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„Heal your Heart“ – El Diario – Part III

Tacos con Arroz oder Ushuaia – Montag, 31. Juli 2023

11:38 Uhr

Ein neues Zeitalter bricht an. Gestern hatte ich den Gedanken auf dieser Reise bis nach Ushuaia zu kommen. Bolivien schön und gut, ein 6.000 Meterberg ebenso, aber was ist das Ziel dabei? Die südlichste Stadt der Welt ist dabei etwas anderes. Langsam komme ich an. Wo komme ich an? Immer noch weiter auf der Erde, immer noch weiter in Amerika, immer noch weiter im Schreiben und immer noch weiter auf dem Mutterboden da ich stehe. Im Endeffekt ist es immer gut die Dinge so zu akzeptieren wie sie sind. Schließlich hast du keine andere Wahl. Es ist ein ganz guter Deal von 6 bis 10 Uhr zu arbeiten, bis die Hitze irgendwann zu brütend ist und der Körper unweigerlich klar macht, dass er kurz vor dem Aufgeben ist. Also sitze ich hier kurz vor dem Mittag und schreibe, mache Siesta und lasse die vergangenen Monate und Jahre ein wenig Revue passieren, schmiede neue Plänen und sortiere Ideen um. Vorhin beim Pilze sammeln dachte ich mir, dass ich ein wenig gleich einem Fährtenleser auf der Suche nach Wasser bin. Vor jedem Schritt (okay, wahrlich nicht vor jedem einzelnen) richtete ich meine Aufmerksamkeit in meinen Körper. Ich verlagerte den Fokus vom Verstand in Richtung meines Innen. Es ist eine wahrlich große Übungssache für mich und immer noch fühle ich mich meilenweit von einem Ziel angelangt. Aber im Leben gibt es kein Ziel. Im Leben gibt es keinen Endpunkt an dem man sagen kann nun bin ich angelangt, nun kann ich die Füße hochlegen, nun bin ich fertig.

Hier im Ort gibt es eine Familie, die ein kleines Restaurant betreiben. Ein westlich geprägter Mensch würde vermutlich Fast-Food-Essen zu den Waren sagen, was allerdings der Wahrheit nicht wirklich nahe kommt. Die Großmutter ist um die 80 Jahre alt. Jedes Mal wie ich sie sah strahlte sie aus ihrem Inneren heraus. Es war kein aufgesetztes oder künstliches Lächeln, es war und es ist schlichtweg ihr Naturell. So wie jeder Mensch auf dieser Erde hat sie eine natürliche Mutter. Ihre Mutter lebt noch und ist über 100 Jahre alt. Im Wohnzimmer der Großfamilie stehen drei oder vier aneinandergereihte Tische, an denen all die Gäste sitzen und die frischen mit Bohnen, Kirchererbsen, Käse, Pilzen oder Fleisch gefüllten und über dem Feuer zubereiteten Teigfladen mit Chiles und Salsa verspeisen. Wenn ein guter Tag ist, gibt es zudem Quesadillas.

Gestern habe ich rund fünf Blogbeiträge aufgegriffen und ergänzt. Es ist ein kontinuierlicher Prozess und nicht ohne Weiteres möglich, einfach so einen Beitrag anzufertigen. Er muss in meinem Kopf hin- und herfließen, sich immer weiter katalysieren und gären, bis schließlich (hoffentlich) irgendeine Art von vorzeigbarem Resultat geschaffen ist. Gleichwohl lässt es sich nicht erzwingen. Nichts lässt sich erzwingen in diesem Leben. Am Wichtigsten ist, dass die Dinge leicht von der Hand gehen und die Freude vorhanden ist. Alles Andere geschieht dann von alleine. Von Bogotá bis nach Ushuaia in Argentinien sind es mit auf den Straßen rund 9.477 Kilometer. Zu Fuß würde ich 82 Tage benötigen. Ohne Pause, dafür mit 78.921 zu bewältigenden Höhenmetern.

Von Höhen und Tiefen – Sonntag, 30. Juli 2023

13:57 Uhr

Freilich wiederhole ich mich und gleichwohl akzeptiere ich diese Tatsache, denn es bleibt mir keine andere Wahl. Auf der Skala von null bis unendlich schwelge ich in Traumwelten einem H. P. Lovecraft gleich, während ich ein weiteres Mal an Stanislaw Lem denke. Es ist ein Sonntag und die Übernatürlichkeit des Seins holt mich ein. Unweigerlich muss ich schreiben, auch wenn dieses unmittelbare Schreiben für eine Internetseite keine größere eigene Welt ermöglicht. Diesen Fakt muss ich jedoch akzeptieren. Ich bin mir unschlüssig ob des Wies und Warums. Also lasse ich es sein. Neun Tage verbleiben mir noch in Mexiko und ich muss sehen, was in diesen Zeiteinheiten noch geschieht. Ich glaube es ist das Land no. 38. Aber spielt es eine Rolle? Wir befinden uns allesamt auf der Reise auf diesem Planeten. Es gibt keine Schnelleren oder Langsameren. Wir stehen Seite an Seite nebeneinander auf dem gleichen Fundament des Mutterbodens Erde.

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20:41 Uhr

Ich liege im Bett und habe heute nicht ausgesprochen viel gemacht.

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Immer noch bin ich auf der Suche. Gleichwohl steht das Ziel dieser Reise jetzt fest. Es ist nicht wie angenommen Chiribiquete, Machu Picchu oder Bolivien. Nein, um genau zu sein ist es die südlichste Stadt der Welt, das Ende der Panamericana und der Ausgangspunkt für die Antarktis. Keine Ahnung, wie ich von dort aus wieder zurückkommen soll. Ich höre „Eka Mai“ von The Sat Nam Sessions, habe Tränen in den Augen und weiß, dass diese Tour weitaus größer als mein kleines begrenztes Selbst ist. Wieder stelle ich mir die Frage, was das Wichtigste für mich in diesem – in meinem Leben – ist. Die Antwort ist nicht die Liebe aus einem Buch oder die perfekte Anleitung für das Glück. Die Antwort ist die Freiheit. Die Antwort ist einfach der Mensch zu sein, der ich in meinem Herzen bin. Die Antwort ist die Verbindung zu all den anderen Menschen zu spüren, zu fühlen und zu erleben, mich gegenüber dem Leben und all den Konsequenzen zu verpflichten, der Mensch zu sein, der das größte erwachsene Kind unseres kleinen sich kontinuierlich drehenden blauen Planeten ist. Die Antwort kann nicht in 7 Millionen Zeichen exklusive Leerzeichen gepackt werden, sie findet sich wenn auch nur an-…

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nähernd zwischen den Zeilen. Ich bin glücklich. Das Licht brennt, die Gebetskette aus Kairo befindet sich in meiner rechten Hand, die aus dem Sanctuario de Chimayo auf dem Schreibtisch und die aus der Basilika de Guadaloupe noch auf dem Areal der Basilika de Guadaloupe. Wichtig ist es, dass wir allesamt dabei sind etwas weitaus Größeres durch unser Sein scheinen zu lassen, dass wir gefallene Engel auf der Erde sind, die dazu bestimmt wurden, wieder aufzustehen und zu leben, ihre tiefsten Verwundbarkeiten der Menschlichkeit zu übergeben und niemals müde zu werden, an diesen immensen Reichtum zu glauben, ihn wertzuschätzen und an die Oberfläche zu bringen. Wir sind alle Verlierende mit zerfetzten Knien und zerschundener Kleidung, wir wohnen alle unter der Brücke auf oder neben den Pflastersteinen der Menschlichkeit. Wir sind die Legendinnen und Giganten dieses Jahrtausends. Wir sind im Gewahrsein des Unsichtbaren sichtbar geworden. Wir treiben gleich Ozeanbrechern im Atlantik und Pazifik, kommunizieren mit Delfinen und zwielichtigen Gestalten, kreischen mit den Eulen und jagen als Adler Vögel am Himmel. Wir sind alle auf der Suche, das Göttliche strömt durch die Kleinsten unserer Zellen. Wir schlafen um uns zu regenerieren und uns zu verlieren mit

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dem Unterbewusstsein. Folgende Dinge muss / möchte ich noch in Mexiko erledigen:

  • Notizbuch kaufen
  • Tasse kaufen
  • Postkarten kaufen und schreiben und verschicken
  • Gebetskette kaufen
  • Zu San Fernando Pantheon gehen und die Gräber von einst vermutlich grauhaarigen weißen Männern sehen
  • Pantheon Civil de Dolores mit den Gräbern von XYZ und Gestalten besichtigen.

Irgendwo zwischen Lethargie und Aufbruchsstimmung – Samstag, 29. Juli 2023

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10:56 Uhr

Sei einfach. Traum von Flughafen und früheren Fragmenten, am Ende drei Hurrikans. Viel Sonne gerade, Luna bellt laut, die Kakteen wurden weiter gereinigt, viele Blasen an meinen Händen, der pure blaue Himmel, „The Fifth Wave-Water Lullaby“ über den Smartphone-Lautsprecher, Erdung und Verbundenheit, Liebe und Vergebung. Im Angesicht einer weiteren Errungenschaft verstreichen die Minuten gleich Sekunden. Gleich werde ich die Wäsche waschen, gleich werde ich mich erheben und aufstehen, einfach sein und loslassen. Ich bin dankbar für den heutigen Tag. Ich bin dankbar für meine Gesundheit. Ich bin dankbar für die Arbeit. Ich bin dankbar für das Erblicken des mit Schnee bedeckten Popocatépetls. Ich bin dankbar für die Kaktusfrüchte. Ich bin dankbar für den Frieden in meinem Herzen. Ich bin dankbar für das Leben. Ich bin dankbar für die Würde und Güte. Ich bin dankbar für die wahre Größe meines Seins. Ich bin dankbar für die unbekannte Schönheit des Momentes. Ich bin dankbar für das Abenteuer. Ich bin dankbar für die Intuition. Ich bin dankbar für Ma. Ich

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bin dankbar für O. Ich bin dankbar für das Schreiben.

12:10 Uhr

Im Angesicht der wahren Größe deines Selbst wirst du unweigerlich erkennen, dass die Notwendigkeit all den Tagen und Momenten Leben einzuhauchen vorhanden ist. Denn die Liebe währt letztlich ewiglich aber die verstandesbasierte Interpretation der Liebe kann unglaublich trügerisch sein. Halte dich und umfasse dich, falle immer weiter in die Ewigkeit und vergebe dir für die Phasen, da du nicht im Wesen du selbst bist. Alles ist gut so wie es ist.

14:45 Uhr

Um mich einigermaßen erkenntlich zu zeigen mache ich Kartoffelsalat. Ich glaube, dass ich die vergangenen fünf Tage nicht mehr als 90 mexikanische Pesos ausgegeben habe. Das macht in Summe etwas mehr als vier Euro. Für mein Reisebudget ist die gegenwärtige Phase also ausgesprochen wertvoll. Für meinen Körper auch. Ich habe ob der Arbeit und des mexikanischen reichhaltigen Essens vermutlich schon zwei bis drei Kilogramm zugenommen. Meine linke Hand hat insgesamt acht Blasen. Es wird nichts nächstes Wochenende auf den Iztaccíhuatl auf über 5.000 Höhenmeter zu steigen. Aufgrund des Wetters wird auf nicht weiter denn 4.000 Höhenmeter gekraxelt. Freilich habe ich mir überlegt auf eigene Faust den Gipfel erklimmen zu wollen. Ich weiß jedoch nicht, ob das die beste Idee ist. Also vertraue ich darauf, dass sich in Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien weitere Fünf- und Sechstausender mir in den Weg werfen nur darauf wartend, bezwungen zu werden.

Es ist meine dritte Erfahrung mit der Arbeit auf einer Farm. Das erste Mal war der Schweizer Bergbauernhof mit den Ziegen, das zweite Mal die ökologische Finka irgendwo im Hinterland Kolumbiens und nun befinde ich mich also zwischen Mexiko-Stadt und dem Popocatépetl. Vom Anfertigen und Befüllen einer Gabione bis zum Mischen von Zemenent, dem Aufsägen einer Straße und der Herstellung von zwei Bodenschwellen zur Reduktion der Geschwindigkeit bis zum Pflanzen von Bäumen, dem Sammeln von Pilzen und der Befreiung von Unkraut der Kakteen reichte mein Tätigkeitsspektrum bislang. Zwei Skorpione, unzählige Schmetterlinge und neue Vogelarten, ein rauchender schneebedeckter Vulkanschlot in gut 40 Kilometern Entfernung, Schüsse oder Explosionen in der Dunkelheit, strömender Regen und unbekanntes Essen, selbstgebranntes Aguardiente, Pulque, Zuckerschocks und Wäsche von Hand waschen sind Erfolge, die diese Kalenderwoche zutage katalysiert haben. Viel denke ich darüber nach, was die nächsten Tage und Wochen bringen werden. Auf jeden Fall bin ich deutlich entspannter, träumte die vergangenen Nächte kontinuierlich sehr intensiv und ruhe stärker in meinem Sein. Die Schmuseeinheiten mit der Mondin oder der Katze sind des Weiteren nicht sonderlich abträglich, um den eigenen Seelenfrieden zu kultivieren.

Wieder bin ich dabei, die handschriftlichen Notizen aus „togetherness“ abzutippen, muss mich jedoch recht stark innerlich neu ausrichten und sortieren weswegen die Übertragung auf die Internetseite geraume Zeit in Anspruch nehmen wird. In Bogotá werde ich wieder in der selben Unterkunft zu Füßen des Cerro de Monserrate nächtigen und hoffe, das sich das Mural mit „Der Junge mit dem Kometenschweif“ immer noch an der passenden Stelle befindet. Fahrrad bin ich in Amerika bislang noch nicht gefahren. Die Basilika de Guadaloupe habe ich besucht, wenngleich ich eine größere Erwartungshaltung hatte.

Mein Gastgeber meinte ohnehin, ich solle Erwartungen ablegen, dann könne ich nicht enttäuscht werden. So war es nur ein Zufall, dass ich einen Menschen mit dem Pullover „Expect nothing, appreciate everything“ sah. Ich bin ein wenig müde. Gefühlt hänge ich gerade an irgendeinem Punkt fest. Ich erinnere mich an die Hopi-Weisheiten, die ich ursprünglich in Albuquerque in einem Lied hörte.

Wir befinden uns in einem reißenden kosmischen Fluss. Dieser ist so stark und mächtig, dass ihn viele Menschen fürchten werden. Sie werden versuchen, sich am Ufer festzuhalten. Sie werden auch das Gefühl haben, auseinander gerissen zu werden und werden aus diesem Grund auch sehr leiden.

Wisse, dass der Fluss seine Absicht und sein Ziel hat. Die Weisen der Hopi-Indianer rufen dazu auf, sich vom Ufer loszulösen und in die Mitte des Flusses reißen zu lassen. Wir sollen unsere Häupter über dem Wasser halten, um den Blick für jene freizuhalten, die wie wir selbst mit Vertrauen und Freude im Flusse treiben. In dieser Zeit sollten wir nichts persönlich nehmen und auf uns alleine beziehen. Tun wir das dennoch, beginnen unsere spirituelle Reise und unserer Wachstum zu blockieren.

Die Zeit des einsamen Wolfes ist vorbei. Orientiert euch an der Gemeinschaft, an den Mitmenschen. Streichen wir doch das Wort „Kampf“ aus unserem Vokabular, aus unserem Bewusstsein.

Alles, was wir im Alltag machen, sollte als heiliger Akt betrachtet werden. Suche keinen Führer abseits deiner selbst. Gewinne deine eigene Kraft zurück und erhalte sie für deine Entwicklung. Es gibt keine Landkarten mehr, keine Glaubensbekenntnisse und keine Philosophien. Von jetzt kommen die Anweisungen geradewegs aus dem Universum. Der Plan wird offenbar, Millisekunde auf Millisekunde, unsichtbar, intuitiv, spontan, liebevoll. Gehe in deine Zelle und deine Zelle wird dich alles lehren, was es zu wissen gibt.

Weisheit der Hopi-Indigenen

Also vertraue ich weiter auf die Stimme meines Herzens, auf die Fügungen des Universums, auf die Fähigkeit (oder Unfähigkeit) meines Selbst die Gunst der Stunde zu erobern und warte mit funkelnden Augen auf die fallenden Sterne, dass sie mir in Helligkeit den weiteren Weg weisen. Wir befinden uns alle auf der Reise des Lebens. Wir befinden uns alle in diesem Boot der Arche Noah Seite an Seite. Wir alle sind eine große Gemeinschaft namens Menschheit. In den Momenten da die Last der Gegenwart zu stark werden scheint wirst du unweigerlich an innerer Kraft gewinnen. Ich darf also vertrauen. Es kann gar nicht anders sein. Es fühlt sich gut an. Ich freue mich auf die kommenden Tage und Wochen, auf die weiteren Monate und Jahre. Letztlich ist es bedeutungslos, wie viele Länder du bereist hast. Das Wichtigste ist, dass du dir gewahr bist, welcher Mensch du bist. Und um das herauszufinden kann es sein, dass du dich immer wieder in der Nähe und in der Ferne auf Erkundungstouren begeben musst, denn dann befindest du dich wahrlich im Austausch und im Außen. Lasse einfach los und vertraue dich bedingungslos dem Universum an.

21:40 Uhr

I am gonna leave it all behind. I am gonna be who I am not. I am stepping into this new being of myself. We are all in this together but if you do not know who you are, then you are truly lost. So embrace yourself and heal your heart. Too many souls are around there that seem to be able to judge themselves out of the perspective of human hearts yet they do not know who they are. Who are you? Step into your higher souls being without wondering or especially worrying about what could happen as you are who you are without any distractions. So lift up your spirits to manifest this higher souls calling upon earth within the eyes of a tiger and the love of the ocean. As a new day arrives you are ready to continue on flying into the unknown fields of a new born decade.

