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„Heal your Heart“ – El Diario – Part V

Die verflixten Kühe – Montag, 09. Oktober 2023

08:09 Uhr

Ich sitze auf dem Berg bei der Bananenplantage unter einem kleinen …

11:12 Uhr

Wieder sind sechs Bananenkartons und vier Säcke gefüllt, ich freue mich auf die Dusche und die Fortsetzung von „XXXX Fragen und die eine Antwort“.

16:07 Uhr

Regentropfen fallen und ähnlich ist auch die Stimmung. Der Wunsch um 12:00 Uhr Mittagessen zu erhalten war größer denn die Ernte vor den hungrigen Kühen in Sicherheit zu bringen. So wurde gegen 13:30 Uhr mit vier oder fünf Erwachsenen noch einmal jeder Karton geöffnet, gefühlt jede Banane gedreht und gewendet und aussortiert sofern sie schwarze Stellen aufweist. In den Kartons befinden sich nun 53 Libras oder 24 Kilogramm und in den Säcken 72 Libras oder 32,6 Kilogramm. Oft kam mir in den letzten Tagen das nicht besonders wertschätzende Wort „Bananenrepublik“ in den Sinn und es ist nicht verwunderlich, dass die Förderung der Bodenschätze auf nationaler politischer Ebene so sehr polarisiert, denn wahrlich, welchen ökonomischen Wert soll ein Land auch von Früchten erhalten. Sie können so wie der Tourismus eine stabile Teilsäule der Wirtschaft darstellen jedoch nicht ausschließlich in einem nicht durchdachten und ausdifferenzierten Gesamtkonzept für das Wohl unter einer Landesflagge dienen. Für die vermeintlichen „Industrienationen“ ist es einfach den vermeintlichen „Schwellenländern“ Vorgaben bezüglich Emissionsgrenzwerten oder Empfehlungen in Richtung eines moralischen Kodex hinsichtlich der Do’s und Dont’s zu geben, doch wissen sie wahrlich wie die Situation vor Ort aussieht und was die Menschen die dort leben und tagein, tagaus aufstehen und arbeiten, ihre Familie ernähren, für ihre individuelle Sicherheit und für das Wohl der Gemeinschaft sorgen?

Aber wo wird im dritten Jahrtausend nach Christus noch ein signifikanter Mehrwert generiert abseits der Glorifikation einer Sicherheitsindustrie? Die Antwort muss unweigerlich Fortschritt und Innovation lauten und Bestandteil eines funktionierenden zusammenhängenden und in der Praxis anwendbaren Konzeptes sein. In der Kombination aus Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Wissenschaft müssen Hand in Hand Projekte von der lokalen bis hin zur internationalen Ebene umgesetzt werden. Es kann keine Ausreden oder limitierenden Glaubenssätze geben um am Status Quo festzuhalten oder sich gegenüber unvermeindlichen Rahmenbedingungen wie beispielsweise Flüchtlingsbewegungen oder Naturkatastrophen nicht anzupassen. Schritt für Schritt muss mit Mut und Willenskraft, mit Weitsicht und Energie stets der gegenwärtige Moment erobert werden um im Einklang mit den Herausforderungen des Zeitgeistes Krisen intelligent als Chancen und Wachstumsfelder zu erkennen und außerhalb des Konventionellen Neues zu erproben.

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18:32 Uhr

Endlich wieder no. 57. Lange ist es her meine ich zu glauben und wieder einmal hat sich alles verändert. Ich könnte jetzt diese 23 Seiten abtippen, dann wäre ich auf dem aktuellsten Stand. Aber jedes einzelne Notizbuch führt sein Eigenleben, jede

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Seite trägt dazu bei, das übergeordnete Band zu einen. Das Gewitter und somit ein paar Gedanken über den möglichen Tod beim Abendessen ist vorübergezogen – irgendwie habe ich das mit dem Krieg im Nahen Osten dann doch mitbekommen – aber wen wundert es. Hier in Lateinamerika gibt es immer wieder die Stimmen, dass Europa ein Krisenherd ist und es zwischen Pazifik und Atlantik deutlich sicherer ist. In den deutschen Medien steht etwas von Solidarität xyz aber ich werde die Denke nicht los, wie heuchlerisch all das ist. Nun hat man nach dem Aufrüsten an der Grenze zu Asien Millionen gescheffelt, ein Feindbild glorifiziert und all die verfügbaren Trompeten für Aufrüstung und Sicherheit im Land und außerhalb des Landes geblasen. Sollte ich mich also nicht doch nach der Wahlheimat Liechtenstein oder Island umsehen? Zwei weitere Länder gibt es glaube ich noch, die sich diesem Tötungsspiel und all der damit verbundenen Maschinerie entzogen haben. Für das Klima ist es letztlich gut, wenn sich die Menschheit dezimiert und Profiteure gibt es ohnehin. Vielleicht spricht aus diesen Zeilen ein zerbrochenes Herz. Freilich habe ich Mitgefühl für die Opfer. Gleichzeitig geht es mir nicht aus dem Kopf welche Gleichgültigkeit gegenüber diesen Schlauchbootleichen da irgendwo zwischen Europa und Afrika besteht. Ja, und wenn man sich die Weltkarte sonst so anschaut könnte man meinen, dass wir uns selbst abschaffen. Aber Trump ist Geschichte, in Brasilien weht auch ein frischer Wind, immer mehr Menschen wachen auf und übernehmen selbst die Verantwortung für ihr Wohlergehen, für ihre Gesundheit, für ihren Reichtum und für ihre Zukunft abseits von nicht mehr tragfähigen oder wirtschaftlichen Institutionen. Unweigerlich sind wir alle eng miteinander verflochten und obwohl ich mich hier wohlfühle hatte ich heute des Öfteren Anfälle ob des unmittel-…

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baren Abreisens. Selbstverständlich habe ich „Der Nagel im Kopf“ heruntergeladen und gleichzeitig weiß ich nicht so genau, was ich von diesem Greis halten soll, der in seinem Journal ein Jahr – das Jahr 2011 – in knapp 30 oder 35 Seiten mit ein paar Sätzen abfrühstückt. Warum muss bei jedem Eintrag Paris neben dem Datum stehen? Sicherlich reist Nizon – er schreibt es ja – doch was ist mit den Aufzeichnungen von unterwegs, hält er Eindrücke fest oder ist es immer so begierig nach den Frauen? Sein Stil selbstverständlich gefällt mir.

Ein Absatz und damit verbunden ein kurzes Durchatmen. Ja, ich befinde mich immer noch in einer Krise, habe diesen Durchhänger und halte mich immer noch mit den Notizbüchern fest oder über Wasser. Dennoch ist da dieser Teil in mir, der sich gewahr ist, dass er am Ende seines Lebens schon über 1.000 Bände in seinen Holzbuchregalen finden kann. Es ist eine Odyssee und die Tropfen sie fallen immer noch vom Himmel. Dieser Tag war recht grau und wäre er ein Spotifiy-Song gewesen, so hätte ich ihn sicherlich nach 1,14 Sekunden geskippt. So schön Zeitsprünge auch sein mögen werde ich mir jetzt hier bei Kerzenschein mit den zwei Gebetsketten – Kairo, Chimayo – dann doch bewusst, dass ich erneut dankbar sein darf für mein Leben, für meine Gesundheit, für die leuchtende Kerze, für das Dach über dem Kopf und die Kleidung auf meiner Haut, für diesen Füllfederhalter, für die Tinte und die weißen Seiten, für die herzöffnende E-Mail von Ma. und die schönen Zeilen von meiner Schwester, für „Perpetuum Publishings“ und „Heal your Heart – El Diario“, für „Vom Träumen und Wachsen“, „Of Dreams and Growth“ und „De Soñar y Crecer“, für „Change – Veränderung beginnt bei dir!“ und „Der große Mutmacher“, für „Radreise voraus in die Vergangenheit“ und „Stamps of Eternity“, für „Those Seven Train-Rides“ und „Vibrancies can be found everywhere“, für „90 Milliarden Kolibri-…

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flügelschläge seit 1990“ und „Eine Zeppelinfahrt namens Leben“, für „Der Junge mit dem Kometenschweif“, „Gabriel auferstanden“ und „Flügelschläge der Hoffnung“, für „Meine Remington Rand oder der Tennisarm“ und „Am Ufer des Rio Urubamba saß ich und schrieb“, für meine linke Hand und diese Reise. Eine weitere Aufzählung, mehr denn Zeitvertreib da Inhalt und Lebenselixier, Rettungsanker und Glaubensbekenntnis. Sicherlich wird es noch eine gewisse Zeit dauern, bis ich am Ende dieses Journals angelangt bin – doch wird sich dann Peru und möglicherweise Bolivien darin befinden? Wird es wahr werden? Es gibt diese Teile in mir, die meinen hier am Rio Magdalena hängen zu bleiben. Nicht die schönste Formulierung ist es, dessen bin ich mir gewahr. Was ist das Geheimnis des Reichtums und der Schönheit? Diese Frage hat sich jede Seele im entsprechenden Alter schon das eine oder andere Mal gefragt. Doch wie viele fanden die für sie passenden Antworten? Milliarden von Seelen sind wir auf diesem sich kontinuierlich drehenden blauen Planeten Erde umgeben von Sonne, Mond und Co. Wir müssen stets handeln, wir dürfen nicht einschlafen, wir müssen aktiv werden und uns für die uns wichtigen Werte einsetzen, wir dürfen den Glauben bewahren und in den Phasen der größten Zweifel immer weiter anschwellen lassen.

22:01 Uhr

Die Kerze brennt wieder, ich kann nicht schlafen und ich spüre, dass der optimale Zeitpunkt vorüber ist, da ich ohne nachzudenken einfach einschlafen kann. Ich habe mich hier eingewöhnt, erinnere mich ob des Bettes / Zimmers allgemein und des Nachttisches zunehmend an Lörrach, frage mich allerdings immer noch, was meine Funktion hier ist und ob ich es jemals wieder schaffen werde um den Ort zu verlassen. Eine Ewigkeit schaute ich mir Katzenvideos an. Gleichzeitig besteht die Überlegung einfach nichts zu machen. Die zwei Kreuze liegen

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hier und wann werden es drei sein? Wo sprudelt mein Reichtum? Wohin drehen wir uns? Unzählige Millionärinnen und Millionäre, wo ist der Anfang, wo das Ende? Warum bin ich innerlich immer noch so arm und geizig? Bin ich das wirklich noch? Habe ich nicht bereits längst alles was ich benötige?

Eine Daytona Crucero – Sonntag, 08. Oktober 2023

10:37 Uhr – Magdalena Bajo

Im Schatten vor einem kleinen Ecksupermarkt mit verstaubten Produkten sitze ich im Schatten, neben mir eine weiße Plastiktüte mit einer 400 Gramm-Packung Kaffee und einer Süßigkeit mit weißem Zuckerguss. Ich trage trotz der Schwüle über meinem T-Shirt ein Longsleeve, das mich aus irgendeinem Grund an meine letzte Arbeitsstelle erinnert. in dieser Zeit kaufte ich ungefähr 7 oder 10 dieser Oberteile in unterschiedlichen Farbtönen. Vermutlich aus Mangel an Alternativen und der Bequemlichkeit des Morgens mir keine Gedanken über die Zusammenstellung des Outfits des Tages machen zu müssen wurde meine Garderobe dadurch ein kleines Wenig aufgewertet. Ich bin fast am Ende der Leseprobe Nizons „Der Nagel im Kopf“ angelangt und frage mich, ob es richtig ist, 21,99 Euro für ein labbriges E-Book von 234 Seiten auszugeben. Aber ich kann es nicht leugnen, mir gefällt sein Schreibstil doch vielmehr noch sein Leben und die verkorkste Version einer Persönlichkeit die sich in das Künstlerdasein aus dem Mangel an Alternativen flüchtete. Auf dem iPhone XR schreibt es sich längst nicht so gut und flüssig wie auf dem iPhone 11. Aber vielleicht bedarf es auch schlichtweg einiger Absätze, bis sich der Prozess verflüssigt hat. Fliegen umschwirren mich, viele Motorräder sind heute auf den Straßen, die Baustelle (Haus) vor mir hat in dieser Woche deutliche Fortschritte gemacht. Es ist der siebte Tag der Woche, morgen wird die Zeit wieder zurückgedreht und die Karten werden neu gemischt. Ja, hier lebe ich in einem anderen Raum-Zeit-Gefüge und ich frage mich, welcher Mensch ich wohl sein werde, wenn ich in 15 Jahren mit 48 wieder auf dieser Bank sitzen sollte. Sicherlich ist es ein weiteres Gedankenspiel, gleichwohl ist es Teil meiner Realität und meiner Existenz. Heute werde ich das Notizbuch no. 56 digitalisiert haben, was dann kommt, es steht in den Sternen geschrieben. All die unzählige Momente der Zeitlosigkeit, für wen mögen sie noch bestimmt sein? Werde ich noch wieder eine Armbanduhr besitzen? Der Werbung nach bin ich der Typ Rolex, doch der Praktischheit und des Preises wegen der Typ Casio. Ja, ich habe mich dazu entschieden noch eine Woche länger hierzubleiben. vielleicht strande ich also doch irgendwo zwischen Chontal und Magdalena. Naja, es gibt Schlimmeres. Gestern Abend Stromausfall und Regen in Strömen, für ein paar Minuten, für mich war es ein Extrem, für die ältere Dame nur ein kleiner Schauer, der nicht der Erwähnung wert war. Aber ja, das ist ein Teil der Unterschiede der Menschen. Die Liebe ist omnipräsent, das Wachstum unweigerlich vorhanden wenn die Scheuklappen des Verstandes abgesetzt werden. Der Mond befindet sich da im Nirgendwo. Was unterscheidet Menschen, die Bücher mit 200 Seiten schreiben von solchen, die 1.000 Seiten schreiben? Es gibt keinen Gradmesser, der die Qualität der Kreativität messen lässt. Alles wird so geschehen wie es bestimmt ist zu geschehen. Die Sonne scheint wieder und ich freue mich auf den nächsten Kaffee. „Babaji – In Wahrheit ist es einfach Liebe“ ist zu 50 Prozent gelesen, lange wird es nicht mehr dauern, …

17:33 Uhr

„… dass du mehr in dir trägst, so viel mehr als du glaubst / nur weil Wolken dein Licht verdecken ist es noch lange nicht verbraucht…“ erklingt es aus den Kopfhörern, die Kerze brennt, vermutlich verbleiben ihr noch rund drei oder vier Stunden, mein Magen ist gefüllt, Notizbuch no. 56 ist digitalisiert, die weiteren Schritte befinden sich auf dem Zettel, Perpetuum-Tag no. 777 wurde am Donnerstag diese Woche erreicht. Ich bleibe noch sieben weitere Tage hier, vielleicht kommenden Sonntag das gleiche Spiel – aber dann soll es so sein. Wieder stehe ich vor der Frage was ich schreiben soll. Mir wird bewusst, dass es in dieser Zeit, in unserer Gesellschaft Menschen bedarf, die glauben. Aber ich glaube nicht dass es genügt zu glauben. Man muss an das Richtige glauben. Man kann glauben dass es wichtig ist die Grenzen des eigenen Landes mit Waffen zu verteidigen und sie gegen einen vermeintlichen Feind zu schützen, andere Seelen töten, damit die eigene Sicherheit nicht gefährdet wird und kein Grund besteht das eigene Denken und Handeln zu hinterfragen. Doch der wahre Glaube ist zeitlos und ewiglich. Der wahre Glaube fußt auf dem Fundament der Liebe und der Menschlichkeit. Er ist geprägt von Mitgefühl und von Würde, von Nächstenliebe und von Dankbarkeit, von Demut und von Güte, von der Erhabenheit gegenüber des wahrhaft Besonderen und der Tugend gegenüber dem Alltäglichkeit. Der wahre Glaube ist weitaus mehr als die Aneinanderreihung von Worten. Er strömt aus einem jedem Herzen, er ist ohne Irrtum, er ist ohne Fragezeichen, Angst oder Zweifel. Er heilt und ermöglicht, er gibt und er verzeiht, er sieht und erkennt, er segnet und er lehrt, er ist offen und frei.

21:25 Uhr

Meine Heidelberg-Wanderkletterfahrradarbeitsschuhe sind frisch geputzt und bereit für eine neue Woche, meine Zähne geputzt, Notizbuch no. 56 ist in Part V eingepflegt, ein Jump-to-Top-Plugin installiert (allerdings noch nicht eingerichtet), ich habe einer Fledermaus auf dem Boden beim Fangen von Fliegen zugeschaut, drei mir wichtige E-Mails abgesendet, gelernt, wie man ein Kilogramm Knoblauch mit einem knappen Liter Öl und Salz mixt um Knoblauchöl herzustellen, Flores de Jamaica-Tee getrunken und wieder den Eindruck, dass dieser Tag die Dauer von einem Millenium hatte. Die Müdigkeit ist sehr stark vorhanden, morgen beginnt eine neue Woche, ein weiteres Abenteuer, eine Unvorhersehbarkeit und ein Wunder. Um diese Uhrzeit werden keine großartigen Sätze ohne Fehler mehr geboren und so steht es außer Frage, dass ich in den kommenden sieben Minuten einen finalen Punkt in diesem 24-Stunden-Zyklus machen werde. Es ist gewiss, dass ich „Der Nagel im Kopf“ kaufen, gut schlafen, im Januar ein „Heal your Heart“-Buch mit mindestens 700 Seiten in der Hand halten und Bolivien als Land no. 40 dieses Quartal bereisen werde. Das muss genügen. Ich wünschte es wäre anders aber es ist die gnadenlose Realität.

Einer der anstrengenderen Tage / Momente – Freitag, 06. Oktober 2023

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20:17 Uhr

Ich liege im Bett und bin ausgesprochen fertig. Die letzte Nacht schlief ich in Summe vielleicht drei Stunden. Ich habe drei Messenger-Apps auf dem Handy doch kann sie nicht aktivieren, da ich keinen Empfang habe. Ich bin alleine hier – die Dame (A.) ist mit

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C. in die Hauptstadt gefahren heute morgen um 06:40 Uhr. Jetzt ist es nach 20:00 Uhr und sie sind noch nicht da. G. meinte, dass sie vermutlich um 19:00 Uhr kommen werden. Ich möchte nicht schlafen, wenn sie noch nicht zurück sind. Ich stresse mich gerade extrem. Vielleicht stellt mich das Leben gerade auf die Probe, vielleicht bin ich auch schlichtweg unfähig. Froh bin ich, dass die nächsten Tage Wochenende ist und somit keine schwere körperliche Arbeit ansteht. Mit Mühe kann ich meine Augen noch offenhalten. Heute gruben wir um die 200 Löcher. Immer wieder hatte ich das Buch „Löcher“ von Louis Sacher im Kopf. Ewigkeiten ist das Lesen bereits her, so dass ich den Inhalt nicht mehr wirklich parat habe. Ich kann mich einzig an das Cover und an all die gegrabenen Löcher erinnern. Die Moskitostiche plagen mich nicht mehr zu 100 Prozent. In der Küche hängt ein sehr schönes Holzschild mit einem halben Mandala und der Aufschrift „A negative mind can never give you a positive life.“ Wieder ist da diese Zerrissenheit in mir. Einerseits bin ich froh, diesen Ort gefunden zu haben. Andererseits ist da seit gestern und heute das Gefühl, dass ich mir all das Schöne nur eingebildet habe und eventuell durch die Brille der Illusion in den vergangenen Wochen geblickt habe. Verdammt. Was ist morgen nur? Was ist nächste Woche? Bei dem letzten Angestelltenverhältnis waren zumindest die Rahmenbedingungen grob vorhersehbar. Hier ist alles an mir. Gefühlt bin ich für alles verantwortlich.

Die vier Hundeaugen – Donnerstag, 05. Oktober 2023

19:10 Uhr

Schwere Regentropfen prasseln auf das Wellblechdach, die Innenseite der Pilgermuschel aus Polen dient als Auffangbehälter für das in die Hütte auf meinen Nachttisch fallendes Wasser, der Mond befindet sich weiter in der Abnahme und ich bin müde. Es ist eine andere Müdigkeit als vor einer Woche. Wieder verändert sich etwas abseits des nach außen hin Sichtbaren. Rund 300 Bananenbabies sind frisch eingepflanzt und warten nun in den kommenden Wochen und Monaten auf unzählige Wachstumsschübe. Gestern Nachmittag begann ich „Babaji – In Wahrheit ist es einfach Liebe“ und befinde mich heute bei rund 25 Prozent. Aus einem mir nicht näher bekannten Grund suchte ich vorhin (ein wenig panisch) nach Flugverbindungen von Buenos Aires nach London / Frankfurt / Amsterdam / Paris / Basel / Barcelona / Portugal / Kapstadt / Hiva Oa und Indien für Dezember 2023 / Januar 2024. Ich fand jedoch keine zufrieden stellenden preislichen Angebote. Daher folgte ich meinem inneren Wunsch einmal für eine geraume Zeit auf dem Ozean zu sein. Von Ushuaia aus gibt es Kreuzfahrten aus nicht nur in die Antarktis sondern auch bis nach Europa. Ebenfalls übersteigen die Fahrten meinen gegenwärtigen Kontostand. Also muss ich weiter darauf vertrauen, dass sich die richtigen Dinge ergeben werden. Notfalls kaufe ich mir auf dem Weg eine Machete und werde dann in Chile oder Argentinien in der Nähe eines Strandes ein paar Bambusstauden fällen und mir ein kleines Floß bauen.

Wie ich hier auf dem Bett sitze wird mir bewusst, dass ich nicht mehr schreiben kann. Ja, vielleicht konnte ich noch niemals so richtig schreiben. Möglicherweise sind all die 57 Notizbücher nur missglückte Versuche mich von meiner eigentlichen Bestimmung abzuhalten. Aber was soll meine eigentliche Bestimmung sein? Die gegenwärtige Version von „XXXX Fragen und die eine Antwort“ hat mittlerweile vermutlich zwischen 300 und 400 Fragen aus „Change – Veränderung beginnt bei dir“, „Radreise voraus in die Vergangenheit“, „Der große Mutmacher“, „Vom Träumen und Wachsen“ sowie „90 Milliarden Kolibriflügelschläge seit 1990“. Das Ziel dieses Buches / Projektes ist es, all die Fragen meiner bisherigen Werke darin zu vereinen ohne sie näher in den ursprünglichen Gesamtkontext des Ursprungs einzuordnen. Ich habe ein gutes Gefühl dabei, wenngleich trotzdem ein Hauch meines Innen ahnt, dass es vielmehr mein Intellekt / Verstand ist, der in irgendeiner Art und Weise Genugtuung / Erfüllung finden möchte.

Wieder stehe ich vor der Herausforderung besonders gut zu schreiben / besonders effekthascherisch zu schreiben, so dass unweigerlich eine unbestimmte Anzahl an Menschen nicht nur diese Zeilen lesen wird, sondern sich näher mit der Materie und den damit eng verbundenen Gedankengängen beschäftigen möchte.

Vielleicht wird sich das im Laufe der kommenden Stunden und Herzschläge ohnehin erübrigt haben, da der Regen noch weiter zugenommen hat und ich die schweren Tropfen selbst durch die Over-Ear-Kopfhörer mit meiner Lieblingsplaylist auf Anschlag und aktivierter Noice-Cancelling-Funktion wahrnehme. In etwa muss es so sein wie ein Zuschauer die letzten Minuten von „Whiplash“ wahrnimmt. Ja, das Internet bietet alle Möglichkeiten und ungeahnte Entwicklungspotentiale. Ein einzelner Mensch kann wenn er seiner Stimme immer weiter folgt, wenn er das macht was für ihn von übergeordneter Bedeutung ist, die Welt zu einem nicht unerheblichen Teil verändern. Gleichzeitig kann die Gefahr ausgesprochen schnell bestehen abzuheben und zu meinen man sei besser oder weiter als andere Seelen. Wir hängen jedoch alle miteinander zusammen und sind eng miteinander verflochten. So muss der Fortschritt des Individuums automatisch auch zu einem Fortschritt des Kollektives werden.

Sicherlich mag sich die geneigte Leserin / der geneigte Leser jetzt die Frage stellen, warum um alles in der Welt dieses Kapitel „Die vier Hundeaugen“ heißt. Heute Mittag befanden sich zwei unbekannte Hunde auf dem Anwesen. In etwa fragte jeder jede und jede jeden und jeder jeden und jede jede ob es die Tiere der- oder desjenigen seien. Jede und jeder verneinte und so bestand recht schnell die Vermutung, dass es Vierbeiner ohne ein sicheres Zuhause seien. Ihr Erscheinungsbild, ihre Körperhaltung und ihr Energiefeld teilten Ähnliches mit. Mit dem Haushund des Hauses verstanden sie sich schon einmal gut, schnell liefen sie als eingespieltes Trio über die Wege, beschnüffelten sich gegenseitig und lagen im Schatten in der Mittagshitze routiniert faul auf der Erde ohne sich die Mühe zu machen den Kopf zu heben sowie ein Zweibeiner vorbeiging. Allerdings ignorierten die Beiden die unausgesprochenen Hausordnungen für Hunde, gingen in jede Räumlichkeit, die von einer offenen doch angelehnten Türe abgegrenzt war und kundschafteten all die (potentiellen) Essensspeicher aus. So kam es, dass C. die Beiden am Nachmittag ins Nirwana vertrieb. So meinte ich, das Team sei von Dannen und ich würde sie nicht wiedersehen. Wohlgemerkt, mir sind die Beiden von der ersten Sekunde an ans oder ins Herz gewachsen. Zu mir fanden sie zutrauen, ich gab ihnen einige Streicheleinheiten und offensichtliche Verbundenheitsbekundungen. Kurz vor dem Abendessen öffne ich die Badezimmertüre und blicke aus dem Fenster und dort sitzt der Ältere der Beiden auf dem Schilf und blickt mich mit den süßesten Hundeaugen an. Ich schaffe es sogar ihn durch die geöffneten Fensterlamellen zu streicheln. Naja, wie ich zurückkomme regnet es in Strömen, ich meine allerdings, dass sich die Zwei heimlich durch die angelehnte Zimmertüre in den Raum stibitzt haben. Vielleicht tragen sie übernatürliche Kräfte in sich und können hinter die Mauern blicken.

