Uhr

Wann habe ich den letzten Absatz gemacht? Du wolltest Ma. noch eine E-Mail schreiben, du wolltest die andere E-Mail mit einem originellen Textinhalt an den Schriftstellerkollegen aus NL-D noch schreiben. Ich habe mich ins Bett verlagert, den Wollpullover angezogen, der für mich Lateinamerika verkörpert und sicherlich gibt es diesen Teil in mir, der sich fragt, was ich mit den obigen Zeilen a.) bezwecken möchte und warum ich b.) überhaupt auf diese wahnwitzige Idee komme, mit dem Schreiben meinen Lebensunterhalt als auch den meiner Ururururururenkel zu bestreiten. Aber das ist schließlich das Leben, das wofür du jeden Tag aufstehst, wofür du schlaflose Nächte hast, wofür du brennst und verglühst, wofür du polarisierst und aus der Masse herausstichst, G-I-L-O-Q-…

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T-V-X-Y. Dankbare Angelegenheit. Van de Welde? Verwaltungsrecht, Verlag, Vorurteil, Vertikale Farm, Verne? Verne! Okay, das war einfach. T… Tolstoi? Okay. X… X wie Vendetta? Xylophon? Xylitol? Xavier, Xenophon oder Xenophon Von Ephesos? Aktualität? Okay, Xavier – Ehmanuel Xavier, danke Wikipedia, Ahnen aus Ecuador, sogar eine Verbindung. Y. Verdammt! Y…? Y…? Y… Yuri Gagarin? Schriftsteller? „Der Sprung ins Weltall“ und „Der Weg in den Kosmos“. Also ja. Dann wären da noch Yang Gui-ja, Yi In-seong, Yun Dae-nyong, Yun Heung-gil oder Yun Hu-myeong. Julian, du musst nach Südkorea gehen. Ja, ich glaube ja. Also 04:20 Uhr in Köln. Langsam Morgengrauen. 11:21 Uhr Tokio. Noch ein Wenig Zeit bis zum Mittagessen. Nachmittag in Französisch-Polynesien. Glücklicher Gabriel. Hunger und Schlafmangel in Quito auf gut 2.800 Metern Höhe. G… Goethe? Galsworthy? Freilich Galsworthy. „Die dunkle Blume“. Ein Muss. L… LEM. Stanislav. O. OM. Osho. Q. Quadrat. Qu… Quarantotti. Pier Antonio Quarantotti Gambini. Italien. Eis. Gondeln. Kathedralen. Reichtum. Öl. Wein. Delikatessen. Schönheit. Dekadenz. Ja… Bleibt noch I. I wie Ikarus. Oder Ikigai. „Ikarus“ von Vázquez-Figueroa. I… „Garp“. Irving. Bei Y noch Yesudian, Servarajan. Einfach auf dein Herz hören. Immer auf dein Herz hören. Vertrauen. Glauben. Wünschen. Beten. Schreiben. Loslassen. Sein. Innehalten. Einsicht kultivieren. Langsam gehen. Schlafen. Ruhe bewahren. Tief ein- und ausatmen. Danken. Segnen. Bitten.

21:35 Uhr

Tour durch Deutschland – Mittwoch, 18. Oktober 2023

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05:40 Uhr

Tour durch Deutschland vorbei an den mir wichtigsten Orten:

  • Stuttgart / Remstal / Nürtingen
  • Lörrach / Freiburg
  • Ulm / Wiblingen
  • München
  • Kaiserslautern
  • Wien
  • Waldenburg / Breslau
  • Nürnberg
  • Hamburg
  • Butzbach / Lüdenscheid

Ein neuer Tag bricht an, was mache ich daraus, wohin richte ich meine Aufmerksamkeit, was ist mir wichtig, wofür bin ich dankbar und was wünsche ich mir? Gefühlt bin ich für eine Antwort noch zu müde. Die Nacht war tief und erholsam, auch wenn ich immer wieder aufgewacht bin. Ich bin gespannt, was mich heute erwarten wird. Die Sonne scheint um diese Uhrzeit noch nicht, doch es ist bereits hell. Die Straße ist ruhig, die Hunde sind seit knapp 40 Minuten vereinzelt aktiv. In mir trage ich den Frieden. Ich bin dankbar für mein Leben, für meine Gesundheit, für Ma., für das Schreiben sowie „Perpetuum Publishings“, für die Möglichkeit, jetzt hier zu liegen. Ich lasse los von allem was mich zurückhält, ich vertraue auf die Gunst der Stunde und bin im

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kontinuierlichen Zwiegespräch mit dem Universum. Ich atme tief ein und aus, ich schreibe nun auf Seite 45, ich höre die Umgebungsgeräusche und wünsche mir wieder die volle Natur herbei. Ich bete für meine Herzöffnung. Ja, ich bete für meine Herzöffnung aber ich weiß, dass sie eintreten wird. Beim nächsten Vollmond ist Perpetuum-Tag no. 800. Ich bin gespannt, was mich dann erwarten wird. Zugleich frage ich mich, was mir Perpetuum-Tag no. 1.600 irgendwo in der fernen Zukunft bereithalten wird. Ja ich träumte in der Nacht, doch entgleiten mir all die Bilder und Erinnerungen wieder wie ich versuche mich an sie zu erinnern. Naja, wir werden sehen, wie sich die Dinge entwickeln und was sich letztlich auf der Tagesordnung befindet.

19:23 Uhr

Ich liege im Bett mit gemischten Gefühlen und spüre, wie viel mehr ich mir noch gewahr werden darf, was das Eigentliche, das Wesentliche im Leben ist. Was erzählt mir mein Herz gerade? Woran denke ich in meinem tiefsten Wesenskern? Ich weiß, dass ich das Universum und das Göttliche noch weitaus stärker in mein Leben einladen darf. Aber wie mache ich das konkret? Schließe ich mich einer speziellen Glaubensgemeinschaft an? Ist es erforderlich noch mehr oder tiefer oder richtig zu beten? Naja, ich schreibe und werde mir während des Prozesses gewahr über das Leben und allem was damit verbunden ist. Ich bin dankbar für den heutigen Tag und all die Geschehnisse. Ich weiß, dass das Glück auf meiner Seite ist. Immer tiefer versinke ich im Zentrum meines Wesenskernes. Ich darf noch inniger meditieren und einfach loslassen. Heute morgen aktivierte ich die drei Nachrichtenprogramme auf meinem Smartphone und erhielt dabei ein Backup von vor vier Jahren mit

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Chatverläufen, die ich längst gelöscht hatte. Es spülte einiges an Erinnerungen in mir hoch, an die Zeit in Hamburg, an das Masterstudium, an die Meditationsgruppe und an das Rennradfahren. Nur irgendwie habe ich eine Blockade diese alten Verbindungen wieder zu aktivieren. Blockade ist nicht das korrekte Wort, naja ich befinde mich im Prozess. Meine Kopfhörer habe ich doch gefunden – es sind die kleinen blauen, die ich das erste Mal bei der Radreise nach Marseille über das neue Jahr 2023 in Benutzung hatte. Drei Lieder habe ich offline gespeichert. Ich habe mehrere E-Books, die ich wieder angefangen habe zu lesen. Ich befinde mich in Ecuador und nicht in Deutschland. Was ist der wesentliche Unterschied? Hier bin ich basierend aufgrund der Wurzeln meiner Ahnen und meiner ehemaligen Arbeitskolleginnen und -kollegen fremd. Aber tief in mir drin, ja da bin ich ein Teil von allem, da bin ich Mensch. Wieder habe ich diese Eingebung, dass wir uns gegenwärtig als Menschen alle am gleichen Punkt befinden. Das Bewusstsein spricht zu mir. Ich spüre all das Licht und die Liebe. Ich werde durchdrungen von der Ewigkeit. Ich bin angekommen in mir und auf dieser Erde. Vieles liegt mir noch auf dem Herzen was ich schreiben möchte und werde. So vieles wartet in diesem Jahrtausend noch darauf aktiv gestaltet zu werden. Wir hängen unweigerlich alle miteinander zusammen. Heute war ein langer Tag. Um kurz nach 6 Uhr ging ich zum Frühstück, trank einen Kaffee und einen Koka-Tee, aß ein Brötchen mit selbstgemachtem Kuhmilchkäse und recht schnell fingen wir dann auch an zu arbeiten. Es wurde aufgeräumt und gefegt, gewischt und neu geordnet. Vieles war in Bewegung. Es war ein sehr intensiver Prozess für mich. An einem Punkt war ich so emotional, dass ich meinte zu zerbrechen. Ich hatte Tränen in meinen Augen und wurde mir bewusst, dass ich