RT 66 – Freitag, 28. Juli 2023

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15:58 Uhr

Wieder sind sie da all die Zweifel, wieder ist da die Gewissheit, dass da noch mehr auf mich wartet in diesem Leben. Ich nehme mich so an wie ich bin. Wie geht es weiter, wohin zieht mich die Sehnsucht, was wartet da im Morgen auf mich, was mache ich aus diesem einen Leben nur? Wer denkt? Wo fange ich an? Wer hält mich davon ab in meinem vollen Licht zu erstrahlen? Wer bin ich? Wer bin ich? Wer bin ich? Wer bin ich? Wer bin ich? Wer bin ich? Wer bin ich? Wer bin ich? Wer bin ich? Wer bin ich? Was nur mache ich an einem jedem Tag? Wo verwurzle ich? Wo hält es mich? Wo ist mein Platz auf dieser Welt? Wie entscheide ich, was ich benötige und wo ich lieber Abstriche machen sollte? Was ist das Morgen wert? Wo ist mein Fleck? Wo ist mein Fleck? Ich träumte von der Freiheit all mein Leben lang, jetzt ist sie endlich da und ich bin noch nicht

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zufrieden. Sie ist so still geworden die Stille meines Innen, wo ist meine eigene Motivation? Wo ist mein Antrieb? Was mache ich? Was mache ich? Welche Impulse gebe ich? In welche Richtung richte ich mich aus und woher weht der Wind der Veränderung? An welche Orte zieht es mich und mit welchen Menschen werde ich welche Gespräche führen? Wie viel liebe ich und wie viel Frieden kultiviere ich in meinem Herzen? Lasse ich los von Altem und von Vergangenem? Wer hält mich auf und was hält mich zurück? Was ist der Wert eines Lebens? Was ist der Wert einer Begegnung? Was ist der Wert einer Beziehung? Was ist der Wert eines Atemzuges? Was ist der Wert eines Herzschlages? Was ist der Wert einer Handreichung? Ich schließe meine Augen wieder und breite sie aus die Flügel meiner Seele um hinfortzuziehen in die unendlichen Gefilde meiner Träume. Ich sage Stopp, denn ich kann nicht mehr, aber ganz tief in mir drin, da wabert diese immense Gewissheit, dass alles so sein muss wie es tatsächlich ist. Ja, ich brauche meinen Raum, ja, ich brauche meinen Rückzug, ja ich bin 33 Jahre alt im Jahr 2023 nach Christus und alles ist verdammt merkwürdig. Alles ist nichts weiter als ein immenses Warten. Wohin, wohin, warum und wie schnell gehe ich zum Himmel, wohl wissend, dass mir diese Frage vermutlich keine externe Kraft beantworten kann. Und wenn du selbst nicht weißt,

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wer dein Spiegelbild ist, wer soll es dann wissen? Was ist der Wert des Schreibens nur? Wo ist sie die Verbundenheit und die Natürlichkeit? Wer bin ich? Welche Werte gebe ich und welche tief in mir schlummernden Potentiale entfalte ich? Halte ich zurück, was ganz in meinem Wesenskern sich befindet? Was mache ich? Was mache ich? Was mache ich? Was mache ich? Was mache ich? Was mache ich? Was mache ich? Was mache ich? Was mache ich? Was mache ich? Was mache ich? Gleich einer Feder treibe ich im Winde und lasse mich fallen im Bett des Universums auf fruchtbarer Erde, trage dazu bei, dass dieser blaue Planet Heilung erfährt, falte meine Hände, denn ich habe wieder gesündigt, wieder negativ gedacht, wieder in die Desillusionierung geblickt. Aber ich akzeptiere es und vergebe mir dafür, denn ich kann es nicht rückgängig machen, ich befinde mich auf der Reise so wie sich ein jeder andere Mensch auch auf der Reise befindet. Was gebe ich und was habe ich zu geben? Was mache ich und wie gestalte ich aktiv und konstruktiv meine Zeit? Wie ehrlich bin ich? Was zum Teufel mache ich? Wie ernst nehme ich mich? Kann ich an der Unmöglichkeit des Lebens verzweifeln? Wie schwer ist ein Stein? Wie schwer ist das schwerste Rätsel dieser Welt? Für wen ist

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es schwer? Wo ist meine Heimat und wo ist mein Platz auf dieser Welt? Lasse los und halte dich nicht in Gedanken des Gestern auf, nehme die vermeintlichen Dinge im Leben nicht so ernst aber auch nicht auf die leichte Schulter. Sei frei heraus du selbst und finde dich im Angesicht der Schwärze und des Teufels. Sei einfach du selbst. Du musst niemandem etwas beweisen. Atme die Luft bis in die Tiefe deiner Lungen und übernehme Verantwortung. Treibe auf dem unendlichen Ozean einer stabilen Nussschale gleich und habe keine Angst vor all den natürlichen Bewegungen der Wellen. Sinke immer tiefer in dein Herz hinein und nehme dich so an wie du bist. Finde dich und akzeptiere, dass du dich beizeiten verlierst. Spüre und fühle immer wieder in dich hinein und frage dich dabei, was du von Außen, von anderen Menschen, an Unterstützung benötigst. Nehme dich in der Gesamtheit deines Seins an. Sei du selbst. Verstecke dich nicht und setze keine Maske auf. Sei einfach. Sei. Fülle die leeren vor dir liegenden Seiten mit Leben und mit Inhalt. Fokussiere dich und finde immer wieder die Muße und die Stille und die Aufmerksamkeit und die Kraft und die Energie, um zu handeln. Lasse dich nicht irritieren oder täuschen. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach.

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Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach. Sei einfach.

Una cerveza mas? – Donnerstag, 27. Juli 2023

Ungefähr 18:40 Uhr

Gefühlt habe ich sehr lange nicht geschrieben. Nicht so richtig geschrieben. Ich weiß nicht exakt, was mich heimsucht… heute trank ich recht viel Alkohol. Es begann um 10 Uhr vormittags. Wieder standen wir gegen 05:45 Uhr auf, fuhren auf El Campo um dort Champions zu ernten. El vulcano war mit frischem, weißen Samt bedeckt. Keine Ahnung was danach exakt geschah. Okay, selbstverständlich schon. Wir fuhren zum Haus zurück, ich grub die überdimensional wuchernden Süßkartoffelpflanzeln aus – erntete rund zehn große Knollen oder zwei Kilogramm der rot-lila Frucht, wir aßen Frühstück und gingen dann um 08:20 Uhr ins Zentrum mit Hammer, Schaufel und Picke bepackt. Das Community-Treffen stand an, das Treffen, bei dem ein Projekt von Freiwilligen in der Ortschaft realisiert wird. J. warnte mich bereits vor: Bei diesen Veranstaltungen gibt es Alkohol. Ich war ein wenig nervös, im Kopf immer noch präsent der Traum der vergangen Nacht. Ich träumte von einem sehr reichen jüngeren Mann, der von allen umsorgt und gehätschelt wurde, aber tief im Innen ein sehr schlechter Mensch war, der Leute verletzte und enttäuschte und Vertrauen missbrauchte. Ich weiß nicht mehr

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exakt, welche Rolle ich dabei spielte. Zurück ins Stadtzentrum jedoch: da Busse und Motorräder zu schnell auf einer zentralen Straße im Ortskern mit schmalen Gehwegen fahren, wurde beschlossen Betonkissen zu errichten. An den Stellen befanden sich bereits rund fünf Zentimeter hohe Metallkissen, die jedoch nicht die erwünschte Wirkung erzielen. Zu Beginn waren wir rund 10 Männer. Dabei war nicht so eindeutig, wer zuschaut und wer aktiv beteiligt ist. Im Laufe des langen Vormittages veränderte sich die Aufteilung dann fließend. Zunächst wurde mit brachialem Lärm eine Straßenbreite des Betons aufgefräst. Danach wurde mit Bohrhammern rund 20 Zentimeter breit Streifen auf den beiden Fahrtrichtungen aufgehoben. Währenddessen wurde Sand mit mittelgroßen rund 8 bis 10 Zentimeter großen Steinen vermischt, sechs Säcke Zement hinzugefügt, alles gut vermengt und dann mit Wasser bereichert. Unter regelmäßigem Wenden wurde dieses Material dann gute 20 Minuten ruhen gelassen. Anschließend wurden die aufgebrochenen Zementstücke von der Oberfläche entfernt, es wurde Stahl zurechtgesägt und montiert um die Höhe und die Stabilität des Betons zu gewährleisten. Dann wurde glaube ich angefangen das Bier zu öffnen, selbst gebranntes aus der Region stammendes Aguardientes aus Zuckerrohr langsam getrunken sowie Tortillas mit

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grünen eingelegten Chilischoten, Öl, Käse und frittiertem Schweinemagen gegessen. Freilich tat es gut nach der ersten Anstrengung Nahrung und Getränke zu erhalten, die Stimmung lockerte und entspannte sich sichtlich und die Arbeit schien in den Hintergrund zu geraten. Doch nach rund 30 Minuten verlagerte sich die Aufmerksamkeit wieder auf die Baustelle, der Zement wurde aufgebracht und geglättet. Hunde liefen über und bellten von den Dächern, immer wieder gingen Passanten ein wenig ob der Szenerie irritiert blickend vorbei. Ein Großteil der anwesenden alten Arbeitenden hielt eine Cerveza-Flasche in der Hand und Zigaretten wurden verteilt, weiter Alkohol aber auch selbst hergestellte Smoothies ausgeschenkt. Ich trank ein Glas erfrischenden Sellerie-Karotten-Saft. Die Arbeit war beendet wie ein Straßenhund ohne Rücksichtnahme unmittelbar über die Schwelle und somit den frisch aufgebrachten Zement stapfte und recht tiefe Tierspuren hinterließ. Es wurde gelacht, wenngleich ein wenig Scham vorhanden zu sein schien, dass niemand diesen Vierbeiner rechtzeitig im Blickfeld aufgehalten hatte. Alles jedoch halb so wild, die „Hinterlassenschaft“ wurde schnell bereinigt. Ich dachte, die Baustelle und somit die Arbeit wäre an dieser Stelle erledigt, da sich alle Personen recht schnell entfernten. Sie gingen jedoch nur in die eine Richtung – die Straße rund 500 Meter aufwärts, um dort die zweite Sch-

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welle zu verlegen. Biernachschub wurde geholt und geöffnet, die an der Seite befindlichen Geschäfte mit Lärm drangsaliert und weitere Fortschritte erzielt. Gerade sitze ich alleine in der Küche, das Licht brennt, draußen ist es um rund 19:30 Uhr stockdunkel, ich bin immer noch leicht benebelt, schaue auf eine Fotografie aus dem Internet von La Ciudad Perdida, trinke Kaffee no. 2 gegen das Kopfweh, im 5-Sekundentakt pfeift ein Vogel, ich schreibe. Wieder frage ich mich, warum ich hier alleine mich befinde und in dieses Notizbuch „starre“. Wen interessiert es letztlich… Aber ich habe es in der Hand, ich kann darüber entscheiden, ob und wie viel ich in diese Tätigkeit investiere. Am Montag und Mittwoch schaute ich nach Stellenangeboten der UN-Habitat, der GIZ und anderer Anzeigen im Bereich Stadtplanung / Mobilität in Amerika und Europa. Ich kann deutsch und englisch sprechen, französisch aktivieren und kontinuierlich spanisch lernen. Nein, ich bin nicht verloren. Heute fand ich eine ausgesprochen schöne Farm in San Agustín. Ich muss dort hingehen. Ich dache heute wieder sehr oft an meinen Platz. Ich dachte sehr oft an Ma. Ich dachte sehr oft an die Zukunft. Sicherlich sollte man den Fleck da man sich befindet so gut wie es geht genießen und wertschätzen. Aber was kann ich dafür, wenn sich meine Aufmerksamkeit immer

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wieder nach vorne bewegt? Was kann ich dafür, wenn ich immer noch Fragen bezüglich dem Leben und allem was damit verbunden ist habe? Ich bin verantwortlich. Ich bin der erwachsene Mensch. Ich und niemand Anderes habe es in der Hand, was mir widerfährt. Wie gestalte ich meine Zeit? Was zum Teufel mache ich? Wer hat die Antworten???

Der schlafende Riese Popocatépetl oder das Skorpion – Mittwoch, 26. Juli 2023

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12:30 Uhr

Ein Bisschen schlägt eine andere Zeit hier. Gleichzeitig befinden wir uns unweigerlich alle gemeinsam im dritten Jahrtausend nach Christus. Ich glaube, dass Politik tatsächlich nicht dazu bestimmt ist, die Lebenssituation der Menschen zu verbessern, sondern schlichtweg sich selbst und den eigenen Nächsten ein möglichst bequemes Leben zu verschaffen. Heute bin ich um 05:50 Uhr aufgestanden, die Nacht war ruhig und entspannt, es erklang das Orchester der Natur. Ohne Frühstück fuhren wir um rund 06:15 Uhr zu dritt in dem Geländewagen vollbepackt mit Wasserflaschen, dem Werkzeug, den einzusetzenden Pflanzen und sechs Früchten des Kaktus‘ als Snack für zwischendurch die guten zwei oder drei Kilometer bis zu dem Feld außerhalb der Stadt. Aufgrund der zahlreichen Schlaglöcher und Bumping Stones als auch der an Kreuzungen teils nicht eindeutigen Vorfahrtsregelung erscheint die Strecke jedoch deutlich länger. Bereits vor dem Feld erblickten wir den am Horizont magisch thro-

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nenden Vulkan. Popocatépetl steht dort rauchend und spirituell fest auf dem Boden. Der Himmel muss dafür allerdings klar sein, was gegenwärtig einzig in den frühen Morgenstunden für eine geraume Zeit der Fall ist. Auf dem Feld setzten wir in Teilen die Arbeit des vorangegangenen Tages fort. Wobei wir zunächst nach Pilzen – Champions – suchten, fanden und je Kopf eine Hand voll sammelten. Die letzten zwei Tage begann es am späten Nachmittag zu regnen, nach kurzer Zeit zu gewittern. Der Regen ist sehr stark und man kann froh sein, ein dichtes und festes Dach über dem Kopf zu haben. Anschließend teilten wir uns die Aufgaben, so dass J. die Auto- oder Lastwagenreifen als Grenze zwischen dem landwirtschaftlichen Weg und dem Feld mit der Bepflanzung an die passende Stelle in einer Linie justierte. Ich und der Vater von J. teilten uns dann das Befüllen der leicht erhöht liegenden Reifen mit Erde auf. Viel Wurzeln und Gestrüpp müssen mit dem Pickel entfernt und die obere Bodenschicht zum Abtragen aufgelockert werden. Morgens ist die Arbeit noch angenehm und erträglich, doch bereits ab 09:00 Uhr nimmt die Hitze schnell zu und es wird sehr anstrengend. Diese Nacht spürte ich meinen Körper und meine Muskeln sehr stark, meine Hände haben Blasen und am Daumen der rechten Hand hat sich etwas Haut gelöst. Irgendwann erblickte

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ich ein Skorpion. Es war das erste Mal, dass ich so ein Tier jenseits von Glas in der Freiheit entdeckte. Danach war ich etwas gehemmt. Sicherlich hat das Skorpion mehr Angst vor mir, doch im Zweifelsfall kann es mich mit seinem Stachel stechen, so dass ich das Gift erhalte. Okay. Ich kann das Skorpion im Zweifelsfall töten mit der Schaufel oder der Machete. Ich glaube letztlich pflanzten wir rund 20 oder 30 Bäumchen. Diese sind teils nur drei oder vier Zentimeter hoch und ich hoffe, sie werden es schaffen. Oft finde ich es entmutigend, da viel Plastik zwischen dem Gestrüpp und dem Erdboden sich befindet und es die Arbeit im Prinzip „behindern“ kann, sich auf das Aufsammeln der einzelnen Plastikteile zu konzentrieren. Mexiko ist für seine reiche Baumvielfalt bekannt. Ich spiele mit dem Gedanken, die Tier- und Pflanzenarten als auch die Früchte und die Gemüsesorten auf eine separate Seite zu notieren. Ich mache es. So viele reichhaltige Schätze gibt es hier, dass ich schlichtweg all die Eindrücke festhalten muss.

13:48 Uhr

Ich schreibe gerade nicht so viel, immer wieder habe ich den Gedanken im Kopf: „Julian, es ist dein Leben, es ist dein Leben, du bist für deinen eigenen Weg verantwortlich, du kannst so dankbar sein für alles, was dir die Menschen entgegenbringen.“ Und ja, ich mache es, ich vertraue und ich glaube, ich bin voller Zuversicht und ich

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liebe.

Zwischen Limetten und Bohnen – Dienstag, 25. Juli 2023

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13:11 Uhr

Ich schaue auf einen kleinen Vulkan, im Schneidersitz auf dem kleinen Bett sitzend. Der Himmel ist blau, nur zwei oder drei ganz kleine weiße Wolken sind am Himmel zu sehen. Wieder ist da diese intensive Natur. Ich bin zufrieden hier mit den Hunden insbesondere mit Luna. Gleichzeitig bin ich ein wenig müde. Ich denke an Ma. und an die Zukunft. Ich denke an die übernatürliche Kraft des Universums. Gerade bin ich sehr stark bei Ma. Es ist wichtig, dass ich bei ihr bin. Sie braucht Menschen, die ihr vertrauen und denen sie vertrauen kann. Es ist wichtig, dass sie glaubt und die Schönheit in all den Momenten des Lebens sieht und erkennt. Ich bin dankbar für das Leben. Ich bin dankbar für das Leben. Ich bin dankbar für das Leben. Ich atme tief ein und aus. Ich genüge. Ich bin frei. Ich nehme die Möglichkeiten des Lebens an. Ich sehe das Schöne und die Wunder. Ich glaube an den Reichtum. Ich fasse zusammen, was es hier alles für Früchte hat: Feigen, Aprikosen, Passionsfrüchte, Papayas, Äpfel, Mangos, Limetten. Des Weiteren Bohnen, Avocados, Mais, Kartoffeln, Paprika, Tomaten, Chili und Gurken.

15:35 Uhr

Der Gang der Zeit ist leise-leicht einem tigernden Giganten gleich. Weswegen? Ich weiß es nicht, gleichwohl lamentierende Zwerge ihr Übriges tun werden. Ich danke M. für seine Gastfreundschaft. Im Angesicht des Vollmondes verlässt sie sich auf den Mann.

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Alles ist gut. Alles wird gut. Alles war seit jeher gut. Ja! Ich lasse mich fallen und nehme mir den Raum, der für mich erforderlich ist. Ich benötige meinen Platz im Universum. Alles ist gut. Alles wird gut. Alles war seit jeher gut. Ja. Ich genüge.

„Desire“ – Montag, 24. Juli 2023

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08:52 Uhr

Noch einmal sitze ich auf der Dachterrasse und da ist sie diese Verlorenheit schon wieder. Ich weiß immer noch nicht, wo mich mein Weg hinführen wird. Der Traum der letzten Nacht war ein wenig merkwürdig, ich war sehr unruhig und dunkel. Aber vermutlich darf ich und muss ich diesen Zustand akzeptieren. Ich

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möchte ihn akzeptieren und ich habe ihn auch schon akzeptiert. Am Morgen war ich kurz in der Kathedrale, doch fühlte mich auch da verloren so wie auf den anderen Schritten, die ich ging. Um ehrlich zu sein bin ich schon verdammt aufgeregt wegen nachher. Ich weiß nicht, was mich erwarten wird, ich weiß nicht, wo die Reise hingehen wird. Gestern buchte ich die Arche Noah-Unterkunft im historischen Zentrum Bogotás. Froh bin ich, dass es diese noch gibt. Vermutlich habe ich schon wieder eine gewisse Erwartungshaltung. Ich habe gefühlt eine Erwartungshaltung bei jedem einzelnen Schritt, den ich gehe. Aber ich akzeptiere es. In mir ist der Nebel, die Taubheit und der Schwindel. Vorhin beim kurzen Gehen fühlte ich mich unsicher und meinte ein paar Mal beinahe zu fallen. Also nicht in Gänze aber schon ein Bisschen. Jetzt ist es 09:00 Uhr und ich könnte in das Café gehen um das Frühstück mit dem Americano und dem Saft zu trinken bzw. zu essen. Die Sonne kommt zum Vorschein. Fromms‘ „Die Kunst zu lieben“ laß ich gestern beinahe am Stück durch. Ein wenig überfordert es mich, da es teilweise leicht eingestaubt ist. Wobei er im Grundsatz Recht hat und eine wichtige Arbeit umgesetzt hat. Jeder Mensch geht seinen eigenen Weg.

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Jeder Mensch hat seine Ecken und Kanten, seine Herausforderungen, seine Narben und seine Unsicherheiten. Es ist nicht sonderlich gut diese zu kaschieren oder zu verbergen. Ich denke immer stärker daran eine kleine Familie zu haben. Ja, eine kleine Familie kann Schutz in den Zeiten der Unsicherheit geben, eine kleine Familie kann erden und Glück spenden. Jeder Moment des Lebens kann Glück spenden. Es ist allerdings eine Herausforderung und ein wenig Arbeit. Wir sind alle auf der Suche. Es gibt niemanden, der weiter wäre. Wir sind alle Brüder und Schwestern, tragen Herzen in unseren Brüsten, verlieren uns beizeiten, doch möchten lieben und geliebt werden. Manchmal dauert es eine geraume Zeit, bis wir die Antworten auf die zentralen Fragen des Lebens finden. Wohin gehen? Welche Entscheidungen treffen? Wie sich durchsetzen? In welche Richtung schauen? Loslassen oder weiter alle Kraft aufwenden um festzuhalten? Träumen und lachen oder der harten grauen Realität ersticken uns sich abmühen?

09:51 Uhr

Manchmal magst du nicht alle Dinge verstehen, aber das ist in Ordnung, denn es hilft dir einfach anzunehmen. Sei dankbar für dein Wesen und für deine Existenz. Nehme dich an so wie du bist. Lasse los du vertraue dich bedingungslos dem Leben an. Atme tief ein und aus. Atme tief ein und aus. Atme tief

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ein und aus. Vertraue dich bedingungslos dem Leben an. Sei du selbst und davon ganz schön viel. Akzeptiere dich in deiner unvollendeten Perfektion. Lasse los. Bete. Segne. Vergebe. Danke. Ermögliche. Vetraue. Spende Schutz. Lasse los immer wieder um einfach in Gänze frei im Lebensfluss zu treiben. Sammle die Momente der Zeitlosigkeit. Teile die Schönheit deines Seins mit deinen Weggefährtinnen und Weggefährten.

11:13 Uhr

Der wahre Wert des Reisens kann nicht gemessen werden. Es ist stets erforderlich, den Moment neu zu genießen. Jenseits des eigenen Selbst gibt es einen Ozean an Reichtümern. Das Glück ist nicht skalierbar.