19:50 Uhr

Es hat fast aufgehört zu regnen, die Pilgermuschel ist halbvoll, ich höre „Corazón de Tierra“, meine Zähne sind geputzt und die Moskitostiche auf dem Mittelfinger meiner linken Hand gezählt. 11 oder 12 sind es.

Eventuell darf ich akzeptieren, dass ich noch nicht zu 100 Prozent meinem eigenen Weg folge. Vielleicht sollte ich dieses 100 Prozent auch streichen und mir vor Augen führen, dass das gesamte Leben an sich ein ewiglicher Prozess ist und es niemals dieses Angekommen sein geben wird. Angenommen ich hätte jetzt 1.000.000 Bücher verkauft, wäre ich dann glücklich? Angenommen ich wäre jetzt in einer leidenschaftlichen, tiefen und erfüllenden Beziehung, wäre ich dann glücklich? Ja, ich glaube dann schon. Denn dann würden sich viele Fragen und Punkte erübrigen. Aber ich arbeite daran. Ich übernehme Verantwortung für meine eigenen Hausaufgaben und Themen. Es ist ein Prozess.

Was, wenn wir als Menschen alle in unseren eigenen Nussschalen durch den ewiglichen Kosmos des Universums gleiten und einzig für einzelne Abschnitte gemeinsam in die Nussschale des Gegenübers hüpfen und uns dort niederlassen können? Was wenn wir als Menschheit einzig noch 24 Stunden zu leben hätten? Was wenn alles nur ein immenser Traum wäre in dem alles möglich ist, was wir uns vorstellen?

Wieder ist da diese Stimme in meinem Kopf: „Julian, schreibe etwas Gutes.“ Dann ist da die Stimme: „Julian, gehe schlafen, morgen ist ein neuer Tag.“ Des Weiteren: „Lasse einfach los und entspanne, mache nichts und genieße das Leben.“ „Disarm“ von „The Smashing Pumpkins“ spielt, vielleicht darf ich noch mein gesamtes Leben lang herausfinden wie man lebt. Aber nichts leichter als das. Ich befinde mich hier wieder alleine am Bildschirm und schreibe. Aber gefühlt bin ich ein kleines Wenig weiter als noch vor einem Jahr: Ich habe eine Internetseite, ich habe „Eine Zeppelinfahrt namens Leben“, „De Soñar y Crecer“, „Heal your Heart – El Diario“, „Vibrancies can be found everywhere“ als auch „Stamps of Eternity“. Ich habe eine große Entscheidung getroffen und damit ein paar Dominosteine zum Kippen gebracht. Wieder lasse ich meine Wurzeln tief in die Erde wachsen und ich vergegenwärtige mir, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, an einem Donnerstagabend im Oktober um 20:06 Uhr am Äquator in Lateinamerika mich zu befinden, zu leben und mich der Gesundheit zu erfreuen. Ich darf weiterhin das Vertrauen haben, dass sich all die Dinge fügen werden und das Universum mich auf meinen weiteren Schritten noch reich belohnen wird. Dafür freilich ist es erforderlich, dass ich meine Aufgaben wahrnehme und die richtigen Hebel in Bewegung setze. Sicherlich geht es im Leben nicht um das Geld. es geht um das Erfüllen der eigenen Lebensaufgabe, in Folge dessen wird unweigerlich Reichtum zu einem strömen. Es kann gar nicht anders sein. Ich darf noch tiefer die hermetischen Gesetze erforschen und all die verborgenen Dinge ans Tageslicht fördern. Gold kann man nicht essen und Liebe kann man nicht kaufen.

Wieder erscheint es mir lächerlich, mit was wir uns als Menschen beschäftigen. Ausgestorbene Tierarten, Anstieg des Meeresspiegels, Veränderung des Klimas – vom Hundertstel lässt sich ins Tausendstel gehen aber was ist der tiefere Sinn, der dahinter verborgen liegt? Früher oder später werden wir als Menschen aussterben und dann wird sich die Natur unweigerlich zurückholen, was wir uns genommen haben. Tatsächlich könnte man also in den Tag hineinleben ohne sich Gedanken zu machen über die Auswirkungen des eigenen Handelns. Sicherlich nicht, denn die Folgen werden spätestens an der Landesgrenze der eigenen Nation sichtbar.

Schüler ohne Lehrer/in? – Mittwoch, 04. Oktober 2023

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Gegen 17:30 Uhr

Gefühlt neigt sich das Jahr dem Ende zu und ich weiß nicht, wohin es mich noch führen wird. Ich sitze hier in den Osho Cabañas und komme mir wie ein Schüler vor. Ein bisschen zumindest. Doch wer ist mein Lehrer, wer ist meine Lehrerin? Wieder erschafft mein Kopf unzählige Fragen. Doch was ist da in meinem Innen, das auch erhört werden möchte? Wo bewege ich mich hin? Was wird noch aus dem Schreiben werden? Wieder Fragen über Fragen – ja, ich gebe es zu. Gerade lese ich ein kostenfreies E-Book des Koha-Verlages. Ja, es stillt meine spirituelle Sehnsucht und es gibt mir Sicherheit. Ich darf darauf vertrauen, dass sich die Dinge fügen werden. Zu lange habe ich nicht geschrieben, weil ich die letzten Tage weder Kraft noch Energie besaß. Jetzt bin ich frisch geduscht und ich bin zwar in meinem Zentrum, doch gleichzeitig recht stark gerädert. In der Nacht von Sonntag auf Montag schlief ich fast gar nicht, alles geisterte mir im Kopf herum. Bereits morgens beim Frühstück war ich recht kaputt. Am Vormittag machten wir dies und das und gingen schließlich gegen 09:20 Uhr zu der Plantage auf dem Berg. In Anbetracht der Temperaturen völlig verrückt – der Weg dauerte rund eine Stunde. Oben gruben wir dann Bananenbabys aus, um sie dann zu reinigen, in Beuteln zu sammeln und in das Tal mit dem Seilzug hinunter zu transportieren.

„Im Fluss“ / Düsseldorf – Donnerstag, 28. September 2023

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16:57 Uhr

Ich sitze auf einem Stein auf meiner Sherpa-Jacke unmittelbar am oder eher im (vielleicht auch auf) dem Rio Magdalena. Nein, es ist nicht der Rio Magdalena, der durch Kolumbien fließt. Ein Wenig müde bin ich. Meine Unterarme haben einen Sonnenbrand, obwohl ich mich heute zwei Mal recht stark eingecremt habe. Aber nun gut. So wie das Wasser plätschert mein Innenleben gerade vor sich her. Ich schreibe an dem Tagebuch „Heal your Heart – El Diario“ und habe mir vorhin in der Gewissheit einen Quantensprung in meiner Schriftstellerkarriere oder schlichtweg in meiner Existenz zu vollziehen die aktuellen Literaturwettbewerbe im deutschsprachigen Raum angesehen. 8 Gedichte habe ich im Rahmen des „Lyrikpreises 2023“ ver-…

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sendet. Ein winziger Schritt. Ein weiterer Preis zum Thema Zugreisen / Abenteuer interessiert mich ausgesprochen, da ich mit „Those Seven Train-Rides“ acht Kurzgeschichten habe, einzig die passende (Die Passende) heraussuchen und diese samt einer Kurzvita an den Verlag senden muss. Am 01. Oktober werde ich auch wieder auf die Internetseite des Literaturhaus.ch schauen. Doch da ist ein weiterer Text, der meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Mir ist der Name des Verlags gegenwärtig nicht parat. Zumindest geht es um das Thema Mut haben und sich raus aus der Komfortzone bewegen. Okay, es ist dieses 0815-Geschwafel, das auf jeder druckfähigen Seite steht aber ich spüre, dass ich von ihm angezogen werde. Also gebe ich mir Mühe. Wieder ist da diese Herausforderung zwischen dem „Ich schreibe für mich“ in der Entspannung und dem „Die Welt liest was ich schreibe“ mit dem Angstschweiß auf der Stirn. Verdammt. Ja, ich sollte Notizbuch no. 57 unmittelbar ins Wasser werfen und diesen Traum endgültig loslassen. Vermutlich würden all die heimischen Vogelarten ein passendes Lied dazu singen das ausgesprochen melancholisch und trübsinnig ist. In etwas so wie in „Spiel mir das Lied vom Tod“. Ich spüre den Stein, ich spüre meinen Körper, ich spüre meine Energie und ich spüre leider auch meine linke Schulter. Vermutlich waren diese 50 Bahnen im Pool vorhin doch zu viel. Aber es ist ein Teil des Lebens, ich weiß also, dass dieses „Ich spüre…“ verdammt

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kraftvoll ist und Berge versetzen kann. Und ja, dieses „Ich spüre…“ bringt meine innere Stimme zu mir. Diese flüstert leise doch ausgesprochen klar und zielgerichtet: „Julian, habe Vertrauen in das Schreiben, von den Ängsten bis zu den Zweifeln gibt es unendlich viele Buchstabenkombinationen, die Neues erschaffen können. Lasse die Tinte fließen.“ Also gut, einfach Schritt für Schritt, Zeile um Zeile.

17:23 Uhr

Ich sitze auf dem samtgrünen Stuhl im zentralen Eingangsbereich des Meditationszentrums. Hier kann ich notfalls einschlafen. Immer noch ist da diese Stimme in meinem Kopf: „Denke ja nicht daran, dass das Schreiben etwas Großes sein kann…“ Aber ich habe das Notizbuch aus Quito mitgenommen, befinde mich erst am Anfang auf Seite 19 und habe sicherlich noch 20 Milliliter Tinte in dem kleinen Glasfass. Die silberne Gebetskette aus der hängenden Kirche aus Kairo befindet sich in meiner rechten Hosentasche. Ich denke an die Brasilianerin, die jetzt irgendwo in der Nähe von Fortaleza wieder ihrem Alltag nachgeht. Ich vermisse die Gespräche mit ihr auf der Dachterrasse, ich vermisse ihre Anwesenheit und ihre Energie. Am neunten Tag hier spüre ich, wie meine innere Unruhe wieder größer wird. Nicht ohne Grund befinden sich da in meiner kleinen Hütte die zwei Reiserucksäcke. Halbzeit meines 6-monatigen Abenteuers durch Lateinamerika aka Sabbatical aka Selbstfindungs-Aussteigertum-Wagnis. Ich lebe noch. Doch Ushuaia ruft da doch aus der Ferne. Was habe ich zu verlieren? Nichts! Gleichzeitig möchte ich nicht ewig unterwegs sein. Das verrückte 33. Lebensjahr. Aber immer noch halte ich den Füllfederhalter in meiner linken Hand. Ich schreibe Geschichte. Ich kann entscheiden, wie viel ich wage, was ich in der Zukunft sehe, wie viel Menschlichkeit ich in meinem Inneren trage und wie groß mein Glaube letztlich ist. Über dem BAÑO-…

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Holzschild hängt eine recht große Osho-Fotografie. Genauso gut könnte es das Porträt eines jeden Menschen auf diesem sich kontinuierlich drehenden Planeten sein. Wir befinden uns alle auf der Reise. Der Einsendeschluss ist übermorgen, eine Uhrzeit ist leider nicht angegeben. Okay, es hat auch nicht jeder Stadtplanung studiert. Morgen sollte / möchte / muss ich also fertig sein und die E-Mail nach Deutschland absenden. Dann gibt es kein Zurück mehr. Dann liegt es nicht mehr in meiner Hand, …

Zwischen 18:00 und 19:00 Uhr

Keine Ahnung, wie ich auch nur annähernd auf die Idee komme bis in 24 Stunden einen annähernd guten Text auf die Reihe zu bekommen, diesen digitalisiert und in einer vernünftigen Gesamterscheinung auf die Reise zu schicken. Aber wobei, ich bin Experte im Punktlandungen vollführen und irgendein Ass im Ärmel habe ich auch noch. Also „Courage, Dear Heart.“ Es ist fast dunkel, der Tag ist beinahe zu Ende, das Geschirr gespült und mein Magen gefüllt. Das Rauschen des Wassers nimmt einen Großteil der Regenwaldmusik ein. Und was, wenn ich mein gesamtes Leben lang hier verbringe und Dekaden benötige, bis all der über die vergangenen Jahre akkumulierte Stress abgebaut ist und sich zu Erde zersetzt hat? Gute 5.000 Euro habe ich noch auf dem Konto, für ein paar Monate Leben mit dem Schwabengen reicht es also noch. Was hat all die Großen angetrieben? Was treibt all die Seelen an? Bäume werde ich zu dieser Stunde sicherlich nicht mehr herausreißen können, doch gemütlich in diesem Sessel sitzen und in meiner Imagination fantastische Traumabenteuerodysseen erleben, ja das kann ich. Also wo anfangen und wohin führen? Das Licht fällt auf die weißen Seiten. Mich zieht es ins Bett, doch diese Energie der Helligkeit ist im gegenwärtigen Augenblick stärker. Ich atme tief ein und aus. Okay, eine

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Seite gebe ich mir, danach kann ich diesen Donnerstag beenden. Die Luft ist lau, meine Gastgeberin telefoniert mit ihrer Tochter und ja, wahrlich Vieles gibt es da noch für mich auf diesem blauen Planeten zu entdecken. Ich dachte, dass ich mit meinen rund 40 bereisten Ländern viel gesehen hätte, aber ich täusche mich. Doch die Gewissheit, dass unser Zyklus in diesem Körper begrenzt ist erfasste mich einst in der Vergangenheit mich dazu treibend, den sicheren Hafen zu verlassen. Was da im Morgen liegt? You name it, 3,5 leere Notizbücher oder rund 200 Seiten trage ich noch bei mir, genug Spielfläche also um fremde Planeten zu bereisen, mit Clark Gabel auf Capri eine Pizza zu essen und an der Karibikküste über dem kristallblauen Ozean mit ihr an meiner Seite den Sonnenuntergang zu betrachten. Dann sind da noch die Dankbarkeitslisten und die Wünsche, all die geheimen Gedanken und die noch ungelebten Sehnsüchte, die größeren Zwischenräume für Liebesbriefe und Flaschenposten, die exotischen Geldscheine und die Erinnerungsfotografien, die Vollmonddaten und die PP-Tageszahlen, die Ginkgo-Blätter samt der Schmetterlinge und freilich nicht zu vergessen die Myriaden von Herzschlägen, die sich nicht in Worte fassen lassen. Sicherlich ist es von Bedeutung immer wieder die Grenzen des Möglichen zu überschreiten, Gipfel zu erklimmen und Neues auszuprobieren, als Amateur auf die Bühne ins Scheinwerferlicht zu gehen und den Moment in aller Umfänglichkeit auszukosten. Aber manchmal darf man sich auch die Zeit nehmen einfach abzuschalten und die eigenen Energien aufzutanken. Ja, der Mut wird das einem danken. Denn nur im Reinen in der Ursprünglichkeit des Selbst lässt sich wahrlich schaffen und bewegen, formen und gestalten.

Der Swimming-Pool – Mittwoch, 27. September 2023

19:54 Uhr

Ich liege im Bett… gleiche Situation wie gestern. No. 54 ist aktualisiert, Part IV ellenlang und mein Körper erschöpft. Wie kann es sein, dass ich im Regelfall 10 Stunden hier schlafe und dennoch müde bin? Okay, abseits all der Einflüsse der modernen Zivilisation inmitten der Natur verändert sich das Geschehen und die Energie ist stark modifiziert. Übermorgen wird mein erster Vollmond in Ecuador sein. Das Bad im Fluss war erholsam. No. 55 wartet. „Primavera“ von Nacho Maldonado ist ein Fall für sich. Es gibt diesen Teil in mir, der sie heute gerne im Eckladen in Magdalena gesehen hätte. 19:00 Uhr ist vorbei und ich kam nicht. Die Zeit heilt alle Wunden. Ja, ich spüre, dass ich nicht mehr gut digital schreiben kann. Aber um das Notizbuch aufzuklappen fehlt mir gegenwärtig die Energie. Quito ist Welten entfernt.

Ja, ich könnte alles und nichts schreiben. Also mache ich eine weitere Schreibübung. 11 Minuten und 11 Sekunden. Korrekterweise 11 Minuten und 18 Sekunden um die Zeit der Aktivierung des Timers und der korrekten Anordnung meiner Finger über der Tastatur einzuplanen. Mein Kopf ist leer. Was soll ich verfassen? Soll ich es bleiben lassen? Der Salbei aus Albuquerque qualmt. All die negativen Energien ziehen in die Ferne. Der Mond befindet sich in der Zunahme. Alles gut und nichts gut. Ja, in der Tat habe ich eine Schaffenskrise. Dafür die Idee bereits für das nächste Buch. „… Fragezeichen und die absolute Antwort“. So oder so ähnlich wird der Titel sein. Darin werde ich all die Fragen der vergangenen Bücher aufführen. Es mag nicht sonderlich kreativ sein aber das muss es ja schließlich auch nicht. Der Erfolg kann auch nicht jeden Tag neu erfunden werden. Das Wasser fließt und die Sterne mögen am Himmel stehen. Die Sonne befindet sich jetzt vermutlich in Brasilien. Sie wird aus dem Fenster schauen, die beiden Katzen liegen auf ihrem Teppich und sie denkt an die Reise. Ja, welche Wirkung haben die zwei Wochen bei ihr wohl hinterlassen? Was bringt das Jahr 2024? Wohin drehen wir uns auf diesem Planeten immer weiter in die Zukunft, immer weiter in die Gegenwart? Wer war Osho? Wer war Steve Jobs? Wer war? Eigentlich müsste ich das 11 Minuten und 11 Sekunden Experiment beenden. Es haut meine gesamte Statistik zusammen. Verdammt. „Courage, Dear Heart.“ Danke Steve McQueen. Werde ich jemals San Diego, San Francisco, Miami, Fortaleza, Santiago de Compostela, Pamplona, Saragossa, Libyen, Algerien, Südafrika, Nepal etc. besichtigen? Selbstverständlich ja. Werde ich die Brasilianerin wiedersehen? Selbstverständlich ja. Wir sind alle Wellen in diesem ewiglichen kosmischen Ozean. Gut Ding will Weile haben und kann nicht in 11 Minuten und 11 Sekunden gepresst werden. Schon gar nicht an einem Mittwochabend um 20:10 Uhr. Ein Saxophon erklingt. Was erblickte Fellini in Rimini? War er in Capri? Vermutlich schon. Aber vermutlich ohne Clark Gabel. Fährt in diesem Moment ein Orient-Express? Wohin? Wie heiß ist es im Wageninneren? Die Sandkörner fallen unaufhörlich. Ich atme tief ein und aus. Ich atme tief ein und aus. Die Kerze brennt. Ja, es ist immer noch jene aus Kolumbien. Vermutlich hält sie noch eine Woche. Neben mir liegt die Pilgermuschel. Mein Körper schmerzt immer noch von der Arbeit der letzten zwei Tage. Aber alles ist gut. Ich bin dankbar für den heutigen Tag. Hier schlägt eine andere Zeit. Zwischen gregorianischen Mönchen und koptischen Priestern befinde ich mich nicht, dafür zwischen Wasser und Grün.

Lass es bleiben…

Okay, 11 Minuten und 11 Sekunden Experiment beendet. Eine Minute vor der Primetime wahrlich eine Blamage. Ich sollte all die digitale Buchstabenaneinanderreihung des heutigen 27. September 2023 wieder löschen und es vielleicht doch sein lassen. Aber was ist, wenn am Dienstagmorgen, den 12. Mai 2043 ein Kind auf den Kalender blickt – es wird KW 20 sein – und sonderlich wenig Lust haben in die Schule zu gehen. Vielleicht wird es auch ausgesprochen euphorisch sein und bereits drei Stunden vor dem ersten Unterrichtsfach vor Ort sein. Nun denn… irgendwie wird es die Frage haben, was am 27. September 2023 geschehen ist. Sonderlich viel ist es nicht. Es war die ewigliche Sommerflaute. Ein bisschen Krieg dort irgendwo zwischen Europa und Asien aber nicht erwähnenswert. Einzig von Bedeutung, dass „Perpetuum Publishings“ im Jahr 2043 alles anfertigte.

Lass es bleiben…

Ein leidiger Prozess ist es. Morgen no. 55 und gut ist es. Einfach loslassen und vertrauen. Langsamer gehen und die eigene Melodie wiederfinden. Die nächste Holzbank im Schatten aufsuchen und einfach niederlassen. Vielleicht sogar auf Ewigkeiten. Wegezoll wie in der Elbchaussee wird wieder eingeführt. Meine Urenkel werden es mir danken. Tukane wippen harmonisch zu der BPM-Zahl von „Dubby Sunday“. Ja, morgen ist auch ein Tag. Donnerstag, der 28. September 2023. Das heiße Wachs trocknet. Hoffentlich überlebt das letzte Gänsekücken. Wie viel wiegt das Glück? Wohin reisen wir? Meaningless chatter of non-existancial beings beyond the gates of time and matter. Der Schlaf, er wartet.

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20:36 Uhr

Nun ja, sonderlich viel habe ich die vergangenen Tage auch nicht geschrieben. Aber es ist in Ordnung. Das Einpflegen von no. 54 auf der Internetseite hat eine geraume Zeit in Anspruch genommen. Dieser Ort hier ist gerade ein Segen für mich und die Reise, ich kann mich sortieren und einfach sein. Was wünsche ich mir für die kommenden Tage?

  • Das Einpflegen von no. 55 auf die Internetseite
  • Das Erblicken des Vollmondes in Ecuador
  • Das Digitalisieren von no. 56
  • Den Projektordner für „… Fragezeichen und die eine Antwort“ erstellen
  • Loslassen und vertrauen.

Der Tulkan – Dienstag, 26. September 2023

19:58 Uhr

Ich liege im Bett und kann irgendwie meine Augen offenhalten. Hier am Äquator am Mittelpunkt der Erde geht die Sonne recht früh unter. Die Digitalisierung von Notizbuch no. 54 ist abgeschlossen, die Übertragung auf die Internetseite läuft. Es ist ein anstrengender Prozess und gleichzeitig ist er wichtig. Ich bin der Goldschürfer und gut Ding will schließlich Weile haben. Das Gute am Schreiben ist, dass die Finger nicht mit Blasen übersät werden. D. aus Brasilien hat mir geschrieben, ich vermisse die Dachterrassengespräche mit ihr samt dem Blick auf die Berge und die Silhouette Quitos. Aber alles befindet sich im Wandel. Es ist wieder ruhiger geworden, der Tag war zu 79,78 Prozent anstrengend. Morgen werden die Karten wieder neu gemischt. Die Katze ist gestorben, dafür gibt es zwei neue Gänsekücken. Einen Tukan habe ich gesehen, recht viele Kolibris, Adler und allerlei weitere Vogelarten. Selbstverständlich schreibt man Tukan ohne l, da ich die Überschrift „Der Tulkan …“ allerdings schon mit dem Füllfederhalter in das Notizbuch no. 53 übertragen habe, das die gesamten Titel des Buches verwahrt, und die Tinte bereits getrocknet ist, muss diese Überschrift „Der Tulkan“ lauten. Das Wasser des Rio Magdalena rauscht, die Grillen und Zikaden zirpen, die Kerze brennt, ich habe einen leichten Sonnenbrand und mag nicht zu unrecht des belanglosen Aufzählens von unwichtigen Punkten bezichtigt werden. Aber ich akzeptiere dies und freue mich bereits auf den wohltuenden Schlaf hier in den ewigen Weiten des Regenwaldes.

Gegen 08:00 Uhr befanden wir uns zu zweit wieder auf dem Berg, hatten die Leiter via Seilzug die rund 200 Meter Höhe emporgebracht und recht viele Bananenstauden mit Plastiktüten zum Schutz überzogen. Es kam dabei niemand ums Leben außer einer Pflanze, die durch den doppelten Druck von angelehnter Leiter im nicht perfekten Winkel und nicht vorschriftsgemäßer dafür wirksamer Sicherheitsvorkehrung mit einem Seil abknickte. Um 12:30 Uhr traten wir wieder den mühsamen Fußmarsch an, gelangten mit einem kleinen Sonnenbrand und Hunger wieder an der Unterkunft an und aßen.

Verdammt. Wahrlich kann ich mit dieser Müdigkeit nichts Gutes mehr zutage / zuabende / zunachte fördern. Dies gilt es hinzunehmen. Im Schrank vor mir liegen bereits no. 55 und no. 56, die ebenfalls darauf warten in „El Diario“ eingepflegt zu werden. Alles zu seiner Zeit. Ja, es gibt diesen Teil in mir, der froh ist, Internet zu haben. Er kann sich somit mehr oder weniger per Knopfdruck vom kompletten Aussteiger zum digitalen milliardsten Nomaden transformieren. Nicht unbedingt schlecht. Mit irgendetwas muss ich jedoch auch meiner inneren Trauer Abhilfe schaffen, da der Traum von einem Hostel hier in diesem Tal an diesem Morgen recht schnell zerplatzte. 300 Quadratmeter Grund sollen hier rund 20.000 Dollar kosten. Okay, auch nicht unbedingt viel, aber für die vermeintlich isolierte Lage und all die anderen Erfordernisse schon ein recht stolzer Preis.

Ich bin gespannt, was mich morgen erwarten wird, wie dieser Part V letztlich aussehen wird und wohin die Reise ohnehin führt. Das Beitragsbild ist eine Fotografie von einem Gemälde Guayasamíns mit dem Titel „EL MESTIZAJE“. Das muss vorerst genügen. Es ist 20:21 Uhr.