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gerade meinen könnte verzweifelt zu sein. Wo führt mein Leben hin und was mache ich mit meiner Lebenszeit? Worauf richte ich meine Aufmerksamkeit, mit wem verbringe ich meine Zeit, was möchte ich in anderen für ein Gefühl hinterlassen, wenn wir uns verabschieden? Viel ist es, was da durch meine Seele strömt und ja, uns Menschen eint alle die Verbindung der Liebe, des Lebens, des Wachstums und der Entwicklung. Wir sind alle eng miteinander verflochten und ungeachtet der Tatsache wie räumlicher Entfernung oder Alter sehr nah beieinander. Aber um wahrlich zu wachsen müssen wir uns auch dazu bereiterklären für alles Verantwortung zu übernehmen was uns widerfährt und was uns nicht widerfährt. Wir alleine sind für unser Leben, für unsere Gesundheit, für unseren Reichtum, für unsere Erfüllung und für unsere Beziehungen verantwortlich. Wann wird sie eintreten unsere Rettung? Wann werden wir aufwachen? Wann ergibt alles einen Sinn? Ich liege im Bett und wieder befinde ich mich auf der Arche Noah. Ich spüre gerade verdammt viel schwere Energien und weiß, dass sie auch von einer anderen Person hier stammen. Ich schütze mich davor sie in mein Innerstes zu lassen und gleichzeitig öffne ich mein Herz ganz weit um für sie zu beten und sie zu segnen. Wir sind alle miteinander in Verbindung. Es gibt keine Separierung. Die Separierung ist in Wahrheit die Illusion. Heute erblickte ich ein Bild mit einem Menschen – es könnte Jesus sein – und einem Junge auf seinem Schoß. Er befindet sich leicht im Schatten und das kleine Kind weilt im hell erleuchteten Glanz. Jesus weihte diesen Menschen in das Geheimnis ein. Jesus kam um uns zu retten. Jesus ging all die Schritte um in einer jeden Stunde bei uns zu sein. Jesus starb, damit wir leben können. 33 Jahre bin ich alt und wieder befinden sich Tränen in meinen Augen. Ich habe eine Stimme so wie ein jeder Mensch auf dieser Erde eine

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Stimme hat. Ich kann aussprechen, was mich stört und ich kann Missstände aufdecken. Ich kann Unwahrheiten egal von welcher Institution oder von wem aufklären, ich kann mit allem Glauben, mit Willenskraft und Beharrlichkeit diesem Ziel folgen. Ich kann in mein Herz in Gänze versinken und daraus schöpfen, ich kann geben und geben und tief in mir alles zurückerhalten. Ja, ich bin ewiglich reich. Ja, ich bin das Licht. Ja, ich bin die Ewigkeit. Ja, ich bin die Gesamtheit. Ja, ich bin der Glaube. Ja, ich bin der Weg. Ja, ich bin die manifestierte Göttlichkeit. Ja, ich bin das Wunder. Ich bin der Sinn und die Quelle, die Essenz und die Schönheit, der Glanz und das Erwachen, der Segen und die Gnade, der Kampf und der Friede, die Liebe und die Verbundenheit. Ich bin die Integrität und die Einheit. Ich bin du. Ich bin der Regentropfen und der Wasserfall, der Fluss und der Ozean. Ich bin das Meer. Ich bin die Pyramide und der Obelisk, ich bin der Elefant und die Ameise, ich bin die Schlange und der Kondor. Ich bin der Kolibri. Ich bin der rote Milan. Wieder sprudelt sie in mir die ewigliche Quelle des Schreibens und ich spüre, dass ich an meinem gegenwärtigen Punkt im Leben auf räumlicher Ebene nicht reisen kann. Es ist grundlegend und wichtig, dass ich den Anker meines Schaffens immer tiefer in den fruchtbaren Erdboden der Menschlichkeit niederlasse. Es ist wichtig, dass ich glaube und an meinem Traum festhalte. Es ist wichtig, dass ich mein Licht in Gänze erstrahlen lasse. Es ist wichtig, dass ich schaffe und wirke. Es ist wichtig, dass ich bin. Ja, wieder finde ich die Kraft um den nächsten Berg ins Auge zu fassen und all die Gipfelgrate in Angriff zu nehmen. Zürich, Basel, Vaduz, Bern, Stuttgart, Nürnberg, Prag, Warschau und Berlin sind

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auf räumlicher Ebene vermeintlich weit entfernt. Aber was du in der Ewigkeit tief in deinem Innersten in der Dunkelheit kultiviert hast, das kann dir niemand nehmen, das erstrahlt auf einer zeitlosen Ebene. Wir sind manchmal mehr als uns lieb ist eng miteinander verflochten. Unser Wohl ist das Wohl unserer Nächsten. Unser Glaube ist der Glaube der Menschlichkeit. Tief in uns wohnt das Paradies. Auf einem jedem unserer Schritte können wir gehen in die Unendlichkeit und wann immer wir auch fallen, wir werden gehalten. Die silberne Gebetskette aus der hängenden Kirche im koptischen Viertel in Kairo in Ägypten in Afrika liegt neben mir. Wie oft glitt sie bereits durch meine rechte Hand? Wie viele Wünsche und Gebete? Mit der Pilgermuschel ist sie einer der wichtigsten Gegenstände, die ich besitze. Ich kam um zu bleiben und fing an zu schreiben um die Geschichte und die Gegenwart samt der Zukunft umzuschreiben.
Ein weiterer Absatz, ein neues Kapitel, eine neue Möglichkeit, ein klares Ziel vor Augen und die Wärme in deiner Aura. Vermeintlich war ich verloren, doch ich spürte, dass ich all die Herzschläge meines Lebens lebte um an diesen Punkt zu kommen und das war mit ein Grund, weswegen ich mich am Montag um 5 Uhr in der Früh dazu entschied, noch weiter hier zu bleiben. Ja, es war so als ob das Göttliche unmittelbar zu mir gesprochen hätte: „Julian, ich habe es dir so einfach gemacht, aber du musst es auch sehen, du musst es annehmen und du musst dankbar dafür sein. Öffne dein Herz weit für all die Möglichkeiten, die dir begegnen und segne die anderen Seelen in all den Augenblicken und Momenten. Also bereite mir den Gefallen und bleibe.“
Und ich lebe dieses Leben nicht durch einen Zufall. Ich lebe dieses Leben aufgrund eines bestimmten Grundes. Jede Handlung hat eine Auswirkung und jede Handlung hat einen Ursprung. Manchmal sollten wir uns ver-…

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gegenwärtigen, dass die furchtbarste Tat eines anderen Menschen geschehen muss, damit wir diesem Menschen vergeben und die Lehren daraus ziehen. Denn wir hängen alle miteinander zusammen. Jeden Tag werden wir erneut auf die Probe gestellt. Jeden Tag dürfen wir unser Können und unseren Erfindungsreichtum erneut unter Beweis stellen. Denn wir sind hier versammelt nicht ohne Grund. Nein, wir atmen und fühlen, wir glauben und wissen, wir lieben und denken. Im Angesicht der größten Schwärze wird dein Licht am hellsten scheinen.

20:47 Uhr

Immer noch gibt es da diese Stimme in mir die sagt, „kehre tiefer zum Ursprung und zur Essenz. Wage dich noch weiter in die Gefilde der magischen Kostbarkeit. Atme all die Schönheit und den Reichtum ein. Lasse los und befreie dich von limitierenden Glaubenssätzen. Danke für alles was dir widerfährt und gehe deinen Weg.“ Die Wolkendecke bricht wieder auf und die Sonne kommt zum Vorschein. Einzelne müssen ihre Hand in die Höhe recken um vor all der Helligkeit nicht zu erblinden. Aber da ist das Licht. Ja, da ist das Licht. Da ist die Sonne. Da ist der Wandel. Da ist die Bewegung. Da ist die Natürlichkeit. Da ist die Größe. Da ist der Frieden. Da ist die Gebetskette. Da ist das Warum und da ist die Antwort. Da ist die Magie und da ist die wahre Kraft.

P…… P… – Dienstag, 17. Oktober 2023

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18:29 Uhr

Seit knapp fünf Uhr auf den Beinen, seit dem Mittag in Quito, endlich wieder eine angenehme Temperatur ohne Moskitos. Todmüde bin ich und weiß immer noch, dass ein ausgesprochen weiter Weg vor mir liegt. Wann habe ich das letzte Mal musiziert und mich malerisch betätigt? Ich spüre, dass auf dieser Reise immer noch sehr viel wartet von mir entdeckt zu werden. Aber alles zu seiner Zeit. Vor einem Monat war ich das letzte Mal in Quito und gefühlt war da alles anders. Jetzt hier in einem fremden Bett bei einer fremden Familie, doch ich fühle mich wohl, ich fühle mich wie ein Teil von mir. Ich habe meine Smartphone-Nachrichtendienste noch nicht aktiviert und heute auch nicht nach dem Internet gefragt, weil ich noch etwas Raum für mich und die Ruhe haben möchte. Irgendwie bin ich froh jetzt hier zu liegen. Die beiden Füllfederhalter sind gereinigt, im Erdgeschoss stand eine Papierbox mit einem Namen in etwa P…., P…… und ich las nur „Perpetuum Publishings“. Beim Blicken in das Arbeitszimmer stellte ich mir vor, wie ich meines aufteilen werde und wo die Trennung im Raum zwischen PP und „Drive Change“ verläuft. Mit dem Buchregal no. 1 und meinen Notiz-, den selbst gedruckten Büchern und den externen als auch den Ordnern zu Zwecken der Recherche, der Buchhaltung und der