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13:04 Uhr – Sitzplatz 11/12 – Bus Mexiko-Stadt (Terminal del Sud) – Totolapan

Seit einer knappen Stunde sitze ich im Bus, zwei Seiten für die nächste Bewerbung bei den UN Habitat habe ich geschrieben, ein wenig kann ich all die Eindrücke und Einflüsse der Reise sortieren. Ich höre „Desire“ von Blank & Jones. In gut 90 Minuten werde ich bei J. sein. Langsam taucht es wieder in mir auf dieses Gefühl, dass ich in Kolumbien spürte. Es lässt sich nicht in Worte fassen. Okay, vielleicht ist es Liebe. Hier im Bus fühle ich mich mehr zuhause denn in Mexiko-Stadt. Ich bin gespannt, wo mich mein weiterer Weg hinverschlagen wird. Es braucht immer Menschen, die vermeintlich „andere“ Wege gehen. Doch dabei gehen sie einzig ihre eigenen Wege. Es mag in den Sternen stehen, wohin sie die Zukunft ver-

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schlägt. Aber sie folgen diesem inneren Klang, sie folgen dem eigenen Ruf. Sie vertrauen. Sie lieben. Sie sind. Sie fühlen. Sie denken. Sie erschaffen. Sie hinterfragen. Sie überprüfen. Sie geben. Sie empfangen. Sie mögen in keine Schublade passen. Sie entsagen sich von dem Gewohnten. Sie verlieren sich in der Natur um sich zu finden. Sie verlieren ihr Herz um sich zu erkennen. Sie überwinden Grenzen und sie werden sich gewahr, dass das Unmögliche einzig eine Frage der Perspektive ist. Und stets sind sie im Einklang mit all den Elementen und Einflüssen, die sie umgeben. Ihr Erfahrungsschatz ist ewiglich weit, das Leben vollzieht sich im Einklang und in der Harmonie mit dem Tod. Sie sterben einen jeden Moment ein wenig um in Gänze zu leben. Sie atmen die Partikel der Zeitlosigkeit und sie halten inne wenn es erforderlich ist, um sich der übergeordneten Kraft der Existenz gewahr zu sein. Im Angesicht der Begrenztheit des Lebens sind sie es, die im Jetzt die Notwendigkeit erkennen aktiv zu werden. Für sie gibt es stetig ein Weiter und ein Weiter und ein Weiter und ein Weiter und ein Weiter und ein Weiter. Sie mögen die höchsten Berge erklimmen können, sie mögen die höchsten Berge erklommen haben, sie mögen im Geiste kontinuierlich neue höchste Berge erschaffen, um schließlich und letztlich die neuen Wege zu ebnen. Auf der übergeordneten Leiter

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der Existenz schreiten sie ohne Pause die neuen Stufen empor, da sie sie jene sind, die sie sind.

14:48 Uhr

Ich warte seit einer knappen halben Stunde vor der Adresse. Ich entspanne mich. Ich lasse los. Ich vertraue. Ich weiß, dass ich hier in der Calle Niño Perdido richtig bin. Bei der Busfahrt vorhin fügten sich viele Dinge. Ich bin angekommen in mir. Ich bin zufrieden. Auch wenn ich hier stehe und auf die Toilette muss. Ich weiß nicht, ob J. zuhause ist. Aber ich behalte das Vertrauen. Meine zwei Rucksäcke stehen hier. Wäre ich noch der gleiche, wenn ich derer nur einen besitzen würde? In welche Richtung zieht es mich? Was mache ich mit meiner Zeit? Was ist mir das Leben wert? Woher weht der Wind der Veränderung? Gibt es Wunder? Lohnt es sich kontinuierlich Energie aufzuwenden oder sollte nicht überlegt werden, von Neuem stets anzufangen? Woher weht der Wind? Was ist das Gute im Menschen? Wie oft kann man sich täuschen? Sind die Gefühle echt? Was werde ich die nächsten zwei Wochen hier machen? Werde ich jemals wieder in die Zivilisation zurückkehren? Was bringt die Zukunft? Wer bin ich tatsächlich in meinem Innersten? Was wird geschehen, wenn ich in Kolumbien und Ecuador gewesen bin? Okay – eines nach dem Anderen. Einfach vertrauen Julian. Ich sitze auf meinem Rucksack. Er ist schon verdammt dreckig. Aber ich finde das muss sich so gehören für den Rucksack eines Menschen, der schon die Welt bereist hat. Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass mich mein Weg nach Totolapan führen wird und jetzt sitze ich hier. Vögel zwitschern, ein paar Fliegen umzingeln mich. Letztes Jahr soll es hier ein Massaker gegeben haben. Rund 100 Tote soll es Tag für Tag in Mexiko geben. Werde ich einer davon sein? Gott oder Universum, was soll ich im gegenwärtigen Moment anstellen? „Julian, stell dich nicht so an – vertraue auf die Gunst der Stunde, genieße die Stille, genieße den Berg / Vulkan vor dir, erde dich, spüre die Verbindung, verwurzle dich fest im Boden, versinke tief im Zentrum deines Seins, vertraue deiner inneren Stimme und sei einfach. Mache dir keine Gedanken über das was geschehen könnte, verliere dich nicht in Belanglosigkeiten oder dem Geschwafel, inhaliere den Sauerstoff und die Gesundheit, so dass jede Pore deines Körpers mit Liebe und Licht durchspült wird. Halte Zwiegespräche mit dem Unsichtbaren und richte dich immer wieder auf, vertraue vom Ursprung deines Seins bis zum Ende. Sei dir gewahr, dass ein jeder Tag unendlich kostbar ist und dass du auf diesem Einfahrtsbereich in der Calle Niño Perdido auf deinem Rucksack sitzend exakt richtig bist. Arbeite in Gedanken und eine deine Chakren, öffne dein Herz weit und sei du selbst in deiner unverkennbaren Art.“

“Expect nothing, appreciate everything.”

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22:28 Uhr – Totolapan.

I did arrive finally. I am tired and excited of what awaits me in the morning. There is some work waiting. There is always work waiting. Being here I realize all of the moments I did exchanges: Seattle, Strasbourg and Marslet. I don’t know where I am heading. Okay, deep within myself I do know it. Yet I am questioning it at times. Everything is already manifested within the sky and the stars and the planets. I am alright. I am life. I am love. I am god. I am light. I am love. I am god. I feel this intense energy. I am a spiritual soul collecting a human experience. I am free. I am perceiving all of these precious moments. I am love. I am light. I am thankful for my birthday. I am grateful for being here. I am grateful for my life. I am grateful for writing. I am grateful for “Perpetuum Publishings”. I am grateful for Ma. I am grateful for O. I am grateful for K. I am grateful for Jo. I am grateful for my grandma. I am grateful for M. I am grateful for L. I am grateful for D. I am grateful for E. I am grateful for D. I am grateful for G. I am grateful for Weil am Rhein. I am grateful for Lörrach. I am love. I am love. I am love.

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I am love.

Deep Rest – Sonntag, 23. Juli 2023

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23. Juli 2023 – 11:05 Uhr

Where do we all start, what is our beginning, how do we solve our lifes – issues, where do we head and which intentions we do send out? Do not hold on to the shore yet instead fully open your arms and your heart for the invisible unknown. Learn to speak with the voices of the universe, learn to fly in synchronicity with the eagles, learn to be without judging or analyzing. Simply be and let go off these old conventions that you do have. You

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are a liberated free human being. You don’t need to judge anyone, you simply can enjoy the presence wherever you do find yourself. Go step by step by step upon the journey of your soul. Heal your soul. Nourish your heart, be without condition, love and love, love and love, love and love, shine your light and simply enjoy this process of not knowing where to directly go. Believe that you will be guided by the signs of the people, by the unknown, by the stars, by the movements of the water, by the rainbows as well as the moon. Deep within you all of the answers are already present. Go with the flow and flow with the water into the future. You always simply need to believe. You do carry all of the peace and all of the wholeness within your spiritual body. Do not think too much yet instead feel what is coming to the surface and wants to be seen. Each day you wake up with a new mindset, each day you have the possibility to do something new, to become wiser and smarter, to open yourself to another person so deeply that your own self becomes invisible. Within this process you do realize that we are all one. We were not meant to be torn into pieces. The collective is what counts, the collective is the absolute power, the collective lets you move as a pioneer of the civilization.

13:13 Uhr

Ich sitze wieder auf der Dachterrasse. Im Hinter-…

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grund erklingen die Glocken. Es ist Sonntag. Die Stimmung auf der Straße ist ausgesprochen gemütlich. Ein Teil der Läden ist geöffnet. Ich habe mich schließlich doch aufgerafft vor die Türe zu gehen. Im Prinzip wollte ich nur ein paar Meter entfernt zu dem kleinen Ecksupermarkt. Aber er hatte geschlossen. So lief ich einmal um den Block. Ich kaufte mir in einem Laden eine Packung Nüsse und ging dann in der einen Straße mit den vielen Buchläden in einen von ihnen. Ich kam mir vor wie in einer anderen Welt. Sehr unschlüssig stand ich vor den Regalen. Aber irgendwie tastete ich mich vor, auch wenn ich mir gewahr war, dass sich zwischen mir und den Büchern eine Wand befindet. Schließlich nahm ich mir „La Chunga“ von Mario Vargas Llosa und „Embraced by the Light“ von Betty J. Eadie heraus. Letztlich bin ich auf der Suche. Ich bin so verdammt stark auf der Suche. Ich bin auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, auf der Suche nach dem Eigentlichen, auf der Suche nach dem Ursprung allen Seins. Wieder ist bei mir diese Barriere und die Separierung. Ich könnte mich auf die Stufen oder auf eine Bank vor der Unterkunft setzen und langsam innerlich zermürben. Ich habe keinen Schädel von dem Alkohol gestern. Aber gleichzeitig spüre ich, dass dieser Alkohol gestern vielleicht erforderlich

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war, damit ich mich ein wenig entspanne. In der einen Straße, da ich ging waren nur Sicherheitsfahrzeuge. Männer und Frauen mit Schutzwesten an jeder Ecke, mit Waffen, mit Pistolen. Vermutlich sollte ich sie nicht ignorieren, dafür ist ihre Energie zu stark und präsent. Was hält mich gegenwärtig davon ab, mir das Leben zu nehmen? Die Unfähigkeit, wie ich und wo ich das anstellen sollte. Und selbstverständlich die tiefe Gewissheit, dass ich erst einen Teil des Seins, einen Teil des Lebens in Erfahrung gebracht habe. Wenn du Drogen nimmst bist du kein schlechter Mensch. Es zeigt lediglich, dass du so wie ein jeder andere Mensch Herausforderungen in deinem Leben oder eher mit deinem Leben hast. Ich weiß nicht, wo mich mein Pfad hinführen wird. Letztlich sind wir alle Reisende auf diesem Planeten. Wir tragen alle Wunden in uns, wir sind alle auf der Suche, wir sehnen uns alle nach Liebe und nach Wertschätzung. Gerne würde ich Ma. besser kennenlernen. Und gleichzeitig ist im gegenwärtigen Moment meine Angst vor dem Verlust, meine Angst vor dem verlassen werden so ausgesprochen groß. Ich mache den Reisebericht dieser Reise. Aber bedeutet das, dass ich jeden Tag für eine gewisse Zeiteinheit meinen Computer aufklappen sollte? Ich weiß nicht, was los ist mit mir. Ich glaube, dass L. Ron Hubbard kein schlechter Mensch ist. Ich glaube sogar, dass er ein ausgesprochen intelligenter und

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guter Mensch ist. Was jedoch ist letztlich der Maßstab, ob ein Mensch glücklich oder erfüllt seinen Beitrag geleistet hat oder ob er unzufrieden war? Was sagt mir meine innere Stimme im gegenwärtigen Moment? Wohin zieht es mich? Wer sieht mich? Wer hält mich? Wer nährt mich? Wer ist bei mir? Ich weiß es nicht, die Hitze drückt auf meinen Kopf. Ich weiß nicht, was mich morgen erwarten wird. Was flüstert mein Herz? Was ist es, dass aus ihm heraus an die Oberfläche möchte? Wer bin ich letztlich? Wohin bewege ich mich? Welche Signale sende ich aus? Was mache ich einen jeden Tag? Warum nehme ich vermeintlich so viel Last auf mich? Warum ist die Beziehung in meiner Familie so wie sie ist? Wohin bewegen wir uns als Menschheit? Auf welche Erkenntnisse werde ich noch stoßen? Was mache ich aus meinem Leben? Wer ist letztlich der Richtende? Gibt es Maßstäbe, nach denen man leben sollte? Was wird im dritten Jahrzehnt im dritten Jahrtausend noch geschehen? Wohin richte ich meine Aufmerksamkeit? Was bringt das Morgen?

19:02 Uhr

And if there is one thing that we need then it’s believe. Believe in something far greater, believe in the unknown, believe in peace and believe in the power of our own heartbeats. If there is one thing that we

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need then it’s to embrace the unformiliar. As we all do carry our scarfs, as we all do hide our faces at times, as we all leave our traces within the sand of eternity. We were meant to construct something far greater, to let go the old and to connect with the flow, to seek and to find, to ask and to be, to keep our traces clear and to step beyond those purple lines into the future. So let your roots grow deep and follow those stars, take all of your courage to break the well-known, to create the new, to flow with the rivers and the oceans. And if there is one thing that I want to tell you then it’s that you are always far greater than you think you are. You choose your path always and forever, you stick to what is true, you hold the pen within your hand, you do connect the dots and beyond all of those paintings upon the horizon than it shall be. And so it shall be.

The woman and the caterpillar – Part I

Once upon a time there was far beyond the horizons, far beyond everything what we as humans would have perceived as normal a woman living between the plants and the trees, between the animals and the waters, between the clouds and below the sky. Each day she – that’s what we all use to do – woke up to open her eyes, to feel her

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beating heart, to embrace the unknown with the wings of the deep-knowing that all of those dreams she received while sleeping where meant to be realized. All of those little traces within her land let to snakes and wonders, to discoveries and to life itself. Within her head she did carry a universe. Within her soul there where those deep-believes that everything was possible. The trick always was to focus all of the attention on the growth. She liked to play with the fog around the mountains, she loved to sing with the coloured birds, she longed for all of those bright images she saw within herself.

The stars as well as the plants, the sun and the moon shined for her. Often she was itched by the longing of changing her place to collect different experiences, to explore new places upon mother earth and simply to be wild and curious.

Surely there were those phases that somehow she seemed to be more exhausting, difficult and stressful. But she was able to find wonder and astonishment again and again, no matter how sad or discouraged she seemed. Within the process of a human

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being it was normal to have ups and downs, to not exactly know what the new dawn would bring and to have the fear of what should come next.

A lot of things have been written about women and caterpillars already. I believe so there could be nothing special about this one particular story. But there is this knowing that this one particular story is exactly something special because nothing is as it seems and the animals came from all parts of this mother earth to listen to it – so indeed it must be something pretty special.

Sometimes the person that wrote the story was a bit confused and did not know how to continue or when to stop. But the truth is that he thought about this woman pretty often and wanted to be closer to her which was despite certain circumstances not possible at that moment.

La Biblioteca Vasconcelos oder Jorge – Samstag, 22. Juli 2023

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09:27 Uhr – Dachterrasse Hostel

Ich bin froh, dass der gestrige Tag vorüber ist und heute ein neuer Tag beginnt. Ich bin dankbar für die Nacht und den vielen Schlaf. Ich bin dankbar für die vielen intensiven Träume, ich fasse es als gutes Zeichen auf. Insbesondere bin ich dankbar für den Traum, er hat sich sehr schön angefühlt, dass Ma. im Bett lag und sehr friedlich geschlafen hat und ich in das Zimmer kam und sie dann auf den Mund geküsst habe. Es war nicht das erste Mal – zuvor kam es des Öfteren vor, dass es diese Situation in dem Traum gab. Wieder stehe ich vor der Frage, was ich heute mache. Ursprünglich war Teotihuacan auf dem Plan, dafür ist es mir allerdings zu viel Busfahrt und ich lasse mich einfach treiben. Die Internetseite hat bereits ein paar Aufrufe. Ich habe den Datenupload auf 5 Gigabyte erhöht.

11:53 Uhr – La Biblioteca Vasconcelos

Ich sitze im obersten Stockwerk der Biblioteca Vasconcelos. Es ist ein beeindruckendes Gebäude, ein wenig gleich der Stadtbücherei in Stuttgart. In meinem Magen befindet sich ein Quesdailla con Cueso sowie ein Kaffee de Olla. Durch das geöffnete Fenster zieht angenehm frische Luft herein. Das Wetter ist gänzlich anders als in Albuquerque. Gestern Nachmittag wurde ich im Palacio de Bellas Artes von einem recht starken gut zwanzig Minuten langen Regenschauer überrascht. Ich bin nicht mehr ganz so verzweifelt wie gestern. Ich bin

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deutlich entspannter. Vielleicht bin ich auch einfach im Zustand der Resignation wo ich erkenne, dass ich entweder gar nicht der bin, der ich bin, oder nicht so viel leisten muss, wie ich tue. Tatsächlich ist es nicht das Schwierige ein Buch zu schreiben. Das wahrlich Schwierige ist es, zu leben. Die Bücher schreiben sich von alleine. Du musst dich schlichtweg hinsetzen und das Notizbuch aufschlagen und anfangen zu schreiben. Nein, ich bin nicht alleine. Ich höre „Willkommen“ von Mitsch Kohn und Tränen rinnen mir in die Augen. Ich bin ein Teil der Menschen. Unweigerlich bin ich mit ihnen allen verflochten. Ich trage ein fühlendes und schlagendes Herz in meiner Brust, ich trage Sehnsüchte in mir und ich empfinde. Überall befinden sich Menschen. Ein ursprüngliches Ziel dieser Reise war es mich einfach von der westlich definierenden Metropole Los Angeles immer weiter der Zivilisation zu entsagen, bis ich schließlich in der Abgeschiedenheit, in der Einsamkeit der Natur, mein Glück, meine Zufriedenheit und meine Erfüllung finde. Mehr und mehr spüre ich, dass sich der Antrieb und die Motivation der Reise mit einem jedem Tag verändern. Ich darf mir sagen, dass ich genüge und gleichzeitig ist es auch wichtig, dass ich anderen Menschen in meinem Umfeld sage, dass sie genügen. Ich darf darauf vertrauen, dass sich die richtigen Dinge unweiger-…

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lich ergeben. Vermutlich wird sich Ma. jetzt langsam um 21:07 Uhr in Spanien ins Bett begeben. Der Traum dieser Nacht war so berührend und intensiv. Ich glaube, dass er verdammt kraftvoll war. Ich bin dankbar zu leben. Ich bin dankbar für das Schreiben. Ich lasse los und vertraue mich bedingungslos dem Leben an. Wir sind alle Menschen. Gestern beim Gottesdienst in der Basilika Unserer Lieben Frau von Guadalupe wurde mir gewahr, dass wir alle Fragen und Themen in uns tragen. Es gibt keinen Menschen ohne Probleme. Wir sind alle ein Teil dieser Gemeinschaft namens Mensch, dieser Gemeinschaft namens Menschlichkeit. Es gibt keine Verlierer oder Außenseiter. Es gibt keine besseren Menschen. Es ist eine Illusion zu glauben, dass es das Gute und das Schlechte gibt. Jeder Einzelne von uns trägt sowohl das Gute als auch das Schlechte in sich. Auf dem Holztisch liegt ein Buch. „J.M.W. Turner“ von Michael Bockemühl. Ich dachte mir, dass wenn ich in einer Bibliothek wie dieser bin, ich zumindest ein Buch in die Hand nehmen und kurz durchblättern muss. An den ersten Regalen da ich vorbeiging „Drogas“ wollte ich mich nicht unbedingt bedienen. Mittlerweile höre ich „Warriors of Light“ von Lula & Mischka. Wie ich die Bibliothek betrat gingen mir wieder unzählige Gedanken durch den Kopf. Warum studierte ich nicht für ein Semester im Ausland, zum Beispiel in Mexiko-Stadt? Da-…