Fünf Worte – Montag, 25. September 2023

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17:28 Uhr

Ich sitze in einem seiden…

„Wofür brennst du?“ … – Sonntag, 24. September 2023

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09:48 Uhr

Einzig was du in das Universum hinaussendest wird Realität werden. Unweigerlich werden sich die Dinge fügen. Du befindest dich bereits auf deinem Pfad und teilst die Liebe wo auch immer du hingehst. Lasse einfach los und vertraue dich bedingungslos dem Universum an. Alles ist gut. Unweigerlich werden sich die Dinge fügen. In Anbetracht der Tatsache, dass Mond, Sonne, die Sterne und die Planeten existieren wird sich alles verändern exakt dann, wenn sich das Gute eint. „Wirst du wagen zu lieben um dich zu erinnern…“ singt Ute Ullrich in „Wofür brennst du“… Ja, es geht immer weiter diese ewigliche Reise, die Dinge werden sich unweigerlich zum Guten fügen, alles hat einen Sinn und der Mensch auf dem Ufer an deinen Wundern hält stets inne da die Summe der Dinge sich gewiss ist bezüglich dem weiteren Vorgehen. Ja, ich lebe, alles verändert sich und vermutlich sollte ich nach Chavín de Huaraz gehen wenn der Äquator gesprochen hat. Alles fügt sich. Ja, alles fügt sich. Ja, alles fügt sich. Ja, alles fügt sich. Ich bin dankbar für den heutigen Tag. Ich bin dankbar für das Sein und das Wachstum. All die Momente sind unweigerlich miteinander verbunden. Alles hängt miteinander zusammen. Die Summe der Dinge ist schlichtweg ein Wunder. Ja, wir sind das Höchste der menschlichen Existenz. Ich bin dankbar für mein Sein. Ich bin dankbar. Ich bin dankbar. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Licht. Ich bin Licht. Ich bin Licht. Ich bin Sein. Ich bin Verbundenheit. Ich bin Größe. Ich bin Wachstum. Ich bin das Wunder. Ich bin die Antwort. Ich finde. Ich habe

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gefunden. Ich bin verbunden. Ich bin Freude.

18:55 Uhr

Seit gut 30 Minuten liege ich im Bett und irgendwie fühle ich mich wohl. 43 Seiten aus no. 55 sind digitalisiert, mein Magen ist mit Suppe, Reis, ein wenig Hähnchen und einer Banane gefüllt, ich war kurz im Fluss baden mit anschließender heißer Dusche, mein Kopf ist so durcheinander, dass ich mir einfach eingestehe, dass es vermutlich deutlich einfacher ist, einfach loszulassen und einfach zu sein. „Perpetuum Publishings“ nimmt weiter Konturen an – ich habe die spanische Übersetzung von „Vom Träumen und Wachsen“ zu einem Drittel formatiert, die Buchcover geordnet und damit begonnen, das Verlagsprogramm zu aktualisieren. Und es gibt eine Neuigkeit. Heute Vormittag war ich spazieren und ich sollte ein Bund Frühlingszwiebeln kaufen. Entspannt sah ich mir beim Gehen die Natur an, schritt in Magdalena Bajo an der Schule und dem Spielplatz vorbei in den kleinen Eckladen mit ein bisschen Gemüse. Ja, ich dachte, dass dort wieder der Mitte 30-jährige Mann von gestern steht. Aber nein, zunächst meinte ich, kein Mensch sei in dem Geschäft, ich hielt mich dort bereits zwei oder drei Sekunden auf – wie eine 22-jährige Dame namens E. mich zunächst sehr distanziert begrüßte. Naja, ich druckste herum nicht exakt wissend was ich überhaupt wolle. Letztlich ging ich mit dem großen Bund Frühlingszwiebeln, mit einer Seife, einer Packung Teebeutel und einem verdammt stark und laut schlagenden Herzen wieder rund 30 Minuten später aus dem Laden. Irgendwie kamen wir ins Gespräch und sie sagte, dass es hässlich sei niemanden zum Reden zu haben. Ich sagte ihr, dass ich Gott oder dem Universum alles anvertrauen könne. Da nickte sie. Am Abend davor dachte ich an N. aus Quito. Sie war mit ihrer Mutter und ihrem Bruder über das Wochenende zu Besuch gekommen und irgendwie fand ich sie ausgesprochen anziehend. Recht schnell gingen wir zum Fluss – sie döste im Bikini im Halbschatten vor sich hin – doch ge-…

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fühlt schweißte uns dieses gemeinsame Erlebnis zusammen. Gestern Nachmittag spürte ich, wie sehr ich mich die vergangenen Monate vernachlässigt hatte, ich räumte hier auf und machte das Bett sehr schön zurecht, machte mir sehr viele Gedanken, was auf ihrer Seite auf dem Kopfkissen liegen würde, duschte mich, rasierte mich, schnitt meine Nägel, zog mir schöne und bequeme Kleidung an und hörte meine Lieblingsmusik. Wie wir uns beim Abendessen wiedersahen war es intensiv aber dann auch wiederum doch nicht so prickelnd wie es hätte sein können. Und, sie verabschiedete sich nicht von mir wie sie ins Bett ging. Naja, in mir gab es diesen winzigen Teil der sich wünschte, dass irgendwann in der Dunkelheit ein sanftes Klopfen an meiner Türe erscheint und sie dort draußen steht. Ja, es ist ein ausgesprochen schlechtes Hirngespinst. Naja, auf jeden Fall ist mein Herz gerade sehr am Wagen. Vieles geschieht. Jetzt weiß ich, dass E. meine Handynummer und meinen vollen Namen hat und mit ihrem acht Monate alten Sohn namens I. an mich denkt. Julian, was hast du dir da bloß eingebrockt? So ist nun einmal das Leben und bekannter Weise wird jeder Tag nur einmal erlebt und de facto ist jeder Moment ein neuer und der erste Moment. Jetzt überlege ich, wie viele Ersparnisse ich noch habe und wie realistisch es ist, hier ein Leben zu beginnen. Naja, ein paar Tage bin ich bereits hier und ich atme noch. Nein, Spaß beiseite! Eine Unterkunft mit Essen und kleinen Angeboten für Entdecker und Naturliebhabende ist sicherlich nicht verkehrt. Dazu „Perpetuum Publishings“ als Online-Business als Nebenverdienst – läuft. Und ganz auf den Kopf gefallen bin ich schließlich doch nicht. Ja, etwas wird sich ergeben. Nur was sende ich in das Universum hinaus? Kommende Woche am Mittwoch auf 19:00 Uhr

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hat sie mich zum gemeinsamen katholischen Gebetskreis eingeladen. Sollten da nicht alle Alarmglocken schrillen? Ich weiß nicht was los ist mit mir. Sie sieht nicht so aus, als würde sie mich ausschließlich des Geldes wegen wollen. Dass dieses Europäische ein Pluspunkt ist steht außer Frage.

Sehnsucht nach Liebe – Samstag, 23. September 2023

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17:00 Uhr

Tag 4: Ruhetag (mehr oder weniger): Langsam denke ich bereits an das Ende des Buches. In einer Woche ist Halbzeit. Ich habe mir die Zeit genommen, die bisherigen Geschehnisse Revue passieren zu lassen und mich gleichzeitig noch weiter dem Unbekannten anzuvertrauen. Wahrlich wundersam ist das Leben, ich kann es gar nicht anders beschreiben. Innerlich fühle ich mich aufgeräumt, wenngleich da immer noch diese Leere ist. Ich sehne mich nach Liebe, verdammt, ich möchte Liebe geben. Okay, ich respektiere all die Grenzen und Bedürfnisse meines Gegenübers und ich teile Liebe aus. Ich gebe Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin das Licht. Ja, ich bin das Licht. Ich bin so dankbar für diesen heutigen Tag und für all die Geschehnisse. Ich vertraue darauf, dass die richtigen Dinge geschehen werden. Ja, gut Ding will schließlich Weile haben. Ich bin dankbar für das Baden. Ich höre in mein Innerstes. Wieder frage ich mich, nach was es mir ist. Ja, den gesamten Nachmittag habe ich mich zurückgezogen und mir die Zeit genommen aufzuräumen und mich zu sortieren. Was die nächsten Tage genau geschehen wird – ich weiß es nicht genau. Spielt es eine Rolle? Ich vertraue einfach darauf, dass die richtigen Dinge geschehen werden. Ja, alles kommt so wie es kommen soll. Ich bin dankbar für das Baden im Fluss. Ich bin dankbar für die Bekanntschaft mit F. Ich bin dankbar für das leckere und nährende Essen. Ich bin dankbar für diese Erfahrung

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in Ecuador.

no. 54 – Freitag, 22. September 2023

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19:39 Uhr

Tag 3: Weswegen vergeht die Zeit so schnell – ich weiß es nicht. Soll ich für immer hier bleiben? Was ist das Leben wirklich von Bedeutung? Ich akzeptiere die Dinge so wie sie sind. Notizbuch no. 54 ist endlich Geschichte – ich glaube, ich muss mein nächstes Buch schlichtweg „no. 54“ nennen. Ja, warum nicht – wer oder was hält mich davon ab?

Vom Vermissen der Frauen – Donnerstag, 21. September 2023

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19:52 Uhr

Tag 2: Es erscheint mir, als sei ich bereits eine Ewigkeit hier. C. verlässt uns morgen wieder, er reist zurück nach Quito, um dort mit seiner Familie gemeinsam Zeit zu verbringen.

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Ich bin währenddessen am überlegen, ob ich statt den zwei Wochen nicht auch drei oder vier Wochen hierbleibe. Warum? Warum nicht? Es tut mir gut, wieder an einem festen Platz zu sein und die Bequemlichkeit zu haben, jeden Tag drei ausgesprochen reichhaltige Mahlzeiten zu erhalten und des Weiteren einen Großteil des Nachmittags zu meiner eigenen Verfügung zu haben. Heute morgen gab es Yucca und Reis, Bananen und Joghurt, dazu ein Heißgetränk mit einer des Quinoa ähnlichen Pflanze namens Chocho (Anden-Lupine). Danach fütterten wir die Fische, gingen zu einer kleinen Plantage auf der Guama / Guaba, Kakao und Platanos samt Orangen und Mandarinen wachsen. Wir ernteten Guamas, Orangen und Mandarinen. Schätzungsweise 40 bis 50 Kilogramm. Bei den Orangen ist dieses Gewicht recht schnell erreicht, man muss die Äste ein wenig schütteln und die Früchte vom Boden aufsammeln. Wie am Tag zuvor legten wir immer wieder eine Pause ein, um zu essen. Guamas sind samtig weiß mit einem schwarzen Kern und schmecken ein bisschen wie Guanábana. Es war mein erstes Mal, dass ich frischen Kakao aß oder lutschte. G. öffnete für jeden von uns mit der Machete eine reife Frucht und wir lutschten die einzelnen Kerne samt Mantel genüsslich. Ich sammle mittlerweile die Kerne der unterschiedlichen Pflanzen, so dass ich künftig diese tauschen oder pflanzen kann. Ja, dieser Tag kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Das Notizbuch no. 54 ist bis auf 10 Seiten digitalisiert und no. 57 füllt sich langsam. Die Hitze drückt und selbst über die Nacht ist es unerträglich heiß. Es gibt diesen Teil in mir, der sich nicht gewiss ist, ob er jemals wieder zurück in die Stadt oder Zivilisation weg vom Campo gelangen wird. Selbstverständlich weiß ich tief in mir drinnen, dass dem so ist und dass ich noch einen ausgesprochen spannenden Lebensweg vor mir stehen / liegen / warten habe. Immer weiter füge ich sie zusammen die Puzzlestücke und bin in der Gewissheit, dass über kurz oder lang alles einen Sinn ergeben wird. Sicherlich schreibe ich gerade nicht auf Maximalauslastung –

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dennoch ist die Lateinamerika-Zeit ausgesprochen schöpfend. Ich vermisse die Frauen. Ich vermisse die Liebe. Aber auch das ist ein Teil des Lebens. Ich bin dankbar für den heutigen Tag und für all die Erfahrungen, die ich hier in Ecuador machen darf. Ja, es ist eine erkenntnisreiche Phase für mich und für meine Zukunft – dessen bin ich mir gewiss.

Eintauchen in die Bananenrepublik – Mittwoch, 20. September 2023

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Tag 1: 07:00 Uhr Frühstück – Banane, Avena con Lulo (als heißes Getränk in Tasse), frischer Naturjoghurt mit Apfel und Kiwi, Reis mit Käse-Makkaroni, Banane, Saft. Gegen 08:15 Uhr mit drei Macheten, mit eisgekühltem Wasser und einem gelben Plastikbecher gehen C. 73 Jahre, G. 18 Jahre und ich den rund 30 Minuten Fußweg – schmaler Pfad – bergauf zu der Plantage mit den Bananen. Es gibt einen Seilzug über den Hang mit einer einfachen Länge von rund 1.000 Metern um die geernteten Bananenstauden hinunter ins Tal zu transportieren. Gestern verluden wir in Summe rund 35 bis 40 Bananenstauden. Es wird unter-…

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schieden zwischen der Größe (Grande / Mediano / Pequeño), zudem gibt es die unterschiedlichen Platano-Sorten Seda, Dominico, Verde oder Harton. Viele der kostbaren grünen / gelben Früchte werden nach China exportiert. Ich glaube, dass ich noch niemals in meinem Leben so kostbares geschwungenes gelbes Obst gegessen habe. Heute bislang gleich drei Teile davon. Die Arbeit des Tages ist Pflanzen mit insgesamt rund 20 Hölzern zu stützen, die G. mit einer Machete zurechtschlägt. Wir tragen auf der Schulter ein bis zwei der rund 5 Meter langen Stäbe. Davon werden unter den in Summe bestimmt rund 200 oder 300 Pflanzen die Früchte tragenden und stark zur Seite geneigten gestützt. Immer wieder machen wir Pause. Die Luftfeuchtigkeit ist tatsächlich sehr hoch. Wir reden, trinken regelmäßig Wasser, ernten durch stärkeres Schütteln eines Stammes eine reife Papaya und stärken uns samt 8 bis 10 Orangen. Die Orangen werden mit der Machete geschält und weniger gegessen als mehr getrunken / gelutscht. Lange sitzen wir – bestimmt 45 Minuten – unter dem Wellblechdach des kleinen Lagers und reden. Mein deutscher Kopf fühlt sich schuldig nicht zu arbeiten. Um 12:30 Uhr wird der Rückweg angetreten. Kurz nach 13:00 Uhr Essen: Arabisches Essen aus dem Libanon – Reis mit Bohnen und Platano. Des Weiteren Suppe sowie Wasser mit Limettensaft. Ab 14:00 Uhr freie Zeit bis 18:00 Uhr. Jetzt ist es 17:47 Uhr, ich habe rund 2 Stunden geschlafen / gedöst und eine Stunde Notizbuch no. 54 digitalisiert. Es neigt sich dem Ende zu. Dafür bin ich sehr dankbar. Ja, ich bin darauf gespannt, was sich in diesen Tagen, in dieser Woche hier alles ergeben wird.

Bus no. 33 oder Begegnung mit Osho – Dienstag, 19. September 2023

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08:25 Uhr – Terminal la Ofelia

Seit 04:50 Uhr bin ich wach, ich nahm zum dritten oder vierten Mal in meinem Leben ein UBER, wir überfuhren drei oder vier rote Ampeln, rechtzeitig war ich am Terminal, ich kaufte ein Busticket für 06:15 Uhr, sollte an eine Stelle – an die Straße unmittelbar außerhalb der Station – gehen und wartete und wartete und wartete. Ich sah Taxis und blaue Busse im Sekunden- oder Minutentakt, ich sah Reisebusse nach Mindo, ich sah Fahrzeuge mit Anhängern in denen Hunde spazierengefahren wurden, Fahrschulbusse und und und. Aber meinen Bus nach Chontal / San José de Magdalena fand ich nicht. Vielleicht gab ich mir nicht genügend Mühe. Irgendwann war es 06:45 Uhr, ich wartete immer noch kurz und ging dann wieder zu der Dame am Schalter zurück. Ja, sie blickte irritiert und meinte, ich müsse ein neues Ticket kaufen. Beim nächsten Mal – um 09:30 Uhr – muss ich auf die Nummer des Busses – 33 – schauen. Zuerst war ich ein wenig desillusioniert, ich dachte an D. und an meine Sehnsucht von einer Frau in den Arm genommen und geliebt zu werden. Jetzt sitze ich hier in einem kleinen Restaurant und habe einen gefüllten Magen mit Saft, zwei Kaffees, Pan con Queso, Spiegelei, Hähnchen, Reis, Ensalada. Wieder bin ich fest mit dem Boden verbunden, ich frage mich, wann ich das nächste Mal Quito bereisen werde. Mittlerweile kenne ich auf dem amerikanischen Kontinent Seattle, Los Angeles und California, Arizona aus dem Zugfenster heraus, Albuquerque, Taos und Sedona in New Mexico, in Mexiko die Hauptstadt und den Staat Morelos mit Totolapan und Tepotzlán, in Kolumbien Bogotá und Neiva, Fusa und Cumaca, die Quinini-Berge und Medellín, Guatapé und Alejandria, Nilo und Melgar, San Agustín und Popayán, Pasto bei

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Nacht und Ipiales im Morgengrauen, in Ecuador Tulcan und Ibarra, La Esperanza und die Lagune Cubilche, den Imbabura und Otavalo, Pijal und Quito, in Peru Lima und die Landstrecke bis nach Cusco, Aguascalientes und Machu Picchu, den Vinicunca und noch ein paar Kilometer auf den Wegen und Straßen. Wie viel werden es in sechs Monaten sein? Wie viel in sechs Jahren? 33 Jahre bin ich alt, welcher Mensch werde ich mit 66 Jahren sein? Wie viele Seelen wird „Perpetuum Publishings“ inspiriert haben, wie viele Bücher wird es geben, in wie viele Sprachen werden sie übersetzt sein? Okay, grob kann ich kalkulieren, wie viele Länder ich dann gesehen haben werde:

  • 2023: 39 + Bolivien, Chile, Argentinien macht 42
  • 2024: 42 + Portugal, Australien, Indien, Indonesien, Südkorea, Japan, Nepal, Norwegen macht 50
  • 2025: 50 + Brasilien, Uruguay, Paraguay, Venezuela, Französisch-Guayana, Surinam, Guyana, Panama, Costa Rica, Nicaragua, Honduras, Belize, Guatemala macht 63
  • 2026 mit 36 Jahren weitere drei Länder macht 66.

Angenommen bis 66 Jahre je Dekade 30 weitere Länder macht in Summe 156. Wie viel davon letztlich Realität wird, das zeigt sich. Zumindest werde ich am Ende meines Lebens sagen können, dass ich gereist bin, dass ich viele Notizbücher gefüllt habe, dass ich Bücher geschrieben und einen wichtigen Beitrag für die Menschheit geleistet habe, dass ich Leute aus aller Welt kennengelernt habe und die Beziehungen pflegte, dass ich den Mut gefunden habe, voll und ganz ich selbst zu sein, mich zu lieben und anzunehmen, den Frauen

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und den anderen Männern zu vertrauen, dass ich umarmt und geheilt habe und ein winziger Teil, ein kleines Fragment in dieser ewigen unendlichen Kette des Lebens, des Werdens und Vergehens gewesen bin. Ja, ich glaube, dass es ein sehr guter Plan ist. Zudem habe ich ein paar 4.000, 5.000 und 6.000er erklommen, habe mit Fahrrad und Zelt die Welt bereist und war einfach ich selbst an all den guten und den schlechten Tagen. Ich werde einen gefüllten Reisepass und eine zweite Staatsbürgerschaft haben, für Polen und die diplomatischen Verbindungen zwischen Europa und Amerika wichtige Dienste geleistet haben, ich werde kontinuierlich weiter in meinen Wesenskern gerückt sein und all die Wunder und Kostbarkeiten dieses Planeten entdeckt und geboren haben. Vermutlich fehlt „Perpetuum Publishings“ im gegenwärtigen Moment noch ausgesprochen viel, aber das ist ein Teil der Reise, dass darf ich akzeptieren.

10:47 Uhr

Ich befinde mich nun im Bus und tauche ab in diese Landschaft. Immer noch frage ich mich, worauf ich heute stolz bin. Quito ist Lichtjahre entfernt, die kurvige Passstraße verläuft durch den Regen-…

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wald und wer weiß schon, wo ich letztlich ausgespuckt werde? Ja, wer weiß schon irgendetwas. Mein Kopf brummt, vermutlich nicht die beste Idee zu schreiben. Das Sonnenlicht fällt auf die weißen Seiten, die „Mix der Woche“-Playlist spielt, die Landschaft zieht vor dem Fenster vorbei, ein wenig übel ist mir, mein Körper wird durchgeschüttelt, auf dem Platz neben mir haben sich die zwei Rucksäcke breitgemacht, auf dem Platz gegenüber des Ganges sitzt eine Frau, D. ist hoffentlich in Bogotá, Ma. in Barcelona und K. in Fusa, die deren Namen ich nicht in Erfahrung bringen konnte in La Esperanza.

04:44 PM

Ich bin jetzt angekommen und liege im Bett. Hier ist es sehr schwül und es ist etwas ganz anderes als Freiwilliger unterwegs zu sein oder für Bezahlung Urlaub zu machen. Aber das ist der Deal, das ist der Preis, den man bezahlen muss. Ein wenig geschlaucht bin ich, weil ich heute morgen so früh aus dem Bett gefallen bin und dann diese Ewigkeit am Terminal wartete. Ich bin abgeschnitten von der Außenwelt, weiß, dass ich noch unendlich viel zu lernen habe. Aber das ist in Ordnung, das Wichtigste ist es Erfahrungen zu sammeln. Bis jetzt weiß ich noch nicht, was mich morgen oder die nächsten Tage erwarten wird. Aber ich vertraue darauf, dass das Universum mir die passenden Erfahrungen bringt. Sicherlich gibt es diesen Teil in mir, der jetzt gerne mit D. Zeit in Bogotá verbringen würde. Sie ist eine ausgesprochen attraktive und anziehende Frau. Jetzt ist sie Ewigkeiten entfernt. In Deutschland könnte ich mich jetzt in einen Zug setzen und wäre ungefähr in 10 oder 12 Stunden bei ihr. Ich schätze von hier aus bräuchte ich zwei oder drei Tage. Ein kleines Problem habe ich. Mein Bargeldvorrat weißt ungefähr 10 Dollar auf. Nicht sonderlich viel für mindestens 14 Tage inklusive der Erfordernis,

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für 4,50 Dollar ein Ticket nach Quito zu kaufen. Aber alles wird schon irgendwie werden. Dafür lebe ich schließlich, dafür atme ich, dafür bin ich. Von der Müdigkeit fallen mir die Augen beinahe zu aber es ist wichtig, dass ich schreibe. Die Zeit heilt alle Wunden. Gerne wäre ich jetzt hier gemeinsam mit Ma. nackt unter der Bettdecke bei geschlossener Tür bei Dunkelheit und Kerzenschein und Regen, der auf das Wellblechdach prasselt und all die Laute dämpft. Gerne würde ich sie massieren und mit ihr zu einem intensiveren Wesen verschmelzen und die Extase wahrnehmen und erleben. Was das Morgen bringt – ich weiß es nicht. Sicherlich gibt es diesen Teil in mir, der bereits erfolgreich wäre. Aber vielleicht bin ich das ja auch schon und ohnehin, welche Relevanz hat das überhaupt? Viel urteile ich hier. Mir wird bewusst, welche Negativität ich beizeiten in mir trage. Aber ich muss und darf es akzeptieren. Ich liege einfach hier und atme tief ein und aus. Bin ich nun endlich angekommen bei meiner Reise im Außen? Oder ziehe ich noch unzählige Male immer weiter los um etwas zu finden, was ich in der Realität jenseits meines Selbst gar nicht finden kann? Ich bin müde und dankbar. Irgendwie erschaffe ich mir verdammt viel Stress selbst. Aber ich darf es akzeptieren. Ich kann mich so annehmen wie ich bin. Ich bin dankbar zu leben und ein fühlendes Herz in meiner Brust schlagen zu haben. Was K. wohl gerade macht? Ich bin müde. Ja ich wiederhole mich. Irgendwie muss ich die Seiten ja füllen.

19:21 Uhr

Es ist 19:21 Uhr (vermutlich 19:22 Uhr), ich liege im Bett mit gefülltem Magen – hier spüre ich, wie viel Stress tatsächlich in mir steckt und wie viel ich einfach loslassen und dem Universum anvertrauen darf. Vorhin erblickte ich Glühwürmchen wie noch niemals zuvor. Ohnehin ist die Natur hier so intensiv wie ich sie glaube ich selten in meinem Leben erlebt habe. Alles spricht, das Wasser des Rio Magdalena und vermutlich des Rio Guayllabamba rauscht, wieder die Zikaden. Doch die Energie hier scheint eine andere zu sein. Wie ich vorhin vor mich hindöste hatte ich den Ein-…

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druck, dass mir alles so bekannt vorkommt, dass ich bereits an diesem Ort gewesen bin und gelebt habe. Ich weiß nicht exakt, wie ich es in Worte fassen soll. Zumindest glaube ich, dass darin ausgesprochen viel Wahrheit steckt, die jedoch nicht für jeden sichtbar sein mag. Morgen um 07:00 Uhr gibt es Frühstück – es sind beinahe 12 Stunden – ein halber ganzer Tag um anzukommen für die Erholung, für den Schlaf und die Kontemplation. Ja, ich bin zufrieden hier zu sein. Ich darf darauf vertrauen, dass mein Herz zur ganzen Größe bereits angeschwollen ist und auch in der kontinuierlichen Verbindung mit den Menschen sich befindet. Ja, ewig könnte ich noch schreiben, aber ich spüre mein Bedürfnis loszulassen und einfach in der Dunkelheit zu atmen, mich zu spüren, all die Geräusche wahrzunehmen und mir der Kostbarkeit des Seins bewusst zu sein. Ich denke an meine Familie und an all die Menschen die ich kenne oder auf meinem Lebensweg kennengelernt habe. Es ist das größte Geschenk zu atmen und zu leben. Es ist das größte Geschenk bewusst zu sein, zu glauben und zu lieben. Ich bin dankbar Ma. kennengelernt zu haben und als Menschen an meiner Seite zu wissen. Ich bin dankbar. Ja, ich bin froh, dass ich diesen Platz gefunden habe, dass ich mich im kontinuierlichen Austausch mit dem Universum befinde und einfach bin.