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Projektorganisation habe ich bereits viel um die Wände zu füllen. Das Buchregal no. 2, ein Gemälde als auch eine Vitrine sollen folgen. Wieder stelle ich mir die Frage, wo ich eines Tages wohnen werde. Hier in Quito könnte ich es mir gegenwärtig sehr gut vorstellen aufgrund der Höhe, aufgrund des Wetters, der Landschaft, der Nahrungsmittel und der Natur, der entspannten und freundlichen Menschen als auch der Energie im Allgemeinen. A. meinte, dass ich auch drei Monate oder ein Jahr bleiben kann. Mit den Verträgen und der Kosten zur Pausierung der Krankenversicherung zahle ich monatlich gerade rund 90 Euro. Zwar habe ich keine Einnahmen, aber ich lebe und ich kann mich damit arrangieren. Vermutlich werde ich morgen wieder zwischen fünf und sechs Uhr aufstehen. Wenn ich dann wieder an dem Ort inmitten der Natur bin, werde ich diese beiden 30 und 45 Minuten Schreibmaßnahmen digitalisieren. Vieles ist anders gegenwärtig. Statt dem kontinuierlichen Rauschen des Rio Magdalena, dem Zirpen der Grillen, den Glühwürmchen und dem omnipräsenten Grün ist jetzt ein kläffender Hund in der Nachbarschaft, eine Straße mit recht vielen abbremsenden und beschleunigenden LKWs und Bussen irgendwo in der Nähe und all das Licht der modernen Zivilisation. Herz, was flüsterst du mir, wo wird mich mein weiterer Weg hinführen? Behalte einfach das Vertrauen. Klappe jeden Tag mindestens einmal dein Notizbuch auf und widme ihm eine geraume Zeit als auch „Perpetuum Publishings“. Habe Freude mit anderen, ernähre dich gesund, arbeite und gebe deine beste Leistung ab, vergebe dir immer wieder für negative Gedanken, lasse

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los und bete. Atme tief ein und aus. Tief in dir trägst du all die Antworten und Weisheiten, die du für deine weitere Reise benötigst. Segne und bete, liebe und sei demütig. Immer mehr eröffnet sich dir das Paradies oder das Königreich. Sei fleißig und dankbar, finde Gefallen an all den Kleinigkeiten und schenke dem Göttlichen an einer jeden Weggabelung Aufmerksamkeit. Hier liege ich also im dritten Stockwerk im Dachgeschoss in der Nähe der Kapelle des Mannes von Guayasamín, die Begegnungen mit der Brasilianerin D. sind weit entfernt. Ebenso allerdings auch das Videogespräch mit Ma. vorgestern Vormittag. Ich atme tief ein und aus. Leider habe ich keine Kopfhörer oder „Peacemaker“ mitgenommen. So darf ich darauf vertrauen, dass die Geräusche der Zivilisation des Nachts kontinuierlich abnehmen und ich doch meinen wichtigen Schlaf finde. Ich bin dankbar mich jetzt wieder in Quito südlich des Äquators zu befinden. Heute wurde ich von Mo. gefragt, ob ich Deutschland nicht vermisse. Ich habe glaube ich nur den Kopf geschüttelt. Dafür ist mein Fernweh einfach noch zu stark. Das Gute am Schreiben ist, dass dir im Alltag Situationen begegnen können oder du Gespräche mithörst / führst und dann die einmalige Chance hast, das Erlebte auf dem Papier festzuzurren. Ein Buch mit dem Titel „Die Stadt der Tagebücher – Vom Festhalten des Lebens durch Schreiben“ habe ich entdeckt. Ja, ich weiß, dass der Tag kommen wird, da mein Buch in Buchläden, Bibliotheken, auf Buchmessen, in Lesungen, auf Nachttischen, in Zügen und Universitäten, in Cafés und Fernbussen, in Rucksäcken auf Pilgerwanderungen und in Retreat-Zentren

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wiederzufinden sein wird. Gott ist bei mir. Ich spüre das Licht und die Liebe in den vergangenen Tagen ausgesprochen stark. Immer wieder blicke ich zurück auf die Arbeit des Tages, auf das Ordentliche und die Struktur, auf die Schönheit und Einfachheit und bin froh. Ich bin froh zu leben sowie diese einzigartige Erfahrung machen zu dürfen. Immer noch gibt es vieles, was das in der Zukunft auf mich wartet, aber ich fing an diesen Weg zu gehen, ich fing an auf die Stimme meines Herzens zu hören, ich fing an meine Komfortzone zu verlassen und einfach aus meinem Selbst heraus zu sein ohne irgendwie zu müssen. Ich bin zufrieden. Ich bin glücklich. Langsam kann ich auf dieses Jahr zurückblicken und sagen, dass ich mit 5 oder 6 Büchern ausgesprochen produktiv war. „Stamps of Eternity“ entstand in den 13 Tagen zwischen dem Americano und Kuchen in Basel Bad Bf, der ICE-Fahrt nach Hamburg und der Fährfahrt von Lübeck Travemünde bis nach Helsinki, in Tallinn und Riga, Vilnius und Warschau, Berlin und wieder auf den Schienen. „Eine Zeppelinfahrt namens Leben“ entstand irgendwie. „Meine Remington Rand oder der Tennisarm“ war in Teilen bereits 2022 vorhanden, ich fügte allerdings sicherlich noch 600 oder 700 Seiten hinzu. Dann war da die englische Übersetzung von „Vom Träumen und Wachsen“ mit dem Titel „Of Dreams and Growth“, die spanische Übersetzung dank Ma. mit dem Titel „De Soñar y Crecer“. Des Weiteren griff ich „Der große Mutmacher“ noch einmal auf und korrigierte ihn. „Those Seven Train-Rides“ ebenfalls dieses Jahr. Jetzt auf dieser Reise „Heal your Heart – El Diario“ und „XXXX Fragen und die eine Antwort“. Ja, möglicherweise mache ich zu viel. Aber ich kann nicht anders und das Schreiben, es fließt kontinuierlich aus mir heraus. Im nächsten Jahr we…

19:14 Uhr

rde ich mich dann „Die Gedanken-…

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tagebücher Teil III – Die Tinte Gottes“ widmen, das „UNRUHE“-Manuskript meines Großvaters digitalisieren und vermutlich in der Sprache anpassen (ich glaube, der Titel heißt nicht „UNRUHE“ aber ich fing an ihn so zu nennen), dann werden da noch Übersetzungen von „Vom Träumen und Wachsen“ auf französisch, italienisch und vermutlich südkoreanisch sein. Was noch? Es könnte genügen. Aber was ist mit „Ben – The Healer“, was mit „Die Offenbarung des Henry Thomas“, was mit einer Fortführung von „Radreise voraus in die Vergangenheit“? Vielleicht werde ich schlichtweg auch einfach erkennen, dass ich mehr Zeit mit Ma. verbringen möchte, dass ich sehe, wie ihr Bauch zu nehmend runder wird und sich die Dinge unweigerlich verändern werden. Früher oder später brauche ich andere Menschen, die mit mir gemeinsam die „Perpetuum-Geschichte“ schreiben und den Traum im Beruf an all den unendlichen Tagen weiter Realität werden lassen. Ich atme tief ein und aus und bin verdammt dankbar bereits so weit gekommen zu sein. Tatsächlich schreibt nicht jeder auch wenn ich das manchmal annehme. Ebenfalls hat nicht jeder die Freude ein Buch je Quartal herunterzuleiern. Freilich nein. Die Internetseite wartet weiter auf Ausgestaltung und Verbreitung und irgendwie wäre es ja recht langweilig, wenn alles am Schnürchen ohne Probleme oder Gedanken läuft. Es ist das Jahr 2023, aber was sagt diese Zahl nun aus? Sie ist ausgesprochen relativ. Im Prinzip ist sie nichts wert. Aber nun gut. Auf jeden Fall befindet sich kein vor Christus hinter der 3. Morgen ist ein neuer Tag, morgen werden die Fenster wieder neu geöffnet, morgen gibt es wieder unzählige Möglichkeiten das eigene Sein unter Beweis zu stellen. Knapp 33 Minuten verbleiben mir noch aber schon gut, ich habe mich darauf eingelassen. Gut Ding will Weile haben. Ich gähne und atme tief ein und aus.

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Ein bisschen packte mich heute auf der Ruckelpiste nach Quito wieder die Freude meine zwei Rucksäcke und die Cusco-Umhängetasche in die Hände zu nehmen und Ushuaia ein Stück weit näher zu kommen. Aber alles zu seiner Zeit. Insgesamt ist da in mir immer noch zu viel Druck, ich darf loslassen und genießen, sein und entspannen. Alles Andere kommt dann von alleine.