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mals befand ich mich noch an einem anderen Punkt. Ich lebe immer nur jetzt. Jetzt ist der Moment, der zählt. Gerne würde ich heute mit Ma. Zeit verbringen. Aber es ist nicht die Realität. Ich brauche meinen Raum, ich muss noch die Dinge finden von denen ich weiß und spüre, dass sie das Leben bedeuten. Hier in Amerika kann ich mich treiben lassen, frei und einfach ich sein. In Deutschland gelang mir das aus welchen Gründen auch immer noch nicht. Selbst hier sitzend ist die Stimme im Kopf meiner Vergangenheit noch verdammt laut und stark. Das Schreiben ist nichts weiter als ein unproduktiver Zeitvertreib. Das Schreiben ist nichts wert. Stattdessen sollte ich etwas leisten und produktiv sein. Was dieses „produktiv sein“ letztlich darstellt weiß ich bis heute nicht. Also sitze ich einfach auf diesem Stuhl, spüre meinen Körper, atme tief ein und aus, berühre die eingelassene Oberfläche des Holzes, höre „Panflute“ von Salasacamanda Shamushpa, ein wenig die Geräusche der Stadt, habe meine Aufmerksamkeit auf diese Worte und Buchstaben gerichtet und bin mir gleichwohl gewahr, dass meine Sensoren sich auch ein wenig im Außen befinden. Ein wenig machte ich mir gestern Gedanken, da die beiden Zimmernachbarn meinten, sie seien für 16 Stunden in einem mexikanischen Bundesstaat im Gefängnis gewesen, da der elektronische Reisepass nicht anerkannt wurde. Heute entspanne

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ich wie bereits beschrieben einfach und lerne Mexiko von einer sehr schönen, von der menschlichen, von der kulturellen Seite kennen. Ich finde weiter zu mir. Gleichzeitig weiß ich, dass ich hier nicht für immer bleiben kann. Ja, ich könnte nach einer Wohnung suchen und mich ummelden. Aber ist es das was ich will? Ist es wirklich das was ich will? Möchte ich immer dieser stille Mensch sein? Habe ich mir nicht zu viel zugemutet? „Julian, du hattest einen sicheren unbefristeten Job im öffentlichen Dienst mit einem guten Gehalt. Für was hast du das aufgegeben?“ Ich akzeptiere diese Gedanken. Ich bin mit allem verbunden. Draußen vor der Bibliothek in der Calle Jesús Garcia befinden sich viele jüngere Menschen, die selbst hergestellte Waren verkaufen. Es waren viele Frauen dort, die ich anziehend fand. Gleichzeitig spürte ich, dass von ihnen gegenüber mir diese negative Energie ausging. Ich muss es akzeptieren. Ich darf es akzeptieren. Ich bin mit allem in Verbindung. Ich befinde mich im kontinuierlichen Prozess der Veränderung. Ich genüge. Ich genüge. Ich genüge. Ich kann mich unabhängig von den Meinungen anderer Menschen machen. Ich darf vertrauen. Ich genüge. Ich bin gut so wie ich bin. Ich vertraue mich bedingungslos dem Leben an. Ich lasse los. Ich atme tief ein und aus. Ich bin reich. Ich bin Liebe. Ich gebe Liebe. Ich bin frei. Ich bin dankbar. Ich bin geborgen. Ich nehme mich so an wie ich bin. Ich nehme all die Seelenanteile meines

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Selbst an. Ich empfange. Ich sende aus. Ich heile. Ich bin frei. Ich bin wertvoll. Ich bin im Einklang mit meinem Herzen. Ich befinde mich Seite an Seite mit den Mitmenschen. Wir sind alle miteinander verbunden. Ich halte und schütze mich.

12:40 Uhr

Das Notizbuch hat ungefähr 250 Seiten. Ich bin auf Seite 50 angelangt. Es geht immer schneller als gedacht. Ich bin dankbar für das Leben. Ich bin dankbar für das Leben. Ich weiß nicht, was am Montag geschehen wird, noch wo mich mein Weg letztlich hinverschlägt. Aber ich weiß tief in mir drin, dass ich genüge. Ich lasse los. Ich bin in der Tiefe mit meinem Wesenskern verbunden. Ich bin reich. Ich bin im kontinuierlichen Austausch mit meinen Mitmenschen. Ich bin Liebe. Ich pflege Beziehungen. Ich heile mich. Ich bin wertvoll. Ich sehe in meinem Gegenüber das Größte und das Göttliche.

Was wünsche ich mir zu machen:

  • Ma. eine Sprachnachricht zu schicken
  • „Heal your Heart“ weiterschreiben und die Fotos einpflegen
  • Wäsche waschen
  • J. bestätigen, dass ich die nächsten zwei Wochen bei ihm mitarbeiten möchte
  • Nach Tlatelolco gehen

13:01 Uhr

Gerade erhielt ich das Buch „Biblioteca / Vasconcelos / Library“ von einem sehr freundlichen und hilfsbereiten Angestellten in die Hand gedrückt. Im Vorwort von Felipe Garrido, der Academia Mexicana de la Lengua stehen die Worte: „La palabra

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hablada y la imitación de los otros son formas de iniciarse. La manera de profundizar es la lectura: en papel, un una pantalla, con los ojos, los dedos, los oídos. Nada puede remplazarla. No todos tienen las mismas oportunidades de acceso a la reserve de experiencia e información. Ni la occasion de expresarse oralmente y por escrito, de participar en las decisions. Las ciencias, las tecnologías, las artes, la vida política y social son privilegir de pocos. En un país donde muchos saben leer y escribir, pocos son los lectores.

Los libros suelen ser más brillantes, sabios, completos, pacientes, generosos ques us autores. Un escritor, un investigador ponen en sus obras lo major de ellos mismos; tienen tiempo para meditar sobre lo que escriben, documentarse, contrastar su información y sus ideas con las de otros, pulir sus palabras que es lo mismo que decir pulir su pensamiento y su capacidad de expresión. Con el libro se puede conversar donde sea, a cualquier hora, por el tiempo que se quiera. Milliones de seres humanos, en lenguas, tiempos y lugares diversos, los comparten y los sienten propios. Son vasos comunicantes entre culturas de muchas maneras diferentes y apartendas. Los libros – en papel, grabados, digitales –

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son un medio de formación, educación y actualización. Nos enseñan cómo otros han padecido dudas, sufrido duelos, afrontado obstáculos y buscado respuentas. Con los libros transcendemos el estrecho espacio en que vivimos: el cuerpo y la conciencia sitiados por la epidermis. Sólo los libros nos permiten conocer con detalle otras épocas.”

15:51 Uhr

Ich sitze gerade wieder auf dem Dach der Terrasse des Hostels. Gerade ist mein Bedürfnis nach einem Inkognito-Tab sehr groß. Ich frage mich, warum. Wieder weil es

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hier so viel Leben gibt, weil es viele hübsche Frauen gibt, weil die Energien intensiver sind und und. Ich hätte also die Möglichkeit, zu einer Prostituierten zu gehen. Welche andere Möglichkeiten habe ich noch? Ich könnte versuchen mit Ma. darüber zu sprechen, ich könnte es einfach akzeptieren, dass ich Unterstützung benötige. Sollte ich vielleicht zwischen dem was mich sukzessive triggert und dem wie ich am besten damit umgehe differenzieren? Warum unternehme ich diese Reise? Ich bin immer noch auf der Suche nach etwas. Ein wenig ist es dieser Reiz von dem Unbekannten, von dem Neuen, von dem Abenteuer. Gleichzeitig ist da diese Erkenntnis, dass ich in der Vergangenheit nur bedingt glücklich war. Jetzt fließen wieder sehr viele Themen zusammen, die die Inkognito-Tab-Sucht aktivieren könnten kurz vor meiner Transformation. Da ist die Kündigung des Berufes und meine fehlende Identifikation mit einer starken Aufgabe, da ist die fehlende Verpflichtung gegenüber anderen Menschen und einer Sache. Da ist das alleine reisen. Immer wieder springt in meinem Kopf der Schalter zwischen Ma. als Lösung für mein Leben, als Rettung und dem Abstoßen. Sicherlich möchte ich Sex mit ihr, sie berühren und mich mit ihr vereinen und gleichzeitig möchte ich sie mehr und mehr als Mensch, mit ihrer Person, mit ihrer Unsicherheit, in all ihren Facetten kennenlernen. Ich möchte gemeinsam mit ihr Herausforder-…

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ungen meistern, gemeinsam mit ihr erleben und Momente teilen, sie lieben und erobern. Aber ja, ich gebe es zu, aus irgendeinem Grund ist der Sex für mich sehr wichtig. Was also mache ich jetzt aus meinem Leben, wie geht es weiter? Ich könnte mich zurückziehen und in meinem Kopf irgendwelche Gedanken spinnen fernab der Realität. Ich könnte aber auch einfach entspannen und loslassen – wenn ich denn überhaupt entspannen und loslassen kann. Aber alles ist gut. Nicht erklärlich ist es mir, warum ich nach knapp 11 oder 12 Stunden Schlaf in der Nacht nun wieder dazu tendiere einzuschlafen. Es ist die Wärme, es ist das Laufen, es sind all diese Eindrücke und die unzähligen Menschen. Nichts spricht dagegen mich dreißig Minuten hinzulegen und zu entspannen. Ich kann nicht immer 100 Prozent machen, alles im Blick behalten und übernatürlich agieren.

La Basilika de Guadalupe oder das farbige-kleine Eckcafé – Freitag, 21. Juli 2023

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09:43 Uhr – Mexiko-Stadt

Tatsächlich glaube ich, dass unser Leben manchmal wundersame Richtungen einschlagen muss. Manchmal müssen wir Jahre lang suchen. Es ist erforderlich, dass wir immer den Glauben in uns bewahren, dass der Wandel, dass die Veränderung möglich ist. Es ist immer erforderlich, dass die Menschlichkeit an erster Stelle steht. Denn ohne die Menschlichkeit wäre alles nichts. Wir müssen uns gewahr sein, dass der wahre Wert

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unserer Beschaffenheit und unserer Gedanken zu etwas Größerem bestimmt ist. Wir mögen heute noch nicht vollumfänglich wissen, an welchem Ort wir letztlich Zuflucht finden werden, aber wir werden es spüren. Wir werden über kurz oder lang am eigenen Leib empfinden, was wir empfinden müssen. Es ist unser eigener Weg, der unweigerlich andere Menschen berühren und inspirieren wird. Früher oder später wird es soweit sein. Es gibt keine Alternative. Hier sitze ich also an einem kleinen Holztisch an der Ecke Guadalupe / Noe, trinke meinen zweiten Kaffee aus der handgemachten Kaffeetasse und spüre, dass ich in Amerika angekommen bin. Die Vereinigten Staaten von Amerika waren eine interessante Erfahrung, aber so ganz habe ich mich in dieser Welt nicht gefunden oder wohl gefühlt. Hier spielt sie wieder die Musik, hier gibt es zwar auch wieder den Verkehr, aber es ist ein Anderer. Er ist gemächlicher, langsamer, durchmischter. Ob ich mich wohl oder unwohl fühle spielt keine Rolle. Sollte ein Mensch ein Interesse daran haben mich umzubringen, dann soll er das machen. Nein, mir gehen zu viele Gedanken durch den Kopf aber nicht der Tod. Letztlich gleichen sich all die Großstädte dieser Welt. Sicherlich gibt es aufgrund der nationalen Gesetzgebung, aufgrund der Historie, aufgrund des Zeitgeschehens oder der lokalen Einflüsse Unterschiede. Jede Großstadt ist allerdings ein immenses Geflecht unterschiedlichster Wirkungszusammenhänge, es gibt all die unterschiedlichen Infrastrukturen, es gibt unsichtbare

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Kräfte, die sich auf all die Häuserzeilen und die Individuen auswirken, es gibt den Glauben und die Zusammenarbeit, es gibt all die Träume, Wünsche und Sehnsüchte. Kolumbien wird anders sein als Mexiko, dessen bin ich mir gewiss. Ich probiere es bereits jetzt in Worte zu fassen, es gelingt mir jedoch nicht. Immer noch ist da diese Aufregung in mir; sicherlich auch die Neugierde und die freudige Erwartung; die Aufregung allerdings überwiegt. Ein wenig ist da die Angst vor dem Unbekannten, die Angst vor dem nicht bestimmbaren, die Angst vor der Angst. Aber so wie ich mich in einem ständigen Prozess der Entwicklung befinde, so befinden sich allesamt die Menschen um mich herum in einem ständigen Prozess der Entwicklung. Und es ist ein Irrtum, dass es diese eine optimale Entwicklung gibt. Es gibt die unterschiedlichsten Arten der Entwicklung. So ist es eine Form des jeweiligen Seins wie diese Entwicklung zutage tritt. Die Sonne mag sich heben und scheinen Tag für Tag, aber der Prozess der eigenen Entwicklung vollzieht sich ein Leben lang und ist von den unterschiedlichsten Faktoren abhängig. Man könnte sogar sagen, dass es keine Rolle spielt, ob ich nun hier in diesem farbigen kleinen Eckcafé sitze und schreibe. Aber es stellt den gesamten Unterschied dar. Dieser Unterschied ist das Leben. Dieser Unterschied ist das Göttliche. Dieser Unterschied erfordert es man selbst zu sein. In

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einer guten halben Stunde werde ich bei der Basilika de Guadaloupe sein und ich mich vermutlich von Menschenmassen umgeben finden. Was mich exakt dorthin führte weiß ich nicht. Welche Erwartungen ich im Detail habe weiß ich ebenso wenig. Aber was ich weiß ist, dass kein Schritt vergebens ist, kein Wort ist vergebens, kein Gedanke ist vergebens, kein Gebet ist vergebens. Was wahrlich vergebens ist, ist der naive Glaube, dass ohne die eigene energetische Aufwendung ein Wunder sich vollziehen kann. Die eigene Energie muss immer wirken und wirkt immer. Die eigene Energie ist unendlich intensiv. Unsere Energieströme fließen kontinuierlich. Wieder denke ich an Ma. und an die Distanz und an unsere gemeinsamen Herzschläge und daran, was uns verbindet. Ich denke an Europa und an Deutschland, an meine Familie und Verwandtschaft, an Freunde und Bekannte. Ich denke daran, was ich wohl machen würde, wenn ich nicht hier in diesem farbigen kleinen Eckcafé an der Guadaloupe / Noe sitzen würde. Wo wäre ich stattdessen wenn nicht in Mexiko? Ich denke an John Irwings „Die Straße der Wunder“. Ich denke wieder, dass ich zu viel denke und zu viel fühle. Vieles geht mir seit jeher durch den Kopf und ich glaube, dass wir uns im Kopf bewegen um uns abzusichern und auf die Zukunft vorzubereiten, um Situationen einschätzen zu können und zu planen. Mindestens genau so wichtig ist es jedoch, dass wir uns fallen

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und einfach treiben lassen. Ich bin dankbar zu leben und diesen Tag erleben zu dürfen. Ich bin dankbar ich zu sein und mich ständig neu kennenzulernen.

12:41 Uhr

Ich sitze in der indigenen Kapelle bei der Basilika de Guadalupe. Ich bin müde. Ich lief oder pilgerte hierher. Wieder trug ich Erwartungen mit mir. Ich weiß nicht, ob sie erfüllt oder gestillt werden können. Ich weiß gar nicht so recht, welche Erwartungen ich da trug. Was ich allerdings weiß ist, dass diese Erwartungen in jedem Moment aufgelöst werden können. Hier in der vierten Reihe auf der Holzbank könnte ich jetzt einschlafen. Ich sollte vor Freude sprühen.

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16:57 Uhr – Bertico Café – Calle Fransico I. Madero

Es ist eine ausgesprochen lange Zeit für sechs Monate an einem Ort zu sein, auch wenn dieser Ort ein Kontinent ist. Aber für das eigene Sein ist dieser Ort je nach Sichtweise ein Gefängnis. Die gesamte Welt kann ein Gefängnis darstellen. Der Selbstmord ist letztlich der einzige Ausweg aus diesem Gefängnis. All die Drogen sind letztlich einzig Arten dieses Gefängnis zu ertragen. Wie ist es also möglich sich aus dem Gefängnis zu befreien? Lustig ist, dass ich beim Schreiben den Marinepullover mit den dunkelblauen-weißen Streifen trage. Es ist also doch möglich sich in der Realität zu bewegen und sie als das Paradies anzuerkennen. Es gibt die Möglichkeit, das Gefängnis auf nicht offiziellem Weg durch den Ausbruch, die Unterstützung von Mitgefangenen oder durch die Wärter zu verlassen. Des Weiteren gibt es den Weg, das Gefängnis nach offiziellem Absitzen der Zeit zu verlassen. Okay, weswegen schreibe ich nun aber über das Gefängnis? Wie kann es sein, dass sich der eine Mensch für einen sehr langen Abschnitt seines Lebens in einem Gefängnis der Gedanken, in einem Gefängnis der Angst, in einem Gefängnis der Unsicherheit bewegt, während sich der andere Mensch im Paradies bewegt, Freude mit der Gemeinschaft teilt, Liebe gi-…

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…bt und einfach das Leben genießt? Ich lese Erich Fromm und denke wieder an meinen Großvater. Wieder habe ich den Eindruck, dass ich nur bestimmte Gedanken denken darf oder nicht schreiben sollte, sondern etwas Anderes machen sollte. Wer entscheidet jedoch über das eigene Leben? Wer entscheidet jedoch über den eigenen Wert? Wer entscheidet über das eigene Glück? Bis zu einem gewissen Zeitpunkt die Eltern, bis zu einem gewissen Zeitpunkt das soziale Umfeld mit all seinen Einflüssen und Prägungen. Ab einem gewissen Alter sollte man sich jedoch von den Meinungen des Außen distanzieren beziehungsweise bereits von Ursprung an die eigene feste Meinung etc. schulen. Man sollte es von Kindesbeinen von der eigenen Mutter, von der Brust, mit der Muttermilch, bereits beim Akt der natürlichen Zeugung entwickeln. Man muss sich als Mensch auf seinem eigenen Weg früher oder später gewisse Fragen stellen. Man muss den Mut haben, das eigene Gefängnis der Angst und der Furcht zu verlassen und in der Realität, im Alltag, im kontinuierlichen Austausch mit anderen Menschen und in Beziehungen fortwährend lernen. Es gibt keine nennenswerte Alternative. Die einzige Alternative ist die vorher beschriebene. Jeder Mensch trägt ein Herz in sich, trägt Sehnsüchte und Wünsche, Hoffnungen und Erwartungen in sich. Der gesund entwickelte Mensch

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kann über seine Wünsche und Bedürfnisse reden, er erkennt, in welchen Bereichen er alleine nicht weiterkommt, wo er Hilfe benötigt und welcher Erwartungen er aufgrund bestimmter Prägungen in sich trägt, die eine gesunde Partnerschaft nicht wahrnehmen kann. Was sind also die Grundlagen einer gesunden Partnerschaft? Was sind die Zutaten für ein erfülltes Leben aus dem eigenen Selbst heraus? Was bedarf ein heiles Herz? Vertrauen. Vermutlich wiederhole ich mich, aber früher oder später muss ein Mensch das Vertrauen in sich und in seine Fähigkeiten entwickeln. Er muss erkennen, dass er selbst durch seine aufgewendeten Energien einen Unterschied darstellt, dass er selbst es ist, der durch die eigene Entwicklung des Selbst andere Menschen berührt und befähigt. Jeder Mensch hat seine eigenen Aufgaben im Leben zu erfüllen, jeder Mensch hat zentrale Lebensthemen, die sich immer wiederholen werden, bis er sie transformiert, bis er sie auflöst. Jeder Mensch kann sich die eigene Realität nach den eigenen Vorstellungen gestalten. Er wacht auf und wird bewusst. Er kann all die Träume und Wünsche umsetzen. Dabei muss er selbst entscheiden, wie viel Risiko er eingeht, wie viele Kompromisse er in Kauf nimmt, um sein gewünschtes Ziel zu erreichen. Durch einen jeden Tag den er erlebt sammelt er neue Herausforderungen. Er muss immer wieder Gewohntes auf den Prüfstand

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stellen, seine Komfortzone verlassen und den übergeordneten Sinn seines Handelns erkennen. Er darf sich mit einer gesunden Entwicklung nicht zurückziehen oder verstecken. Er muss sich zeigen, er muss Konfrontationen standhalten, er muss mit Herausforderungen umgehen, Konflikte klären und lösen. Er muss sich schlichtweg gesund abgrenzen und seinen Raum, seinen Platz in der Welt erobern. Früher oder später erkennt er, dass es keine Grenzen gibt, dass jeder Mensch – ungeachtet der Tatsache, welche vermeintlich signifikanten Errungenschaften er erreicht hat – auch nur Mensch ist. „Nur“ Mensch bedeutet, dass all die Energie die er aufwendet auch nur Energie ist. Er besitzt Schattenseiten und Schwächen, Ängste und Unsicherheiten, er begeht Fehler und er hat schlechte Tage. Es geht also nicht darum immer mehr und weiter zu streben, es geht nicht darum einzig das Perfekte und das Absolute zu erreichen, sondern die Summe der Dinge, das Gute und das Schlechte zu akzeptieren. Das Wichtigste in seinem Prozess der Entwicklung ist es, dass er sich als Mensch annimmt und die Menschlichkeit lebt. Er ist gut und geliebt mit all seiner Dunkelheit, mit seiner Aggression, mit seiner Wut, mit seiner Verzweiflung und mit seinem Hass. Sein Gefühlsspektrum ist grenzenlos. Ebenso liebt er, er ist traurig und beizeiten verloren, er ist freudig und erregt, er ist empfänglich und sensibel. Er darf berührt werden von den Momenten, er muss berührt werden von dem

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Leben, er muss taumeln und wache Nächte haben, er muss sich in der Unsicherheit befinden, damit das Tiefste in ihm zum Vorschein kommen kann. Er muss mit jeder Faser seines Seins der Mensch sein, der er in seinem tiefsten Inneren sein Leben lang war. Er trägt all die Schätze und Reichtümer des Universums bereits in sich. Vielleicht muss er zunächst Drogen und Eskapaden erfahren um dann in einem weiteren Kapitel, um dann auf einer höheren Stufe zu der Erkenntnis zu gelangen, dass all die inneren Sehnsüchte mit diesen Ablenkungen nicht gestillt werden können; viel schlimmer noch, dass seine Funktion in der Welt in Einklang mit den anderen Menschen immer stärker distanziert oder separiert wird. Er muss sich befreien. Er darf sich allerdings nicht aus dem Protest, aus dem Widerstand heraus befreien, nein, er muss sich aus der Liebe, aus der Annahme, aus dem Frieden, aus dem Einklang mit der universellen Freiheit befreien. Er muss schlichtweg leben in all seiner Freiheit, in all seiner Unverkennbarkeit, in all seinen Eigenarten. Er darf nicht unnahbar, oberflächlich oder distanziert sein, er muss in der Freiheit aufgehen, sich dem Leben und der Unvorhersehbarkeit anvertrauen. Bedingungslos. Ohne Kompromisse, ohne festzuhalten, ohne Geiz, Hass, Zwietracht oder Missmut. Er muss einfach aufgehen in der übergeordneten Strahlkraft sei-…

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nes Selbst. Er muss im Frieden leben. Dann befindet er sich im Paradies, dann ist er angekommen, dann haben seine letzten Fragen eine Antwort erhalten, dann empfängt er, was jedes menschliche Wesen durchströmt. Dann hat er sich voll und ganz dem Höheren übergeben.