Vom Bedürfnis nach dem Körperkontakt – Montag, 18. September 2023

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07:06 Uhr – Quito

Ich liege noch im Hostelbett und probiere meine Energie zu halten. Einen jeden Tag wache ich auf um als Teil der Gemeinschaft der Menschheit zu teilen und zu geben, zu lieben und zu empfangen. Ich bin zufrieden diese Erfahrung namens Leben zu machen. Gerade wünsche ich mir einen anderen Menschen an meiner Seite, ich wünsche mir Körperkontakt und Umarmungen. Ich erkenne, dass ich all das ohne Hintergedanken geben kann und darf. Ja, ich bin zufrieden zu atmen. Wieder öffne ich meinen Geist für all die Träume:

  • Auf eine Insel gehen und die Zeit genießen
  • Das Meeresrauschen der Wellen hören
  • Nach Peru und Bolivien reisen
  • Auf 5.000 Meter Berg gehen
  • „Heal your Heart – El Diario“ fortsetzen.

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10:49 Uhr – Quito

Auf der grünen Bank sitze ich unter dem „El Arbol de La Vida“. Alles verändert sich. Ich sehne es bereits herbei, wenn ich das Notizbuch no. 101 beginnen werde. Das Schreiben ist die perfekte Kombination einer Weltenseele. Es ermöglicht das Reisen, das Loslassen und Aufgehen in einem übergeordneten Kosmos des Lebens und des Eins-Seins, es verhilft zu träumen und gemeinsam mit den Engeln und Kondoren zu fliegen. Vermutlich ist es auch möglich mit den Kolibris und den Schmetterlingen zu fliegen – aber so weit bin ich noch nicht. Gut Ding will schließlich Weile haben. Hier in Ecuador zwischen Peru und Kolumbien fühle ich mich geborgen. Gleichwohl ich künftig nach Brasilien, Paraguay, Uruguay, Panama, Honduras, Guatemala und…

21:28 Uhr

Es war ein verdammt langer Tag. Im Prinzip gar nicht so lange, aber es sind irgendwie so viele Dinge passiert, so vieles befindet sich im Wandel, ich spüre, dass sich die Konsistenz der Materie verändert. Ich habe gemeinsam mit D. Zeit im Café verbracht, wir haben ein paar sehr schöne heilsame Umarmungen ausgetauscht und ich habe sie zum Auto gebracht so wie es L. damals bei mir in Bogotá gemacht hat. Ich bin von Herzen dankbar für diesen Tag. Ja, ich bin glücklich. Ich bin zufrieden. Ich rede es mir nicht nur ein, nein, es ist die Realität. Alles hat einen Sinn. Vorhin im Gemeinschaftsraum in der Unterkunft redeten J. und P. und ich noch über Gott und die Welt, über Erfüllung und Selbstfindung, das Reisen und die zentralen Säulen im Leben. P. sieht aus wie ein Superavenger, hat italienische Wurzeln – er ist ein Kind Neapels – ist Expat in Paris und reist solo seit ungefähr 10 Jahren. Er ist 32 Jahre alt. D. ist von Sternzeichen Jungfrau. Vermutlich heißt dieses Hostel nicht ohne Grund „REVOLUTION“. All die Orte die ich aufsuche haben besondere Namen: „Cabañas Osho“, „The Black Lama“, „Kokopelli“, „The Rumi“, „La Terra Esperanza“, „Arche Noah“ und und und. Ma. liegt jetzt alleine im Bett, ich liege alleine im Bett, bin ich wirklich glücklich oder

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rede ich es mir nur ein? P. inspiriert mich sehr. Ohnehin wandelt sich gerade alles. Ja, ich glaube, dass wir allesamt Kinder der Neuzeit sind, die dazu geboren wurden mithilfe des digitalen Raumes all die Herausforderungen und Probleme zu lösen und durch intelligente Lösungen zu heilen. Im Kern sind wir alle miteinander verbunden. Im Kern sind wir alle eins. Ja, wir haben das Interesse, das Unbekannte immer weiter Stück für Stück zu erobern. Aber was ist wahrlich das Unbekannte? Ich weiß, dass ich heute durch Oswaldo Guayasamín verdammt viel von diesem Unbekannten gesehen habe. Durch seine Fähigkeit, all die Werke aus dem Unsichtbaren ans Tageslicht zu bringen, durch seinen Glauben, durch sein Sein und all die unzähligen Momente, da er die Ängste und Zweifel überwand. Ja, das Schreiben es gehört mir, nicht ohne Grund verbringe ich so viel Zeit damit. Sicherlich ist es eine Leidenschaft, eine Passion, eine Vision und der Drang all dem Ungezeichneten Ausdruck zu verleihen. Ja, meine Internetseite gewinnt langsam an Aufrufen, mein Werk trägt mehr und mehr Früchte. Ich bin zutiefst dankbar für alles, das mir widerfährt. Morgen beginnt ein neues Kapitel – was bringt die Zukunft? Wer weiß es schon wahrlich in einer Zeit, da sich über die Nacht alles verändern kann? Unweigerlich ist alles miteinander verflochten, unweigerlich sind wir alle mit der universellen Zeitlosigkeit im Kern eins. Ja, morgen stehen Milliarden von Menschen wieder auf, wischen sich den Schlaf aus den Augen und verwirklichen sie all die Träume, die ihnen das Unterbewusstsein zugeflüstert hat. In all den Momenten ja da erheben wir uns wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder und wieder aus der Asche, da steigen wir engelsgleich empor in die Lüfte und sind hoch wie Kathedralen, hoch wie heilige Berge, hoch wie die Summe der Dinge, wie das Größte dieser Welt. Denn im Angesicht des Unsichtbaren verlieren Raum und Zeit an Bedeutung.

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*Zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine signifikant relevanten Einträge*

no. 57 – Sonntag, 17. September 2023

Notizbuch no. 57 – „Star no. 5001“

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Wieder die ersten Zeilen eines neuen Notizbuches. Ich trage all die Liebe in meinem Selbst, ich bin von Herzen glücklich ich selbst zu sein und sende sie immer weiter hinaus in das Universum all die Wünsche und Gebete, all die Träume und Hoffnungen, all das Geben und all die Liebe. Ich bin dankbar zu leben und dankbar für den heutigen Tag. Ich bin dankbar für die Zeit mit J. und F., für die Wanderung auf „El Rucu Pichincha“ auf 4.696 Höhenmeter, für die sportliche Aktivität und die frische Luft, für die faszinierenden Ausblicke, für die Überwindung der Angst und das Verlassen meiner Komfortzone, für all die Begegnungen auf dem Weg und für die zahlreichen Hunde, für die Pferde und für die Lamas, für die Größe meines wahren Selbst und den Hafen, den ich verlassen habe. Ja, ich mag ein wenig verloren umhertreiben, doch ich behalte ihn den Kurs gen Morgen, ich behalte all das Vertrauen und den Glauben. In Gedanken erklettere ich den Chimborazo, breite meine Arme aus und schreie hinaus in diese Welt – seht her, ich lebe. Ja verdammt, ich lebe und es geht immer weiter, wir hängen alle eng verflochten miteinander zusammen, sind eins im Kern und dazu bestimmt das Zeitlose zu manifestieren.

Ein gestrandeter Außerirdischer – Samstag, 16. September 2023

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09:39 Uhr

Alles hat sich verändert. Gestern ging ich noch in all die Restaurants und warf mit dem Geld nur so um mich und jetzt sitze ich hier auf einer Steinstufe im Park mit einem Softdrink-Saft, habe vielleicht noch 10 Dollar im Geldbeutel, doch kann aus einem mir nicht ersichtlichen Grund kein Geld abheben. An drei unterschiedlichen Automaten versuchte ich es. Ich weiß nicht, was es ist, warum es nicht funktioniert. Ohnehin weiß ich nicht, warum bei mir so vieles fehlerbehaftet ist. Was mache oder denke ich falsch? Was stimmt nicht mit mir? Okay Julian, falle nicht schon wieder in diese Selbstmitleidsspirale hinein. Heute ist ein neuer Tag. Du bist aufgewacht mit allen Chancen und Möglichkeiten, es ist ein strahlend blauer Himmel und die

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Sonne scheint, du bist deines eigenen Glückes Schmied. Aus irgendeinem Grund fühle ich mich unwohl. Ich weiß nicht, was es ist. Ja, heute ist ein Tag wo ich weiter herausfinden darf, was das Leben tatsächlich bedeutet. Ich bin zufrieden. Mehr oder weniger. Irgendwo spielt die Musik. Wie viel Musik spielt da in meinem Inneren? Wo biege ich immer wieder vermeintlich falsch ab? Jetzt sitze ich hier in der Hauptstadt Ecuadors als vermeintlicher Tourist, als Gringo, als gestrandeter Außerirdischer und was mache ich aus meinem Leben? Welche Ziele und Vorstellungen habe ich, welche Wünsche und Sehnsüchte, welche Hoffnungen und welche Erwartungen? Was stelle ich an mit meiner kostbaren begrenzten Lebenszeit? Ich denke an Hamburg. Bin ich gescheitert? D. aus dem Hostel warf mir auch diese schönen und ermutigenden Blicke zu. Was begreife oder sehe ich nicht? Wo stehe ich mir selbst im Weg? Warum? Warum? Warum?

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Warum? Das Notizbuch neigt sich dem Ende zu, wir treiben alle verloren umher auf diesem Planeten, machen sich die Leute über mich lustig? Es wird oder ist der schwärzeste Tag meines Lebens. Fuck… Am liebsten würde ich mich jetzt in die Privatheit zurückziehen und den Rollladen herunterlassen. Schwärze überall, Schwärze in mir drin. Was zum Teufel mache ich falsch? Was mache ich aus meinem Leben? Welche unweigerlichen Tatsachen habe ich noch nicht erkannt? Irgendwo spielt sie die Musik – aber wo spielt die Musik in meinem Innen? Wo bin ich? Das Leben ist kein Konsum. Das Herz samt der Liebe kann nicht gekauft werden. Warum habe ich diese Reise unternommen, „Heal your Heart“ ein Witz, eine Utopie, ein Trugschluss und ein fataler Irrtum. Was stimmt nicht mit mir? Gott, wo bist du? Gott, wo bist du? Gott, wo bist du? Gott, wo bist du? Gott, wo

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bist du? Wenn ich den gesamten Tag hier sitzen und schreiben sollte, dann soll es so sein. Ich weiß nicht, was los ist. Ich fühle mich entblößt. Gerade möchte ich nicht zum Hostel zurück weil ich dann den Eindruck habe mich für irgendetwas rechtfertigen zu müssen. Fuck! All die Wut und Aggression wieder in mir drinnen. Wenn ich sie ganz zulassen würde, dann könnte ich diesen Füllfederhalter zerstören. Ich habe eine Sprachnachricht von Ma., ich möchte K. eine E-Mail schreiben und ich fühle mich von D. angezogen. Mit jedem Stopp verheddere ich mich weiter. Überall um mich herum das Leben, all die Kostbarkeiten und Schönheit, der Glanz und der Glamour, doch was ist da wo ich bin? Was spürt mein Spirit gerade? Was verbirgt sich unweigerlich vor mir? Ich begreife es nicht. Okay, die Realität ist, dass ich mich hier in Quito befinde, einen 1,84 Meter großen Körper habe, nicht unbedingt so schlecht aussehe, sportlich / athletisch bin und

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auf einer übergeordneten Ebene noch so viel zu lernen habe. Ich fühle mich so schlecht weil es mir nicht möglich ist Geld abzuheben. Soll ich es noch einmal versuchen? Stimmt die PIN-Nummer nicht? X-X-X-X, vier Ziffern, so schwierig kann es doch nicht sein. Julian, du kannst dich nicht immer in Gedanken in das geschützte Heim flüchten. Unweigerlich musst du dich mit der Realität konfrontieren. Nehme alles einfach so an wie es ist. Begreife, dass jeder Mensch seine eigenen Lebensthemen hat und es bestimmte karmische Situationen zu lösen gibt. Wenn du noch den gesamten Tag hier sitzt und schreibst, dann soll es so sein. Ja, dann muss es so sein. Die Sonne scheint immer und der Drang etwas Neues zu schaffen ist unweigerlich vorhanden. Fuck! Ist es eine andere Energie hier auf der südlichen Seite des Planeten? Okay, eine Option habe ich noch: gestern kaufte ich für 5 Dollar eine Kombi-Eintrittskarte für das Museo del Carmen Alto und das Mu-…

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seo Capitol.

12:49 Uhr

Heute wird mir von den Leuten unglaublich viel Liebe und Vertrauen entgegengebracht. Ich sitze unter einem orangefarbenen Sonnenschirm mit einem Americano im Schatten und bin zufrieden. Der vierte Versuch Geld abzuheben scheiterte, dann reduzierte ich den Betrag von 200 auf 100 Dollar und siehe da, es funktionierte. Im Prinzip hatte ich danach einzig im Kopf das Museo Capitol anzusteuern. Auf dem Hauptplatz zog es mich aufgrund der dort ausgestellten Postkarten jedoch in den Laden, ob es Briefmarken gebe fragte ich, nein, nicht in Ecuador, ich blickte mich um und fand zwei schöne Magnete für zuhause samt einer kleinen ledernen Geldbörse, ich unterhielt mich kurz mit dem Verkaufenden, eine illustre Dame kam hinein und wollte diverse Dinge wissen, ich ging wieder hinaus auf die Straße, ausgesprochen viele Menschen, Sonne, eine entspannte Stimmung, im Museum angekommen war ich erst ein wenig ernüchtert, da es recht langweilig war. Nach rund 30 Minuten im Patio des Erdgeschosses

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bekam ich Marmelade mit Joghurt zum Probieren angeboten (von einer gelben heimischen Frucht namens Uvilla). Ich unterhielt mich mit der Familie aus der Gegend um den Chimborazo-Nationalpark, erhielt von Gabriel die Empfehlung südlich von Cuenca Richtung Loja zu gehen, dort gäbe es eine Gegend mit sehr vielen Menschen über 100 Jahren. Südlich des Äquators dreht sich das Wasser andersherum, man ist dem Himmel ein Wenig näher, alles hat einen Sinn und die Zerrissenheit der Materie Welten entfernt. Ich ging weiter und unterhielt mich sehr lange mit einer Frau aus einem Dorf rund 45 Minuten nördlich von Quito, sie produzierte gemeinsam mit ihrer Familie und in der Gemeinschaft Schmuck aus Pferdehaaren. Nicht nur ist das Material ausgesprochen strapazierfähig, auch ist es frei von Plastik. Für recht viel Geld kaufte ich mir ein Lesezeichen, aber das ist es wert und bei ihr weiß ich, dass es gut investiert ist. Dort fühlte ich mich sehr wohl und geborgen. Das was man selbst denkt und in die

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Welt hinausträgt ist die Realität. Ja, es ist die Realität. Was wird weiter an diesem heutigen Tag geschehen? Es ist 13:09 Uhr – mein Tief des Vormittags wieder verschwunden. Was spüre ich? Ich denke an sie aus dem Hostel – verdammt Julian. Verdammt Julian. Vorhin auf der Straße fiel es mir wieder ein der Traum der vergangenen Nacht. Sie – die Brasilianerin – sagte mir, dass sie schwanger sei. Ich denke an sie. Warum? Warum? Ma. ist in Barcelona, K. in Fusa und D. in Quito. Julian ist in Quito. Mein Herz zerrissen. Mein Sein ein Mysterium. Verkehrte Welt südlich des Äquators. Du wirst oder du bist. Tränen fangen wieder an sich in meinen Augen zu bilden ob der Kostbarkeit und Begrenztheit des Lebens. Ja, man lebt nur einmal in diesem Tempel, doch das Bewusstsein, ja das ist zeitlos. Verdammt wo gehe ich hin und wie lange befinde ich mich dort, tanzen oder nicht, loslassen und abschalten, einfach sein oder nicht, die Materie jenseits von Raum und Zeit vergessen oder mich schlichtweg treiben lassen? Unzählige

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Möglichkeiten, unzählige Dinge, doch das Glück kann weder skaliert noch gekauft werden. Ich denke an meinen Vater und an das nächste Notizbuch. Ich denke an die neue Zeit und an all die Chancen. Ich denke an das Werden und an das Vergehen, an die Lust und das Vergessen. Ich denke an die Frauen und an die Liebe. Ich denke an den Frieden und an das Abenteuer, an die Summe der Dinge und an die Mondin. In mir dreht es sich, ich ziehe einem Wolf gleich durch die Welt, trage in mir all die Werte und Kostbarkeiten, all die Antworten und die Integrität. Ja, wo Julian D. Herzel draufsteht ist auch Julian D. Herzel drin, was macht sie aus La Esperanza heute, mein Herz schlägt schneller bei den Gedanken an sie. Ein wenig bin ich in der Ungewissheit, ob des Nachmittags / Abends wenn ich ins Hostel zurückkomme, wird sie dort sein, was werden wir machen, was wird geschehen, was wünsche ich mir und was ist mir wichtig? Unzählige Möglichkeiten, also einfach die Augen schlie-…

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ßen und mich treiben lassen, vertrauen und dem Universum danken für diesen neuen Tag. Ja, ich bin froh zu leben und all die Seiten mit Leben zu füllen. Jenseits von gut und böse gibt es immer das Lachen im Innen. Meine Welt ist ein Universum und ich serviere dir das kostbarste Ding meines Wesens. Wieder verschmelzen wir, wieder erstehen wir auf von den Toten, werden eins und sind im Angesicht einer neuen Zeit auf diesem blauen sich kontinuierlich drehenden Planeten namens Erde unter Milchstraße und co. Also alles halb so wild, lehne dich wieder zurück und genieße den Augenblick, atme tief ein und aus und mehre die Werte im Unsichtbaren. Denn wir alle träumen, wir alle sind in der Wahrscheinlichkeit jenseits dessen, dass die Sachverhalte richtig liegen.

20:22 Uhr

Heilt die Zeit alle Wunden, ich weiß es nicht – sind wir als Menschheit auf dem passenden Weg, ich weiß es nicht. Doch alles wird seinen Weg gehen, alles wird sich früher oder später fügen, wir befinden uns gemeinsam auf der Reise des Lebens…

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Keine Angst vor dem Unbekannten, keine Angst vor dem Morgen und der Zukunft, keine Angst vor dem Vertrauen, denn es wartet überall. Mein Herz es zerfließt in alle Richtungen, ich bin auf der Suche, ich trage dieses fühlende Kraftwerk in meiner Brust, ich bedarf der Liebe und immer noch ist da dieses unglaubliche Flackern, dass sie antreibt meine Traumfabrik. Ich bin glücklich und das was sich dort am Horizont abzeichnet ist das Wunder, wir tragen alle dazu bei,

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dass die Menschheit sich in die richtige Richtung entwickelt. Wir sind allesamt dafür verantwortlich, dass die wahren Werte im Einklang mit dem Wesentlichen sich befinden, wir bedürfen alle der Liebe und der Schönheit, des Glaubens und des Wunders. Einen jeden Tag erneut entflammt das Kostbarste in unserer Seele, einen jeden Tag erneut werden wir auf die Probe gestellt, dürfen uns das Eigentliche zu Genüge führen und schlichtweg sein. Denn im Angesicht des Todes relativiert sich alles, im Angesicht des Todes wird das größte Problem zu einer Nebensächlichkeit, denn im Angesicht des Todes würde ich dir noch und nöcher sagen, dass du das kostbarste Wesen auf diesem Planeten bist und all die Möglichkeiten in dir trägst. Denn so wie sich die Dinge fügen ist das Dasein deines Selbst das größte Wunder und der Mond scheint zu jeder Zeit dort wo du stehst. Ewiglich verbunden im Innersten, ewiglich auf Achse in den Gebeten und den Segnungen, in der Demut, in den Träumen,

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in den Handreichungen, im Sinn und im Sein. Dort vor dem Fenster mögen sich die schauderhaftesten Szenen abspielen, aber das ist die Realität. Die Realität ist immer sichtbar für die Funken in unserem Wesenskern. Das Licht ist unendlich. Der Moment ist dort wo wir atmen, wo wir fühlen, wo wir spüren, wo wir uns gewahr sind, dass wir die Schöpfenden unserer Realität sind. Ungeachtet der Tatsache, dass sich ein Teil der Menschheit im Jahr 2023 nach Christus befindet wird er kontinuierlich erneuert der Geist. Der Geist ist zeitlos, das Momentum dazu bestimmt die Sterne zu erobern und der Sinn der Dinge ist im Einklang mit der Materie. Meine Augen fallen beinahe zu um 20:38 Uhr, mein Sein hat einen Sinn und der Versuch die Tonalität des Universums zu beeinflussen ist das Erscheinen einer Treibkraft. Ja, wir sind alle miteinander verbunden. Sicherlich gibt es diesen Teil in mir, der sich die Frage stellt, was er denn für einen Humbug schreibt. Aber okay, China irgendwo im Morgen, das Sein das Kostbarste der Welt.

Perpetuum-Tag no. 757 – Freitag, 15. September 2023

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08:05 Uhr – Quito – Calle de las Tres Cruces

Ich sitze im Café / Restaurant als erster und damit auch einziger Gast. Ja, ich schreibe wieder. Ich spüre, wie alles in mir an die Oberfläche dringt und ich wieder in den Genuss des Schreibens komme. Gut Ding will Weile haben. Wenn ich mit 33 Jahren noch nicht meinen Bestseller geschrieben

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habe, dann wird das wohl seine Richtigkeit haben. Und möglicherweise habe ich ihn auch schon geschrieben nur er wurde noch nicht von der Öffentlichkeit anerkannt. Ich schreibe, ja ich schreibe wieder. Einzig die Tinte samt dem Füllfederhalter möchte mit dem Recycling-Papier nicht so optimal harmonieren. Ich denke an eine Kurzgeschichte von Zweig in einer Bar, da er eine Frau kennenlernt. Ohnehin, wie sehr tauchte ich bislang in das Nachtleben ein? Nicht sehr glaube ich, wobei die früheren Zeiten mich eines Besseren belehren sollten. Was schreibe ich? Auf dem Fußweg von der Unterkunft aus – ich ging dort in etwa um 07:03 Uhr los, es gab noch kein Frühstück und so folgte ich meiner inneren Stimme und dem Drang in das erste Lokal mit dem Schild „Desayuno“ zu gehen (ich glaube, dass es eine Panaderia war), aß dort einen Empanada con Queso (Dulce gab es leider nicht), trank einen frischgepressten Orangensaft und einen Americano (no. 1 des Tages) und aß mit der Müdigkeit in meinen Augen –

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ging mir alles durch den Kopf. Es hat etwas Schönes gemeinsam mit einer Hauptstadt die ersten Schritte auf einer Erkundungstour zu gehen, gemeinsam mit ihr wach zu werden und sich immer weiter anzuvertrauen, sie kennen- und auf tiefster Ebene lieben zu lernen. Americano no. 2 des Tages steht auf dem Tisch, ich denke an Los Angeles, Albuquerque, den Southwest Chief Train, an das Land of Enchantment und das Zia-Symbol, an Taos und den Zoff mit A., ich denke an die Wanderung in dem Nationalwald sowie die Begegnung mit Flor, an die Gallup-Lady und Gorman, ich denke an Mexiko-Stadt und das kleine Chaos am Flughafen um mit der Metro bei Dunkelheit und meinen zwei Rucksäcken gen Unterkunft zu fahren, ich denke an das Land in der Mitte Amerikas, an das wunderbare Essen, an J. und die Hündin Luna, ich denke an Totolapan und an den morgendlichen Blick auf den frisch gepuderten und dampfenden Popocatepetl, ich denke an die Blasen an meinen Händen und

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an die Fahrten im Minibus als einziger Tourist aka weißer Gringo, an die teils (vielleicht auch verständlichen) argwöhnischen Blicke der Einheimischen, ich denke an das Erschaffen der zwei Fahrbahnschwellen aus Beton im Zentrum und das vormittägliche kleinere Saufgelage, ich denke an all die Menschen, die mir dort begegneten und an den Aufenthalt bei der Familie von J. im Zentrum, ich denke an den Abend in der Pulqueria mit den Weggefährten auf begrenzte Zeit, an den Flug des Nachts gen Bogotá, an den Blick an sie samt der Familie die da winkend zum Abschied stand, an das Chaos der größeren Sorte am Flughafen aufgrund der fehlenden Buskarte, an den Tattootermin und die Muralführung von Ana, an „Der Junge mit dem Kometenschweif“ und die drei Aufstiege auf den Cerro de Monserrate, an das Nationalmuseum und das Erblicken meiner heißgeliebten „Remington Rand“, an das Schreiben im Café Pasaje und die Begegnung mit ihr,

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an die Fahrt zum Terminal del Salitre und den Fußmarsch an der Straße mit dem Gepäck über Müllberge und die letzten Überreste von Gras, an die Fahrt nach Fusa und das verlorene Umherstreunern auf der Suche nach einem Anschlussbus nach Cumaca, ich denke an Quinini und an all die Schmetterlinge, an J. und an Anis, an Kulum und an den Schicksalsstein, an die feminine Energie und an Mathi, an Sania und an Mia, an den Markt und an all die leuchtenden Augen, an die Schwitzhütte und die Kraft der gemeinschaftlichen Verbundenheit, an das wahre Erwachen in der Begegnung mit meiner Mondin, an das Baño Seco und das Kochen des wohltuenden nährenden Essens auf fast 2.000 Höhenmetern, an den Blick auf den Gipfel des Nevado del Tolima dort irgendwo in weiter Ferne, an den Abschied und den Jeep bis Nilo, an den kleinen schwarzen Hund und den 16-Jährigen, an die ältere Dame und den freundlichen Großvater, an den Fahrer und die Omi auf dem