19:30 Uhr

Stillstand – Montag, 16. Oktober 2023

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19:27 Uhr

Ich befinde mich immer noch an dem gleichen Fleck. In der vergangenen Nacht schlief ich nicht wirklich, drehte und wendete mich, wägte ab und dachte nach, hatte die fertig gepackten Rucksäcke bei der Türe stehen und kam heute morgen schließlich kurz nach 5 Uhr zu dem Entschluss, dass ich mich hier wohlfühle und in dieser Phase meines Lebens gerade ausgesprochen viel lernen kann oder eher diesen Ort einfach genießen darf. Ich bin angenehm müde und erschöpft, frisch geduscht und liege in einem frisch bezogenen Bett, hatte knapp 40 Minuten die Türe bei Dunkelheit ohne externe Lichtquellen geöffnet und lag da einfach Zeuge seiend,

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all dessen was mich umgibt. Die Grillen zirpen gleichmäßig, das Rauschen des Rio Magdalena ist kontinuierlich, morgen fahren wir nach Quito, es ist eine weitere Analyse von 30 Minuten um das analoge Schreiben in Zahlen zu fassen. Basierend auf meiner ersten Berechnung hätte ich knapp 800 Stunden mit den Notizbüchern verbracht. Selbstverständlich ist das zu wenig. Unzählige Dinge gibt es, die zum Schreiben noch dazugehören. Ich freue mich auf morgen, Abwechslung ist angesagt, heute schlief ich recht lange nicht. Meine linke Hand macht sich selbstständig und bringt irgendwelche Worte die nicht aus meiner Feder stammen auf das Papier. Wieder habe ich hier diese zwei Teile von mir. Da ist a.) der Arbeiter, der Pole, der mit den Selbstzweifeln, der schaffen kann aus dem Schwabenland, der nur wenige Pausen braucht und sich einfach gewahr ist, dass Tag für Tag für Tag ein kleiner Baustein gelegt werden kann. Viel geschah heute, ein Tag gleich einem Jahrtausend, vor einem Jahr befand ich mich in Lörrach oder im Urlaub in Ägypten, nun bin ich nahe dem Äquator an der Mitte der Welt. Möwen gibt es hier nicht so viele wie am Bosporus wage ich zu behaupten. Vorhin zog da ein einzelnes Glühwürmchen blinkend durch die Luft und über das Gras und ich bete für das Glühwürmchen, dass es Gleichgesinnte findet. In der Hauptstadt ist es erforderlich, dass ich mir wieder eine Kerze kaufe. Ja, ich vermisse dieses Kerzen-…

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licht und die Kraft, die von ihm ausgeht. Ich werde mir gewahr, dass ich aller Voraussicht nach zufrieden bin, wenn ich hier an diesem Ort in den kommenden Wochen „Star no. 5001“ fülle und abschließe. Dann habe ich eine besondere Verbindung zu diesem Platz, dann weiß ich, dass die Dinge so sind wie sie sein sollen, dann schlägt mein Blut ein kleines Wenig schneller in meinem Innen. Der Fisch am Sonntagabend war köstlich und recht einfach zubereitet. Erst mit Limone und Salz gut waschen, dann in Mehl wiegen und in der Pfanne mit recht starker Hitze und seltenem Wenden knusprig frittieren. Beim Essen dachte ich kurz eine Gräte der größeren Sorte durch meine Luftröhre inhaliert zu haben – aber ich täuschte mich, trank einen kleinen und feinen Schluck Leitungswasser aus dem Fluss, schüttelte mich ob der Tatsache, dass und meinte einem Kolibri gleich gen Himmel zu fliegen in der Gewahrsamkeit, dass es nicht selten Orte gibt, da sich Hase und Fuchs gute Nacht sagen. Immer noch grillen die Zirpen, das Solarlicht überrascht mich, es muss immer noch rund 50 Prozent Akku haben, obwohl ich es an den letzten Abenden kontinuierlich im Einsatz hatte. Ja. Gut Ding will Weile haben. Ich schrak gerade ordentlich zusammen, weil eine winzige Spinne über das Kopfkissen rannte. Ich bin gespannt, wie oft ich in dieser Nacht im Schlaf atmen werde. Der Füllfederhalter benötigt schleunigst eine Reinigung, er zieht die Tinte nicht mehr automatisch nach – eventuell liegt es allerdings auch an der Tinte selbst. Es ist auf

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jeden Fall keine zufriedenstellende Dauerlösung. Bin ich zufrieden? Ich glaube ja. In dieser Phase ab Neu- bis Vollmond bin ich wieder aktiviert und alles wird sich entwickeln. Ja, alles wird sich entwickeln. Unfraglich. Ich darf vertrauen.

19:57 Uhr

„El Segundo Matrimonio“ – Sonntag, 15. Oktober 2023

13:43 Uhr

Freitag, der 13. ist überstanden, der Neumond und die Sonnenfinsternis ebenso, die zwei Rucksäcke stehen zu 97 Prozent fertig gepackt vor mir und warten darauf morgen wieder die Freiheit zu erkunden. Heute sind die Präsidentschaftswahlen in Ecuador, viel passiert in dieser Zeit, die letzten Tage haben mich sehr stark auf die Probe gestellt und nun wage ich wieder einen Anlauf für einen weiteren Eintrag. Immer wieder muss aus der Tiefe geschöpft werden um zu schaffen. Im Angesicht eines neuen Morgens wird sich das Gestern verflüchtigt haben. Ich befinde mich auf der Warteliste für den Vipassana-Ashram in Bolivien, habe einen weiteren Freiwilligenplatz im Manu-Nationalpark hinter Cusco entdeckt und werde wenn alles gut läuft morgen via Quito Cuenca erreichen.

13:56 Uhr

Vor mir liegt das Nepal-Patch, ungewiss bin ich, wo die weitere Reise hinverlaufen wird. Es ist Perpetuum-Tag 787 und ich frage mich, wie viele diesem noch folgen werden. Gerade erscheint es mir so, als haben mich alle Kräfte verlassen. Wieder schließe ich meine Augen und tauche als Welle in diesen ewiglichen unendlichen Ozean ein. Die weitestgehende Leere meines Tintenfasses ist mit ein Grund, weswegen ich weiterziehen muss.

14:19 Uhr

Zum gefühlten tausendsten Mal öffne ich wieder den Eintrag „365 days of writing – the stats“. Aber er wird nicht fertig. Es ist kein Aufschieben, es muss sich entwickeln und kann nicht erzwungen werden. Ich muss weiter vertrauen, dass sich die Dinge fügen werden.

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15:30 Uhr

Ich bin gegenwärtig also dabei eine weitere Schreibmessung durchzuführen. Es ist Sonntag, ich befinde mich in Ecuador, habe meine zwei Rucksäcke gepackt und werde aller Voraussicht nach morgen weiter gen Süden ziehen. Erst einmal wird am Vormittag Quito und dann am (hoffentlich) frühen Abend Qu-…

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enca erreicht. Selbstverständlich stellt sich ein Teil von mir schon die Frage, was er mit diesem „Experiment“ bezwecken möchte. Ich bin allerdings dabei, für den Blogeintrag „365 days of writing – the stats“ die ungefähre Anzahl des Schreibens digital als auch analog zu berechnen. Dabei habe ich keine Alternative denn zumindest ein paar Zahlen „stichprobenartig“ zu erheben. Für das Digitale habe ich bereits eine Berechnung – wenngleich ich den Verdacht nicht loswerde, dass die Zeit zu gering ist. Aber nun gut – gut Ding will Weile haben. Es ist also der erste Messungsversuch (Versuch stimmt nicht wirklich, da es ja eine Messung darstellt… okay, ich merke schon, dass die Qualität des Geschriebenen mit der Gewissheit da irgendwo im Hinterkopf ob des Zeitdrucks nur marginal eine Aussagekraft hat) und ich weiß, dass mindestens zwei weitere Folgen warten. Mit ein paar Anhaltspunkten wie Anzahl der Worte, Zeilenanzahl, Länge der Füllfederhaltertintenaneinanderreihung, Seitenzahl kann ich dann die Hochrechnung mit Blick auf die beendeten Notizbücher wagen. Okay, bin ich verrückt, warum mache ich das überhaupt? So recht habe ich keine Antwort darauf, wenngleich ich mir einen Mehrwert (gute 10 Minuten sind bereits abgelaufen) verspreche im Sinne dass ich a.) sagen kann, Zeit xyz meines Lebens darin investiert zu haben im analogen Raum mit einem Füllfederhalter in meiner linken Hand auf unzähligen weißen leeren Seiten von Notizbüchern zu schreiben und b.) hoffentlich andere Menschen dadurch inspirieren kann. Klar wünsche ich mir, die 10.000 Stunden-Marke zu knacken um dann sagen