19:03 Uhr – Hostel

Was habe ich wahrlich zu geben und was wünsche ich mir von den anderen Menschen? Wieder ist da diese Aufregung und die Ungewissheit, wo mich mein Weg hinführen wird. Ich habe zwei Hosts bei Workaway angeschrieben. Beide Projekte im Umkreis von Mexiko-Stadt sehen sehr spannend aus. Wenn ich ganz tief in mich hineinhöre ist da immer noch diese Unsicherheit und diese Traurigkeit. Aber ich kann ihr nicht entfliehen. Ich kann mich nicht zerreißen. Ich möchte so gerne einzig mein eigenes Leben leben. Ich möchte mich in der Beziehung mit einem anderen Menschen fallen lassen, ich möchte mich treiben lassen und einfach sein. Ich nehme mich so an wie ich bin. Was wünsche ich mir für heute, für morgen und für die nächsten Tage:

  • Offen sein und das Vertrauen in die Stimme meines Herzens kultivieren, loslassen und entspannen, mich treiben lassen und erden.
  • Gemeinsam mit anderen Menschen Dinge unternehmen, mich öffnen und anvertrauen, verletzlich sein und andere mit ihren Ideen sehen und unterstützen.
  • Schreiben und „Perpetuum Publishings“ weiter ent-…

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  • … wickeln, Traumfänger flechten und Murals malen, meditieren und Yoga machen, spanisch sprechen, offen und neugierig sein, mich den Wundern hingeben und einfach sein.

Ich vertraue darauf, dass mir die Dinge und Menschen begegnen, die mir begegnen müssen. Ich gebe mich bedingungslos dem Fluss des Lebens hin. Ich heile indem ich im ich selbst sein in der Gegenwart mit anderen Menschen, gemeinsam mit anderen Menschen mich selbst finde. Ich vertraue dem Prozess. Ich bin dankbar für mein Leben und für meine Gesundheit. Ich bin dankbar für die Besichtigung der Basilika de Guadalupe. Ich bin dankbar für das Telefonat mit Ma. Ich bin dankbar für das Frühstück und für den Spaziergang. Ich bin dankbar für den Palacio de las Bellas Artes. Ich bin dankbar für das Workaway-Profil. Ich bin dankbar für die Begegnungen mit den Menschen. Ich nehme mich so an wie ich bin. Ich vertraue bedingungslos dem Lebensfluss. Ich akzeptiere mich mit meinen guten und mit meinen schlechten Seiten. Ich wünsche mir das Heilige, die Wertschätzung, die Liebe, die Aufrichtigkeit, die Annahme, die Zentrierung, die übergeordnete Größe meines Seins und die Schönheit der Existenz anzunehmen. Ich wünsche mir Heilung. Ich wünsche mir Abenteuer und Wunder, Kreativität und Gemeinsamkeit. Ich wünsche mir mit meinen beiden

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Händen zu arbeiten, Bäume zu pflanzen, Menschen zu finden, mit denen ich gemeinsam entwickeln kann und mit denen ich mich einfach fallen lassen kann. Ich wünsche mir Austausch und Gemeinschaft. Ich wünsche mir Verbundenheit und Annahme. Ich wünsche mir Geborgenheit und Sein. Wieder stelle ich mir die Frage, was ich meinem Kind eines Tages mit auf den Weg geben möchte. Welche Werte, welche innere Einstellung, welche Mentalität möchte ich, dass es von Anfang an erfährt:

Mein Kind – Lass dich fallen, denn du bist gehalten im Zentrum des Universums.

19:52 Uhr

Okay, ich muss an einem anderen Punkt weitermachen. Ich spüre in mir dieses fehlende Gefühl. Wieder ist sie da die Passivität und Gleichgültigkeit. All die äußeren Reize sorgen dafür, dass ich wütend und aggressiv werde. Ich weiß, dass ich mich auf einem Weg befinde, aber ich weiß gleichzeitig, wie schnell ich beleidigt oder negativ werden kann. Aber ich habe Ma. kennengelernt. Wenn Ma. sagt, dass ich mir professionelle Unterstützung holen sollte, dann hole ich mir professionelle Unterstützung. Aber ich werde mir keine professionelle Unterstützung holen, wenn es ein anderer Mensch sagt. Ich möchte bereits jetzt vertrauen und einfach sein. Aber immer wieder ist mein Herz so blockiert und dunkel. Heute war der Drang nach dem Inkognito-Tab besonders groß. Ich sah auf dem Gelände der

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Basilika de Guadalupe all die jungen Eltern mit ihren Kindern oder Babys, lachende Familien und die Schönheit und den Reichtum des Lebens. Und in mir war es so kalt, so leer, so dunkel und so tot. Ich wünschte mir mein Herz herauszureißen und durch ein Anderes zu ersetzen. Aber ich habe nur mein eigenes Herz. Jeder Mensch hat seine eigenen Themen. Jeder Mensch befindet sich auf dem Weg. Ich sehne mich so sehr nach Gemeinschaft und nach Liebe, aber ich stoße ab. Ich stoße ab. Ich bete für das Vertrauen. Ja, ich bete für das Vertrauen. Die Tarotkarte des heutigen Tages ist „Der König der Stäbe“. Dort ist von den Worten optimistisch und tatkräftig, motivierend und voranbringend die Rede. Ja, vielleicht ist es mein erwachsenes Ich, das Verantwortung übernimmt und sich selbst als den Schöpfenden der eigenen Realität sieht. Oder es ist J. von der Hosting-Farm. Ich weiß es nicht. Meine innere Stimme ist so trügerisch. Wieder denke ich, dass die anderen Leute hinter meinem Rücken über mich reden, wieder ist da diese Mittelfinger-Mentalität. Im Prinzip sollte ich diesen inneren Schmerz jetzt betäuben. Um ihn wegzudrücken, um ihn nicht zu empfinden, um mich abzulenken und wieder im Außen zu verlieren. Aber ich entscheide mich bewusst dagegen, ich übernehme die Verantwortung, ich schreibe, ich atme, ich spüre meinen Körper.

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Was kann ich in den nächsten Tagen also konkret machen, um meinem ureigenen Selbst näher zu kommen?

  • Weiter den Blog-Eintrag „Heal your Heart – El Diario“ schreiben und mit den Fotos ausstatten
  • Lieben und vergeben
  • „Die Kunst des Liebens“ von Erich Fromm weiterlesen
  • Darauf vertrauen, dass das Schicksal mir die richtigen Momente zuspielt.

21:34 Uhr

Ich bete für Reichtum. Ich bete für die Liebe. Ich bete für die Annahme meines Seins. Ich bete für Entspannung. Ich bete für die Aussöhnung mit meinem inneren Kind. Ich bete für Heilung. Ich bete für Verbundenheit. Ich bete für die Freude. Ich bete für die Schönheit. Ich bete für die wahre Größe meines Seins. Ich bete für die Liebe. Ich bete für die Wahrheit. Ich bete für Reichtum. Ich bin reich. Ich bin Vertrauen. Ich nehme mich so an wie ich bin. Ich lasse los. Ich vertraue mich bedingungslos dem Universum an. Ich bin geschützt. Ich bin Liebe. Ich wertschätze und respektiere mich. Ich ziehe gesunde Grenzen. Ich kommuniziere, was mir auf der Seele liegt. Ich bin dankbar für das Schreiben. Ich bin dankbar für den Reichtum meines Seins. Ich nehme mich so an wie ich bin. Ich bete für „Perpetuum Publishings“. Ich bete für die Menschen, die mir auf meinem Weg begegnen. Ich bete für die Verbindung. Ich bete für die Offenheit und Wert-…

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schätzung. Ich bete für meine Eltern. Ich bete für meine Großeltern. Ich bete für O. Ich bete für meine Verwandtschaft. Ich bete für die Stadt Weil am Rhein. Ich bete für Ma. Ich bete für T.H. Ich bete für Europa. Ich bete für M. Ich bete für L. Ich bete für D. Ich bete für Le. Ich bete für B. Ich bete für K. Ich bete für D. Ich bete für Ja. Ich bete für La. Ich bete für Bi. Ich bete für Ba. Ich bete für Da. Ich bete für An. Ich bete für Mar. Ich bete für A. Ich bete für Frau F. Ich bete für den Wandel. Ich bete für G. Ich bete für Iohan. Ich bete für D. Ich bete für E. Ich bete für Hamburg. Ich bete für Nürnberg. Ich bete für den Frieden in meinem Herzen. Ich bete für die Wahrheit. Ich bete für die Heilung. Ich bete für den Reichtum. Ich nehme die Dinge so wie sie kommen. Ich akzeptiere und wertschätze mich. Ich vertraue mich bedingungslos dem Universum an. Ich halte mich. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe. Ich bin Liebe.

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Ich akzeptiere mich.

Der großblättrige Mandelbaum oder Rafael – Donnerstag, 20. Juli 2023

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11:17 Uhr – Los Angeles International Airport

Ohne Probleme bin ich durch die Sicherheitskontrolle gekommen, habe mich heute morgen noch einmal mit Rafael, dem Mexikaner getroffen und mit ihm die Kontaktdaten ausgetauscht. Wieder ist da das Ringen mit meinen Träumen, wieder ist da diese Rebellion in meiner Brust. Aber ich akzeptiere es, ich versinke tief im Zentrum meines Seins, aber ich bin dankbar dafür, ich bin gesund und ich lebe. In rund fünf Stunden werde ich in Mexiko-Stadt sein, weiter vertrauen und auf den Zufall Rücksicht nehmen. Immer noch stellt sich die Frage, wo ich eine Fotografie des Notizbuches machen werde. Die Kräfte sind sehr intensiv und ich muss schauen, worauf ich meine Energie und Intentionen richte, was ich mir wünsche und was ich weiter für Sehnsüchte habe. Das 2-Gigabyte-Limit der Internetseite ist aufgebraucht, wenn ich also weitere Fotos aufnehmen sollte, dann empfiehlt es sich, dass ich diese update.

Ungefähr 12:30 Uhr – Flugzeug, Terminal B, Gate 201, Sitzplatz no. 38B

Ich fühle mich wie eine Sardelle und bin gleichzeitig froh, dass ich rechtzeitig meinen Flug erhalten habe. Zu lange saß ich da und schrieb, trank Kaffee und stellte dann irgendwann fest, dass das Terminal noch 15 Minuten entfernt ist. Was wird mich auf mexikanischem Boden erwarten? Wie laut wird es in

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der Stadt sein, werden sich die Wege fügen? Die „Bhagavad Gita“ samt der Sandalen musste ich im Hostel lassen. Warum ist mir das Gepäck so wichtig? Heute erhielt ich wieder zwei bis drei sehr schöne und ermutigende Blicke am Flughafen. Was aber sagen sie? Was spüre ich in Momenten wie diesen? Was geht in mir vor? Ich fühle mich wohl und gesehen, ich bin dankbar und in Liebe. Ich bin geborgen und kann mich fallen lassen in dem Moment. Ich bin gespannt, was mich in Mexiko erwarten wird. Was ist das Highlight dieser Reise? Kann ich mir ein besonderes Ziel setzen? Ich darf einfach loslassen und vertrauen. Ich darf mich fallen lassen und dankbar sein, ich darf mich einfach sammeln und sein. Ich darf einfach sein, entspannen und den Fügungen des Universums vertrauen. Ich darf einfach tanzen im Einklang mit dem Kosmos und mit all den Menschen, ich darf diese ewigliche Freiheit annehmen und mich im gewahr sein dessen festhalten und sein. Ich denke an Ma. Wieder erscheint sie weit entfernt. Ich denke an ihren Garten und an ihre Pflanzen. Ich denke an das Mural, dass ich noch malen werde gemeinsam mit anderen Menschen. Ich denke an die wahre Größe meines Seins. Ich wachse ins Unermessliche. Der Blog wird seinen tieferen Sinn haben. Ich kann das Schicksal nicht erzwingen, ich darf einfach sein und empfinden. Ich darf einfach genießen und annehmen. Die Tarotkarte des heutigen Tages war „Der Narr“. Es passt sehr

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gut, da ich einfach mit einer gewissen Naivität durch die Welt gehe. Ich schreibe glaube ich, weil ich jenseits all dessen was um mich herum geschieht einfach so sein kann wie ich bin. Ich kann mir die schönsten Welten und Wunder ausmalen. Ich kann fliegen und ein neues Land erschaffen, ich kann Ma. besuchen und bei ihr gemeinsam bis an mein Lebensende bleiben. Ich kann danken. Ich kann sein.

14:24 Uhr – Irgendwo über den Wolken beziehungsweise über dem Pazifik

Tatsächlich könnte ich jetzt Angst haben vor dem was vor mir auf mich wartet, vor dem Faktor Unbekannt, vor der Sprachbarriere oder der kulturellen Differenz. Ich könnte mir Gedanken über all die Kriminalfälle oder Ähnliches machen. Ich könnte mir Gedanken darüber machen, dass in Lateinamerika Journalist*innen nicht so erwünscht sind. Aber würde mich das glücklich machen? Nicht ohne Grund zog ich heute die Tarotkarte „Der Narr“, nicht ohne Grund lebe und atme ich, nicht ohne Grund befinde ich mich auf dieser Reise. Denn ich glaube, dass ich diese Reise nie angetreten hätte, sofern ich keine Fragen hätte. Ich höre „To Make the Impossible Possible“ und Tränen kommen wieder in meine Augen. Das eigene Leben – das Leben im Allgemeinen – kann beizeiten so rätselhaft und unverständlich sein. Aber dann sind es wieder die kleinen Dinge, die exakt den Unterschied darstellen. Ich

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könnte aufgeben, weil ich mir sagen kann, dass ich aufgrund der Umstände nicht dazu bestimmt bin, Bücher zu verkaufen. Ich könnte mich der Illusion hingeben, dass das Außen mächtiger ist als ich selbst. Aber ich lebe und ich atme, ging heute morgen mit den beiden Rucksäcken zu der Metrostation „Wilshire / Western“, schrieb eine E-Mail an den Kaffeeproduzenten, schickte Ma. eine Sprachnachricht und fand an der Ecke vor dem Eingang des Terminals B am Flughafen den Menschen mit so klaren Augen, dem ich im Nachhinein hätte Geld geben sollen. Ich darf akzeptieren, dass ich meine Zeit für mich brauche, dass manche Dinge schneller und einfacher von der Hand gehen und andere wiederum einen Prozess von einer Dekade oder gar einem gesamten Leben darstellen können. Mache ich mich zum Opfer oder werde ich mir gewahr, dass es nichts gibt, das unmöglich ist? Ist es letztlich von Bedeutung, ob ich am Ende meines Lebens 100 Länder besucht haben werde? Wer richtet und wer entscheidet, wer ist es der lebt und definiert, wer genießt und wer ist sich gewahr, dass es jenseits der eigenen Existenz Dinge gibt, die uns als Menschheit mit den Tieren und mit den Pflanzen – mit der Natur und Umwelt im Allgemeinen – verbinden? Es erscheint mir gleich einem Mysterium, dass ich in drei Wochen auf dem Cerro de Monserrate stehen werde. Aber es ist die Realität. Du kannst

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nicht vor etwas wegrennen, was dir an der nächsten Straßenecke unweigerlich wieder begegnen wird. Du kannst deine Augen nicht vor dem Offensichtlichen verschließen. Du musst es akzeptieren. Das Wunder mag uns beizeiten einzig in einem anderen Sein Tatsache sein. Aber wir sind das Wunder. Jenseits von vorgefertigten Pfaden sind wir im Kern alle auf der Suche. Es ist die ewigliche Sinnsuche des Kollektivs. Es ist die Erfordernis das aus dem Gleichgewicht Geratene wieder zu korrigieren. Wir brauchen die Erdung, wir brauchen die Zentrierung, wir brauchen das Unerklärliche. In all den Formen und Facetten mag uns erscheinen was Gott ist. Aber wir sind ein Teil dieses Großen und Ganzen. Wir sind so eng es nur geht mit dem Mysterium verwoben, dass es ein Teil von uns ist, dass wir vergessen, wer wir dachten zu sein, und uns in der Gemeinschaft in dem Miteinander finden. Wir stehen alle jeden Tag von Neuem auf, wir halten uns gegenseitig, schützen uns und ermächtigen uns selbst dazu unsere Flügel auszubreiten. Es gibt kein Zurück. Nicht für das Individuum und nicht für das Kollektiv. Du kannst die Konsistenz der Materie nicht alleinig damit überprüfen, indem du auf die Dinge klopfst. Du musst vertrauen. Du musst beten. Du musst flehen. Du musst weinen. Du musst durch all den Schmerz gehen. Du musst

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fallen und du musst Fehler machen. Du musst letztlich scheitern. Das Licht der Erkenntnis muss auf deine Augenlider fallen. Niemand kann es für dich erkennen. Du musst deinen eigenen Weg gehen. Du musst in deiner Welt versinken, du musst kontinuierlich das Vertrauen in das Gute und in die Schönheit, in die Liebe und in die Vollendung schüren. Auf dem Weg gen Morgen gibt es einzig Erfahrungen. Die schmerzlichsten Erfahrungen sind die Wichtigsten. Denn sie spiegeln uns, wie wichtig das kontinuierliche Aufwenden der Energie ist. Wir könnten Stunde um Stunde, Tag um Tag, Woche um Woche und Monat um Monat an dem Flecken in unserer Gewohnheit und Bequemlichkeit bleiben. Aber wir entscheiden uns stets bewusst dafür, eine andere Richtung einzuschlagen. Ob der Momente der Vergangenheit mögen wir verzweifelt sein, oder eine negative Einstellung gegenüber Gott und der Welt entwickelt haben. Aber wir wachen dennoch einen jeden Tag von Neuem auf, wir sammeln dennoch einen jeden Tag von Neuem Erfahrungen, wir dürfen uns dennoch jeden Tag von Neuem treiben lassen. Worin liegt aber letztlich der zentrale Unterschied begründet? Worin liegt der Unterschied begründet, ob wir es sind, die die Geschicke des Schicksals in der Hand haben, oder ob uns das Universum umherschubst? Am Wichtigsten ist es immer das Vertrauen zu bewahren. Vertrauen im Einklang mit dem Glauben versetzt Berge. Es ist das Vertrauen in unsere Flug-…

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künste, es ist das Vertrauen trotz jedweder Turbulenzen früher oder später wieder den sicheren Boden unter den Füßen zu erhalten. Es ist das Vertrauen einfach zu sein und gleiten zu können, es ist das Vertrauen durch die Summe der täglichen Aufwendungen und all der Energien früher oder später an den Punkt zu gelangen, da wir uns als Kinder und bereits vor unserer Geburt befanden. Es ist das Betreten des Paradises und der Göttlichkeit, es ist das Gefühl jenseits alles Rationalen. Sicherlich könnte ich auf dieser Reise einen falschen Abzweig nehmen, ich könnte fallen und mir ein Bein brechen und und und. Aber da gibt es diesen Teil in mir, der perfekt in seiner Essenz und Kraft ist, der niemals auch nur annähernd daran zweifelte, dass die Wahrheit letztlich das ist, das zählt. Wir tragen alle funkelnde Kinderaugen als Spiegel unserer Seele, wir sind alle auf der Reise, wir tragen alle Unsicherheiten, Ängste und Zweifel in uns. Und gleichzeitig tragen wir all die Liebe, all die Würde, all die Geisteskraft und all den Glauben in uns, dass es nichts gibt, das unmöglich ist. Auf individueller oder gesellschaftlicher Ebene mag es beizeiten Situationen geben, die nicht machbar erscheinen. So oft wurden wir enttäuscht, so oft rannten wir gegen die gleichen Wände, so oft rafften wir uns auf – nur um wenig später wieder entmutigt zu werden.