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Mittelsitz mit der neongelben Mütze, an die Reise über Melgar bis nach Neiva, an das Hotel Panorama und an den morgendlichen Tinto mit Christian, an die abenteuerliche Fahrt über all die kurvigen Winkel bis nach Popayan, an das Abendessen in der weißen Stadt und an die Erscheinung von ihr, an das Suchen und an das Finden, an die Nachtfahrt auf der Panamericana und Pasto bei Nacht samt der Gedanken an sie, an Ipiales in der Kälte des Morgengrauens, an den Grenzübergang und an Tulcan, an die ersten Momente und Kilometer in Ecuador, an Ibarra und an den haarsträubenden Fußmarsch mit fettigen Haaren bis nach La Esperanza, an die Begegnung mit E. und die Erde der Hoffnung, an „Mi Isla Bonita“ und den Ausflug zu den sieben Wasserfällen, an die Arizona-Frau und die Venezuelanerin, an den ehemaligen Air Force-Mitarbeitenden und an Don Salomon, an das

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Bad und den Sprung von etwa drei Metern Höhe, an die Gottesanbeterin von guten 20 Zentimetern Größe, an das gemeinsame Ausklingen des Abends mit dem Bier, an die Indigena mit ihrem Sohn und den drei Hunden, an das Gefühl welches in mir hervorgerufen wurde wie ich bezeugte, wie die trockene Erde mit den Schritten im Winde in die Höhe flog, an das Essen und an den Abend in dem Wohnzimmerrestaurant, an die Colada de Moras mit den drei frisch hergestellten Empanadas, an die drei ausgesprochen sympathischen Soldaten und an sie – vermutlich die Tochter der Eigentümerin – an die ich einen Teil meines Herzens verlor, die ich jedoch nicht in Gänze verzaubern wollte, an den Aufstieg auf den Cerro Imbabura und meine erfrierenden Hände, an den Abstieg und den Fehltritt samt der Gedanken und dem damit verbundenen Gefühl, dass es das Ende meines Lebens hätte sein

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können, an „127 Hours“, „ALONE“, „Alaska“, „Ghostship“ und die sehnsuchtsvollen Blicke hinauf zu den Sternen, an all die Momente des Bangens und der Ungewissheit, an die Verzweiflung und an die Hoffnungslosigkeit, an die Fahrt nach Otavalo und die Weiterfahrt nach Pijal, an die Familie und meinen Compadre, an die Herzlichkeit und an die Gastfreundschaft, an Pascal und an die Großeltern, an den Kaffee aus dem Intag-Tal, an den morgendlichen Blick auf die Lagune San Pedro, an das gemeinsame Frühstück und meine Nöte, an den Ausblick und das Aufschieben von „Heal your Heart – El Diario“, an den schmerzlichen Abschied und die Ankunft auf der südlichen Hemisphäre unseres blauen Planeten, an Quito und an Amber, an die verzweifelten Versuche die Verbindung mit Ma. über die Distanz von ungefähr 9.000 Kilometern

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aufrechtzuhalten, an all meine Wünsche und Träume, Sehnsüchte und Hoffnungen. Julian, du denkst verdammt noch einmal zu viel nach. Aber bestrafe dich nicht dafür, akzeptiere es dankbar, nehme dich in den Arm und blicke liebevoll in den Spiegel, halte dich und vergebe dir für deine Negativität, bewahre dir all die Zuversicht im tiefsten Inneren deines Selbst und sei einfach. Americano no. 3 an diesem Tag steht auf dem Tisch und immer noch nicht habe ich Paul Nizon gelesen. Einzig eine Leseprobe – ich glaube aus „Der Nagel im Kopf“. Die Schweiz ist ausgesprochen weit entfernt, ich glaube, dass ich mich ungefähr am Mittelpunkt meiner Reise befinde. Ushuaia ist für mich immer noch surreal und ist es nicht ein wenig idiotisch, all die Kilometer auf den Straßen durch Peru, Bolivien, Chile und Argentinien auf mich nehmen zu wollen um dann irgendwie in Feuerland anzugelangen

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und nicht zu wissen, wie ich nach Los Angeles zurückkommen soll? Naja, behalte dir das Vertrauen, du bist ein Kind des Universums und „Ein Sohn der Sonne“, nein, Jack London bist du nicht und Moitessier samt Joshua sind vermutlich längst Geschichte. Es ist 09:09 Uhr, das Koffein dringt in mein Blut, wenn ich mit dieser Tasse fertig bin kippe ich mit 100-prozentiger Garantie um. Aber nein, bewahre dir das Vertrauen, sei einfach und davon ganz schön viel. Okay, was wartet da vor mir noch auf dem Weg zur südlichsten Stadt der Erde? Auf einen 5.000 Meter Berg gehen, Lima, Cusco, Aguascalientes, Machu Picchu, Puno, La Paz, Antofagasta und Santiago besichtigen, am Ufer des Rio Urubamba sitzen und schreiben, auf den Waynapicchu klettern, mich immer weiter dem Unbekannten anvertrauen, in Argentinien mit einer feurigen Dame tanzen und

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die Zeit anhalten, einfach leben und dem Glück die größten denkbar möglichen Blumensträuße überreichen, arbeiten und die Notizbücher no. 54 und 55 digitalisieren, „Heal your Heart – El Diario“ beenden und zum Abschluss des Jahres an Familie, Freunde und Bekannte mit Verweis auf die Internetseite versenden, B. in Peru sehen und die Salar de Uyuni entdecken, Überraschungsmomente en masse haben und vertrauen. Ja, vertrauen. Ich kann es nicht oft genug sagen, fühlen, denken, spüren oder schreiben. Vertrauen! VERTRAUEN! VERTRAUEN!!! Du kannst dieses Buch nicht erzwingen, du musst es sanft doch mit der notwendigen Seriosität aus dir herausspülen lassen. Ja, vertrauen darfst und musst du. Vertraue darauf, dass das Universum einzig das Beste für dich will, dass die Sonne einen jeden Morgen von Neuem auf- und des Abends wieder untergeht. Sollte ich mich statt des Schreibens nicht

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lieber um den Verlag kümmern? Gerade darf ich mich auf das Schreiben konzentrieren, alles Andere kommt zu seiner Zeit, bis dahin darf ich vertrauen. Wann hast du deinen letzten Absatz gemacht, was hättest du deinen Großvater aus Breslau noch gerne fragen wollen, was siehst du in der größten Dunkelheit, ist ein Americano no. 4 noch realistisch, was ist in 12 Stunden, wann wirst du sterben und wie viele Notizbücher wirst du dann gefüllt haben, wann wirst du das nächste Mal auf den Premiero Cumbre auf den Cerro Imbabura gehen und die Gastfamilie in Pijal samt deinem Compadre treffen? Wann wirst du deine Mutter das nächste Mal umarmen, ihr Blumen schenken und sie zum Essen einladen? Wann wirst du Ma. wiedersehen, wie wird es sein, wirst du mit ihr Sex haben, werdet ihr gemeinsam eine Fahrradtour durch Spanien unternehmen, wann bist du in Portugal und in Marokko,

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wann in Australien und wann in Nepal, wann in Indien und wann in Indonesien sein, was ist mit Algerien und mit Libyen, mit der Ukraine und mit Russland, was mit Wales und mit Schottland, was mit Norwegen und was mit Brasilien, was mit Venezuela und was mit Panama, was mit Tahiti und was mit Hiva Oa? Wann wirst du „Gabriel auferstanden“ beenden? Wie viele Seiten wird „Die Tinte Gottes“ eines Tages haben? Wo wird dein Grabstein aufzufinden sein oder wird deine Asche im Winde verweht und sich letztlich nicht mehr von jener von Einstein und Genossen unterscheiden lassen? Denke nicht nach, sei einfach in der Verbundenheit allen Seins, lasse los und vertraue dich bedingungslos dem Universum an. Dieser Freitag wird in die Geschichte der Menschheit eingehen. Wenn nicht für mich, dann für einen anderen Menschen in diesem Universum. Oder in einem anderen Universum. Was

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für ein Mensch war Carlos Ruiz Zafón? Wie viele Herzschläge wurden ihm geschenkt? Über was zum Teufel denke ich nach? Wie viele Gäste betraten bereits die Schwelle des Restaurants San Ignacio? Wie viele Americanos wurden hier verzehrt? Werde ich im Hause meiner Mutter bis zu meinem Tode ein klägliches Dasein im Schatten in der Dunkelheit führen? Was ist morgen? Bin ich noch ganz bei Sinnen? Wie viele Schneeflocken gibt es auf der Welt? Wie viel wiegt die Liebe? Wie viele Länder wird es auf dieser Erde im Jahre 7023 nach Christus geben? Schmeckt der frisch gepresste Orangensaft auf der nördlichen Hemisphäre anders als auf der südlichen? Wie viele Aufrufe wird https://www.perpetuumpublishings.com/ am Sonntag, den 15. September 2024 um 09:39 Uhr haben? MEZ? Wo werde ich mich dann befinden? Wie groß und

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ganz wird mein Herz dann sein? Fragen über Fragen über Fragen über Fragen. Doch wer nicht fragt, der bleibt dumm und wer möchte als Greis sich schließlich eingestehen, dass er seine kostbare und begrenzte Lebenszeit nicht darin investierte, der Beschaffenheit der Materie auf den Grund zu kommen? Hamburg ist Welten entfernt, welcher Mensch wäre ich heute, wenn ich die Schneeflocke an der Elbe umgarnt, verzaubert und gehalten hätte? Wie viele Kämpfe darf ich noch fechten? Warum zum Teufel schreibe ich wie ein Besessener in Quito? Gibt es Außerirdische?

17:17 Uhr

Ich befinde mich in einer kleinen Seitenstraße schräg gegenüber des Planetariums. Hier in einer Pizzeria frage ich mich, ob er wahr noch wird dieser Traum, Ushuaia zu erreichen. Tief in mir drin, ja da ist sie vorhanden diese Gewissheit, dass er wahr werden wird und auf einer anderen Ebene bereits in Er-…

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füllung gegangen ist. All diese Notizbücher auf dieser Reise – ja sie leben… Sie sind geschunden und abgenutzt, befanden sich in Flugzeugen und Bussen, im Rucksack noch und nöcher, in den unterschiedlichsten Betten und auf allen möglichen Tischen. Bin ich ein Mann von Welt? Was steckt da noch in der Tiefe meines Selbst, das darauf wartet entdeckt und erforscht zu werden? Verdammt viel… in der Pizzeria da ich sitze hängen unbekleidete Frauen an den Wänden jedoch nicht auf eine verruchte und schmutzige Art, sondern auf eine erotische künstlerische und ausgesprochen anziehende Art. Mit der Brasilianerin aus der Unterkunft verstehe ich mich ausgesprochen gut und ja, ich mag sie, ihre Existenz, ihr Wesen, ihre Tattoos, ihre Hautfarbe, all die winzigen Härchen, ihre gedrehten Haare, ihren Körper und ihr Vertrauen. Ja, tief in mir ziehen mich attraktive und selbstbewusste Frauen an. Ich kann nichts dagegen tun. Aber was ist morgen? Warum spendete ich nicht wirklich Zeit in Pubs und

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in Nachtclubs? Warum lebte ich nicht? Warum gibt es immer noch so viel was in der Zukunft darauf wartet erobert zu werden? Die Magie ist zum Greifen nah. Universum, was sprichst du zu mir? Woraus ist die Beschaffenheit der Materie? Die Liebe, ja sie zieht mich immer weiter auf dieser Reise namens Leben, das Sein ist die Zeitlosigkeit per se und ja Italien, pass auf, dass dir das Unvermeintliche nicht um die Ohren fliegt. Ich schließe die Augen und gemeinsam mit LED Zeppelin stehe ich auf irgendeiner Bühne auf diesem Planeten und wir hören „Smoke on the Water“ von Deep Purple. Ein Erdbeben, die Mondfinsternis, dort am Horizont der Vulkanausbruch und die Mode des Seins, das Unvermeintliche und der Sinn der Dinge. Ja Julian, jetzt sitzt du in Ecuador in der Mitte der Welt mit einer ein Liter Bierflasche auf dem Tisch und dein Ma-…

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gen, ja der schreit, der sehnt sich nach Liebe, der muss immer weiter Liebe produzieren, der muss loslassen und sein, abschalten und mit Lichtgeschwindigkeit immer weiter rennen bis nach Ushuaia. Aber was dann? Ja, was dann? Ja in Wahrheit, was dann? Verloren treibe ich durch Italien, schreibe über den Mailänder Dom und bin da wieder bei Laura aus Bogotá – aber was dann – ja, was dann? Wie lang ist die Panamericana und wie weit ist mein Weg bis zu dir? Verloren treiben wir alle beizeiten durch den ewiglichen Kosmos dieser Galaxie und lass es nicht zur Gewohnheit werden die Sorgen mit Raumschiffen gen Io zu schießen. Freitag ist es und wie viele mögen den Eindruck erwecken, dass sie alles unter Ko…

18:08 Uhr

ntrolle haben? Ich weiß es nicht. Mein Magen ist ausgesprochen gut gefüllt. Eine frische Pizza Vegetariana mit extra viel Käse samt 0,5

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Litern Bier schlummern darin. Aber ich werde mir bewusst, dass ich das Leben auch deutlich entspannter nehmen darf. All die guten Vorsätze, ich werfe sie über Bord meiner ureigensten Titanic um auf direktem Weg deutlich schneller Kurs zu dir aufnehmen zu können. All die Stromschnellen und Wellenberge wir überwinden sie gemeinsam, trauen uns immer weiter auf die Plattform des Lebens, ins unmittelbare Zentrum, in das wahre Geschehen. Blicke dich um, wie viele gibt es die ihre Wege gehen doch das Offensichtliche nicht sehen? Immer schneller renne ich auf dem Weg zu dir, wir finden uns und müssen uns eingestehen, dass die unmittelbare Existenz nicht dazu bestimmt ist dich glücklich zu machen. Abgase strömen ins Innen, der Sinn der Dinge verändert die Materie unweigerlich. Wie ehrlich bist du? Ja, wie ehrlich bist du zu dir, zum Kern des ewiglichen Seins und zu deinen Mitmenschen? Worauf lässt du dich ein, wenn du all

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das Gewohnte vergisst und dich treiben lässt? Lasse los und entspanne dich, sei und davon ganz schön viel, erinnere dich an die Seelen auf deinem Weg und dann frage dich, ob es das gewesen ist, was du hast erreichen wollen um die Zeitlosigkeit zu erlangen. Sei einfach schreit es wieder unglaublich laut das Universum, Julian, lasse dich treiben und fallen und eröffne all den Chancen da draußen die goldene Tür. Im Angesicht des Todes relativiert sich vieles also stell dich nicht so an, sondern erhebe dich um da von dem silbernen Thron aus dich in die Menge zu stürzen. Also was wartet da noch im Schatten deines Selbst, das dich immer wieder noch quält des Nachts? Wir könnten alle glücklich sein, also M., wo bist du? M., wo bist du? Der Alkohol steigt in meinen Kopf, was geschieht wohl auf der Insel Nordkorea? Dankbar bin ich, dass ich den ge-…

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pflasterten Weg da auf der Straße hinunter mit Blick auf die Laguna San Pero und den Imbabura in Pijal Bajo genießen durfte. Ja, jetzt könnte ich sterben und ich wäre glücklich. Ja, ich wäre glücklich. Ja, ich bin glücklich. Einkommensströme magst du noch und nöcher besitzen aber wenn es da tief in deinem Selbst dieses Feuer nicht gibt, das darauf wartet mit einer jeden Begegnung weiter zu entflammen, dann befindest du dich auf dem falschen Dampfer. Also schalte deinen Kopf auf Flugmodus, breite deine Arme aus und hebe ab, ziele nach dem Nordstern und sei die beste Version deines Selbst. Immer noch ist es da verankert dieses Bild jenseits des Sichtbaren, dass die Geschichte immer dann neu beginnt, wenn der Lauf der Dinge sich wandelt. Und so befinden wir uns allesamt auf der Reise. Ja, unweigerlich

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treiben wir weiter gen Morgen und nehmen das Schlagen unserer Herzen wahr. Heute hier und morgen da – Wanderer sag mir, wohin reist du und was sind deine schwärzesten Gedanken? Alles im Fluss, dass Wasser es strömt in die leeren Kelche und die Mitte des Stammes ist immer noch am schönsten. Ich erinnere mich zurück, ja, ich erinnere mich zurück. Und ich zittere, bebe, erschrecke, bin kalt und in Ohnmacht. Nein, ich möchte diese Bilder nicht sehen, nein, ich möchte nicht darüber sprechen. Ich halte inne und atme in meinen Bauch, spüre den Erdboden tief unter mir und bin das Wesen, das sich aus dem Urschlamm gewälzt hat. Ja, heute hier und morgen da. Ich ertappte mich dabei, die anderen Reisenden heute zu fragen, warum sie denn reisen. Ja, warum reisen sie? Ich blicke in den Spiegel und ich sehe die Fusa-Frau, die Dame an dem

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Stand da am Markt und denke mir, nehmen sie alle Drogen? Wer bin ich und wenn ja wie viele? In der Tiefe meines Selbst verloren, in der Tiefe des Abenteuers geboren, Atacama-Wüste, ich komme, Frau in der 599 roten Damenjacke in Genf, warum dieser Blick, Mr. Pumpkin, wo bist du nun, Iohan Guergueiev, warum das frühe Ende, Horizont, wie fühlt es sich an, die Sonne so oft bereits verschluckt zu haben, Mond, ich sehe deine Energie und tanze Salsa gemeinsam mit dir in den Myriaden von Raum-Zeit-Komplexen. Stalaktiten und Stalagmiten, ich setze die Brille auf und es fällt mir wie Schuppen von den Augen, bleibe einfach sitzen und es wird sich ergeben. Ja, es wird sich ergeben. Mein Traum ist wahr geworden, wir begegnen uns in fremden Gefilden und Asher Quinn gleich singe

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ich dir vor von all den Momenten der Schönheit, gemeinsam tauchten wir immer wieder ein in die geheimnisvolle Welt der nicht näher beschreibbaren Dinge. Flor, Sky, Amber und Sam, wo seid ihr? Hanna, Laura und Titaua, wie fühlt es sich an, wenn sich Hase und Fuchs gute Nacht gesagt haben? Dort sitzen sie auf den Stufen als seien sie Kinder, Reeperbahn, ich vermisse dich, Dreiländereck, warum, Symphonie no. 9 in der Rue Victor Hugo, Simplizität und Chimborazo, Südafrika und Nordkap, spinne ich oder warum dreht sich alles? Schenke mir diese letzte Umarmung und ich weiß, weswegen der Lichtkegel zu dieser Stunde weitaus heller scheint. Kometengleich bewegen wir uns allesamt in der Arena der Legendinnen und Legenden und bitte vergesse deinen goldenen Traum nicht,

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wenn du inmitten von Millionen auf der Suche bist. Dort der Berg, das Gebirge – ich, ja ich, das Urzeitkrebswesen zwischen Adam und Eva, sie da, die Materie verschmilzt und die Diversität hat letztlich erkannt, dass es unmöglich viele Arten gibt, das Licht inmitten der Milliarden zu teilen. Die Schmetterlinge fliegen wieder, der Verstärker ist aufgedreht und…

21:07 Uhr

Es ist Perpetuum-Tag no. 757, wieder fallen die Tränen aus meinen Augen, ich liege frisch geduscht im Bett, nächste Woche am Dienstag fahre ich in das Manduriacu-Tal und immer mehr wird mir bewusst, wie wenig ich die Schönheit der Menschen mein Leben lang sah. Alles um mich herum war selbstverständlich. Und nun Seele, was spricht zu mir, welche Schatten liegen da noch in deinen Tiefen verborgen, was hilfst du mir noch zu wachsen? Wo werde ich Silvester verbringen? Die Gebetskette aus Chimayo liegt vor mir, ich denke

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an M. und an meine Großeltern. Heute war wieder einer dieser Tage, da ich das Leben in voller Intensität spürte. Unweigerlich verändert das Reisen. Ja, ich brauche noch einen Untertitel für mein Buch „Heal your Heart – El Diario – Beyond reality!“. Es war ein ausgesprochen langer Tag, unzählige Begegnungen und immer stärker wird mir bewusst, welche Kraft der eigenen Seele in Wirklichkeit innewohnen kann, wenn man sich selbst ernst nimmt und respektiert, wenn man den Mut hat, das Gewohnte zu hinterfragen und die Realität mit einem neuen Blick erkennt. Ich bin zutiefst dankbar zu leben und zu sein. Ich bin zutiefst dankbar Gott gefunden zu haben und immer weiterzufliegen. Ja, die Kraft eines erwachten Fluges ist grenzenlos, die Tragweite eines einzigen Flügelschlages eines Schmetterlings kann alles verändern und wird alles verändern. Das Unmögliche ist kein Grund. Das Unmögliche ist Antrieb und Triebkraft, Inhalt und Botschaft, Sinn und Zunder für das Feuer da im Innen. Das

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Unmögliche ist die Träne auf deiner Wange, die vermeintliche Resignation im tiefsten Tief, das Netz im freien Fall, das Spiel der Täuschung und die Gewissheit, dass Alles aus einem wahren Grund geschieht, das Unmögliche ist die Kostbarkeit und der Höhenflug, der Moment der Verzweiflung da sich all das vermeintlich Gewohnte in Luft auflöst und du dich fragst warum. Doch die Gründe die sind tief, das Innen das Königreich Gottes und du bist in einem jedem Herzschlag der Schöpfende deiner eigenen Realität. Unzählige Hände pflanzen Samen jeden Tag, setzen sie in die frisch gepflügte Erde, glauben und tragen das Vertrauen, erwachen und berühren, finden sich und lassen los im wahren Gewahrsein, dass der Funke der Inspiration den Geist entzündet hat und alles verändert. Das Feuer brennt ewiglich – wieder sind wir diese zwei Funken am Nachthimmel in der Stille unter den Sternen, wieder die Eroberung eines neuen Momentes, wieder der Glaube und die unglaubliche Schönheit der göttlichen Existenz.

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Ein Schuss zerreißt die Stille, das Morgen kostbarer als Gold, das Paradies im Himmel, wir sehen uns wieder, ja, wir sehen uns wieder. Der Moment ein Zauber, deine Erscheinung der größte Traum, das Glück zum Greifen nah und die Sinnsuche transformiert, da du ihn trägst um deinen Hals den magischen Schlüssel, der alles verändert. Und wie viele wissen nicht und handeln falsch entgegen der Wahrheit, entgegen der Liebe, entgegen der Menschlichkeit heraus? Gott gab dir eine Chance, Gott gibt dir jeden Tag eine neue Chance, aber stets lässt er dich entscheiden, ob du sie annimmst oder die in ihr ruhende Kraft verstreichen lässt. Die Menschlichkeit siegt stets, es gibt keine Alternative. Auf deinem Weg magst du all die Steine überschreiten müssen aber exakt deswegen ist es dein Weg, ja, exakt deswegen ist es dein Weg. Es ist dein Weg. Gott lässt dich einen jeden Tag erneut erwachen und erkennen aber du, ja du hast es in der Hand,

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und du darfst entscheiden. Was machst du aus deinem Leben? Was fängst du an mit deiner kostbaren Zeit? Was befindet sich da gleißend hell im Morgen? Steht über unser aller Köpfe? Wieder schreibe ich 30 Dinge auf, für die ich heute dankbar bin:

  1. Für das Frühstück mit dem frisch gepressten Orangensaft, den Kaffee und den Empanada con Queso.
  2. Für den größeren Spaziergang durch das Zentrum von Quito.
  3. Für das Schreiben und das Digitalisieren von Notizbuch no. 54.
  4. Für die Verbindung zu Ma., K., O., E., K., M., Mat. und der Familie I.
  5. Für die Erinnerung auf dem Cemeterio de San Diego mit all den Kinder- und Erwachsenengräbern und somit das Mahnmal an die Endlichkeit des Lebens und die Erfordernis einem jedem Moment Bedeutung einzuhauchen.

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6. Für die Musik und meine Playlist.
7. Für den Besuch in der Pizzeria, für die Atmosphäre und das leckere Essen.
8. Für den Besuch in dem Café an der Calle Garcia Moreno, für die zwei Americanos und die Momente der Begegnung.
9. Für die Murals und die Fotografien.
10. Für die Gespräche mit D. aus Brasilien.
11. Für die Gespräche mit J. und S.
12. Für die Sonne und die Bewegung, für das Licht und den Glauben.
13. Für das Waschen der Wäsche.
14. Für das Kaufen der zwei Ananasstückchen und den Genuss beim Essen.
15. Für all meine Träume und vor mir liegenden Wünsche.
16. Für diese Reise.
17. Für „Perpetuum Publishings“.
18. Für „Heal your Heart – El Diario“.
19. Für diese Reise, die mein Leben verändert.

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20. Für all die Begegnungen auf meinem Weg, für das…

30 Dankbarkeitspunkte – Donnerstag, 14. September 2023

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15:18 Uhr

Wieder sitze ich mit Tränen im Bus.

17:11 Uhr

Quito hat mich, ein weiterer Abschied liegt hinter mir, ein weiteres Kapitel wartet hier bis Dienstag darauf geschrieben zu werden. Ich bin in der Hauptstadt und in einem ausgesprochen schönen Stadtviertel. Was die nächsten Tage bringen werden – ich weiß es nicht. Es hängt zu einem wesentlichen Teil von mir ab. Zumindest kann ich ein weiteres Mal aufschreiben, was ich mir wünsche…

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Ich lasse mich einfach treiben und vertraue darauf, dass die richtigen Dinge geschehen werden. Okay, was also wünsche ich mir?

  • Offen sein und dem Zufall vertrauen
  • Quito kennenlernen und mich treiben lassen.