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zu können, dass mein Werk alleinig dadurch an Qualität gewinnt. Okay, schon gut, Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut. Der Onlineshop muss endlich initiiert werden. Milliarden von Ideen habe ich in meinem Kopf und hätte ich ein Zepter in meiner Hand, dann würde ich es fallen lassen müssen um mich besser auf den Vorgang hier zu konzentrieren. 14:30 Minuten verbleiben. Die Zuschauenden sind nach der Halbzeitpause wieder ins Stadion zurückgekehrt und betrachten mit Spannung von den Haar- bis zu den Zehenspitzen was sich in „star no. 5001“ nun so abspielt. Armaden von Herzen fühlen mit, bewegen sich im gleichen Takt und wissen insgeheim, dass sie dabei sind etwas absolut Magisches in Augenschein nehmen zu dürfen. Ja, jetzt fließt es wieder, ich bin gespannt, was sich im Schreibmonat November so alles vollzieht, wohin wir uns als Menschheit drehen und welche Wunder da im Morgen allesamt noch im Verborgenen schlummern. Alles halb so wild. Ich atme tief in meinen Bauch ein und wieder aus. Wo werde ich mich in 24 Stunden also befinden? Eventuell sogar noch hier – aber nein, ich glaube nicht! NEIN!!! In Anbetracht der Tatsache, dass die Wahl in Ecuador dem Ende zugeht lamentiere ich ob des Inspirationsdenkens. 09:00 Minuten verbleiben. Gute 2 Seiten oder schätzungsweise 50 Zeilen sind gefüllt. Froh bin ich, dass ich keine 40 Stunden Woche als Fließbandschreiber habe. Wo sollte das auch hinführen? Immerwährend bewegen wir uns in der Ewigkeit, ich denke an Barcelona und an die Wildschweine, an das

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Meer und an den Wind, an ihre Bewegungen beim Schwimmen und an das Gefühl das mich überkommen wird, wenn wir uns in der Realität von Angesicht zu Angesicht ohne eine Distanz von einer Armlänge wiedersehen und umarmen. Werden unsere Herzen dann noch im Einklang schlagen – werden wir annähernd in eine gleiche Richtung schauen und das Bild der Zukunft gemeinsam zeichnen und gestalten? Fuck… 04:30 Minuten verbleibend. Okay, eine gute Minute Boxenstopp, die Tinte ist wieder aufgefüllt, es kann also weitergehen. Wo war ich stehen geblieben? Zwischen dem roten Faden und dem goldenen Zügel webe ich behutsam-fein also mit der bläulichen Tinte das Netz der Geschichte. Die Musik besänftigt meinen Geist. Ich gebe noch einmal Gas. Aber so richtig. Knapp zwei Minuten verbleiben mir noch. Nur keine Fehler machen so kurz vor dem Ziel. Die Landschaft schießt friedlich vorbei. Wieder atme ich tief ein und aus. Der Fahrtwind…

15:59 Uhr

Sonnenfinsternis oder der Friede des Angelns – Samstag, 14. Oktober 2023

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15:53 Uhr

Tief in mir spüre ich, dass es an der Zeit ist weiterzugehen. Am Montag hätte ich die Gelegenheit, noch ein drittes Mal für eine Woche, für einen Monat oder ein Jahr zu verlängern. Wieder stellt sich mir die Frage, was ich suche und warum ich auf der Reise bin. Gegenwärtig ist mein Kopf allerdings zu leer um eine gute Antwort zu finden. Heute angelten C. und ich im Rio Magdalena. Sie holte von den Wespen die frischen Larven in ihren Waben, die wir als Köder an den Haken hängten. Drei Stunden waren wir am oder im Wasser. Ich fing einen Fisch, allerdings hüpfte er unmittelbar wieder ins Wasser. C. fing acht oder neun. Am Ende schenkte sie mir drei, in der Küche schabten wir die Schuppen ab, öffneten sie und holten die Innereien raus. Ich blickte genau zu dem Zeitpunkt zum Himmel auf die Sonne, da der Mond sie zu rund 70 Prozent bedeckte. Ich fühle mich leer. Wenn ich mich aufraffen kann, werde ich heute noch die zwei Rucksäcke packen. Die Beziehung mit Ma. ist gerade merkwürdig. Gerne möchte ich ein Gegenüber kennenlernen, gleichzeitig habe ich das Ge-…

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fühl, dass ich nicht weiß wie es geht. Langsam habe ich es satt alles drehen und wenden zu müssen und aus irgendwelchen Gründen nicht so wie die Anderen zu sein. Ich weiß nicht, was los ist. In mir brodelt es. Alles wird wieder in Frage gestellt. Macht überhaupt noch irgendetwas einen Sinn?

20:02 Uhr

„Oración
Santísima Virgen María, que
habéis sido concebida sin
pecado, os elijo hoy por Señora
y Dueña de esta casa y os pido
por vuestra Inmaculada Concepción,
os dignéis preservarla de la peste,
de fuego, del agua, del rayo, de los
terremotos, de los ladrones, de los
impios, de los bombardeos y de los
peligros de la guerra.
Bendevid y proteged a las personas que
la habitan, que vivirán en ella y concededles
la gracia de evitar el pecado y todas
las demás desgracias y accidents.
!Oh María concebidas sin pecado,
rogad po nosotros que recurrimos a vos!”

Das Licht aus Ulm – Donnerstag, 12. Oktober 2023

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20:32 Uhr

Unzählige Sachen gehen mir wieder durch den Kopf. Wie ich die Uhrzeit 20:32 Uhr aufgeschrieben habe, frage ich mich, was im Jahr 2032 in 9 Jahren geschehen wird. Welcher Mensch bin ich dann und in welcher Welt lebe ich? Morgen muss ich nicht arbeiten, ich wer…

21:27 Uhr

Ich bin ausgesprochen müde, doch habe die neue Kerze wieder angezündet. Sie erinnert mich ein wenig an jene, die bei meiner Großmutter in Ulm im Esszimmer auf dem Tisch in einem goldenen oder silbernen Kerzenleuchter majestätisch standen. Durch die hohe Flamme leuchtet das Licht sehr hell, so dass diese Quelle ausschließlich für das Schreiben genügt und einen sehr angenehmen-wohligen Wärmekegel ausstrahlt. Ich bin verzweifelt und weiß nicht weiter. Was habe ich hier die vergangenen vier Wochen gemacht? Was hatte es für einen Sinn? Ich weiß nicht weiter. Für den Januar im kommenden Jahr habe ich mir vorgenommen von Straßburg mit dem Zug bis nach Marseille zu fahren und dann von dort aus mit dem Rad weiter gen Santiago de Compostela zu ziehen. Aber wie fügt sich das in meinen Lebenslauf ein? Ich brauche Antworten und möchte so gerne im Vertrauen sein. So lange habe ich andere Menschen idealisiert und auf einen Thron gehoben. Die Stimme meiner Mutter ist mir sehr präsent. Im Leben hängt alles miteinander zusammen. Wenn du etwas nicht machst was diese innere Stimme dir rät – aus Rücksichtnahme gegenüber einem anderen Menschen –, dann wirst du nicht sonderlich zufrieden sein. Gemeinsam mit meinem Fahrrad und den zwei Rucksäcken bedeutet mir das Schreiben viel, wenn nicht sogar alles. Für jeden Menschen ist Platz in diesem Universum. Ich bin dankbar zu leben und

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immer weiter Erfahrungen zu sammeln. In irgendeine Richtung geht die Reise dann schon. Das Schreiben zentriert und heilt mich. Wenn ich zu viele Gedanken habe, dann habe ich ein Ventil, wenn ich mich schlecht fühle, dann kann ich der Ursache auf den Grund kommen, wenn ich vermeintlich Langeweile habe, dann kann ich Sinn und Inhalt begründen. In der Tat ist ein temporärer Zustand beizeiten verwirrend und kann sich auf das Programm der Menschen gar nachteilig auswirken. Aber nun gut. Heute zäunten wir und ich fühlte mich stark an den Schweizer Ziegenbergbauernhof um Ostern 2019 zurückversetzt. Es war ein ausgesprochen nährendes Gefühl.