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Aber ich sitze hier und schreibe. Und sollte ich in weiteren 33 Jahren immer noch in einem Flugzeug, in einem Zug oder in einem Bus sitzen und alleine schreiben, dann ist es das, wozu ich bestimmt bin. Rafael erzählte mir heute morgen, dass er zwei Bücher auf diese Reise mitgenommen hat. Es ist das Buch eines Schamanen und das eines mexikanischen Unternehmers, der kurz vor dem Abschluss seines größten Geschäftes festgestellt hat, wie leer und bedeutungslos sein Leben tatsächlich ist. Bei der Fahrt von der Union Station zum internationalen Flughafen mit dem Busshuttle fuhren wir an dem Four Level Intersection vorbei als auch auf der Route 110. In beiden Fahrtrichtungen gab es sechs bis acht Fahrstreifen. Überall Fahrzeuge. Sicherlich lässt sich die Frage stellen, ob es unser zivilisatorischer Fortschritt ist. Manchmal müssen wir alleine in der Abgeschiedenheit weinen, damit uns die Stimme Gottes erreichen kann. Wir müssen den Mut haben, aus dem Raster zu fallen, um letztlich wieder das Raster zu prägen. Wir müssen handeln. In unserem Leben liegt der Sinn begründet. Unser Wirken ist die Bedeutung unserer Existenz. Lange ließe sich darüber spekulieren, was der wahre Sinn des Lebens wirklich ist. Je nach Religion oder Bildungshintergrund mögen die Blickwinkel leicht unterschiedlich sein. Wenn wir diese verschiedenen Sichtweisen jedoch im Detail miteinander vergleich, dann werden wir feststellen, dass sie im Kern die gleiche

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Wahrheit tragen. Ja, sicherlich können wir um die ganze Welt reisen, doch werden wir letztlich das eigentlich Bedeutsame nicht finden. Wir müssen alleine durch die Dunkelheit gehen. Wir müssen den Kampf mit all den Schatten und Dämonen fechten. Wir müssen kurzfristige Kompromisse eingehen, um am Ende des Tages mit der gesamten in uns ruhenden Kraft die übergeordnete Größe der menschlichen Existenz in Erfahrung zu bringen. Wie sehr wir an weltlichen Dingen hängen bleibt uns überlassen. Im Angesicht der Begrenztheit werden wir das Übernatürliche unweigerlich manifestieren. Wir sind alle auf der Reise. Wir mögen uns beizeiten wiederholen. Aber auch das ist erforderlich, damit unser Unterbewusstsein Stück für Stück weiter aktiviert wird, damit die Macht des zeitlosen Elixiers unsere Mitte berührt und wir aus diesem ewigen Schlaf aufwachen um zu sein. Wir sind der Wandel. Wir sind die Veränderung. Wir sind der Unterschied.

AG-12 – Mittwoch, 19. Juli 2023

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09:00 Uhr – Sitzplatz no. 7 irgendwo im Los Angeles County State auf den Schienen

Die Versiegelung nimmt zu, die Sonne triumphiert, der Kaffee war wieder umsonst und ein wenig Schlaf gab es in dieser Nacht. Für wen schreibe ich? Ja, für wen schreibe ich? Der Tag ist noch zu jung um diese Frage zu beantworten. Was habe ich heute vor? Unendliche Dinge werden es freilich nicht sein. Ich möchte an der Union Station ein weiteres Mural erblicken und fotografieren, in der Unterkunft einchecken, in das „The Broad“-Museum und eventuell an den Pazifikstrand gehen. Ich möchte schreiben und den Blog weiter aktualisieren. Ich möchte Ma.s Stimme hören. Ich möchte bei ihr sein. Ich möchte tief ein- und ausatmen. Eventuell möchte ich Downtown besuchen. Ja, ich bin mir gewahr, dass es zu viele Dinge sind, dass ich noch ein wenig müde bin und den Mexiko-Flug einchecken muss. Alles in Ordnung, man lebt schließlich nur einmal. Ich bin dankbar für meine Gesundheit. Ich bin dankbar für dieses Leben. Ich weiß nicht, welcher Mensch ich sein werde, wenn

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ich das nächste Mal wieder Los Angeles betreten werde. Wie oft habe ich dann Krishna Das gehört? Wie viele Schritte bin ich dann gegangen? In wie vielen Zügen werde ich gesessen haben? Auf welchen Bergen stand ich? Wie viele Liebe werde ich gespürt und geteilt haben? Die Freude aus dem Innen ist das Wichtigste, dass wir als Menschen haben. Nur wenn wir selbst im tiefsten Zentrum unseres Seins im Frieden und im Einklang sind, dann können wir auf Herzensebene einen Mehrwert für unsere Mitmenschen leisten.

09:27 Uhr – Hinter San Bernadino an der Station Riverside-Downtown

Wieder ist meine Erwartung hoch, was die Stadt der Engel anbelangt. Vielleicht sollte ich meine Erwartungen schlichtweg beerdigen. Ich weiß, dass ich noch einmal die Einsendung an das Literaturhaus.ch wagen muss. „Er weiß, dass seine Reise hier zuende gehen wird, auf diesem Feldbett in diesem Wagen…“, „Lilienthals Traum“ von Reinhard Mey. Aus welcher Richtung weht mein Wind? Wieso gehe ich nicht einfach noch einmal auf den Hollywood Forever Cemetery, lege mich ins Gras und warte darauf, bis mich ein Blitz der größeren Sorte trifft? Warum schreibe ich? Warum kapsle ich mich ab? Was sind meine Ziele im Leben? Wer liest noch? Wonach sehnen sich all die Seelen dieser Erde? Was bedarf es jenseits der Liebe für ein zufriedenes und glückliches Leben? Wo ist meine Gemeinschaft? Wann werde ich mich mit meinem Herzen an dem Ort meiner Wahl oder an dem Ort der

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Alternativlosigkeit niederlassen? Was ruft sie meine innere Stimme? Ewigliche Repetition ohne roten Faden; wer hält sie noch in der Hand, die goldenen Zügel? Wer prägt und gestaltet noch? Wer widmet sich noch dem Prozess der Zeitlosigkeit? In welche Bahnen werden all die Zellen gepaart mit den geistigen Ergüssen gelenkt? Schreiben, warum schreiben? Sonne, warum Sonne? Alles und Nichts kreischt, denn an den guten Tagen, da die Sorgen sich transformierten und der Wind der Veränderung die Kunde des Wandels brachte, da hat sich alles relativiert und die Antwort lodert leuchtend klar vor unser aller Augen.

09:46 Uhr

Und ich ging all die Wege durch die fernen Galaxien, betrat Räume nicht klarer Erhabenheit, doch fing mich immer, denn durch meine Füße sprossen Wurzeln. Ich ging da ich ging da ich ging nicht ohne Grund. Ich mochte mich beizeiten verirren und einem Wurm gleich winden, im Kern veränderte sich die Materie jedoch nur marginal. Ich versinke im Zentrum meines Seins. Dem stoischen Buddha gleich harre ich aus ob der Eventualitäten. Denn die Monde kreisen gleich Sonnen über unseren Köpfen. Verloren bin ich nicht, denn im April diesen Jahres erblickte ich meinen personifizierten Nordstern. Verloren bin ich nicht, denn dafür besitze ich noch zu viel Tinte und zu viele Geschichten in meinem Herzen. Wie in „Big Fish“ bin ich der alte Mann, der Anekdoten aus der Vergangenheit erzählt und letztlich weiß niemand mehr, was davon wahr

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und was erfunden ist. Ich versinke tief im Zentrum meines Seins. Seite 19 dieses neuen magischen Notizbuches, das ich zu Beginn der Jahres auf italienischem Boden nach dem Besuch und nach dem Besteigen des Mailänder Domes erwarb. Extra für sie kehrte ich noch einmal an den Punkt zurück, da sich unsere Blicke in der Zeitlosigkeit verhedderten, extra für sie ging ich all die Schritte mit meinem schlagenden Herzen, extra für sie wagte ich es mich zu blamieren, extra für sie wurde ich mir gewahr, was es letztlich bedeutet Zeitlosigkeit inkarniert zu haben. Aber tut es etwas zur Sache? Die Landschaft ist prächtig. Die Playlist „Uplifting 2“ ist zuende, ich bin gespannt, was ich heute Abend als erstes essen werde. Ich genüge. Überall stehen ausrangierte Wohnmobile. Man sollte sie alle zusammenschließen und loslassen.

13:31 Uhr – Los Angeles Rumi Hostel

Ich bin wieder zurück, frisch geduscht und unschlüssig, was ich heute machen soll. Meine innere Stimme ist so still geworden. Ich habe heute noch nichts gegessen. Ma. habe ich gesagt, dass ich an den Strand gehe. Es dauert allerdings relativ lange. Worauf habe ich Lust? Wonach ist mir? Ich habe heute wieder nicht den besten Tag.

13:40 Uhr

Wenigstens habe ich die erforderlichen Informationen für den Flug morgen nach Mexiko zusammen und warte nun auf meine Bordkarte. Ich freue mich auf die Hauptstadt. Mit welcher inneren Haltung und Einstellung gehe ich in dieses neue Land? Mit welcher Energie betrete ich das Hostel? Was wird mich dort erwarten?

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Was fühle und was spüre ich? Was wünsche ich mir?

  • Anderen Menschen offen und wertschätzend begegnen
  • Loslassen und vertrauen
  • Akzeptieren und sein
  • Mich so annehmen, wie ich bin
  • Respektieren, wertschätzen und danken
  • Offen für all die Möglichkeiten und Herausforderungen sein.

18:53 Uhr

Ich liege im Hostelbett. Ich bin ausgesprochen müde. Ich lese die Worte: „Our elders have much to say, often not in words… / sometimes only with a quiet smile or in the way they hold an ear of corn. / Today, as for all time, there are two worlds: / the world of prevailing culture and the world of Tradition and Spirit, …” des Fotografen Gail Russells aus Taos. Wohin führt mich mein Weg? Was habe ich in der Hand und was darf ich dem Universum überlassen? Wo muss ich aktiver warden? Ich habe eine E-Mail erhalten mit Empfehlungen zu Kaffeeproduzenten in Huila, Kolumbien. Ich hatte eine Antwort bereits längst abgeschrieben. Für wen mache ich überhaupt diesen Blog? Sollte ich jetzt nicht einen Rückflug buchen und zu Ma. gehen? Muss ich mir eingestehen, dass ich gerade nicht meine beste Zeit habe? Was ist bloß los mit mir? Was fühle ich? Warum ziehe ich mich immer zurück? Warum bin ich so sehr von den Meinungen anderer

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Menschen abhängig? Was übergebe ich dem Universum voller Vertrauen? Wo darf ich noch weiter einfach sein und loslassen? Wo ist das Göttliche in mir im gegenwärtigen Moment? Was sind meine Stärken? Was kann ich gut? Wo darf ich noch besser werden? Was wünsche ich mir aus tiefstem Herzen? Die Menschen besser kennenlernen, mich als lebendes und fühlendes Wesen besser verstehen und in den Armen und in den Herzen der Anderen fallen lassen. Ich wünsche mir eine Gemeinschaft. Ich wünsche mir Gleichgesinnte. Aber warum liege ich dann hier mit den Kopfhörern und schreibe? Warum gehe ich nicht einfach in den Gemeinschaftsraum? Was mache ich? Wie frei bin ich? Die letzten Tage in Abq hatte ich meinen Altar, nun sind hier wieder all die Einflüsse. Ich verliere mich. Ich sehne mich nach dem gesellschaftlichen Austausch. Aber wo fange ich damit an? Ich möchte viel lieber vor Euphorie und Motivation sprühen. Welchen Beitrag leiste ich? Was habe ich zu geben? Worauf richte ich meine Aufmerksamkeit? Was ist der Wert des Schreibens? Was verleiht mir Kraft? Was werde ich morgen am Flughafen machen? Was wünsche ich mir innigst? Welche Schritte gehe ich? Was nur mache ich? Welche Vorstellungen und Imaginationen – aber auch welche Erlebnisse und Eindrücke – sollen in diesem Notizbuch no. 53 einen Raum finden? Was gab mir die Begegnung mit A. zu lernen? Was mache ich? Was ist „Perpetuum Publishings“?

Chief Standing Bear – Dienstag, 18. Juli 2023

09:35 Uhr

Alles und nichts geht mir durch den Kopf. Ich könnte ausflippen. Ich kann mich nicht mein gesamtes Leben lang kontrollieren und beherrschen. Ich brauche meinen Raum und meine Energie. Irgendwie muss ich mich halten. Ich atme tief ein und aus. Ich atme tief ein und aus. Ich atme tief ein und aus. Ich atme tief ein und aus. Ich atme tief ein und aus. Was sind Punkte, an denen ich die kommenden Wochen, Monate und Jahre arbeiten möchte?

  • Ich selbst in der Gemeinschaft mit anderen Menschen zu sein
  • Meinen Platz finden und immer weiter verschönern
  • Meine Lebensenergie und Werte mit anderen Menschen teilen
  • Mich annehmen wie ich bin
  • Loslassen und vergeben.

11:16 Uhr

Ich sitze im Standard Dinner an der Route 66. Ich habe ausgecheckt. Die beiden Rucksäcke, die zusammen vermutlich 80 Kilogramm wiegen befinden sich in der Rezeption. Ich trage einzig eine kleine Tasche bei mir, mit dem Notebook und der Cusco-Umhängetasche. Die Nacht war unruhig. Am Morgen habe ich geduscht und gepackt. Ich habe mit Ma. telefoniert. Die Servicekraft im Hotel sagte zu mir so wie jeden Morgen „Good morning sweetie“. Die andere Dame sagte zu mir, dass ich wiederkommen solle. Ich bin zufrieden. Ich glaube, dass es ein guter Abschluss aus Albuquerque sein wird sofern ich aufgrund der Klimaanlage nicht erfroren bin. Es muss ein Temperaturunterschied von 20 Grad sein. Danach gehe ich in die öffentliche Bibliothek. Ich habe viel an mein Masterstudium gedacht. Ebenfalls an die…

12:55 Uhr

Ich sitze in der öffentlichen Bücherei in Albuquerque. Es ist ein sehr schöner Ort. In meinem Magen befinden sich der Breakfast Burrito (vegetarisch), ein Americano mit braunem Zucker und Creamer sowie zwei eisgekühlte Limonaden (dank Refill!). Ich bin am Ende von Notizbuch no. 52 angelangt. Acht Seiten verbleiben mir noch zu digitalisieren. No. 53 „togetherness“ habe ich bereits angefangen. Aber wo geht die Reise hin? Wie viel habe ich in der Hand und wie viel Verantwortung und Kontrolle muss / darf / sollte / möchte ich abgeben? Werde ich jemals in meinem Leben wieder in Albuquerque sein? Werde ich einmal in Sedona übernachten und wandern? Was ist mit Arizona, was mit Utah, was mit Nevada und was mit Oregon? Werde ich von Bolivien aus weiter nach Argentinien und dann nach Chile reisen? Warum nicht Paraguay? Warum nicht Uruguay? Mit welchem Privileg kann ich so mir nichts dir nichts reisen? Was wird sich am Ende in „togetherness“ wiederfinden? Welche Träume werden auf den Seiten stehen? Welche Träume werden davon in Erfüllung gehen? Welche Träume sind schlichtweg nicht dazu bestimmt manifestiert zu werden? Wo sollte ich langsamer machen, anhalten, achtsam sein und stillschweigend das Naturspektakel um mich herum bewundern?

Albuquerque Landmark – Old Main Library 1925

Lohnt sich diese Internetseite überhaupt? Nach der Installation des Plugins habe ich eine Handvoll Aufrufe. Sicherlich, ich träume von Hunderten, von Tausenden, von Millionen von Aufrufen. Woran liegt es, dass einzelne dazu bestimmt zu sein scheinen ihre tiefsten Sehnsüchte auszuleben und im Reichtum zu schwelgen?

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14:09 Uhr

Ich bin froh, dass ich im Zug von Albuquerque nach Los Angeles schlafen kann. Ich habe das Notizbuch no. 52 abgetippt. Dafür bin ich sehr dankbar. Gleichzeitig stehen jetzt die nächsten Punkte und Schritte an. Worauf möchte ich mich im Wesentlichen konzentrieren?

  • Übersetzung von „Change – Veränderung beginnt bei dir!“ ins Englische zu „Change – It start’s with you!“ – Stand: Seite 8 bis 256
  • „Heal your heart – El Diario“
    • Übersichtsseite mit den unterschiedlichen Teilen (Links)Fotos aktualisieren und einfügen – Karte mit den Reiseorten
    • Hintergrundinformationen und Motivationen der Reise, Aufgaben und Herausforderungen
  • „Tengo mucho sueños“ dijo la oruga y se fue – Blogeintrag und Trailer erstellen
  • „365 days of writing – the stats“
  • “Those Sacred Places”

16:03 Uhr – Albuquerque Train Station

Ich sitze im hinteren Abschnitt des Wartebereichs. Zugverspätungen gibt es also nicht nur in Europa. In rund einer Stunde soll der Zug einfahren. Ich schwitze ziemlich. In dem Restaurant und in der Bibliothek war es auf rund 22 Grad hinuntergekühlt. In der Unterkunft redete ich noch eine Weile mit dem Manager. Rund

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15 bis 16 Dollar kann man dort pro Stunde verdienen. Es gibt schlechtere Tätigkeiten, denn auf einem Stuhl zu sitzen und Fernsehzuschauen. Meine Schreibunterlage ist ein Flyer des Indian Pueblo Cultural Center. Ich bin dankbar mit Ma. telefoniert und Notizbuch no. 52 digitalisiert zu haben. Die Erforderlichkeit der Dinge ist grundsätzlich. Ich nehme mich so an wie ich bin. Ich öffne mein Herz und meine Arme weit für die Herausforderungen und Wunder dieser Welt. Ich bin frei und frage mich, was dieser 39-jährige Julian für ein Leben führen möchte. Reist er wieder noch alleine umher, sucht er noch oder hat er bereits gefunden, was ist aus seinen Büchern geschehen, welche Beziehungen hat er, hat er Kinder und wie viel Geld hat er verdient? Wo wohnt er, hat er ein Nest, hat er einen intakten Freundeskreis, hat er einen indigenen Namen, auf welche Erfolge kann er zurückblicken, hat er die Stimme seines Herzens besser lieben gelernt? Wie viele Sternschnuppen hat er gesehen, womit verbringt er seine Lebenszeit, wie gut spricht er spanisch, was wünscht er sich und was träumt er nachts? Es gibt viele Fragen, die beantwortet werden können, es gibt viele Ausblicke und Ausflüchte, viele Spekulationen und Illusionen. Ich nehme mich so an wie ich bin. Wieder wollte ich etwas machen, was mir jedoch aufgrund der Mü-…

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digkeit nicht mehr einfällt. Doch, es fällt mir wieder ein und zwar ist es eine Liste all der Menschen zu erstellen, die ich bislang in meinem Leben kennenlernte. Inklusive der Übersicht der Länder aus denen sie ursprünglich kommen und in die sie gezogen sind. Ich habe es neben unzähligen anderen Punkten im Hinterkopf. Das Gute beim Schreiben ist, dass du egal wo du dich befindest dein eigenes Zuhause schreiben, beschreiben oder zeichnen kannst. Ich weiß jetzt schon sehr stark, dass ich Albuquerque, den 47. Bundesstaat New Mexico, Los Angeles, Californien und die Vereinigten Staaten von Amerika vermissen werde. Es gibt immer Punkte, die besser sein könnten oder die gar negativer auffallen. Aber das gilt es zu akzeptieren und anzunehmen.