20:47 Uhr

Ich liege im Hostelbett no. 17 und denke an Amber. Ich vermisse Ma. Vor mir habe ich eine Postkarte mit dem Imbabura stehen. Ich denke wieder an das Aufstehen zurück. Ja, es war ein sehr langer Tag. Gegen 06:00 Uhr stand ich auf, packte, duschte, wir gingen kurz vor 7 Uhr wieder die vier Minuten zu der Ferreteria den Berg hinauf, C. erwartete uns bereits mit F., es gab wieder Reis mit Rührei, ein leckeres Heißgetränk mit leicht gekochten Apfelscheiben, Wassermelonenstücke und heiße kleine Brötchen. Die Energie hatte sich sehr stark über die Nacht verändert, ich war sehr schwankend, leicht melancholisch, doch gleichzeitig wieder tief in mir aktiviert bezüglich der Abenteuerlust und der Gewissheit, weiterzureisen. Jetzt liege ich im Bett in Quito auf einer Höhe von rund 3.000 Metern. Morgen möchte ich auf den Gipfel des Rucu Pichincha

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gehen. Ich höre eine Sprachaufnahme von Neville Goddard mit dem Titel „Revelation“. Irgendwie denke ich seitdem ich in der Hauptstadt bin sehr stark an meine Finnlandreise in der ersten Jahreshälfte. Ohnehin erinnert mich Ecuador an den Spirit von Helsinki. Werden Kanada und Alaska ähnlich sein? Ich weiß, dass ich als Mensch, als Erwachsener, als Vater noch sehr viel lernen darf. Aber ich nehme ihn an diesen Prozess. Ja, ich nehme es an dieses Leben und all die Lehren, die darauf warten entschlüsselt zu werden. Also gehe ich meinen Weg. Also bin ich der Mensch der in vollem Bewusstsein auf die Welt kam. Ich notiere mir 30 Dinge, für die ich heute dankbar bin:

  1. Das Telefonat und die Verbindung mit K.
  2. Die (Sprach-)Nachrichten von Ma.
  3. Die Ankunft in Quito, der ecuadorianischen Hauptstadt
  4. Das Liegen in einem bequemen Bett an einem schönen Ort im Bezirk San Blas
  5. Für das Schreiben in Notizbuch no. 56
  6. Für das Überqueren des Äquators und das Erreichen der südlichen Hemisphäre auf dem Landweg
  7. Für die Zusage von A. für die Permakulturfarm im Manduriacu-Tal

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8. Für die Gastfreundschaft von F., C., W. und A. in Pijal
9. Für das leckere Essen und die Gesellschaft der Großeltern
10. Für Pascal den kleinen tollpatschigen Hund und die beiden großen treu-folgenden Hunde
11. Für das Warten auf der Panamericana und den Busfahrer sowie für seinen Kollegen, dass sie mich zum Terminal brachten
12. Für den Taxifahrer, der mich zuverlässig zum Hostel brachte
13. Für den Spaziergang durch die Nachbarschaft
14. Für all die Musik und diese Sprachaufnahme von Neville Goddard
15. Für Amber und ihre Kollegin im Restaurant / Café Atávico, für das Ambiente und das Glück
16. Für meine Internetseite und „Perpetuum Publishings“
17. Für die Ankunft im Revolution Hostel und das Begrüßen von S.
18. Für die Imbabura-Postkarte
19. Für meine Entscheidung, diese Reise zu unternehmen durch Lateinamerika
20. Für meinen Mut, die bezaubernde Frau im Café nach ihrem Namen zu fragen
21. Für meine Gesundheit und meine Liebe

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22. Für den Frieden in meinem Herzen
23. Für die Begegnung mit K. und J.
24. Für meine Kreativität und meinen Erfindungsreichtum
25. Für all die größeren und kleinen Momente des Lebens
26. Für „Perpetuum“-Tag no. 756
27. Für den kontinuierlichen Austausch mit dem Universum
28. Für die Energie, die durch mich im Universum strömt und die mir ermöglicht, das Unmögliche zu manifestieren
29. Für meinen Aufenthalt im Arche-Noah-Hostel in Bogotá
30. Für all die Menschen auf ihren Wegen, für die unscheinbaren Begegnungen und die Benachteiligten, die noch die in ihnen ruhenden Potentiale entfalten dürfen.

Ideenbrunnen – Mittwoch, 13. September 2023

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21:54 Uhr

Ich bin dankbar für den heutigen Tag. Ich bin dankbar für all das was mir in meinem Leben widerfährt. Ich bin dankbar für diese Reise. Ich bin dankbar für das Schreiben. Ich bin dankbar für „Perpetuum Publishings“. Ich bin dankbar für das Telefonat mit Ma. Ich bin dankbar für die Unterkunft bei F., C., W. und A. Ich bin dankbar für die Radreisen. Was wünsche ich mir?

  • Quito besuchen, Fahrradtour machen, Notizbuch no. 54 bis Seite 150 abschreiben, „Tengo mucho sueños“, Polarsteps-Radreisen eintragen, Kollaboration mit dem Blog, Onlineshop, loslassen und annehmen, mich erden und sein, lieben und vergeben, 5.000 Meter Berg besteigen, offen sein und alles annehmen was kommt.

La Esperanza – Sonntag, 10. September 2023

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14:16 Uhr – Otavalo / Pijal

Ich ging all die Schritte auf dem Weg, wand mich einem Wurm gleich und musste erkennen, dass mein altes Ich nicht mehr passend war. Ja, ich ging um anzukommen; ja, ich ging um auf dieser Erde weiter zu bleiben. Ich mochte mich vermeintlich immer weiter von mir entfremdet haben und das Leben eines Außerirdischen führen, all die Sterne vergeblich fallen sehen, doch tief in mir, ja da wusste ich, dass alles seinen Grund hatte, dass es keine Fehler auf dieser Ebene jenseits der bewussten Informationsaufnahme auf einer oberflächlichen Ebene gab. Ja, ich durfte mir gewahr werden, dass all die Momente der Zeitlosigkeit auf dieser Reise das Äquivalent von Leben bedeuteten.

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Sicherlich war es ein ausgesprochen schmerzhafter Prozess, sicherlich war ich weitaus mächtiger denn alles was ich mir je hätte erträumen lassen können. Sicherlich war ich nicht dazu bestimmt in der kleinsten Form der Unförmigkeit zu leben, sondern mich zu erheben und im Einklang mit all den Seelen zu tanzen. Sicherlich ging ich den Weg des geringsten Widerstandes unmittelbar in Richtung des größtmöglichen Wachstums zu einer jeden Stunde dazu bestimmt all die Fäden zu einen. Im Angesicht einer neuen Epoche vergegenwärtige ich mir stets, dass die Sorgen nichts als Schall und Rauch sind, dass wir alle Legendinnen und Legenden sind und es zwischen den Zeilen unendlich viele Interpretationsmöglichkeiten gibt. Ja, das ist das Leben und die Integrität der Existenz vermag es nicht die Bande zu sprengen. Wieder bin ich abgereist von „Refugio Terra Esperanza“, wieder flossen Tränen, ein weiteres Mal zerplatzte vermeintlich eine Blase der Illusion. Wieder ein Tag in Lateinamerika, der merkwürdiger nicht hätte sein könne in all seinen Facetten und Äußerungen. Wieder eine Reise ins

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Ungewisse, wieder unendlich viele Blicke der Liebe und des Leuchtens. Wieder eine Frau, die ich zurückließ, die dort in La Esperanza für das Wohl der Gemeinschaft, für den Frieden und für die Würde der Menschlichkeit sorgt. Wieder das Leben, wieder die Auferstehung, wieder der Wandel, wieder das zerbrochene Ich, das sich im tiefsten Ekel und in all dem Scham einfach vergab, das sich selbst annahm und umarmte. Ja, ich erkannte, dass ich mich selbst halten kann und darf, dass es wichtig ist, mich selbst zu halten und darauf zu vertrauen, dass sich früher oder später all die Dinge fügen werden. Inspiriere die Menschen, lebe, entfalte und befreie dich, tanze im Regen und sei dankbar für all das was dir widerfährt. Befreie deine Seele von allem was dich zurückhält, tauche hinab in diese Welt der unbegrenzten Möglichkeiten, sei einfach und davon ganz schön viel, traue dich das Unbekannte immer weiter zu transformieren, so dass es einen Teil deiner Realität darstellt. Wieder bilden sich Tränen in meinen Augen. Wieder werde ich mir gewahr, dass es verdammt schnell gehen kann, dass neben dir ein Kind sitzt und du denkst, dass

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alles nur ein Traum ist.

Perpetuum Publishings:

  • „Tengo mucho sueños“-Video erstellen
  • Aktualisierung #writeforio-Tabelle
  • Backup erstellen
  • Unterseiten Bücher
  • Spotify verbinden
  • Preise für Bücher und Onlineshop
  • „De Soñar y Crecer“.

20:53 Uhr

Ich liebe und wertschätze mich.
Ich respektiere mich.
Ich genüge.
Ich bin frei.
Ich bin dankbar für den heutigen Tag.
Ich umarme all das Unbekannte.
Ich befreie mich von meinen Ängsten.
Ich vertraue meiner inneren Stimme.
Ich bin ein großes und weites spirituelles Wesen.
Ich bin offen für all die Wunder und Schönheiten auf diesem Lebensweg.
Ich bin der Schöpfer meiner eigenen Realität.
Ich bin Innovation.
Ich bin das Licht und die Liebe.
Ich bin wertvoll.
Ich bin.

Zurück unter den Lebenden – Samstag, 09. September 2023

Seite 25

10:39 Uhr

Ich bin wieder zurück unter den Lebenden. In einem Moment dachte ich abzustürzen und zu sterben. Es war keine sonderlich schöne Situation. Jetzt kann ich sagen, dass ich auf über 4.500 Metern Höhe auf dem Gipfel des Imbabura war. Zwar auf dem Premiero Cumbre, aber spielt das eine Rolle? Es war anstrengend, aber so anstrengend dann doch auch wieder nicht. Jetzt sitze ich am Abstieg und habe noch etwa 7 oder 8 Kilometer Strecke abwärts bis nach La Esperanza vor mir. Wieder frage ich mich, was mir wichtig ist:

  • Mit Ma. und K. meine Verbindung verbessern, sie mehr und mehr lieben und die Intensität größer werden lassen.
  • „Vom Träumen und Wachsen“ mit Illustrationen versehen.

Seite 26

12:53 Uhr

Ich liege wieder im Bett, bin frisch geduscht und habe scheinbar in Summe eine ganz gute Zeit hingelegt. Aber um ehrlich zu sein bin ich auch verdammt fertig und ja, es war wieder so eine typische Julian-Aktion. Aber alles ist gut. Ich lebe und ich atme noch, mein Herz schlägt und meine Hände sind…

Ein Bad auf 3.820 Metern Höhe – Freitag, 08. September 2023

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06:35 Uhr

Die Kerze brennt und in der Tat bin ich froh, heute nicht auf den Imbabura zu gehen. Es braucht einfach alles seine Zeit. Ich brauche weiter meine Zeit um anzukommen. Der gestrige Tag war ewig lang gleich einer unendlichen Reise. Am Morgen gab es ein leckeres Frühstück – Pan Tostado mit Queso, Rührei, einen Tee und einen Tomate de Arbol-Saft / Smoothie. Wir nahmen den Bus ins Zentrum. Es ist schon ein Abenteuer für sich, dort stiegen wir in das Auto zu Roxy, Viki und Huan. Wir – das waren E. und ich. Zu fünft fuhren wir wieder ein Stück auf der Panamericana Richtung Norden und bogen dann Richtung links auf eine paradiesische Straße Richtung San Lorenzo ab. Vorbei an Salinas, Naranjito und Guadua, Guadual Isyon y Caamano, Carolina und Tumbez, Lita und bogen dann nach rechts ab um an den sieben Wasserfällen in eine andere Welt einzutauchen. Ja, ich nehme mich so an wie ich bin. Ich genüge. Ich bin frei und ich bin Licht. Ich bin Licht.

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Ich bin Licht. Ich bin Liebe. Ich bin Verbundenheit. Ich bin Wachstum. Ich bin Entfaltung. Ich bin Entwicklung. Ich bin Demut. Ich bin Würde. Wir wurden herzlich begrüßt und gingen dann los in die Natur unter der Führung von Don Salomon. Zwischen ewighohem Bambus, Guayana-Bäumen und dem kostbarsten Grün verbanden wir uns mit Mutter Erde. Das fließende Wasser hatte eine wahrlich meditative Wirkung, es dauerte auch nicht lange, bis die ersten ins Wasser sprangen. Die Temperatur war angenehm – nicht zu warum und nicht zu kalt – es war erholsam, die Gegenwart war omnipräsent. Auf der ehemaligen Zuglinie Ibarra – San Lorenzo liefen wir auf den Schienen, stiegen über Stufen und ließen uns fallen inmitten des Grüns. Irgendwie ertappe ich mich dabei, alles festhalten zu wollen und naja, vermutlich ist das ein Teil des Prozesses. Gerne würde ich mit einem anderen Menschen verschmelzen, mich einfach fallen lassen und sein. Ja, warum mache ich das nicht – was hält mich davon ab? Wohin flüchte ich mich mit meinen Träumen?

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Was bringt mir der heutige Tag? Wohin richte ich meine Aufmerksamkeit? Wie schnell gehe ich? Wo bleibe ich stehen? Was hält mich noch zurück mich so zu zeigen wie ich wirklich bin? Was bleibt mir aus gestern noch im Gedächtnis? Das Picknick mit den Sandwiches mit Avocado, Tomate, Käse und Kartoffel sowie die Bananenchips. Ja, es war ein genialer Tag. Ich wünsche mir, mehr und tiefere Beziehungen einzugehen mit all den Menschen auf meinem Weg. Ich wünsche mir mich einfach treiben zu lassen in Verbindung mit dem Universum. Ich bete für die Herzöffnung und für die Öffnung meines Bewusstseins. Was muss ich dafür machen? Durch welche Schmerzen muss ich noch gehen? Wie weit ist mein Weg? Was wünsche ich mir für die Zukunft? Reisen, Wandern, Fahrradfahren, Singen, Fühlen, Australien und die Kultur der Aborigenes kennenlernen, nach Indien reisen und mich in Asien treiben lassen. Immer weiter loslassen und meinen Pfad dem Universum übergeben. Einfach Glück und Liebe empfinden, meiner inneren Stimme vertrauen und entspannen. Ja, ich genüge so wie

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ich bin. Alles hat seinen Sinn. Ich genüge. Ich bin frei. Ich bin in Verbundenheit mit allem was mich umgibt. Ich lasse mich fallen in der grenzenlosen Freiheit des Seins. Ich schenke mir Vertrauen. Was wünsche ich mir für heute?

  • Hostel zur Mithilfe in Quito schreiben
  • F. schreiben
  • Mich einfach treiben und fallen lassen, sein und genießen
  • Mich innerlich auf den Aufstieg des Imbabura vorbereiten
  • Offen sein und mich mit den Leuten vernetzen.

10:56 Uhr

Ich befinde mich nun an der wunderschönen Laguna Cubilche. Der Wind ist recht intensiv, es ist eine Höhe von 3.600 Metern, die Sonne scheint, es hat ein paar Wolken am Himmel. Eine gute Stunde brauchte ich bis zum Gipfel, es war ein sehr schöner Weg. Jetzt würde ich mir wünschen mit einem anderen Menschen hier zu sein. Aber es braucht einfach seine Zeit und ich darf diesen Moment am schönsten Ort dieser Erde wahrlich genießen. Ich bin glücklich. Was empfinde ich gerade? Leichtigkeit, Freude, Segen.

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Ja, alles dauert seine Zeit. Von La Esperanza aus fuhr mich Ignatio ein Indigener. Es war eine schöne Fahrt und ich bin dankbar, dass er mich bis zum Eingang des Pfades fuhr. Dann ging ich einige Schritte, drei Hunde sprangen mir entgegen und nur wenig später saß eine Indigena mit ihrem Sohn am Wegesrand. Sie passten auf die Kühe auf, da es scheinbar schon des Öfteren vorkam, dass bewaffnete Menschen mit Lastwagen kommen um Kühe zu stehlen. Wir redeten bestimmt 20 oder 30 Minuten – es war schön, einfach von dem Moment getragen zu werden. Ohnehin spüre ich wie viel Ballast von mir hier abfällt. Wenn ich zwei Wünsche hätte, die an diesem Universum wahr werden, dann darf es so sein. Was also wären sie?

Wunsch no. 1: Ich trage bereits voll die Weisheit und das Vertrauen, die Liebe und den Frieden in mir.

Wunsch no. 2: Ich mache was mir wichtig ist, ich bin in Verbindung mit der Gemeinschaft, ich gebe und ich empfange, ich

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schütze und bewahre, ich liebe und ich werde geliebt. Ich muss niemandem etwas beweisen. So wie ich bin, so bin ich gut.

Die Grashalme wiegen sich im Wind, ich habe eine 50 Centavos Münze aus dem Jahr 1971 gefunden und ich frage mich, ob eines Tages im Jahr 2075 jemand eine Münze aus dem Jahr 2023 finden wird. Immer tiefer möchte ich mich fallen lassen, am liebsten einfach an diesem Ort bleiben und die Zeit anhalten. Gerne würde ich mich jetzt ausziehen und hier inmitten der Natur in Verbindung sein. Was bringt das Morgen? Ich weiß es nicht. Ja, ich weiß es wahrlich nicht, aber ich schicke unaufhaltsam Gebete hinaus in das Universum und ich weiß, dass ich auf dieser Welt gehalten werde. Ich genüge. Ich bin ein großes und weites spirituelles Wesen. Ich bin im Einklang mit meinem höchsten Selbst. Ich darf einfach sein und loslassen. Der Morgen war sehr schön, ich bin aufgewacht ohne eine wirkliche Richtung bezüglich

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des Tages zu haben.

14:00 Uhr

Ich war auf dem Cerro Cubliche auf 3.820 Höhenmetern und badete tatsächlich kurz in der Lagune. Wieder unten in der Stadt aß ich eine Suppe und ging wieder zurück in die Unterkunft. Jetzt sitze ich hier und weiß nicht genau, was weiter geschieht. Morgen möchte ich auf den Cerro Imbabura gehen.

Fuß fassen in Ecuador – Mittwoch, 06. September 2023

08:28 Uhr – Sitzplatz no. 18 in Tulcan – Ibarra

Ecuador, finally I did reach you. Vermutlich ist es Land no. 39 – aber spielt es eine Rolle? Meine Füße frieren, es muss 8 oder 9 Grad haben und ich bin recht erschöpft. Vor 24 Stunden fuhr ich in Neiva im Panorama-Hotel ab, ging zum Terminal, stieg in den Bus nach Popayan, kam dort gegen 18:00 Uhr an und entschied mich bis nach Ipiales weiterzufahren. Dort saß ich neben einem ehemaligen Fußballprofi doch dachte an K. Ja, ich glaube, dass sie mich verzaubert hat. Es kann gar nicht anders sein. Tränen kommen in meine Augen wie ich diese Zeilen schreibe. In La Esperanza habe ich mein Bett für zwei Nächte gebucht, werde duschen und

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mich ausruhen, Fuß fassen in Ecuador und mich sicherlich ein weiteres Mal verlieben. Sicherlich fragte mich Ma. nicht ohne Grund, ob ich mich immer so schnell verlieben würde. Vermutlich ist die Antwort ja. Aber es ist schwer all die Frauen dieser Welt zu lieben. Ich glaube, das nächste Mal werde ich ein wenig mehr Körperkontakt herstellen um ihnen zu zeigen, dass ich sie wertschätze und respektiere, dass ich sie anziehend und attraktiv finde. Ja, das ist das Leben. Wir fahren durch die wunderbare Landschaft, die Fernseher wurden aktiviert, es läuft ein Spielfilm mit wilden lebenden Dinosauriern. Gerade kam eine Aufnahme von Utah. Ich bin abgrundtief müde, sehne mich nach einem weichen Bett und im Idealfall nach einer Massage. Ich muss duschen und dringend auf die Toilette. So ein Reiseleben ist gar nicht so entspannt, wie man es vielleicht annehmen würde. Ich bin dankbar für die Taxifahrt von Huan am frühen Morgen bis zur Grenze, dafür, dass alles ausgesprochen schnell geklappt hat und

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ich ein weiteres Mal feststellen muss, dass die Informationen auf der Seite des Auswärtigen Amtes nicht so wirklich stimmen. Es sitzen also irgendwelche Menschen an Schreibtischen, die Halbwahrheiten verkaufen. Es ist wahrlich eine Tragödie. Da liegt sie wieder vor mir die offene Straße, das unbekannte Territorium, die Sehnsucht nach dem Abenteuer und der Wunsch nach Geborgenheit. Ja, wir sind alle enger als eng miteinander verflochten, drehen uns alle als Universen engelsgleich von 1:11 zu 2:22 zu 3:33 zu 4:44 zu 5:55.

Gegen 15:40 Uhr

In La Esperanza bei Ibarra sitze ich im Schneidersitz auf einer wunderbaren Holzbank mit einem geflochtenen farbigen Teppichpolster. Gegen Mittag bin ich mit meiner letzten Kraft angekommen, durfte mich unmittelbar im schönsten Bett der Welt (noch ohne eingecheckt zu haben) in einem 3-Bett-Zimmer alleine niederlassen und in ein Zwischenland abtauchen. Irgendwie dachte ich, dass ich unglaublich viel hier bereits geschrieben hätte. Vielleicht im Traum.

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Es gibt eine gar nicht so breite Straße direkt vor dem Haus, aber die großen Busse und LKWs rauschen mit einem ziemlichen Tempo vorbei. Immer wieder rauscht der Wind. Wir befinden uns hier auf rund 2.600 Höhenmetern. In der Ferne blickt man auf einen weißen Riesen der rund 5 oder 6 Tausend Meter hoch sein muss. Unmittelbar gibt es einen Berg Richtung Osten. Er ist 4.600 Meter hoch. Ich habe die vage Vorstellung, übermorgen den Aufstieg zu wagen. Ich weiß nicht, ob ich es schaffen werde, ich möchte es jedoch zumindest einmal ins Auge fassen. Immer noch habe ich kein nennenswertes Bargeld. Im Zentrum der weißen Stadt (Achtung Ähnlichkeit zu Popayan) befand ich mich an zwei unterschiedlichen Geldschaltern bei einer Bank, konnte jedoch nicht bis zur Auswahl des Geldbetrages vordringen. Vielleicht hätte ich stärker mich bemühen sollen. Gegenwärtig habe ich ein paar Cents in der Tasche. Dafür könnte ich nicht einmal ein Wasser kaufen. Es war schon peinlich, da ich unmittelbar am Ausstieg in Ecuador sehr dringend auf die Toilette musste. Um das Klopapier zu erhalten musste ich zahlen. Meine restlichen Pesos

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schienen dem Mann im mittleren Alter nicht so wirklich zufrieden zu stellen. Im Endeffekt erhielt er 2,7 Pesos, einen gar nicht so schlechten Betrag. Es war jedoch kein Dollar oder einheimisches Geld. Dann kam ich auf die glorreiche Idee, die Strecke von rund 9 Kilometern zur Unterkunft zu laufen. Auf der Karte sah es nicht sonderlich schwierig aus. Eine Gehzeit von 2,25 Stunden erschien mir machbar. Die Höhe, das Gewicht der Rucksäcke und die Sonne (sowie selbstverständlich der ausgesprochen kurze nicht wirklich erholsame Schlaf im Nachtbus) machten mir in Summe recht stark zu schaffen. Bis Kilometer 4 oder 5 ging es problemlos. Dann hob sich die Straße jedoch kontinuierlich nach oben. Bei jeder Kreuzung, bei jeder Ein- und Ausfahrt recht hohe Bordsteine – teilweise um die 30 Zentimeter hoch, die im Prinzip fast ausschließlich nach oben gingen. Diese Strecke erinnerte mich an den Eurovelo ab dem Abschnitt Mulhouse Richtung Westen ergo Landesinnere.

17:59 Uhr

Ich befinde mich wieder im Bett und merke, wie ich Ecuador mit Kolumbien vergleiche.

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Es ist nicht sonderlicht gut, aber es ist ein Prozess, der unbewusst in meinem Inneren abläuft. Ein wenig Kopfweh habe ich aufgrund der Höhe. Gegenwärtig habe ich kein Internet. WLAN finde ich nur eines, das Passwort was aushängt funktioniert jedoch nicht. Ich habe mir eine CLARO-SIM-Karte gekauft, die Kolumbien-SIM-Karte funktioniert hier leider nicht. Ich muss die Karte mit meinem Pass über eine E-Mail-Adresse aktivieren lassen. Dazu brauche ich Internet. Der erste Tag in diesem Land ist ein Wenig befremdlich. Ich spüre, dass die Menschen hier andere Probleme gegenwärtig haben. Die Stimmung wirkt nicht wirklich entspannt. Ich wünschte mir andere Reisende / Gleichgesinnte. Aber es ist nicht die Realität und ich weiß, dass diese Zeit wo ich wieder alleine bin den weiteren Weg bestimmt. Wieder habe ich die Wahl, ob ich mich näher auf meine Träume hinbewege, oder weiter von ihnen entferne. Aus irgendeinem Grund funktionieren die Apps inklusive der Übersetzungsapp nicht. Aber das ist ein Teil des Prozesses. Ich darf darauf vertrauen, dass alles seine Richtigkeit hat und das Universum mich aus einem bestimmten Grund hierhergeschickt hat. Ja,

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ich darf vertrauen. Gerne hätte ich jetzt mit K. oder Ma. Kontakt. Gerne würde ich mich jetzt mit dem Internet ablenken oder gezielt nach Informationen suchen. Es ist 18:11 Uhr und ich freue mich auf die Nacht. Morgen werden die Dinge ein kleines Wenig anders sein. Ja, morgen geht die Sonne hier über dem Baja Enchantement erneut auf. Ja, ich darf vertrauen, dass sich all die Dinge fügen. Glücklicherweise hat es hier zwei besondere Hunde und eine magisch-graue Pantherkatze. In einer knappen Stunde kommt E. zurück, dann werden wir reden und ich hoffe, dass ich noch etwas zu essen bekomme. Ja, ich darf weiter lernen mit den Spirits zu arbeiten. Ohnehin darf ich vertrauen. Ich bin dankbar hier zu sein. Ich bin dankbar, dass ich mich in Ecuador befinde. Ich bin dankbar, dass ich wieder Dollars in meinem Geldbeutel – ganze 197 Stück – habe. Es gibt mir Sicherheit und es erleichtert mir die Fortbewegung und all die anderen erforderlichen Dinge nicht unwesentlich. So oft wie auf dieser Reise ist mir Gott noch nie in meinem Leben begegnet. Ja, wir hängen alle miteinander zusammen und sind eng miteinander verbunden. Das ist das Leben.