Das blinkende Glühwürmchen – Mittwoch, 11. Oktober 2023

Seite 27

20:24 Uhr

Ich liege im Bett, die Kerze brennt doch noch und das Glühwürmchen welches vor gut einer Stunde auf meiner linken Hand langsam krabbelte, ich konnte es leider nicht bis hierher bewegen. Ich habe mir drei Videos von Osho angesehen. Durch externe Stimmen hatte ich ein negatives Bild von ihm. Sicherlich hat er polarisiert. Er sprich „either you love me or you hate me…“. Viele Dinge sprach er an um Augen zu öffnen und Menschen zu heilen. Er war eine einzigartige Person der Extravaganz. Er war vermeintlich ein „normaler“ Mensch. Der Schweiß steht auf meiner Stirn, ich trage allerdings das Longsleeve, da ich lieber schwitze denn noch mehr Moskitostiche zu erhalten. Der Tag war recht zermürbend. Er begann gegen 07:25 Uhr mit einem ausgelaugten Körper und dem Anstieg auf die Bananenplantage auf den Berg. Er endete mehr oder weniger 12 Stunden später. Dafür frisch geduscht, umgezogen und ausgezeichnetes Abendessen – viel Wasser, Suppe mit Yucca, Linsen und Reis, zwei frittierte Tilapias. Heute gab es zwei Momente da ich spürte wie das Universum zu mir sprach. Diese Momente waren so wie 2021 auf der Fahrradtour am Rhein zwischen Freiburg und Straßburg, da eine Nutria von rechts aus dem Maisfeld aufgeschreckt durch die Reifen auf dem grobporigen Asphalt quer über den Weg wie ein tiefergelegter

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Panzer rannte und ich mit zwei Satteltaschen und knapp über 30 km/h mit leichtem Rückenwind bei strahlendem Sonnenschein exakt zum perfekten Zeitpunkt mit dem Vorderrad über ihre höchste Stelle fuhr und durch ihre schnelle Bewegung nach links zur Seite gerissen wurde und freilich in hohem Bogen auf die Schnauze – also Helm, rechtes Knie / Bein, Ellenbogen und Schulter – flog. Es war so wie in Lörrach, da ich in der Abenddämmerung in Vorfreude auf ein Telefonat mit Ma. auf der Schicksalsbank unter dem Walnussbaum plötzlich anfing zu rennen, immer schneller wurde, wie es mir so viel Freude bereitete, ich mich wie „Forrest Gump“ fühlte wie er in die Freiheit sprintet, irgendwo ein paar Meter vor mir auf dem Pfad ein Wiesel oder ein Marder geht, meine Gedanken leider ohnehin ganz woanders sind, ich abgelenkt bin und in hohem Bogen auf die Schnauze fliege. Es war so wie an dem Samstagvormittag in Lörrach, da sich M. und ich zum Fahrradfahren getroffen haben, wir ungefähr 20 Minuten gemeinsam fahren, nach einer kleinen Anhöhe ein wenig aus der Puste sind und danach die Abfahrt genießen und er dann kurz vor einer Rechtskurve vor einem Ortseingang auf dem separaten Wirtschaftsweg neben einem Abflusskanal und der Straße immer noch gut 50 Sachen drauf hat und aus irgendeinem Grund nicht bremst, dann in der Kurve nach links mit seinen schmalen Rennradreifen abgleitet, auf die Grasnarbe trifft, es das Rad wegreißt und er mit einem Vorwärtssalto auf den Boden kracht, mit dem Schädel und Helm auf dem Abflussgitter landet. Heute stand ich gegen 13:00 Uhr auf das Mittagessen wartend unter dem Wellblechdach

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auf dem Berg – die Tage zuvor gab es gegen 12:00 Uhr essen, die Anderen arbeiteten noch, ich war hungrig, müde und ein wenig unruhig und am Seilzug, löste die eine Seilwinde in der Annahme, dass ein Signal von unten zum Bewegen kam, bewegte mit meinen Händen den Seilzug, bis es plötzlich einen lauten Schlag tat, ich nach hinten springe und sich das Seil von der Verankerung beziehungsweise dem Rad gelöst hat oder vielmehr hinuntergesprungen ist. Mar. ist gerade hinter mir, macht mich selbstverständlich ordentlich zur Schnecke, sagt, dass meine Hand dabei hätte draufgehen können und nur er den Seilzug bedienen darf. Recht hat er. Am Nachmittag waren noch einmal zwei bescheidene Situationen. Vermutlich liest es sich so, dass ich mein gesamtes Leben lang mich kurz vor dem Abgrund bewege. Die Wahrheit ist glaube ich immer noch, dass ich sehr stark auf der Suche bin. Lieber würde ich schreiben, dass ich immer mehr am Finden bin – es stimmt auch – doch diese Suche ist recht stark. Vermutlich gibt es nicht so viele Menschen, die nach einem 10 Stunden Tag gegen Kost und Logis alleine bei Kerzenschein und der LED-Sonnenleuchte schreiben, nachdem sie sich Osho-Videos angeschaut haben. Ich erinnere mich an die Öko-Lodge in San Agustín 2021, da es mir ähnlich ging – allerdings ohne körperliche Arbeit. Wieder ist sie präsent die Stimme nach dem Sinn des Ganzen, wieder sind da Ängste, wieder sind da Zweifel. Ich erwarte mir mehr Resonanz bezüglich der Internetseite und dem Blog. Ich stecke schon recht viel Zeit dahinein, ich könnte es auch bleiben lassen und gleichzeitig ist es mir wichtig, gleichzeitig sind darin Teile von mir eng verwoben, gleichzeitig ist da der tief in mir

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ruhende Wunsch, nein, die Gewissheit, dass früher oder später andere davon profitieren können. Also ist es wichtig, dass ich dranbleibe und den Mut nicht verliere. Draußen zirpen die Grillen und Zikaden, ewiglich rauscht der Rio Magdalena und langsam fängt mein linkes Handgelenk an zu schmerzen. Immerhin habe ich noch beide Hände.
Aufgeben ist keine Option, deswegen bin ich am Leben, deswegen bin ich auf der Suche, deswegen reise ich. Ja, vielleicht muss ich anfangen meine Texte zu kürzen bevor sie veröffentlicht werden. Ich habe doch das Longsleeve ausgezogen, zwei Tage arbeiten sind es noch, dann ist das gebührende Wochenende und wenn ich mich am Montag aufraffen kann, dann setze ich meine Reise geographisch fort. Vorhin hatte ich eine wahnsinnige Negativität und Wut, es kann doch nicht sein, dass ich als Freiwilliger 10 Stunden an einem Tag arbeite wo doch in der Beschreibung nur 5 Stunden angegeben sind. Ich war fest entschlossen am Freitag bereits abzureisen, fing an zu packen und malte mir bereits eine 3 oder 4 Sterne Bewertung (von 5) aus. Ich kam nach längerem Abwägen zu dem Entschluss, dass ich so gnädig und großzügig bin, 4 Sterne zu geben allerdings in der Bewertung zu Anfang 3,5 Sterne reinschreibe. Dort wollte ich meinen Frust und verständlicherweise meinem berechtigten Ärger Ausdruck und Nachdruck verleihen und einen entsprechenden Raum geben, damit auch andere Freiwillige sehen, wie sehr ich im Recht bin. Ich zog digital eine Tarot-Zufallskarte, es war die vollkommen gegensätzliche Karte „Glück“. Es geht um den Ausdruck der Gefühle, um die innere Stimme und den Reichtum als natürliche Folge meiner aufgewendeten Energien.

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Im Prinzip sollte ich nicht jammern, wie ich nach zweimaligem Rufen von A. dann entgegen meiner eigentlich bereits schon getroffenen Entscheidung aus Protest und Trotz nicht in die Küche zu gehen dann einen reich gedeckten Tisch vorfand, aus Protest und Trotz nur eine Schale Suppe essen und alles andere ignorieren wollte, dann A. kam, die drei Tilapias in der Pfanne frittierte und ich ihr mürrisch sagte, dass ich nur wenig Hunger habe, sie mir zwei frittierte Tilapias dann auf einem silbernen Tablett mit vier Limonen vor die Nase stellte, ich es aus Protest und Trotz eigentlich ignorieren wollte und dann doch langsam zögernd anfing, die knusprigen Fische zu kosten. Im Nachgang bin ich ihr doch sehr dankbar für das Essen, für alles und für diesen Ort. Ja, Gefühle können sich transformieren, aus Hass kann Liebe und aus Krieg Frieden werden. Ich bin glücklich an diesem Fleck zu weilen und gleichzeitig ist sie da die Abenteuerlust und Neugierde, die weiter möchte und sich darauf freut, wenn sie in einer neuen Hauptstadt in ein Café zu einer x-beliebigen Uhrzeit mit der Cusco-Umhängetasche gehen kann, dort einen Americano, einen frisch gepressten Orangensaft und ein süßes Gebäck bestellt, das Notizbuch aufschlägt, den Füllfederhalter von der Kappe befreit, den Tintenstand prüft, die Füllfederhalterspitze auf die freie Zeile setzt und anfängt zu schreiben, dann irgendwann kurz unterbricht, der Kaffee und frisch-gepresste Orangensaft vor einem verlockend stehen und… das Ganze nenne ich Arbeit. Es gibt gute und es gibt schlechte Tage, das ist das Leben. Vielleicht war der Seilzug heute der dringend notwendige Weckruf. Ich weiß es nicht genau. Auf jeden Fall kommt „Star no. 5001“ doch langsam in Fahrt, die Seiten füllen sich.