Wenn ich auf meine Karrierelaufbahn zurückblicke frage ich mich, welche Top-3-Kernpunkte diese Reise hat und inwiefern sie für andere Menschen einen Mehrwert darstellen kann:

  1. Die Welt und mich selbst besser kennenlernen (Offenheit, Neugierde, Vertrauen, Mut, Authentizität, Integrität)
  2. Mich treiben lassen, dem Moment und den Fügungen des Universums vertrauen und achtsam sein (Akzeptanz, Intuition, Achtsamkeit)
  3. Verantwortung für meinen eigenen Weg übernehmen und mit Intentionen und Kontinuität meinen eigenen Träumen und Zielen folgen.

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Wieder bin ich froh, dass ich hier kein Internet habe. Es kapselt mich ein wenig ab, gleichzeitig trägt es dazu bei, dass ich mich hier auf den Moment konzentriere. Ein Gedanke, der mir nun schon seit Längerem im Kopf herumgeistert ist, welche Kooperationen oder Partnerschaften ich eingehen möchte. Im Prinzip steht es entgegen meiner Werte und Einstellungen, aber ich möchte es machen, ich weiß, dass ich etwas machen muss. Welche Unternehmen, Organisationen, Kooperationspartner gibt es also?

  • Paperblanks
  • Montblanc
  • Deuter
  • Apple
  • Allbirds
  • Beuerhof
  • Strumpffabrik
  • Polarsteps
  • Maps.me
  • Warmshowers
  • European Cycling Foundation
  • Couchsurfing

Okay, irgendwie läuft es nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe. Also doch wieder einfach mein eigenes Ding machen? Ich möchte jedoch nicht mein gesamtes Leben lang dieser Lonesome Wolf sein. Was spricht meine innere Stimme? Was soll aus „Perpetuum Publishings“ werden? Was ist der Wert

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von „Perpetuum Publishings“? Soll Umsatz generiert werden, wie viel Umsatz soll generiert werden, welche Synergien knüpfe ich, bin ich überhaupt der Mensch, der ein eigenes Unternehmen gründen und führen kann? Was ist meine Lebenszeit wert, was ist mein Wort wert, in welche Richtung trägt mich das Morgen? Genüge ich mich mit dem Schreiben oder netzwerke ich, halte ich meine Augen offen nach neuen Möglichkeiten? Mit wem möchte ich in der Zukunft meine Zeit verbringen? Wie kann ich auf der Reise meine erforderlichen Dinge organisieren? Wie viel Organisieren ist gut und wie viel ist zu viel? Welche innere Einstellung habe ich? Was wird aus meinen Notizbüchern? Was wird aus der Digitalisierung meiner Notizbücher? Was ist mein größter Wunsch? Was bereitet mir am größten Freude? Was geschieht morgen in Los Angeles? Was mache ich die gesamten Stunden auf der Zugfahrt?

Ja, ich möchte den Blogeintrag „Tengo mucho sueños“ abtippen, ich möchte entweder „Siddharta“ oder die „Bhagavad Gita“ lesen, ich benötige einen Kaffee, ich werde weiter Videos aufnehmen und mich entweder an dem Blogeintrag „Those Sacred Places“ weiter ausleben oder „365 days of writing. The statistics“ zusammenfügen. Vielleicht sollte ich auch einfach loslassen, dem Zufall vertrauen, auf die Gallup-Frau warten, mich in Gedanken zu Ma. bewegen oder anfangen meine Zeichenfähigkeiten zu verbessern. Tränen kommen in meine Augen. Ich höre „Warriors of Light“

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von Lulu & Mischka. Ich spüre, wie mein Vertrauen wieder größer wird und wie wichtig es ist, all die Zeit in Amerika mit dem erwachsenen Julian und mit seinem inneren Kind zu verbringen. Vertraue dich einfach dem Moment an, lasse los und treibe im Einklang mit dem ewigen Lebensfluss, übernehme die Verantwortung für die Dinge, die in deiner Macht liegen und gebe Impulse an den Orten, die vermeintlich jenseits deines Wirkungsradius‘ sich befinden. Sei einfach und sei davon ganz schön viel, lasse dich fallen und kultiviere in den Myriaden von Momenten die Freude und die unbändige Kraft in deinem Innen. Lasse dich von Rückschlägen nicht entmutigen, sinke immer tiefer in das Zentrum deines Seins und spreche offen aus, was dir auf der Seele liegt, um gemeinsam mit Gleichgesinnten und Weggefährten all die Wünsche zu manifestieren, die dazu bestimmt sind manifestiert zu werden. Lasse nicht locker wenn es darum geht deiner eigenen Farbe auf den Mauern der grauen Hausfassaden einen Platz einzuräumen. Trinke aus den reinen und heiligen Quellen das Wasser, singe des Nachts am Lagerfeuer mit den Kojoten und fliege mit den Aguilas. Denn du wurdest dazu bestimmt die Welt ein kleines Stückchen mitzugestalten, zu bewegen und zu verändern, Herzen zum Leuchten zu bringen und Brot zu teilen. Letztlich ist alles gut so wie es ist. Das darfst du annehmen.

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Tief in dir kennst du bereits all die Antworten. Mache dir keine Gedanken um das „Was wäre wenn?“, sondern gehe einfach erhobenen Hauptes gen Morgen auf dem Pfad der Erleuchtung. Lasse dich dabei nicht lenken von den Versuchungen am Wegesrand, sondern behalte dein Ziel im Auge und richte gleichwohl chamäleongleich deine Aufmerksamkeit im 360 Grad Winkel rund um dich herum. Vertraue. Liebe. Sei. Gebe. Danke. Segne. Vergebe. Denke. Handle. Akzeptiere. Wünsche. Lerne. Eine. Fühle. Spüre. Gestalte. Erschaffe. Denn im Angesicht eines neuen Morgens, ja da fand ich mich. Im Angesicht eines neuen Morgens, ja da erblickte ich das Licht. Im Angesicht eines neuen Morgens, ja da eine ich einem alchemistischen Adepten gleich die Zutaten aus den Gefäßen in unterschiedlichen Größen, um aus der tiefsten Tiefe des Universums zu schöpfen und in der übergeordneten Strahlkraft meines Seins mich baden zu können. Immer noch glaube ich, dass du sehr eigen sein musst, um dein eigenes Meisterwerk auf die Erde zu bringen. Und so bleibt dir letztlich nichts anderes übrig, als all die bewussten Stunden des Seins zu atmen, zu spüren und zu wirken. Denn wir alle agieren Seite an Seite um den Bau der Zeitlosigkeit Realität werden zu lassen. Wir sind die Menschen, die in der Verantwortung der Gemeinschaft die Last der Welt auf unseren Schultern ruhen lassen dürfen.

So viel habe ich bereits geschrieben und langsam, …

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ja ganz langsam glaube ich, dass ich meine Gabe gefunden habe. Ich kann es nicht erzwingen. Du kannst es nicht erzwingen Klavier zu spielen, es muss aus dir heraus kommen. Du kannst die beste Lehrerin der Welt haben, aber wenn es nicht aus dir selbst herauskommt, dann ist es nicht bestimmt, dass du Erfolg haben wirst.

18:21 Uhr – Albuquerque Southwest Chief Train

Unsere Verspätung beträgt nun über zwei Stunden. Der Zug steht immer noch. Heute soll der heißeste Tag seit langem in Albuquerque gewesen sein. Dafür muss ich kein Fernsehen schauen. Der Kontrolleur meinte „That guy in there, isn’t doing any good job“ mit Verweis auf den Kollegen, der die Sitzplatztickets verteilte. Ich spüre viel Nervosität und Anspannung. Ich genüge. Ich nehme mich so an wie ich bin. Morgen werde ich recht gerädert in LA wach sein. Ich sollte in den „Observation Car“ mit den Cocktails gehen. Ich glaube, es wird eine sehr lange Fahrt werden. Ich erde mich. Ich verwurzle im Boden. Aber alles ist gut. Das Leben ist manchmal befremdlich und anstrengend. Es sollte aber immer wieder die Phasen geben, da die Freude und die Neugierde überhand nimmt. Letztlich gibt es niemanden, der für dein Leben verantwortlich ist, außer du selbst. Ich darf dem Schicksal vertrauen. Ich darf dem Neuen vertrauen.

19:03 Uhr

Der Southwest Chief Train hat sich

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wieder auf die Reise gemacht. Um seiner Länge nach gerecht zu werden müsste ich schreiben, dass er sich durch die Landschaft schleppt. Aber er ist nicht schwerfällig. Wieder könnte ich Honeggers „Pacific 231“ hören. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Tamales gegessen. Zudem befindet sich in meinem Papiertray noch eine Portion gefrorenes Gemüse sowie ein Kaffee mit Creamer und mit Zucker. Das Gemüse landete versehentlich in der Gefriertruhe und da ich nach vegetarischem Angebot fragte erhielt ich diese Packung umsonst. Ich stelle mir vor, dass die Worte die ich schreibe Gewicht haben. Nicht jeder 33-jährige Deutsche sitzt an einem Dienstagnachmittag mit dem Notizbuch no. 54 auf seinem Schoß im „Observation Car“ des Southwest Chief Train auf dem Weg an die Westküste. Nicht jeder 33-Jährige kündigt seinen Job um in die Ungewissheit zu rennen, um sich egal wo er sich befindet in Gänze von seinem Umfeld abschotten zu können und sich dem Prozess des Schreibens hinzugeben. Der Erfolg kann nicht erzwungen werden. Er entsteht aus der Alternativlosigkeit. Nicht ohne Grund habe ich gerade die Kartusche mit neuer Tinte gefüllt. „Encre Bleu Nuit“. Morgen werde ich mir irgendwo in der Nähe Hollywoods einen neuen Tintenflakon kaufen. Auch wenn mein Gepäck zum Bersten gefüllt ist, für einen Tintenflakon muss immer Platz sein. Die Sonne bricht durch die Wolkendecke. Ich stehe vor der Wahl

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weiterzuschreiben, Kaffee zu trinken oder die Landschaft mit dem Smartphone aufzunehmen. Du bist dein eigener Kapitän. Du bist für dein eigenes Schicksal verantwortlich. Egal wo du dich auf dieser Welt befinden magst, egal wie verzweifelt deine Situation erscheinen mag, egal wie viele Schulden du hast, egal wie du aussiehst, egal welchen Hintergrund du hast, du hast in einem jedem Moment die freie Wahl, die Veränderung zu begründen. Ich stelle mir vor, – und ja, ich weiß, wie verrückt es ist – dass so wie ich in LA aus dem Zug aussteige tausende von Kameras auf mich gerichtet sind. Wir sind alle Reisende auf diesem Planeten. Wir sind alle die Erobererinnen und Eroberer des Morgens. Wir wirken alle gemeinsam mit die Zukunft zu begründen. Wir sind alle auf dieser Erde um das noch nicht Begründete zu ersinnen und zu manifestieren. Über dir mag alles zusammenbrechen, das Flugzeug ist abgestürzt und explodiert in Santa Fe, du fühlst dich wie „Donnie Darko“ doch behältst innerlich die Ruhe und den Überblick. In deinem Kopf gibt es die Stimme die sagt, dass du aufhören solltest mit den Worten auf dem Papier, aber du fängst erst so richtig an. Es ist ein weiterer Abschied, es ist ein weiterer Aufbruch, es ist ein weiteres Kapitel in der unendlichen Geschichte des BKR. Du bist nicht du,

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wenn du nicht du bist. Ich höre die „Bright Star of Bogotá“-Playlist. Das Koffein dringt in mein Blut. Wieder tausende Flausen im Kopf. Die Ungewissheit gepuncht mit der grenzenlosen Neugierde und dem winzigen Fünkchen Hoffnung nach dem „Was wäre wenn…“. Was wäre wenn mich das Schreiben tatsächlich den Durchbruch erschaffen lässt? Was wäre wenn ich tatsächlich mit dem Schreiben Erfolg habe? Früher war das Schreiben nur das Schreiben. Aber auf dieser Reise spüre ich mehr und mehr, dass das Schreiben das Leben ist. Es gibt schlichtweg keine Alternative. Das Schreiben ist die ultimative Herausforderung eines verzweifelten Mannes. Das Schreiben ist „Lucy“ und das Schreiben ist „Ohne Limit“. Ich werde hier sitzen bis all die Anderen schlafen gegangen sind. Ich werde bleiben bis zum Schluss. Ich kam um diesen freien Platz zu finden, um zu schreiben und um zu bleiben. Die Erde erwacht. In deiner Seele die Explosion gepuncht mit der Evolution. Es ist das Leben 4.0. Jedes Gefühl, jeder Gedanke, jede Farbe, jedes Wort, jede Emotion ist zig Mal so intensiv. Julian, schreibe etwas Gutes. Schreibe nicht 0815-Zeug um die Seiten zu füllen, sondern schreibe etwas Gutes. Schreibe etwas ausgesprochen Gutes. Schreibe etwas woran die Leute erkennen, dass es keine Alternative gibt zu diesem Schreiben. Entführe die Leute, verzaubere sie und verwirre sie. Nehme sie an die Hand, um sie dann an einem unbestimmten Flecken in der dunkelsten Finsternis alleine total paralysiert und verstört zurück-…

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zulassen. Schreibe, weil es um dein Leben geht. Schreibe, weil es dein Leben ist. Schreibe, weil du irgendwann in der Zukunft mehr als zwei Rucksäcke und die Cusco-Umhängetasche als dein Zuhause bezeichnen möchtest. Wie zum Teufel soll dir jemand einen Brief schreiben? An welche Adresse? Wohin? Was machst du mit diesem Notizbuch namens „togetherness“? Was wird bis du in Bolivien auf dem 6.000er stehst geschrieben haben? Wie wird sich die Beziehung zu Ma. verändert haben? Was machst du? Was zum Teufel machst du? Was willst du in deinem Leben erreichen? Wieder nichts als Fragen… also was willst du? Was zum Teufel machst du? Wer steigt in Gallup ein und aus? Was siehst du? Was fühlst du? Was lässt dein Herz höher schlagen? Was lässt dich einen Purzelbaum machen lassen? Woran denkst du in der Abgeschiedenheit? Wer ist bei dir, wenn niemand bei dir ist? Wo ist Ma.? Warum ist der Platz links und rechts von dir leer? Worauf baust du deine Träume? Was ist dein Glaube? Wie groß ist dein Glaube? In welche Richtung gehst du? Was siehst du in den anderen Menschen? Was siehst du in deinem Gegenüber? Wonach ist dir gerade? Das Lied das ich höre trägt dazu bei auf einer abnormal großen Achterbahn durch die Winkel und Gefilde des Universums mit nicht zulässiger Geschwindigkeit zu fahren. Dort klopfe ich bei M. an die Türe, dort lebt er, dort ist sein Zuhause, dort ist die Zukunft, dort ist

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alles möglich, dort gibt es die größte Party, die in etwa eine Kombination der besseren Sorte von Mallorca-Ibiza-Nature 1-Burning Man-Lolapalooza-Wonderland-Southside darstellt. Du bist dabei ein Triptychon der dritten Klasse, eine niederschwellige Zwielichtgestalt, eine Ausgeburt des Teufels, ein Mormone, ein Zeuge Jehovas, ein Sikh, ein Buddhist, ein Hindu, ein koptischer Christ, ein Nihilist, ein Gnostiker, eine Wundergestalt. Und das Licht bricht durch. Ja, das Licht bricht durch die zerstörte Wolkendecke. Jeder einzelne Mensch auf der Welt mag dich für verrückt erklären, aber wenn du in der Stille in den Spiegel blicken kannst und im Zentrum deines Wesenskernes dieses Größere siehst, wenn deine Augen funkeln und es rebellierend pulsiert dein Herz, wenn du gibst und schreibst, wenn du liebst und nimmst, wenn du stolperst und fällst, wenn du humpelst und vor Schmerzen in der ewigen Weite der Wüste schreist, wenn du weißt, wie sich Antoine de Saint-Exupéry, Carlos Ruiz Zafon, Haruki Murakami und Tolstoi gefühlt haben, dann weißt du was es bedeutet ohne Grenzen in diesem Zug in aller Seelenruhe im oberen Abteil gemächlich schreiben zu können, tief ein- und auszuatmen, wenn du nachts von Quesadillas, Nachos, Tacos und Burritos träumst, wenn du grüne Paprika bestellst und dich fragst, ob ein Mensch mit rot-grün Schwäche den Unterschied schmecken würde, wenn man ihm die andere Farbe hinstellt… du fragst dich, wann letztlich deine linke Hand zerbricht und

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wie es sein mag lebend in einem Sarg oder in einem Kryokonservierungsbehältnis dich zu befinden, aber du bist weil du bist und hast bereits jetzt Angst vor der Unterkunft im Zentrum Mexiko-Stadts, weil du beizeiten unfähig bist zu sprechen. Wir wirken alle mit bei diesem ewiglichen Spektakel des Lebens. Es gibt keine Außenseiter oder Randgestalten. Es gibt einzig Menschen. Es gibt einzig Gewinnende. Es gibt einzig Superheldinnen und Superhelden. Es gibt einzig Ma. und mich in diesem Universum, alles dreht sich nur um uns und ich bin der größte Narzisst. Wir wirken alle mit in diesem kosmischen Spektakel bis irgendwann jemand das Licht ausknipst.

20:26 Uhr

Ich hörte Zack Hemseys „Coming Home“, Gänsehaut durchdringt mich ob der Faszination der Landschaft, der Friede in meinem Herzen wird immer größer und ich vergesse was es bedeutet zu leben. Es ist mir im Moment absolut gleichgültig, welches Jahr, welche Stunde, welche Erde etc. pp. Es ist, da ich mich befinde. Selbstverständlich war der Kaffee-Refill für mich kostenlos. Tränen fangen wieder an sich in meinen Augen zu bilden. Gott ist groß in Amerika. Gott war bereits groß in Kolumbien und in Peru. Aber Gott ist in den USA eine Andere oder ein Anderer. Ich weiß, dass ich noch einen weiten Weg vor mir habe. Ich fange gerade erst damit an mir gewahr zu werden was es bedeutet zu leben, ich fange gerade erst an zu begreifen was es

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bedeutet zu lieben. Ich atme tief ein und aus. Das größte Erdbeben das jemals auf dem blauen Planeten festgestellt wurde geschieht. Mir fällt es wie Schuppen von den Augen. Hier im „Observation Car“ des Southwest Chief Train zwischen Albuquerque und Gallup wird es mir bewusst. Ich muss nicht länger suchen. Ich habe das Wichtigste gefunden. Ich muss in meinem Leben nach nichts mehr streben. Alles ergibt einen Sinn, weil sich jeder Sinn relativiert hat. Ich genüge. Ich bin die Liebe. Ich bin das Licht. Ich bin der Sinn. Ich bin die Antwort. Ich bin das Wunder. Ich könnte über einen Jungen Namens Jackson schreiben, versuchen wie Michael zu singen, den Füllfederhalter die Toilette hinunterspülen und die 14,5 gefüllten Seiten aus „togetherness“ zerreißen – aber nein, ich schreibe einfach weiter. Ich schreibe weil ich glaube, ich schreibe für mein inneres Kind, ich schreibe für Ma., ich schreibe für meine Familie, ich schreibe für meine Kinder und für meine Enkelkinder, ich schreibe für den Wandel und den Neubeginn, für die Veränderung und die Metamorphose, ich schreibe für den kleinen blauen Vogel und die grüne Raupe, ich schreibe für die Loslösung von dem Alten und für das Dritte Jahrtausend. Ich schreibe für all die Menschen dieser Erde, für das Glück und die Erfüllung, für den Frieden und die Arbeit. Ich schreibe für meinen Nordstern. Ich schreibe für die Fülle und für die Gesundheit meines Herzens. Ich schreibe aus der Liebe für die Liebe. Ich schreibe „From

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Dusk till Dawn“. Ich schreibe für die Freiheit. Ich schreibe für all die Kaninas und die Ringelganter dieser Erde. Ich schreibe für die oder den nächsten US-Präsidenten. Ich schreibe für Summe der Teile. Ich schreibe für das Wasser dieser Erde und für die Rechte.