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Una Aventura muy grande – Dienstag, 05. September 2023

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08:57 Uhr

Es sind die ersten Worte diesen Tages und ich frage mich, was die letzten sein werden. Die Nacht war zu heiß und ausgesprochen kurz – all die Nächte davor verbrachte ich bei rund 10 bis 15 Grad inmitten all der Naturgeräusche, jetzt war ich von dem Autolärm und dem Drehen des Venti-…

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lators in Anspruch genommen. Das Schreiben ist eine Sache des Glaubens. Das Gute ist, dass wir einen jeden Tag aufwachen und alle Möglichkeiten dieser Welt haben. Alleinig heute schon wachte ich auf, wurde an der Rezeption von Christian begrüßt, ging vorbei ins Zentrum etwa zwei bis drei Blöcke vorbei am Regierungsgebäude um Geld abzuheben, knirschte nicht hörbar wieder mit den Zähnen weil bei jedem Abhebevorgang von einer Maximalhöhe von 200.000 COP (bei einzelnen Banken gibt es die Möglichkeit zum Abheben von 220.000 COP) Gebühren der Bank in Höhe von rund 10 Prozent für die Nutzung des Automaten und Gebühren in Höhe von 4,90 Euro meiner Bank für die Nutzung der Kreditkarte im Ausland entstehen. Insgesamt habe ich bereits über eine Million COP abgehoben. Beim Gang von Quinini Richtung Cumaca vergangenen Samstag wurde mir bewusst, dass ich mit meinem Ersparten in Höhe von 5.700 Euro in Kolumbien ein Multimillionär bin. Schön also, dass ich diesen Punkt auf meiner virtuellen Bucket-Liste ab-…

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gehakt habe. Ja, gut Ding will Weile haben. Ich stelle mir die Frage, wo ich dieses Notizbuch fotografieren werde. Sicherlich wird es in Ecuador sein. Ich habe nach einer kurzen Internetrecherche recht viele Gedanken gehabt wie es wohl möglich sei bis nach Pasto zu gelangen. Ich habe auf der Nord-Süd-Achse Pitalito und Mocoa ins Auge gefasst gehabt, jedoch keine zufrieden stellenden Angebote erhalten. Also sammelte ich mich, nahm die beiden Rucksäcke und die Umhängetasche (drei Gepäckstücke), ging zum Auschecken zur Rezeption, wurde von Christian noch auf einen Tinto eingeladen und stieg in den Bus no. 22. zum Terminal de Transporte de Neiva ein, stieg dort wieder aus, ging unmittelbar zu der ersten Dame am Schalter mit einem grünen gepflegten und hochwertigen Oberteil und erhielt die frohe Nachricht, dass eine gute Stunde später um 09:40 Uhr ein Bus bis Popayan via La Plata fährt. Zwar zahlte ich vermutlich einen recht hohen Preis – 75.000 COP – dafür sitze ich jetzt auf Sitzplatz no. 2 in der ersten Reihe neben dem Fahrer und kann zudem in den Genuss kommen, beim

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VIP-Schalter einzuchecken. Oft habe ich in den Quinini-Bergen mit J.J. Yoga gemacht. In der Unterkunft habe ich mich seit ungefähr vier vier Wochen oberkörperfrei einzig mit Boxershorts bekleidet wieder im großen Badezimmerspiegel betrachtet. Ich habe einen extrem flachen Bauch – vermutlich wiege ich 60 Kilogramm oder sogar ein paar Gramm weniger – sehe allerdings sehr athletisch aus. So athletisch wie selten zuvor. Im Fernsehen läuft „La Vuelta“ aus Spanien, eventuell ist es ein Zeichen von Ma. stärker an sie und an ihr Heimatland zu denken. In meinem Kopf tauchen sie wieder auf die Fragen nach der Buchveröffentlichung, nach dem Verlag und nach all den erforderlichen Abstimmungsschritten die erforderlich sind, um mein Buch in Läden, Bibliotheken und im Internet finden zu können. Ja, es ist eine Herausforderung – aber dafür leben wir schließlich, um Herausforderungen anzunehmen, um zu wachsen und auf der spirituellen Ebene uns kontinuierlich weiterzuentwickeln. Gleicht ist es soweit. Der Bus nach Popayan wird losfahren. Entweder ich gehe heute noch weiter bis Pasto oder aber ich

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bleibe an der weißen Stadt mit den drei Kreuzen, mit Jesus an der Panamericana für eine Nacht. Ich habe keine Ahnung, vertraue jedoch einfach meiner Intuition und lasse mich treiben. Ja, im Leben hat man ohnehin keine andere Wahl als dem Schicksal zu vertrauen und einfach dem Treiben der Wellen sich zu übergeben. Ich weiß, dass ich mich im Regelfall in einer Beobachterposition befinde, aber mehr und mehr lerne ich das Spiel und all die damit verbundenen Regeln.

10:16 Uhr – Sitzplatz no. 1 im Minivan mit 980.784 Kilometern auf der Strecke zwischen Neiva und Popayan auf Höhe von keine Ahnung wo

Irgendwo steht Gnosis, ich schwitze und der kleine Rucksack drückt mir ziemlich auf mein rechtes Schienenbein. Aber das ist ein Teil des Reisens, ich bin eben nicht der All-Inklusive-Pauschaltourist, der mit dem schwarzen Samsonite-Schalenkoffer unterwegs ist. Unweigerlich musst du im Leben dem folgen, was dir wichtig und von Bedeutung ist. Es macht keinen Sinn andere Dinge zu versuchen da du unweigerlich darauf gestoßen werden wirst.

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Mit dem Schmetterlingsnotizbuch fühle ich mich wohl, es hat exakt die passende Größe um unterwegs mit einem Softcover-Heft zu schreiben. Ich kaufte es in dem kleinen Handwerkskunstladen in Tepoztlan. Ja, ich bin glücklich.

11:00 Uhr

Rechts von mir befindet sich der Rio Magdalena. Ich sitze wieder auf Platz no. 2 und habe dafür ungestörte Beinfreiheit. Ich glaube, dass wenn es mit „Perpetuum Publishings“ nichts wird, ich „Escape Colombia“ als Markenzeichen etablieren werde. Die USA sind ausgesprochen weit entfernt, ich komme immer mehr an in Kolumbien und in Lateinamerika. Ich lebe! Ja, sehr her, ich lebe. Die Musik sie spielt wieder und alles ergibt einen Sinn. Ich befinde mich im Zentrum des Geschehens. 33 Jahre alt ist exakt die perfekte Zahl um neben der Etablierung des Friedens im eigenen Herzen auch zur Erkenntnis zu gelangen. Was Ma. gerade wohl macht? An wen oder an was K. denkt? Was ist mit Gundis oder Ms. Pasto, was mit A. und was mit Sam, was mit der Hostesse mit den funkelnden Augen aus Hamburg, was mit der Schneeflocke und was mit der Schildkröte, was mit der Blume und

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was mit Skylar, was mit der Bedienung aus dem Pizzarestaurant aus Albuquerque, was mit der Südkoreanerin und was mit der Mexikanerin mit den arabischen Wurzeln, was mit der Japanerin aus dem Tal der Könige in Luxor und was mit Laura aus Bogotá, was mit ihr aus Cusco, was mit ihr aus Aguascalientes und was mit ihr aus dem Gipfel des Waynapicchu, was mit ihr aus dem Zug zwischen Lewes und Ditchling, was mit La Luna und was mit der Sonne? Viele Optionen und viele Sichtweisen, viel Sinn und Inhalt, viel Integrität und viel Schwingung. Ja, ich bin dankbar für diesen Tag und für mein Leben, für meine zwei Rucksäcke und den Tinto im Panorama-Hotel, für all die Liebe, die mich empfängt und für das Wetter. Für das Sein und das Glück, für die Gesamtheit des Universums und für all die gemeisterten Versuche. Ich bin dankbar für den Schein und den Drang, für die Freude und für das Leben. Ich bin dankbar für meine Familie und für den gelben Aufkleber im Hotel am Spiegel mit der Aufschrift: „Tu familia te espera!“. Wir stehen jetzt irgendwo auf der Strecke…

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Meine Wünsche für Ecuador:

  • Die nördliche Hemisphäre via Land zur südlichen Hemisphäre überschreiten
  • Einen 4.000 Meter-Berg besteigen – z.B. den Volcan Imbabura 4.609 Meter bei La Esperanza
  • Zu der Familie von O. – F. bei Otavalo gehen
  • Live-Musik anhören, tanzen und mich voll und ganz fallen lassen
  • Mindo besuchen und Wasserfälle, Flüsse und Schmetterlinge entdecken
  • In Quito „Cevichocho“ essen und im Hostel arbeiten
  • Baden und Mural malen
  • Selbst hergestellten Kaffee trinken und nach Europa mitbringen
  • Archäologische Stätte besichtigen
  • In die Nationalbibliothek gehen

16:30 Uhr

Mit Blick auf den Vulkan Puracé sitze ich mit einem Tinto, Pan Dulce und Queso im Magen wieder im Fahrzeug, es spielt „Te Amo“, durch die Fensterscheibe zieht die frische kalte Luft gepaart mit dem Dieselgeruch.

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Der Motor läuft und ich spüre die Klarheit in meinen Augen, mein Geist ist frei und mein Herz exakt am richtigen Fleck. Ich dachte auf der Fahrt oft an meine Familie in Deutschland und an die Ahnung nach dem Morgen. Gleichzeitig denke ich auch immer wieder an Asien. Aber wieder sage ich mir: „Julian, genieße einfach den gegenwärtigen Moment. Sei du selbst und lasse los. Die Dinge brauchen beizeiten Zeit.“ Die Sonne dringt durch die Wolkendecke und das Licht erleuchtet Seite 17. Die Tinte sie fließt wieder, das Schicksal hat seinen Lauf genommen und die Passagiere steigen Schritt für Schritt wieder zurück in das Fahrzeug. Auf was möchte ich in den nächsten Monaten und Tagen meine Aufmerksamkeit richten? K. fragen bezüglich einer Illustration für eine Kurzgeschichte, …

21:24 Uhr – Zwischen Popayan und Ipiales – Sitzplatz no. 18

Kurzfristig entschied ich mich doch dazu, die weiße Stadt nur für eine knappe Stunde zu betreten und in den weiteren Bus zu steigen. Was hätte ich auch tun sollen, wenn die erste Frau am

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Schalter sehr anziehend und liebenswert ist und der Bus gen Süden bis kurz vor die Grenze von Ecuador für einen wie ich finde guten Preis (50.000 COP) mir für rund 90 Minuten später anpreist? Ich denke an K., ich denke viel an K., sie schrieb mir eine verdammt lange schöne Nachricht mit kostbarem Inhalt, ich las sie in einem Filmcafé in der Mitte der weißen Stadt und antwortete ihr dann im Busterminal. Ich schwanke zwischen dem Aufklaffen von alten Wunden und der Intensität des Lebens. Ja, ich bin glücklich und wünsche mir sehr stark, noch weiter ins Fühlen zu kommen beziehungsweise im Fühlen zu sein und meinen Geist als Werkzeug zu nutzen. Ja, ich bin dankbar für den heutigen Tag, für das Aufwachen in Neiva, für den Tinto von Christian im Panoramahotel und das Gespräch mit ihm, für die Dame am Terminal und die Fahrt über die Berge, in der ersten Reihe, für die Begegnung mit Luke aus Australien und Natascha aus Bristol, für die Höhenluft und

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all die kostbaren Momente, für die Sprachnachricht von Ma. und die bezaubernde E-Mail von K., für das Herz von J. und die Erinnerung, das Gefühl an Quinini. Ich bin dankbar für all das Sein und das Leben, für die Verbundenheit…

El Faro en el Surf – Montag, 04. September 2023

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12:12 Uhr – Nilo

Seit drei Wochen bin ich wieder alleine auf der Reise und es kommt mir so vor, als sei ich vom Universum höchstpersönlich – ähnlich wie bei „Embraced by the Light“ an die Hand genommen worden zu sein. Ja, die kosmischen Grundgesetzte sind omnipräsent und du bist ein spirituelles Wesen mit einem freien Willen. Die einzige Antwort ist die Konfrontation mit deinem Wesenskern. Manchmal musst du mitten durch den Schmerz in die Tiefe gehen, mit dem dunkelsten Schwarz deines Selbst konfrontiert werden und erkennen, dass du auch nur ein Mensch bist. Vor einer Woche saß ich in Fusa mit Anis, wir trafen K. wieder und sie ließ mein Herz höher schlagen. Jetzt verknüpfe ich Fusa mit K. Sie ist ein sehr besonderer Mensch für mich, sie ermöglicht mir – meiner Seele – so zu sein wie ich bin. Ja, ich weiß, dass ich im Universum des Lebens auf dem blauen Planeten Erde noch viel lernen darf. Es geht nicht darum verbissen zu sein, es geht aber auch nicht darum zu lax umzugehen. Ich befinde mich hier in

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dem kleinen Café in Nilo am zentralen Platz an der Carrera 3 Calle 5 gerade exakt an dem Fleck auf dem roten Plastikstuhl, da ich mich befinden muss. Das Leben ist eine Reise. Heute habe ich ein Exemplar von „Of Dreams and Growth“ J.J. geschenkt. Er hat in der Hängematte mit Anis auf dem Schoß liegend die elf Titel der Kurzgeschichten vom Englischen ins Spanische übersetzt und vorgelesen:

The plant so smallLa planta tan pequeña
The starless skyEl Cielo sin Estrellas
The guardian of the universeEl Guardián del Universo
The lighthouse in the surfEl Faro en el Surf
The angel of station no. 7El Angel de la Estación No. 7
The commuter train to ColombiaEl tren de cercamías a Colombia
In another worldDesde otro mundo
The tree of infinityEl Árbol del Infinito
The light within darknessLa Luz en la Oscuridad
The wounded heartEl Corazón Herido
The labyrinth of stonesEl Laberinto de las Piedras

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12:36 Uhr – Nilo

Sicherlich ist da der Wunsch vorhanden tiefer in die Materie einzudringen. Aber alles zu seiner Zeit. Gut Ding will Weile haben. Überall wohin ich gehe, in jedem einzelnen Menschen sehe ich das Universum und die Wahrheit. Die Richtung besteht darin, auf dem Boden der Tatsachen das Leben mit allen Facetten anzunehmen und zu genießen.

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15:01 Uhr – Fernbus Melgar – Neiva – Sitzplatz no. 19

Das Universum sieht dich immer. Wieder sitze ich im Bus, nehme die Landschaft um mich herum wahr und habe alles und nichts durch den Kopf gehen. Wie fühle ich mich? Traurig ein wenig, da Quinini nun bereits soweit entfernt ist, da es wie eine einzige große Traumblase erschien. Gleichzeitig ist

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da diese Freude weiterzuziehen, mehr von Kolumbien und Südamerika kennenzulernen und einfach zu sein. Es geht weiter, es geht immer weiter, dass ist ein zentraler Bestandteil des Lebens. Ich habe wieder angefangen ein E-Book was sich bestimmt seit 5 oder 6 Jahren auf meinem Smartphone befindet weiterzulesen. „Ask and it is given“ lautet der Titel. Ich glaube, dass es für mich die Bibel darstellt. Ja, so muss es sein. In dem Buch ist ausgesprochen viel Wahrheit und Weisheit verpackt. Was erwartet mich in Neiva, was erwartet mich in Pasto oder in Ecuador, ich weiß es zum gegenwärtigen Zeitpunkt tatsächlich nicht und es wäre müßig mir Gedanken darüber zu ma-…

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chen, was dort wohl geschehen wird. Sicherlich, ein Stück weit habe ich es in der Hand, aber eben nicht ausschließlich und das ist vielleicht auch ganz gut so. Die Vorstellung, dass heute in Fusa wieder all die Marktstände stehen erscheint mir etwas abstrakt. Es ist nicht meine Realität. „Julian, wenn dir das Schreiben wichtig ist, dann konzentriere dich auf das Schreiben!“ Die Bücher, die Internetseite und die Videos, „Perpetuum Publishings“ nimmt langsam Form an. Ja, ich konzentriere mich voll und ganz auf das Schreiben. Das Schreiben ist Heilung und Erwachen, Loslösung und globaler Weckruf. Das Schreiben ist alternativlos. Das Schreiben ist mein Schlüssel zum Glück. Bewahre dir den Glauben und erwachse weiter. Wir befinden uns alle auf der Reise. Wir tragen alle unsere Narben. In all den Phasen, da die Warums am größten werden, da erwacht das volle Potential. Hier auf der Strecke – auf der Straße – wird mir bewusst, Julian, du musst nach Ushuaia. Ushuaia ist mehr als ein Traum. In Ushuaia wohnen Menschen. Ja, Ushuaia ist die Realität. Vermutlich werden die Leute dort auch Arme und Beine haben. Die paar tausend Kilometer lege ich wie im Flug zurück. Langsam taucht es wieder auf das Gefühl der Reise. Es ist

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die Freiheit, es ist die Ungewissheit, es ist die Sehnsucht, es ist das Leben. Lasse dich einen jeden Tag berühren von den Momenten, die dir widerfahren. Das Leben ist zu kostbar, um es nicht zu leben. Nutze diese Chance. Übernehme die Verantwortung. Sei du selbst. 2,75 Seiten verbleiben mir noch in diesem Notizbuch. Was würde ich schreiben, wenn ich nur noch 2,75 Tage zu leben hätte?

„Ziehe deine Schuhe an, öffne die Türe und trete hinaus voller Vertrauen in die Gemeinschaft der Menschen. Denke nicht nach, sondern mache was du in deinem tiefsten Inneren verspürst. Inspiriere und stecke die Anderen mit deinem Leuchten an. Wisse, dass du der einzige Mensch auf der Welt bist, der alles verändern kann. Du trägst den Schlüssel zum Glück um deinen Hals. Du bist die höchste Form der göttlichen Schöpfung. Du bist Licht, du bist Liebe, du bist der erwachte Schmetterling, du bist der Segen. Du bist der Glaube, du bist die Freude, du bist das Vertrauen, du bist das Warum. Nutze die Zeit, die dir noch verbleibt in diesem Leben und lasse los um dich zu befreien aus dem Gefängnis der Gedanken. Verändere deine Frequenz, so dass du auf der perfekten Wellenlänge schwingst.

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Erfreue dich an der Gewissheit nach deinem Leben in die Umtriebigkeit mit deinem Spirit zurückzukehren. Gebe und berühre, spreche aus was dir auf der Seele liegt, öffne deine Arme und ziehe sie wieder aus deine Schuhe. Berühre den Erdboden von deiner göttlichen Mutter, blicke erhobenen Hauptes in die gleißenden Sonnenstrahlen und empfinde all die Geschenke deine Weges im Schnelldurchlauf. Zwischen Engeln und Kolibris, Adlern und Schildkröten wirst du gelebt habe, Herzen geöffnet und Seelen beschwingt haben. Du hast gelebt mit allen Sinnen, du bist gegangen an all die Ecken und Flecken, nach denen es dich gesehnt hat. All deine Tränen der Heilung haben die Samen der Träume benetzt und zum Leben erweckt, du hast sie längst vollzogen die Metamorphose der Transformation und im Winde der Veränderung all die universellen Zwiegespräche geführt. Wie im Innen so im Außen bist du gereist, hast erweckt und aufgezeigt, warst beizeiten unangenehm, doch wusstest tief in dir drin stets, warum du machst was du machst. Milliarden von Schritten fandest du die Wahrheiten und Reichtümer zwischen dem Geist, dem Herzen, den Sternen und der Natur. Also öffne deine Augen noch

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ein letztes Mal. Atme tief ein und aus und tauche ein um zu sein in der Gesamtheit deines Seins. Ja, du bist dieser eine Funken im kosmischen Feuer des ewigen Kreislaufes, du bist das pure Leben und die Faszination per se, du bist der Ursprung und die Quelle, das Bewusstsein und der Frieden. Ja, du bist das Licht der ewiglichen Zeitlosigkeit, du bist die Überraschung und die Bewegung, der Tropfen samt der Welle, das Wesen jenseits aller Grenzen und Vorurteile. Du kamst auf diese Welt als Kind, weise Seele wusstest du stets, denn durch magische Fügungen hat sich stets das für dich passende Zeitfenster geöffnet. Also erhebe das Glas noch ein letztes Mal im Kreis deiner Familie und deiner Freunde, danke ihnen für das Glück und für die Gemeinschaft, für all das Leben und den kontinuierlichen Flow. Großer Spirit warst du, denn wo du auch standest es war gewiss, dass sich die Wunder durch deine Fingerspitzen ins Außen zogen um Werke der Zeitlosigkeit zu manifestieren.“ Zum zweiten Mal fahre ich diese Strecke nach Huila, viel wenn nicht sogar alles hat sich verändert. Aber tief in mir drin, ja ganz tief, da weiß ich, warum ich bin und warum ich schreibe.

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16:46 Uhr – Bei Castilla

Die Lebenszeit ist zu kostbar um sie verstreichen zu lassen und so ist nun no. 56 an der Reihe, alles ist in Bewegung, alles ist im Fluss, alles ist die Reise, alles ist das Leben.

Der Phönix aus der Asche – Sonntag, 03. September 2023

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06:31 Uhr

Es regnet in Strömen. Die Kälte zieht in den Schlafsack. Wenn ich an die möglichen Arbeitsthemen denke, fallen 100 Prozent aufgrund des gegenwärtigen Wetters raus. Es ist Sonntag. Wohin wird sie mich noch führen diese Reise? Morgen zumindest bis nach Neiva, das ist gewiss. Aber was danach geschehen wird steht noch in den Sternen geschrieben. Was sind sie wert all die Träume und Wünsche dieser Reise? Was ist der Drang nach dem Fernen und Unbekannten von Bedeutung? Wohin zieht es mich? Was wird geschehen? Gerade könnte ich die Decke über den Kopf ziehen und einfach nur liegen bleiben. Ich sollte endlich in Gänze damit aufhören mich in Selbstmitleid zu baden. Es hilft ja doch nichts. Also vertraue ich darauf, dass der Regen weniger werden wird / er wird bereits

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weniger, und die Sonne zum Vorschein kommt. Alles zu seiner Zeit sage ich mir. Alles zu seiner Zeit.

Gegen 18:00 Uhr

Es sind. Die letzten Stunden hier. Anis hält mich vom Schreiben ab. Ich habe ein flaues Gefühl im Magen.

21:35 Uhr

Entspanne dich, lasse los, öffne deine Flügel und ziehe hinauf zu den Sternen. Vertraue den göttlichen Fügungen und behalte all die Träume und Wünsche in deinem Herzen. Sei einfach und davon ganz schön viel, schüre die Glut deiner Seele, atme immer weiter tief ein und aus, glaube an dich, lass dich nicht verunsichern und schreibe alles von deiner Seele was dir auf dem Herzen brennt. Tauche hinab in die dunkelsten Gefilde in die Unterwelt um nur kurz darauf als Phönix aus der Asche zu steigen. Im Leben gibt es einzig Menschen. Ja, wir sind alle einzig Menschen. Vertraue darauf, dass dich dein Weg immer weiter erheben wird, doch verwurzle dich fest auf der Erde da du verankert bist. Nehme die Herausforderungen an und söhne dich mit deiner Vergangenheit aus, baue für deine Zukunft und übernehme die Verantwortung für die Gemeinschaft und dein Sein. Atme tief in deinen Körper, lasse dich fallen, erhebe deine Augen um als anderer Mensch wieder unter die Menschheit zu steigen, webe in all den Nächten am Netz der Weisheit, traue dich im Angesicht der Dämonen den Verzweifelten ihre Wahr-…

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heit wiederzuschenken. Übernehme die Verantwortung für die vermeintlich Benachteiligten, lasse sie die Straßen der Menschheit ebnen. Schwimme im Lebensfluss in all den ewigen Zyklen, gleite hinab in die Tiefe um mit den Schildkröten zu tauchen. Integriere die Gesamtheit der Göttlichkeit immer stärker in deinem Sein, werfe all den Ballast über Bord und bediene dich an den Stellen da die Sonne scheinen wird. Ich bin dankbar für den heutigen Tag. Ich gebe. Ich diene. Ich bin ein fester Bestandteil der Gemeinschaft. Ich entwickle mich mit einem jedem anderen Wesen Tag für Tag. Ich bin das Licht und die Liebe. Ich bin der Himmel und die Erde. Ich bin vorhanden in einem jedem Menschen. Ich bin das Universum, der Segen und der Friede. Ich bin die Antwort. Ich bin die Loslösung von dem vermeintlich Unvermeidbaren. Ich bin die Welle. Ich bin der Tropfen, der sich vom heißen Stein aus transformiert und der das Fass zum Überlaufen bringt. Ich bin die Regenwolke. Ich bin das Gewittergrollen. Ich bin der grelle Blitz. Ich bin die Metamorphose. Ich bin der Baustein. Ich bin das Fragment. Ich bin der Glaube. Ich bin die Liebe. Ich bin die Demut. Ich bin die Dankbarkeit. Ich bin das Schreiben. Ich bin die Annahme. Ich bin die Akzeptanz. Ich bin der Selbstwert. Ich bin die Wiederauferstehung. Ich bin das Wachstum. Ich bin das Leuchten. Ich

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bin reich. Ich bin rein. Ich bin im Zentrum meines Seins. Ich bin frei. Ich bin Friede. Ich genüge. Ich lasse los. Ich integriere all die Schatten. Ich vergebe mir. Ich nehme mich so an wie ich bin. Ich bin frei. Ich genüge. Ich bin geerdet. Ich höre auf die Stimme meines Herzens. Ich bin. Ich atme tief ein und aus.

Auf den Stufen vor der Kirche Unsere Frau von Belén – Samstag, 02. September 2023

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Zwischen 12:00 und 13:00 Uhr

Wir sitzen wieder zu dritt im Bus nach Fusa. Die Tarotkarte des Tages ist passenderweise „Lust“. Ja, ich werde K. wiedersehen und berühren. Ja, es wird nicht einfach werden aber dies ist schließlich das Leben. Nächste Woche Neiva, nächste Woche Ecuador. Was hält mich noch, wo bleibe ich letztlich zurück, wo führen sie hin die Stufen in die Ewigkeit? Wo erstrahlt es das Licht? Wo schwingt sie die Liebe? Wo bin ich und wo bist du? Wo sind wir vereint? Wo scheint das Licht? Wo singt das Universum? Wohin reist du und wenn ja, wie viel? Wie viel wagst du und wer wird diese verdammte Straße bald sanieren? All die Schlaglöcher machen mich verrückt, all das Ruckeln das Schreiben unmöglich.