Die Tomatensamen – Dienstag, 10. Oktober 2023

12:34 Uhr

Im Schatten sitze ich mit gefülltem Magen, habe beim Mittagessen drei Offerten von Müttern bezüglich ihrer Töchter (Alter 18, 23, 25 mit / ohne Kinder) erhalten da ich geäußert habe, dass mir die Gegend gefällt und ich mir vorstellen kann hier zu bleiben sofern ich eine Frau habe. Ganz stimmt das natürlich nicht, Ma. wartet immer noch in Barcelona auf mich. Viel gibt es da noch in der Welt, das entdeckt werden möchte. Der kleine Junge, der mir gestern alles auf spanisch anvertraute ist heute wieder in der Schule. Gestern war der Nationalfeiertag zur Unabhängigkeit der nach Einwohnerzahl größten Stadt Ecuadors Guayaquil. Wir haben 300 Bananenpflanzen in den Boden eingesetzt und ich habe danach noch die Kaffeepflanzen gepflegt. So abwegig erscheint es mir doch nicht, das Bäuerliche in mein Leben zu integrieren, lange habe ich es relativiert. Viel kann man beim Anbau und der Ernte, also bei der Produktion von Lebensmitteln lernen. Eventuell sogar alles. Eine Fischgräte blieb mir freilich nicht im Magen stecken wie ich die Angebote bezüglich der Töchter erhielt. So ganz weiß ich nicht, was ich von „Der Nagel im Kopf“ halten soll, bei einer Buchbesprechung im Schweizer Fernsehen fasste eine Dame (eventuell die Moderatorin) die Essenz des Werkes in meinen Augen ganz gut zusammen. Ein älterer weißer Mann, der eigentlich gar nicht so recht weiß, was er will noch wo er hin will und im Prinzip immer nur um eine Frau namens Maria kreist, die er irgendwo in der Vergangenheit kennenlernte. Es sei ihm vergönnt. Deutschland rückt nach rechts, ist es verwunderlich? Am Vormittag dachte ich darüber nach, wie sehr ich mich als Deutscher identifiziere. Meine Antwort kam recht schnell und zwar in der Form, dass wenn dort Krieg wäre ich es vermutlich mehr oder weniger schulterzuckend hinnehmen würde so als sei es die Ukraine oder in irgendeinem afrikanischen Land fern abseits der eigenen Realität. Vorausgesetzt natürlich, dass Familie und Freunde in Sicherheit sind. Alles ist jedoch gut so wie es ist und noch gibt es keinen Krieg in Mitteleuropa. Notfalls gibt es ja noch Portugal oder den Norden Finnlands als Rückzugsort. Die European Cycling Foundation habe ich als künftigen potentiellen Arbeitgeber ins Auge gefasst: interessantes Unternehmen in einer der europäischen politischen Hauptstädte in Belgien, Zukunftsfeld und bedeutungsvolle Arbeit mit Hebelwirkung. Gleichzeitig habe ich der Geschäftsstelle bereits vor ein paar Monaten eine E-Mail bezüglich dem Projekt Kap-to-Kap geschrieben. Dabei handelt es sich um ein mögliches Fahrradinfrastrukturprojekt vom Nordkap bis nach Kapstadt. Die Vorzüge und mögliche Realisierungsschritte habe ich in „Radreise voraus in die Vergangenheit“ aufgeführt. Leider habe ich bis heute keine Antwort auf meine Anfrage erhalten. Naja, eventuell gehört es zu den Sachen im Leben, da ich mir einfach keinen Kopf machen sollte. Die Nacht war schließlich doch noch recht erholsam, auch wenn all die Stiche doch sehr plagen. Hier gibt es viele Arbeitgeber, die pro Tag 10, 15 oder 20 Dollar bezahlen. Viel ist das nicht, ein wahrer Anreiz sieht anders aus, ist es bei und dennoch anders?

18:54 Uhr

Der Ort hier ist gerade wie ein Wunder für mich. Öffne ich die Türe, dann fliegen sie alle hinaus in die Weiten dieser Erde all die Gedanken und die Fragen, dann bin ich als Seele fest stehend mit beiden Beinen auf dem Boden und kann meine Hände in die Höhe selbst bei Tageslicht hinauf zu den Sternen recken und sie von dort allesamt pflücken und in meine Cusco-Umhängetasche stecken. Wieder fangen Tränen an sich in meinen Augen zu bilden. Ich spüre, dass es ein gutes Zeichen ist, da ich wieder mit meinem Wesenskern in Verbindung komme. Das Wasser nährt wieder den eingetrockneten Lehm in welchem sich die Tomatensamen der Träume befinden und nur wenig später dringen sie durch all die Keimlinge und wachsen hoch in den Himmel. Ja, mein Herz flüstert mir, dass es wieder Momente wie diese sind, wo ich mich für das Schreiben entscheide. Das blaue T-Shirt des gestrigen und heutigen Tages hat weiße Spuren von dem Schweiß unter der sengenden Sonne und eine schwärzliche Hinterlassenschaft der frisch geschnittenen Bananenstauden. Ich habe sie wieder aufgesetzt, die Over-Ear-Kopfhörer, die „Inspirational Instrumentals“-Playlist erklingt, den verbleibenden Kerzenstumpen ich zündete ihn zur Abwechslung seit Ewigkeiten wieder mit einem Streichholz an, da das Lörrach-Feuerzeug mit den USA-Nummernschildern endgültig seinen Geist aufgab. Dafür befindet sich wieder die gelbe Streichholzschachtel mit dem burgunderblutroten Zia-Symbol und NEW MEXICO samt iÓRALE! sichtbar auf meinem Nachttisch auf Zeit. Und wie durch ein Wunder sind es die Tage, da dort am Knotenpunkt irgendwo im Weltall zwischen Route 66 und dem Panamerican-Highway neben meinem Hotel auf Zeit in Albuquerque all die Heißluftballons in die Höhe steigen. Dort ist Skylar, dort ist ihre Lebenszahl, dort ist ihr Weg und dort sind ihre Wurzeln, dort ist der Anziehungspunkt, dort ist der Puls und dort ist der tonangebende Taktschlag. Es ist 19:04 Uhr und es könnte ein langer Abend / Nacht werden. Im Prinzip müsste ich weiter an TIN schreiben, damit ich da in einem Jahr wieder meine 1.100 Seiten plus nach URU und REM habe. Aber alles zu seiner Zeit. Und ja, sicherlich wird „Heal your Heart – El Diario“ nicht ein Bestandteil von „Die Gedankentagebücher – Teil I bis X“. Nein, es wird und ist bereits ein alleinstehendes Exemplar für Amerika, für Südamerika, für diesen blauen Planeten. Alles andere wird geschehen wie es geschehen soll.

19:14 Uhr

Diese Seite aus URU mit dem Filmdialog aus „Jules & Jim“ wollte ich heute als Statusmeldung in meinem Nachrichtenmessenger hochladen bis ich mir dann schließlich gewahr wurde, dass weder S….. noch T…… noch W……. funktionieren. Ich hoffe, dass das morgen geschehen wird. Wieder blicke ich zurück auf dem schmalen Berggipfelgrat, da ich bereits all die Jahre zwischen Abgrund und dem eigentlich Bedeutsamen hinfort in die Ferne hinein in die Gegenwart schritt. Sicherlich ließen sich viele Fragen diesbezüglich stellen und so öffne ich immer wieder die Türe um mich in dem durch die Luft fliegenden Glühwürmchen, im Flussbettrauschen oder in der Myriade von Vogelarten zu finden und aufzulösen. Auf welchem Weg befinden wir uns als Menschheit? In welche Richtung denken wir? Welche kollektiven Wunden tragen wir? Drei weitere Fragen, die sich vermutlich in einem Monat dann auch in dem Textdokument „XXXX Fragen und die eine Antwort“ finden werden. Alles jedoch zu seiner Zeit. Rom, Neapel, Venedig, Rimini, Capri, Florenz und Mailand sind weit entfernt, Ferrara ebenfalls und so bleibt mir nichts anderes übrig, als im Gewahrsein der Kostbarkeit des Lebens all meinen Mut ein weiteres Mal wie so oft zuvor zusammenzunehmen, um mich irgendwie in das wertvollste Buch unserer menschlichen Existenz in das Zeitgeschehen einzuschreiben. Denn wir alle sind Glühwürmchen auf diesem Planeten, können das hellste Licht, das es jemals gab strahlen lassen ungeachtet von Gründen oder temporären Situationen.

Was dort gerade in Israel spielt es eine Rolle? Dort wo der Glaube am größten ist, dort ist das Wasser am heißesten könnte man behaupten und sicherlich hat es auf einer gewissen Ebene eine Auswirkung auf jeden von uns. Denn irgendwoher kamen wir und irgendwohin gehen wir, irgendwohin schauen wir und irgendwohin denken wir, irgendwohin werden wir gedacht beizeiten doch irgendwohin ist es erforderlich, dass wir uns im Denken und im Sein und im Fühlen befreien, in die Höhe und in die Ferne ziehn, hinauf zu den Sternen und zu all den Planeten und wieder zurück, dann mitten hinein ins Geschehen geleitet von Engeln und Schutzgeistern, von allen guten Elementen verlassen und begleitet von der Ungewissheit der Intuition, dass alles exakt so sein muss wie es ist. Sicherlich könnte ich mein gesamtes Leben nun hier in zweiter Reihe leben und verbringen, aber im Kern ist das nicht mein Leben. Im Kern ist das Leben eines jeden Menschen Reichtum und Erfüllung, Harmonie und Frieden. Am Sonntag sagte mir meine Mutter am Telefon, dass es dieses Lied gebe bezüglich dem ersten und dem zweiten und dem dritten Frieden von Thich Nhat Hanh. Und wie wichtig ist dieser Frieden heute, wie wichtig war er gestern und wie wichtig wird er morgen sein? Wie wichtig ist er in Amerika und wie wichtig in Europa, wie wichtig in Afrika und wie wichtig in Asien, wie wichtig in Australien und wie wichtig in der Politik, wie wichtig in der Gesellschaft und wie wichtig in der Kunst, wie wichtig schließlich in der wahren Größe deines Seins wenn du nackt in den Spiegel blickst und dir gewahr wirst, dass da eigentlich noch ausgesprochen viel darauf wartet entdeckt, verwirklicht, mit Neugierde hinterfragt und erprobt zu werden?