21:33 Uhr

Wir drei sind wieder zurück. Die Kerze brennt, Anis hängt über dem Futternapf und das Wasser wartet da-…

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rauf zu kochen. Es war sehr schön K. wiederzusehen. Ich fühle mich wohl in ihrer Atmosphäre. Gleichzeitig habe ich gespürt, wie sehr ich immer noch klammere. Ich lasse sie nicht so sein, sondern ich stülpe ihr irgendetwas über. Es hat gut getan, die rund 90 Minuten zu Fuß durch die Dunkelheit wieder den Berg hinaufzugehen. Es tut gut, wieder hier am Tisch in der Natur mit Anis auf dem Schoß zu sitzen. Ja, ich komme immer weiter auf der Erde und in mir selbst an. Aber es braucht halt alles seine Zeit. Ich glaube, Anis ist sehr froh, wieder hier zu sein. Ich bin sehr froh wieder hier zu sein. Ob K. an mich denkt? Ich steckte ihr zum Abschied noch ein Buch von mir auf deutsch zu. Ob sie es lesen wird, ich weiß es nicht. Was ich aber weiß ist, dass Gott in Lateinamerika so präsent ist, dass all die Seelen hier ausgesprochen stark sind und das Leben nicht automatisch positiv sein muss. Sicherlich sollte es nicht ausschließlich negativ sein, aber eben auch nicht nur positiv. Es ist ein Gleichgewicht, ein Auf und Ab, ein kontinuierlicher Wandel. Vorhin in Fusa im Park unter dem Baum mit den roten Blüten und K., J.J. und Anis an der Seite, da hatte ich diese Erkenntnis wieder, dass wir alle „nur“ diese Erfahrung namens Leben machen. Es ist müßig alles drehen und wenden zu

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wollen. Ich bin froh, am Montag weiterzuziehen. Ich habe die Erfahrungen alle in meiner Seele abgespeichert. Ich befinde mich auf der Reise, ich bin auf dem Weg und ich gehe meine Schritte. Ich habe wieder Geld, meine Energie hat sich verändert und es geht weiter. Wir bestreiten alle unsere Wege, wir hängen alle zusammen in diesem Leben, wir haben alle unsere eigenen Berge zu besteigen, erleiden Verluste, werden enttäuscht und verlieren Tränen beim Zurücklegen unserer Schritte. Und gleichzeitig dreht sich dieser 510 Millionen Quadratkilometer große blaue Planet Mutter Erde kontinuierlich im Universum. Mal sind wir oben und mal stehen wir Kopf, mal sind wir erfüllt und mal ganz leer. Mal ruht sich unsere Seele aus und braucht verdammt viel Schlaf und mal haben wir vor all dem Geschehen im Außen ausgesprochen wenig Raum für unser eigenes Selbst. Aber ja, das ist das Leben, das ist das Sein, das ist unsere Berufung und das ist unser Licht. Ich sitze hier alleine mit Anis auf dem Schoß, die Kerze im Bambusgefäß (freilich selbstgemacht) brennt und Tränen steigen wieder in meine Augen. Ich freue mich auf Ecuador, auf Peru und auf Bolivien, auf all die Begegnungen, die im Morgen noch auf mich warten und auf all die Sonnenaufgänge in diesen folgenden Dekaden. Ich spüre und ich weiß, dass

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ich mich noch verdammt stark verändern muss und gleichzeitig darf. Aber das ist die Reise. Das ist das Leben. Ist mein Herz nun zufriedener?

22:29 Uhr

Endlich liege ich im Bett, es war ein Tag gleich einem Universum. Verdammt, ich werde Fusa vermissen. All die leuchtenden Augen. Mauritze von dem Gemüseverkaufsstand, all die Geschichten an den Ecken und an den Türen, in den Läden und in den Gängen. Ich bin von Herzen dankbar, dass ich diese Erfahrung machen durfte. Ja, ich bin nicht perfekt, ich habe noch einen ausgesprochen weiten Weg vor mir, aber das ist das Universum. Ich bin dankbar für meine Gesundheit. Ich bin dankbar für das Schreiben. Ich bin dankbar für „Perpetuum Publishings“. Ich bin dankbar für Ma. Ich bin dankbar für K. Ich bin dankbar für J. Ich bin dankbar für Anis. Ich bin dankbar für die Busfahrten. Ich bin dankbar für das Essen. Ich bin dankbar für die Straßenhunde. Ich bin dankbar für mein Solarlicht. Ich bin dankbar für die 54 Notizbücher. Ich bin dankbar für die kolumbianische Gastfreundschaft. Ich bin dankbar für den Moment mit K., J.J. und Anis auf den Stufen vor der Kirche Unsere Frau von Belén mit Blick auf all das Leben des Plaza Mayor, auf die spielenden Kinder und die Jugendlichen auf den Motorrädern, auf die verliebten Paare und die Fußbälle, auf die älteren Menschen und die fliegenden Tauben. Ja, ich bin dankbar für dieses Leben. Ich bin dankbar für mein Sein. Ich bin dankbar

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für all die Liebe, die durch meine Seele fließt. Ich bin dankbar für meine Emotionen und Gefühle. Ich bin dankbar für all die Synchronizitäten und universellen Wirkungszusammenhänge. Ich bin dankbar für Kulum. Ich bin dankbar für meinen Großvater. Ich bin dankbar für die Musik. Ich bin dankbar für dieses Bett. Ich bin dankbar für diese Achterbahnfahrt meiner vergangenen 32,5 Lebensjahre. Ich bin dankbar für all die Momente der Zeitlosigkeit. Ich bin dankbar für all die Wesen. Ich bin dankbar für die Geister, die einst Fusa und all die Gemeinden erschufen. Ich bin dankbar für all die südamerikanischen Länder. Ich bin alles in allem zutiefst dankbar.

Avuelo Kulum – Freitag, 01. September 2023

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15:05 Uhr

Die Zeit heilt alle Wunden, selbstverständlich befinde ich mich noch hier (wie kann es auch anders sein?). Ja, ich versinke tief im Zentrum meines Wesenskerns, ja, ich bin ich. Das Baño seco ist weitestgehend fertiggestellt, doch wie J. es sagte gibt es unendlich viel Arbeit. Die Nacht war intensiv und erholsam, am Morgen

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bei der Dusche war ich immer noch ungewiss ob des Gehens oder Bleibens. Aber wenn du dich wohl fühlst an einem Ort, wenn du dich erholen kannst, wenn du die Natur in dich aufsaugst und dich frisch verliebt hast, was gibt es dann noch, was dich weiterziehen lässt? Sicherlich habe ich „Der Alchemist“ von Paulo Coelho gelesen, ja, ich bin Santiago und ja, ich habe meine Traufrau gefunden. Oft schon zog ich los und weiter, aber ich spüre, dass ich nicht auf der Suche nach den Orten war, sondern auf der Suche nach dem Menschen. Und ja ich wünschte, dass es anders wäre – zumindest zu einem gewissen Teil. Aber gleichzeitig spüre ich, dass es mir ausgesprochen gut tut angekommen zu sein. Hier bin ich ich, hier darf ich einfach sein, hier kann ich loslassen und in der Natur sitzen so lange ich will. Sicherlich gibt es Rechte und Pflichten, sicherlich gibt es den Alltag. Aber nicht ohne Grund bin ich hier gestrandet, nicht ohne Grund tut es mir gut ein Stückchen weiter von allem entfernt zu sein. Ich bin dankbar für mein Leben. Ja, alles ist gut so wie es ist. Alles geht seinen Gang. Ich weiß, dass ich in Verbindung mit dem Universum stehe und kontinuierlich Zwiegespräche halte. Ich weiß, dass ich mich verliebt habe. Ich weiß, dass ich ganz tief in mir drinnen noch ein Kind bin. Ich weiß, dass manche

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Dinge ausgesprochen viel Zeit brauchen und andere wiederum verdammt schnell im Hauch von Sekunden sich vollziehen können. Ja, ich bin dankbar für dieses wundersame Leben und für all die Abenteuer, die sich einen jeden Tag erneut ergeben. Ich schließe meine Augen und breite meine Flügel aus und nehme anlauf. Wieder habe ich den Mut gefunden und zu springen, jetzt befinde ich mich wieder auf meinem Flug zu den Sternen, wundersame Gezeiten mit einem Funkeln in den Augen. Ich lasse los und ich nehme die Dinge so an wie sie sind. Ja, ich bin dankbar für mein Leben und für jede einzelne Sekunde. Der Glaube, der befindet sich im Zentrum meiner Seele und was ich erschaffe, das steht auf festem Grund. Es geht weiter, immer weiter. Nichts ist selbstverständlich, außer dass die Sonne einen jeden Tag von Neuem aufgeht. Wieder schreibe ich, wieder fließt sie die Tinte, wieder geht es auf zu neuen Ufern und Momenten, wieder meine zwei Rucksäcke packen und weiterziehen, wieder innehalten und von Herzen danke, wieder meine Flaschenpost mit meinen sieben Sehnsuchtspunkten verschließen und in den Pazifik werfen. Wieder glauben und beten, wieder spüren und segnen, wieder erschaffen und erlösen, sein und schlichweg mein eigenes Naturell annehmen. Ich bin so wie ich bin und das nicht ohne Grund, du bist

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so wie du bist und das nicht ohne Grund, wir befinden uns als Menschheit an dem Punkt, da wir uns befinden müssen und das nicht ohne Grund. Nenne mir ein Problem und ich nenne dir die Ursache, spreche aus, was dir am meisten Qualen bereitet und du wirst von all dem Leid und Schmerzen erlöst. Sei einfach der Mensch, der du in deinem tiefsten Inneren bist und denke nicht darüber nach, was sein könnte oder was gewesen wäre wenn. Akzeptiere „schlichtweg“ voll und ganz den Status Quo, sei einfach und ermächtige dich selbst all deinen Träumen Leben einzuhauchen. Atme die frische Luft immer wieder tief ein, benetze deine Haut mit dem kalten klaren Wasser, spüre den weichen Erdboden unter deinen Füßen und blicke hinauf zum Himmel. Sei einfach und davon ganz schön viel, erlaube anderen Wesen in deinem Umfeld in Gänze zu erstrahlen und kleide dich im ureigenen Gewand. Bete so oft es nur geht und bade im Licht der Erkenntnis, lasse andere Menschen an deiner Liebe teilhaben, gehe und schenke, verzeihe und drücke ein Auge zu wenn es sein muss. Sei einfach ein Mensch, unkompliziert und entspannt, heile und wachse, entwickle und entfalte dich, sei und sei so oft du kannst. Verschwende all dein Geld um am Ende zu erkennen, dass es dich nicht glücklich macht, habe den Mut dieses One-Way-Ticket nach Hiva Oa zu buchen und tauche ab im Ozean um auf dem Meeresboden neben

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all den Schildkröten und Walen deine persönliche Schatzkiste mit den Golddukaten zu finden.

18:07 Uhr

Da ist sie wieder die Ferne, der Gipfel des Nevado del Tolima, der sehnsuchtsvolle Himmel, das Schlagen im Innen samt dem Wunsch mit Allem zu verschmelzen und den Zustand des Eins-Seins zu erlangen. Gleichwohl spüre ich, dass es noch ein wenig Zeit bedarf, um diesen Zustand zu erlangen. Bis dahin genieße ich die Zeit und freunde mich mit dem Bild des blauen Papageien an, das ich in der Nacht vor der Schwitzhütte im Traum erhielt. Ja, wir mögen alle unsere Sorgen und Nöte haben, aber gemeinsam sind wir stark. Gemeinsam gehen wir unsere Wege und sind wir uns gewahr, dass die Geschichten die wir uns an den langen Abenden am Lagerfeuer im Kreis erzählten bereits wahr geworden sind. Ja, für uns alle sind es Zeiten der Veränderung, neue Ausblicke und andere Einsichten. Unweigerlich bewegen wir uns gen Morgen, werden getragen von unsichtbaren Kräften und verbinden uns mit allen Momenten, die Ewigkeit verkörpern. Wann sind wir wahrlich angekommen und was bedarf es letztlich um dieses Ziel zu erreichen? Sicherlich gehört dazu die Gewissheit in der Arbeit Erfüllung und Sinn gefunden zu haben, das Pulsieren des Herzens zu

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spüren und dem inneren Drang des berührt zu sein zu folgen. Denn wir bewegen uns alle auf das Morgen zu. Manche benötigen ihn eben diesen Traum oder diese Wahrheit ihrer eigenen Südseeinsel. Andere wiederum fliegen mit beiden Beinen fest auf der Erde stehend zum Himmel. Ja, mein Herz ist zerbrochen, Ma. ist aus irgendeinem Grund so weit entfernt, sie hat in mir nicht exakt das bewirkt, was K. bewirkt hat. Ja, es ist ein Rätsel und der Sinn der Dinge liegt darin begründet, dass wir den Mut haben müssen, um weit jenseits dessen zu leben da wir meinen uns zu befinden. Und ich weiß, dass ich hier gefunden habe, was andere an einem Sandstrand unter dem Sonnenschirm im Urlaub an den Wellenwogen finden. Ich weiß, dass ich nicht ohne Grund in Amerika bin und diese Verbindung gen Europa immer noch in Takt ist. Ja, ich bin dankbar, dass sich die Wogen des Ozeans glätten und die Routine das Abenteuer in den Arm genommen hat.

18:25 Uhr

Ja, ich weiß, dass er laut sein kann der Ruf des Abenteuers. Verdammt laut sogar. Aber ich weiß auch, dass in ihm unglaublich viel Kraft ruht, dass er hält und auffängt. Sehr stark wünsche ich mir gerade in ihren Armen zu liegen und mich einfach fallen zu

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lassen, mich in ihrem Schoß wohlzufühlen und ihren warmen Atem auf meiner Haut zu spüren. Ich sehne mich nach ihr und ich weiß, dass die Momente des emotionalen Geizes vorbei sind, da dieses Mysterium namens Leben eine unglaubliche Kraft verkörpert.

22:21 Uhr

Ich liege im Bett, höre „Wherever You Lead“ von Dan Musselman, habe juckende Beine und trage den Pullover aus Kolumbien oder Ecuador. Ja, ich bin traurig. Ich bin traurig, weil ich begreife, dass Ma. in meinem Innen gerade ganz weit entfernt ist, K. aus irgendwelchen Gründen vermeintlich verdammt schnell ihren Platz eingenommen hat und ich mir bewusst werde, wie viele Schmerzen ich Ma. eventuell zufüge. Ich weiß es nicht und ich spüre, dass da noch ausgesprochen viel Heilung in mir notwendig ist. Irgendwie verkörpert K. sehr viel für mich, sie ist lebendig und natürlich, ihr konnte ich aus meiner Leidenschaft schreiben. Ja, möglicherweise ist es eine Illusion. Aber ich glaube. Glaube ich wahrlich? Ja, ich glaube! Ja! ICH GLAUBE! Ich muss glauben, sonst würde ich jetzt nicht hier liegen, atmen, mir immer noch Fragen stellen und sein. Ja, ich glaube! Ich darf glauben, sonst hätte ich den Krebs nicht bezwungen, sonst hätte ich nicht so viel Liebe von meiner Mutter und von meinem Vater empfangen. Wieder

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rinnen Tränen meine Wangen hinunter, ich bin traurig und 33 Jahre alt. Immer mehr begreife ich, wie kindlich ich mich benehme. Gestern Abend hatte ich noch die Unsicherheit betreffend der weiteren Reise, vor ein paar Minuten schickte ich die Nachricht zur nächsten Workaway-Permakultur-Farm im Intag-Tal in Ecuador ab. Warum mache ich das? Ich weiß es nicht genau, aber ich weiß, dass ich die Liebe hier noch nicht in ihrer Gesamtheit erfahren habe. Vielleicht erhalte ich morgen eine Absage von der Farm. Dann darf ich damit leben. Schließlich gibt es noch unzählige weitere Angebote auf dem weiteren Weg. Vor ein paar Monaten hätte ich mich gekränkt in mein kümmerliches Selbst zurückgezogen, verkrochen und mit ein paar Inkognito-Tabs mein Innenleben zerstört. Wir sind alle auf dem Weg. Wir gehen alle unsere Schritte. Vorhin saßen vier Generationen in dem rund 7,8 Quadratmeter großen Zimmer von Avuelo Kulum. Er – vermutlich über 80 Jahre alt, J. um die 50 Jahre, Julian um die 30 Jahre alt und das Katzenbaby mit 5 oder 6 Wochen. Vier Perspektiven auf das Leben, vier Lebenswege, in der kleinen Hütte saßen wir gemeinsam und ich dachte an K. Ich dachte nicht an Ma. Julian, verdammt was machst du eigentlich. So weit bist du entfernt von deiner eigenen Familie, schreibst

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immer noch (aus Mangel an Alternativen?), aber ja, es geht weiter, es muss weiter gehen, es sind die einzelnen Schritte im Segen, die letztlich einen Unterschied darstellen. So vielen Menschen begegnete ich auf dieser Reise, so viele Blickwinkel und Horizonte, so viele Wünsche und Hoffnungen, so viele Erinnerungen und so viel Liebe. Aber verdammt, wo bin ich bei alledem? Liest ein Mensch was ich schreibe? Interessiert sich jemand für mich? Interessiere ich mich für die Anderen? Worauf richte ich meine Aufmerksamkeit? Die 19:00 Uhr Meditation ist bereits Lichtjahre entfernt, mein Smartphone auf Flugmodus und die Worship-Playlist aktiviert. 33 Jahre bin ich alt. Von der Midlife-Crisis habe ich wieder gelesen. Aber was ist mit der 33-Jahre-Crisis? Was ist mit der jeden Tag Crisis? Warum setze ich nicht endlich diese Crisis-Brille ab? Welche Brille wünsche ich mir stattdessen aufzusetzen? Es muss nicht die glitzernde Alles-ist-schön-Brille sein, aber mehr Farbe und Licht, mehr Gefühle und Emotinoen dürfen es schon sein. Morgen gehen wir nach Tibacuy, Kulum muss ins Krankenhaus und aus Mangel an Alternativen werden J. und ich ihn abwechselnd auf dem Rücken bis zur Busstation tragen. Sicherlich ist Anis mit dabei. Werde ich K. noch einmal wiedersehen? Ich

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glaube, dass sie mich verhext hat. Ja, so muss es sein. Verdammt, warum ist das Leben nicht bis ins letzte Detail planbar? Julian, wen interessiert es, ob du schreibst? Füge dich wieder ein in diesen 9-to-5-Job als Antwort auf den „Fachkräftemangel“ und wage es nicht groß zu träumen. Aber jeden Tag wache ich von Neuem auf, jeden Tag habe ich die Möglichkeit, ein kleines Wenig ein besserer Mensch als gestern zu sein. Wieder kommt mir der Gedanke, dass ich früher oder später mit einem guten Buch, mit dem Buch in dem ich Mensch werde, in dem ich bin, in dem ich lebe, in dem ich gehe und spüre, singe und tanze, mich drehe und wende, in dem ich gemeinsam mit anderen Menschen gehe, in dem ich auf der 4-Generationen-Bank sitze, in das ich mein Herz hineinlege, dass dieses Buch andere Menschen zumindest ein Stück weit berühren oder inspirieren kann. Sicherlich, mein Kopf sagt etwas anderes. Er erinnert sich an all diese Abende und Wochenenden alleine im Zimmer vor dem Bildschirm in der Abgeschiedenheit. Ja, ich schrieb, aber ich tat auch andere Sachen… verdammt, wie sehr und wie wenig kann man Mensch sein? Was ist Mensch, wer ist Mensch? Warum Amerika und nicht Dreiländereck am Rhein? Warum all die Abende alleine mit dem Schreiben immer noch alleine? Warum nicht bei Ma.? Warum diese zwei Rucksäcke?

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Warum diese Träume? Warum ich? Warum so unwissend, schüchtern, sensibel und unbeholfen? Warum so schnell verletzt und gekränkt? Warum, warum, warum? Um auf andere Gedanken zu kommen unternehme ich erfolgreich den Versuch, diese Seite 43 mit einem September-Ausblick zu füllen. Also mit dem Schlaf in den Augen halte ich noch mindestens sieben mir wichtige Punkte fest:

  1. Ein besserer Mensch sein, mehr fühlen und zuhören, mehr sein und annehmen, einfach genügen!
  2. In Ecuador auf einem Berg im Intag-Tal auf einer Finka mich befinden und eine Tasse selbst hergestellten Kaffee trinken!
  3. Verflucht, warum sieben und nicht drei Punkte – das wird anstrengend… Okay, also no. 3 – Notizbuch no. 55 beenden und 56 begonnen haben
  4. Zumindest ein klitzekleines Wenig wissen – nein spüren, was Liebe ist und mit Ma. / K. stärker mich verbinden…
  5. Auf einen Baum klettern, einfach auf der Straße losrennen, endlich eine Inka-Cola trinken oder neue Tinte kaufen
  6. Notizbuch no. 54 und 55 abtippen und in den Blog einpflegen. Verdammt! Das wird ein Hexenwerk!
  7. So viel träumen wie es nur geht, endlich

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diese Mexiko-Postkarten mit Briefmarken versehen, in einen Briefkasten stecken (oder am Schalter in fremde Hände voller Vertrauen geben) und dankbar nach Europa schicken lassen
8. Den „Tengo mucho sueños“-Trailer erstellen – 5 Minuten genügen
9. Spüren, was Liebe ist
10. Mein Licht immer weiter zum Strahlen bringen
11. Spüren, was Liebe ist und all die Konventionen brechen, ignorieren, was ich zuvor geschrieben habe, da ich immer nur im gegenwärtigen Moment am schlausten bin und alles von Anfang an bis zum Ende als Prozess anerkannt werden muss
12. Auf der Panamericana mit dem Fahrrad gefahren sein
13. Einen Marathon auf dem amerikanischen Kontinent gelaufen sein
14. Auf einen 4.000 Meter Berg gestiegen sein
15. Den Glauben immer tiefer spüren und in meiner Seele fest verankern, Menschen inspirieren und das Wesentliche bestmöglich zum Vorschein bringen
16. Einfach unverstellt ich selbst sein und das Urvertrauen (gibt es das überhaupt?) wieder in die Stimme meines Innen / in die Stimme meines Herzens / in die Stimme des Universums zurückbringen

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17. Egal wie oft ich hinfalle immer wieder aufstehen und meine Schritte fortsetzen.

Okay, es waren jetzt in Summe 17 mehr oder weniger gut durchdachte Punkte und ich sehne mich immer noch so arg nach der Liebe. Aber die Zeit ist vorbei da ich im Außen suche was ich im Innen trage und besitze. Ja, ich weiß, was in mir steckt und ich darf dieses Vertrauen in meine ureigenen Fähigkeiten immer stärker werden lassen. Ich muss mich weder als Schriftsteller noch als Stadtplaner verstecken, ich darf ich selbst sein in meinem gesamten Licht mit allen Ecken und Kanten. Ich darf um 23:16 Uhr auf Seite 45 den waghalsigen Versuch unternehmen, die verbleibenden 15 Seiten zu beenden. Ich darf mich gleich einer Orchidee in meinem inneren Garten öffnen, ich darf berührt werden und berühren, ich darf Liebe geben und meine Gefühle zeigen. Ich darf Verantwortung übernehmen und das Katzenbaby als Ursprung für den Wunsch nach einem eigenen Kind anerkennen. Ich darf schnell und langsam auf breiten Straßen und auf verworrenen Wegen gehen, ich darf schreien so laut ich will und in all die Fernbusse dieser Welt steigen, mich meinen urtiefsten Ängsten und Selbstzweifeln stellen, vom mexikanischen Essen träumen und „Uplifting Cinematic Piano“ so oft wie nur möglich auf Endlosschleife

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hören. Ich darf das Wunder generieren und meine Essenz in meinen Augen leuchtend zur Geltung bringen. Ich darf vergessen wo ich herkomme und mir dankbar bewusst machen, wo mein Ursprung ist. Ich darf ausatmen und tief einatmen, durchatmen und den Sonnengruß machen. Ich darf die Zeit anhalten und im Zug die Notbremse ziehen wenn es mir danach ist einfach loszulassen und auszusteigen. Ich darf schreiben was ich will, den Lesenden entführen und in vermeintliche Fallen tapsen lassen, ich darf am Lagerfeuer sitzen und meine Finger verbrennen, Avocados frisch ernten und die Bananenfamilien optimieren. Ich darf integrieren die übergeordnete Kraft meines Potentials und fliegen so hoch ich will. Ich darf in die Ferne schauen und die Tarotkarten auswendig lernen. Ich darf sein. Ich darf mir noch ein Tattoo stechen lassen. Was sende ich hinaus in das Universum? Welche karmischen Themen löse ich? Was denke ich? Welche Energie trage ich in meinem Innen? Wie heiß ist meine Glut? Wie viele Schritte darf ich noch gehen in diesem einen heißgeliebten Leben? Welche Strände dürfen die Wellen meines Seelenozeans noch berühren? Wie oft darf ich noch auf die Probe gestellt werden um meine wahre Kraft unter Beweis zu stellen? Werde ich am 02. Januar 2024 einzig Notizbücher in meinen zwei Rucksäcken tragen? Was lasse ich los? Was werde ich im Mai kommenden Jahres

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aus dem Zeppelin werfen? In wie viele Schwitzhütten darf ich noch gehen? Wann werde ich wieder die Passionsfassade der Sagrada Familia berühren? Wann werde ich auf dem Meeresgrund liegen und all das Gewohnte aus einer anderen Perspektive betrachten? Wie viele Tränen darf ich noch verlieren? Wo werde ich wohnen? Wer bin ich und wenn ja wie viele?

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