19:36 Uhr

Ein winziger Teil von mir fragt sich, ob er im Moment statt dem Schreiben nicht lieber einen weiteren Marketing-Ratgeber anwenden; das Jump-to-Top-Logo in den „Perpetuum Publishings“-Farbton transformieren; Ma. eine weitere schönste E-Mail-Nachricht der Welt schicken; einfach das Notebook zuklappen, Zähneputzen, drei Mal tief ein-, aus- und durchatmen und mich auf die Suche nach dem Glühwürmchen in greifbarer Nähe begeben; „Der Nagel im Kopf“ fortsetzen; all die Pläne für das kommende Jahr 2024 schmieden und weiterträumen; „253_Das BL“ erneuern; auf die Internetseite des Literaturhaus.ch schauen; die Zugreisekurzgeschichte an den Malik-Verlag senden oder schlichtweg in der Meditation versinken sollte. Aber ich schreibe weiter und ich werde dessen nicht müde, nicht heute und nicht morgen, nicht auf der südlichen Hemisphäre und nicht in Peru, nicht in Bolivien und nicht in Chile, nicht in Argentinien und nicht in Europa. Nicht von dieser Welt sind alle Dinge die letztlich bestehen, denn sie kamen nicht um zu gehen sondern sie kamen um zu bleiben und sie ruhen in ihren Werken über Generationen. Zwischen 2023 und 4701 nach Christus drehen sich ewiglich all die Hebel und Rädchen, fallen Sandkorne in Genf und im Geburtshaus Dürers, werden Fahrräder neu ersonnen und Radreisewege zwischen der Lichterstadt und der einstigen jüdischen Stadt wieder zum Leben erweckt.

Unendlich reich sind wir und unendlich weit reicht unser Weg, doch die Kunst besteht letztlich darin, in all den dunklen und einsamen Stunden die Kraft größer werden zu lassen. Und so wie das Curie-Mural in Bogotá nicht durch Zufall sich dort befindet wo es sich befinden muss, so traf ich ohne Grund nicht dich und dich und dich und dich und dich und dich und dich und dich und dich und dich und dich und jedes einzelne Dich ist gleich einem Wunder, jedes einzelne Dich ist ein Wunder, jedes einzelne Dich ist ein schlagendes Herz im Heute oder in der Ewigkeit. Und von oben erscheint alles so relativ, so viel Liebe und so viel Licht, so viel Kraft und so viel Bedeutsamkeit, so absolut gar keine Fragen und so unendlich viel Inhalt, so viel Lodern und so viel Leuchten. Zwischen Mika dem Leuchtturmwärter und Ben the Healer erwacht sie die Glut, wieder sind wir die zwei Funken die vom Feuer aus gleich funkelnden Kometen in die Höhe stoben und frag dich nicht, weswegen und warum sondern sehe mit dem Blick der hinter jeden Vorhang und durch all die Oberflächen blickt. Denn im Prinzip ist die Manifestierung kein Hexenwerk sondern einzig ein Wunder, das durch das Fingerschnipsen zum perfekten Zeitpunkt in Kombination mit dem Ass im kurzärmeligen Hemd das Weltenei durchbricht und vom Sonnenlicht erleuchtet wird.

Wieder reise ich dort irgendwo zwischen „Les Saltimbaques“, „Die schöne Querulantin“, SEOM, den beiden Mädchen im Tal der Wunder, der Abfahrt auf dem Ledersattel hinab ins Herz Marseilles mit der „Symphonie no. 9“ auf der Rue Nelson Mandela, dem Aufstieg auf den Waynapicchu, der Nachtzugfahrt nach Wien, dem Stehen an den Expresskassen zur Weihnachtszeit im schwedischen Möbelhaus und der Gewissheit, dass es dieses Leben nur ein einziges Mal gibt. Einen jeden Tag erwachen wir erneut, einen jeden Moment haben wir die Möglichkeit und die Chance, alle in uns ruhenden und alle jenseits unseres kleinen beschaulichen Körpers befindlichen Kräfte zu bündeln und durch unser Sein hindurch etwas weitaus Größeres an die Oberfläche treten zu lassen. Zwei Stunden verbleiben der Kerze noch und ich weiß, dass sie an diesem Dienstag, den 10. Oktober 2023 ausgehen wird. Vier Stunden und vier Minuten verbleiben ihr also noch maximal.

Der Wespenstich von heute Nachmittag am linken Handgelenk ist nicht mehr sonderlich tragisch, die Müdigkeit verflogen und der Neumond nur noch einen Hauch entfernt, die Melodie, ja sie erklingt seit einer gefühlten Armade von Kolibriflügelschlägen wieder, ich muss nur noch für einen kurzen Moment auf diesem „Stairway to Heaven“ in die Höhe steigen, nur noch einmal die Perspektive wechseln, einen letzten Ausblick wagen und die Courage besitzen, dass diese Erzählung von Wilsdorf auf der Kutsche in London mit dem Geist und den fünf magischen zeitlosen Buchstaben weit mehr denn nur ein Märchen ist. Wie die schwereren Regentropfen vor guten 2,38 Stunden hinab auf das Wellblechdach fielen dachte ich mir sicherlich wieder Julian, was beklagst du dich über irgendetwas, bei diesem Wetter musste Bukowski als „Der Mann mit der Ledertasche“ verkleidet als Postbote, nassen Briefen und nassen Schuhen sein Geld oder vielmehr seinen Alkohol verdienen, und du sitzt hier im Trockenen auf der Toilette. Gestern las ich von dem Gründer von „Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake“, dass er mit seinem erfolgreich abgeschlossenen Studium in einem Pulloverlager tätig war, parallel abends schrieb, Jura studierte, als Anwalt arbeitete und irgendwann eines Tages „einzig“ vom Schreiben leben konnte. Ja, gut Ding will Weile haben, der Junge mit der Narbe auf der Stirn und dem Zauberstab in der Hand wurde von einer Arbeitslosen in die Welt gesetzt, „Der kleine Prinz“ war das Resultat eines Piloten, „Der Herr der Ringe“ der Prozess einiger Dekaden, Hemingway machte sich ähnliche Gedanken wie du zwischen einer normal-situatierten Existenz mit einem gesellschaftlich anerkannten Beruf und dem Dahineinleben als Künstler mit zerzaustem Haar, also Julian, warum schreibst du?

Wieder sind da die Zeilen Bukowskis „If you’re trying to write like somebody else, / Forget about it. / […] / When it is truly time, / And if you have been chosen, / It will do it by / Itself and it will keep on doing it / Until you die or it dies in you. / There is no other way. / And there never was.“ Wieder ist da das Armband Saint-Exupérys, das von einem Fischer aus dem Mittelmeer geborgen wurde, wieder ist da Weimar und Kaninas Ringelganter, wieder das Labyrinth von Chârtres und wieder das Dach des Mailänder Domes, wieder Botero in Medellín und wieder Guayasamín in Ecuador, wieder Dürer in Nürnberg und wieder „Der Reiter und der Bodensee“, wieder die Wiederholung und wieder das Warum. Doch dieses Mal ist es ein anderes Warum. Es ist keine Frage mehr. Es ist so wie damals da Pilecki nach dem erfolgreichen Ausbruch aus dem Gefangenenlager kurz nach Ostern im Wald liegt und sich all die Fragen über ihm zwischen den Bäumen und dem Moos und den Wurzeln transformieren und in Luft auflösen. Ja, gut erinnere ich mich noch an die Worte des Neapel-Kindes, dass es beizeiten Situationen gibt, da innerhalb eines kurzen Augenblicks etwas geschieht, was über Jahre zuvor in der Arbeit und der Aufwendung von Energie sich nicht vollziehen konnte.

Wieder ist da die ägyptische Nationalbibliothek und „Die Midaq-Gasse“, der Besuch auf dem Stammplatz Mahfuz‘, wieder der Hirtenjunge und Aomame, wieder das Sams und Nils Holgersson, wieder die Flucht und wieder das Fundament. Michael Ende und „Momo“, Astrid Lindgren und „Pipi Langstrumpf“, Philip Pullman und „Das magische Messer“, Sergio Bambarem und „Der träumende Delphin“, Rosie Swale-Pope und „Just a little run around the world“, Papst Johannes Paul II. und „Love and Responsibility“, ich und du.

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