21:08 Uhr

Übersicht, der erarbeiteten / sich in Erarbeitung befindlichen Perpetuum-Buchexemplare

Keine Ahnung, wo mich mein Pfad hinführen wird. Wir sind in Gallup. Ich versinke immer tiefer im Zentrum meines Seins. Vielleicht wird sich gleich die Gallup-Lady neben mich setzen. Ich sitze wieder auf meinem Sitzplatz, auf Sitzplatz no. 7. Gut Ding will Weile haben. „Good Will Hunting“. Ich versinke immer tiefer im Zentrum meines Seins. Ich glaube, dass der amerikanische Kontinent für jede Idee ein ausgesprochen fruchtbarer Boden ist. Ich bin zufrieden. Was ist mein Tagwerk? Es ist das finale Abschreiben von Notizbuch no. 52, es ist das Gehen mit meinen zwei schweren Rucksäcken an einem der heißesten Tage durch Albuquerque zum Bahnhof. Es ist das Schreiben und das Schweigen. Es ist der Glaube. Es ist das Telefonat mit Ma. Es ist die Liebe. Es ist der Atem. Es sind die Schläge meines Herzens. Es ist mein Puls. Es sind meine Gebete. Es ist die Hoffnung. Es sind die Träume und die Wünsche. Es sind die Sehnsüchte. Mexiko zieht mich. Übermorgen werde ich um die Uhrzeit bereits vor der Kathedrale im Zentrum der Hauptstadt gestanden haben. Ich bin zufrieden. Immer noch habe ich nicht den blassesten Schimmer davon in welche Richtung mein weiterer Weg verlaufen wird. Ich bin in eine Gruppe von Informatikern hineingeraten. Aber es ist okay. Sie sehen verdammt entspannt aus. Grundsätzlich fühle ich mich wohl unter Nerds. Der Zug steht. Ob ich die Inder aus dem Hotel in Aguascalientes wiedertreffen werde? Alles verändert sich. Alles ist dem Wandel der Zeit unterlegen. Nichts währt für die Ewigkeit. Wir sprießen alle gleich Pilzen aus dem Boden, sind alle den Irrungen und Wirrungen der undurchdringlichen Gefilde unterlegen und reißen uns beizeiten um Nichtigkeiten gleichwohl wir uns tief im Innersten gewahr sind, dass es das nicht wert sind. Wir sind der Friede. Wir sind die friedlichsten Lebewesen, die seit jeher geschaffen wurden. Wir fühlen ewiglich weit. Wir vergeben in den dunkelsten Nächten im Jahr 2023 so wie im Jahr 2048. Wir dringen immer tiefer in die Materie ein. Wir sind gute Menschen. Wir sind die Potentiale und die Würdentragenden. Wir sind die Machenden. Wir sind die Gestaltenden. Wir schreiten voran ohne Angst und finden unseren individuellen „Indian Touch“. „Red Shell Jewelry“ ist mehr als eine Fassade, Las Vegas meine nächste Destination und der Durchbruch nur eine schlechte Übung mit den kleineren Fingern. Gleich verlorenen Fischen im Ozean der Endlichkeit zappeln wir allesamt umeinander. In Anbetracht der Tatsachen habe ich ein weiteres Déjà-vu. Déjà-vus wohin ich auch gehe und sehe auf dieser Reise. Man könnte auch meinen, dass ich ein ausgesetzter R2D2-Absolvent aus der Galaxie 96903338584 bin. Aber es tut im gegenwärtigen Moment nichts zur Sache. Nonsense. Wieder sollte ich meine Chakren befragen, wie sie sich fühlen oder was sie benötigen. Sie schreien immer noch allesamt (ich glaube zu siebt) Liebe, Liebe, Liebe, Liebe. Sie sind groß. Sie sind weit. Sie sind ewig. Sie singen im Chor gleich gregorianischen Mönchen in den Katakomben einer Kathedrale. Sie sind das Salz der Erde. Sie sind die Durchtriebenheit jenseits von gut und böse. Sie sind die Antwort. Sie rennen im Stadion um einen neuen Weltrekord aufzustellen. Sie sind die Leuchttürme und die Richtungsgebenden. Sie heilen. Sie sind die wahren Menschen. Sie sind die Fehler und die Irrtümer. Sie sind die „Mr. Robot“s. Sie sind das Ende vom Lied. Sie sind der Neubeginn. Sie sind die Myriaden von Wundern auf dem Weg gen See Genezareth. Wieder Nonsens hoch vier. Aber es ist in Ordnung. Ich muss es wagen. Jeder Mensch muss es stets wagen seinen eigenen Weg zu gehen. Ich bin gut so wie ich bin. Ich halte mich. Ich freue mich darauf, mir in Cusco die Cusco-Umhängetasche no. 2 zu kaufen. In meiner gegenwärtigen trug ich eine zerdrückte Banane recht lange umher. Aber es ist in Ordnung. Denn ich spülte sie wieder mit kaltem und klarem Wasser aus. Ich reinigte sie. Ich heilte sie. Ich hielt inne um das Notwendige zu machen. Ich freue mich darauf, bald Ma. zu umarmen. Ich lasse los. Ich tauche immer tiefer in den Ursprung der ewiglichen Existenz ein. Ich bin Liebe. Wir alle sind Liebe. Acht Milliarden Seelen kamen auf die Erde um diese Liebe zu multiplizieren und um zu heilen. Wir sind alle Heilung. Wir sind alle die Erobererinnen und Eroberer des Dritten Jahrtausends nach Christus. Unsere Herzen werden durchspült von den ewiglichen Impulsen der Innovation und des Fortschritts. Wir sind die Innovation. Wir sind der Fortschritt. Wir sind das Momentum. Wir sind der Impulsgeber. Wir sind Seite an Seite ein ewiglich strahlender riesiger Leuchtturm. Wir sind das Höchste der Gefühle. Wir sind die Schönheit. Wir sind die lodernden Flammen in den langen Nächten in der Glut all der Träume und Sehnsüchte. Wir sind angekommen auf dieser Erde. Wir sind erwacht. Wir kennen keine Grenzen oder falschen Vorgaben. Wir kennen einzig das Hinterfragen und das neu erfinden. Wir kennen einzig die Freiheit. Wir kennen einzig die Kreativität.

The Stone – Montag, 17. Juli 2023

Notizbuch no. 53 „togetherness“

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17. Juli 2023 – Albuquerque
Dear Journal! Hello. How are you doing? Embrace faith.

11:08 Uhr

Im Prinzip hätte ich drei Minuten – bis 11:11 Uhr – warten sollen, um mit diesem Schreiben zu beginnen. 19 Chief Standing Bear-Briefmarken liegen auf meinem Tisch, ein Waterfall-Briefmarkenbogen ebenso, das Dennis Chavez Federal Building inklusive der Sicherheitskontrolle kenne ich nun von innen, ich glaube, es wird eine gute Woche.

17:17 Uhr

Ich sitze auf dem Bett. Ich bin müde. Vor dem Fenster wieder der Knoten mit den vier Himmelsrichtungen – Panamerican-Highway und Route 66. Ähnlich wie beim Nabel der Welt in Cusco mit den vier Achsen. Der Americano war gut. Es war wieder der Deckel mit dem SOLO Traveller. Ich laß, dass es die beste Pizza Amerikas sein soll da ich den Kaffee holte. Ich sinke immer tiefer ins Zentrum meines Seins. Es könnten all die Städte dieser Welt abgerissen werden und ich würde immer noch hier versunken im tiefsten Zentrum meines Seins sitzen und schreiben und Musik hören. Gerade höre ich die „Shamanic Rituals“-Playlist mit einem Song namens „Water“ von Tarun Nayar. Vermutlich bin ich verrückt. Aber ich bin in meinem Körper. Die Erde zieht mich verdammt stark an. Der Himmel ist blau. Ich bin zufrieden. Gleichwohl ist das Tageswerk noch nicht vollbracht. Das Textdokument „Notizbuch no. 52“ hat 16 Seiten, 8.505 Wörter, 42.188 Zeichen exklusive Leerzeichen und 743 Zeilen. Ich habe es heute zwischen 10:00 und 11:00 Uhr begonnen. Ich transkribiere das Handgeschriebene. Irgendwann bevor das Tageslicht des 18. Juli 2023 meine Augen erreicht werde ich mit der digitalisierten Niederschrift fertig sein. Vermutlich ist es keine sonderlich gute Mission heute entlang der Route 66 joggen zu wollen bei Temperaturen gleich dem Tal des Todes. Aber ich akzeptiere es. Ein wenig Orangensaft mit Fruchtfleisch habe ich noch im Kühlschrank. Chief Standing Bear blickt von dem Spiegel am Schreibtisch auf mich. In 20-facher Ausfertigung. Darunter das New Mexico-Nummernschild mit dem Zia-Symbol. In drei Tagen werde ich in Mexiko sein. Land no. 38. Was hat es für einen Sinn? Diese Frage stellt sich nicht. Ich glaube, dass ich 0,5 Seiten der Bhagavad Gita gelesen habe. Morgen werde ich in der öffentlichen Bücherei in Albuquerque sitzen. Morgen um 16:20 Uhr im Southwest Chief Train gen Westküste. Ich frage mich, was die oder der angehende US-PräsidentIn sehen und denken würde von diesem Platz in diesem Zimmer no. 220 im Roadway Inn. Welche Gedanken würde der Mensch denken, welche Einstellung hätte er, welchen Puls und welchen Intelligenzquotienten? Welche Farbe seine Augen und welche Farbe seine Haut, welchen Glauben und welche Gebete, welche Schutzheiligen und welche Hoffnung, welche Träume und welche Wünsche, welche Ahnen und welche Familienmitglieder? Welche Bücher gelesen und welche Musik gehört, an welchem Ort hätte er sich selbst gebildet mit der Unterstützung und Forderung von Persönlichkeiten? Würde er ein Instrument spielen? Welche Musik würde er hören? Wie oft wäre er bis zu jenem Zeitpunkt ins Kino gegangen? Wie viele Sternschnuppen hätte er gezählt? Welche Worte würde er in der Stille in seine imaginären Notizbücher schreiben mit all der Garantie und dem Vertrauen, dass diese Worte in der Zukunft im Werden der Gemeinschaft Realität werden würden? Welche Samen würde er säen, auf welcher Erde, mit wessen Unterstützung und wie oft würde er jene wässern? Welche Glaubenssätze trüge er in seinem Innen? Welches Selbstverständnis hätte er gegenüber der Menschheit? Wie würde er auf dem Gehweg schreiten? Besäße er ein Fahrrad? Wäre er Vegetarier? Wäre er durch Lateinamerika, Afrika und Russland gereist? Welches soziale Umfeld hätte er? Welchen Freundeskreis? Welche Gepflogenheiten und Rituale hätte er? Wo sieht er sich in einem Jahr mit der vollkommenden Gewissheit exakt an jenem Punkt in 365 Tagen zu stehen? Wie viele Schritte würde er in seinem Leben gehen? Wie vielen Menschen würde er in seinem Leben begegnen? Welche Orte würden seine Augen sehen? Welche Herzen würde er berühren? Welche Türen öffnen? Welche Verträge aufsetzen und welche Verträge unterschreiben? Wie viel gesellschaftlichen Mehrwert würde er generieren? Welches Verständnis hätte er von Nachhaltigkeit jenseits ökonomisch geprägter Definitionen? Wäre er ein Anhängender der freien Marktwirtschaft? Welche Gebäude würde er einst betreten, die durch sein Wirken initiiert wurden? Welche Förderprogramme würde er aufsetzen? Wie viele Bäume pflanzen lassen? Wie viele Lebenswege prägen? Welche Partnerschaften und Freundschaften zu anderen Ländern aufbauen und pflegen? Wie viel Frieden schaffen? Wie viel Heilung generieren?

20:14 Uhr

Primetime! Nach einem kurzen Hänger sitze ich nun wieder am Schreibtisch. Ich höre „Launch“ von David Michael Tardy und Atom Music Audio und weiß nun, welchen Berg ich in Mexiko erklimmen werde. Lange meinte ich es sei der höchste des Landes, der Pico de Orizaba zwischen dem Paso Carretas und Hidalgo. Wie ich mir jedoch die Berichte durchlas wurde ich mir gewahr, dass weder meine körperliche Kondition noch mein Mum dazu ausreichen, diesen Gipfel zu diesem Zeitpunkt zu erklimmen. Also viel mein Blick auf den Popocatépetl. Da es scheinbar aufgrund brodelnder Aktivitäten nur bedingt bis gar nicht möglich ist, auf rund 5.450 Meter über dem Meeresspiegel zu steigen war meine Enttäuschung unmittelbar wieder aufgefangen wie ich einen Blogeintrag über den Iztaccihuatl las. Das sollte möglich sein. Des Weiteren sind 5.230 Meter kein Hexenwerk. So werde ich mich bis nach Bolivien weiter auf die Höhe von gut 6.000 Metern herantasten können. Ohnehin ist die Höhe nur relativ. Ich freue mich, in Bogotá wieder auf rund 2.700 Metern entspannt schlafen, schreiben und südamerikanischen Kaffee trinken zu können. „Notizbuch no. 52“ wartet auf mich mit den Seiten 54 bis 80. Es ist ein wenig leidig und zäh, dennoch erforderlich an diesem Tag nach Neumond. Ich spüre es in mir. Es bricht aus mir heraus. Es muss erzwungen werden. Ich wünsche es mir. Meine Seele kreischt danach.

21:02 Uhr

Auf Seite 62 bin ich nun angelangt. Ich bin müde. Ich höre Vegas (Brazil). Ich sitze hier und blicke in den Spiegel. Ist da diese Fremde? Wer ist dieser Mensch? Wer ist dieses Ich? Ich blicke auf Chief Standing Bear. Er strahlt eine unglaubliche Kraft, Erhabenheit und Magie aus. Seine Seele ist zeitlos. Sein Bewusstsein ist zeitlos. Meine Augen funkeln schon weitaus mehr als vor einigen Wochen. Ich glaube, dass es ein gutes Zeichen ist. Was fühle ich? Immer noch ist da diese brachiale Angst. Gleichzeitig auch die Garantie, dass es kein Zurück gibt. Morgen werde ich wieder für 17 Stunden im Zug sitzen. Den Sitzplatz werde ich erst gegen 16:00 Uhr erfahren. Dann darf ich wieder die Kontrolle über den weiteren Weg abgeben. Dann sitze ich wieder gemeinsam mit anderen hundert Fahrgästen in den Abteilen über den Schienen. Dieser Mensch jenseits des Spiegels ist dafür verantwortlich seine eigenen Träume und Wünsche zu erobern. Er kann keine Verantwortung abgeben. Ja, sicherlich kann er Verantwortung abgeben. Ja, sicherlich kann ich Verantwortung abgeben. Sicherlich kann ich die Schuld gegenüber gewisser Lebensumstände dem Außen geben. Aber hilft es etwas? Bin ich dadurch glücklicher? Kann ich dadurch schneller rennen, besser schreiben oder inniger lachen? Verändert sich mein Humor dadurch? Wird die Schwärze intensiver vom Licht durchbrochen? Man könnte meinen, dass ich mich in einer aussichtslosen Situation befinde. Aber ich weiß, dass ich mir in Bogotá wieder ein Fahrrad ausleihen werde um den Gipfel des Cerro de Guadalupe zu erklimmen und dann vor Anbruch der Dunkelheit all den Lichtern, all der Energie, all dem Flimmern und den unsichtbaren Kräften entgegenzuflitzen (dieses Mal mit Helm, vernünftig gewarteten Bremsen und mit deutlich mehr Sicherheitsbedürfnis). Ich weiß, dass ich vom Gipfel des Iztaccíhuatl ein kleines Andenken-Foto machen werde, dass ich im Tal der Wunder in Kolumbien die beiden Herzmagnete überreichen werde, dass ich am Ende meines Lebens letztlich doch noch Erfolg mit dem Schreiben gehabt haben werde, dass ich auf dieser Reise die Möglichkeit ein Mural mitzugestalten realisieren darf, dass ich den Vollmond über den Anden erspähen werde, dass Ma. und ich zusammenfinden und sich im Morgen die unbändigsten aller Kräfte vermischen um im Einklang mit den Pulsierungen unserer Herzen aufzuleben. Denn eine jede Seele ist ein Katalysator des Fortschritts, der Liebe und eine manifestierte Traumfabrik. Wir sind alle Gigantinnen und Giganten. Du kannst das Drehen der Erde aufgrund deiner konservativen Einstellung letztlich nicht aufhalten. Du musst mit der Zeit gehen. Du bist der Tropfen im kosmischen Bad der Errungenschaft. Du bist der nächste Nobelpreisträger. Du bist der gefallene Engel. Du bist der schmale Grad zwischen Wahnsinn und Genialität. Du bist die pure Verzweiflung. Du bist die Erlösung. Du bist der Anfang. Du bist das Ende. Du bist der Wandel. Du bist die Liebe. Du bist verantwortlich das Unmögliche auf dem Fundament der Zeitlosigkeit zu errichten. Du trägst diesen Funken der ewiglichen Flamme in deinem Herzen. Du hast es in der Hand ob du aufgeben sollst oder erst richtig anfängst für deine Träume zu kämpfen. Du bist verantwortlich ob Heilung durch die Zellen sich zieht. Du glaubst. Du bist. Du bist. Letztlich ist alles relativ und exakt das gibt dir die Freiheit um deinen Träumen zu folgen. Dein Potential kann mit nichts auf der Welt gemessen werden.

Breite deine Arme aus und fliege. Denn es ist die Zeit, die dir gehört. Es ist deine Zeit. Manchmal musst du dich für eine Myriade an Herzschlägen abkapseln und in dein Universum der Wünsche und Sehnsüchte zurückziehen. Denke ja nicht, dass es unwichtig ist welche Schritte du setzt und welche Handlungsoptionen du aus dem Dickicht des Möglichkeiten-Portfolios ziehst. Durch dich dringt dieser ewigliche Energiestrom. Es ist an dir aus deinem Leben etwas zu machen. Du kannst jede Entscheidung treffen, die dir beliebt. Du kannst so tief in das Zentrum deines Lebensstammes sinken wie nur wenige zuvor.

Ich schließe die Augen und bereite mich bereits auf den Anstieg des Iztaccíhuatl vor. Mein Smartphone befindet sich im Flugmodus. Ich habe die Over-Ear-Kopfhörer aufgesetzt. Ich habe die Route verinnerlicht. Letztlich weiß ich ohnehin, dass dieser Anstieg nur einen Bruchteil meiner Kraftreserven beanspruchen wird. Vielleicht ist es gelogen, das weiß ich noch nicht. Aber die dritte Gebetskette aus der Basilika de Guadaloupe wird mir Kraft geben. Hängende Kirche im Koptischen Viertel in Kairo, Sanctuario de Chimayó und Basilika de Guadaloupe in Mexiko-Stadt, es gibt Schlimmeres. Vermutlich werden sich schon bald weitere Elemente aus Lourdes, Santiago de Compostela, Fatima, Mekka und Australien dazugesellen. Wenn nicht, dann ist es nicht bestimmt zu sein.

Mein Herz transformiert sich. Gleich einem Wesen das aus der Suppe vor Anbeginn der Zivilisation schlüpft erhellt sich das Licht. Alles verändert sich. Alles hat sich verändert. Ich hänge mich an eine Sternschnuppe um von dort aus die letzten noch unerforschten Winkel der Menschheit zu durchdringen.

21:32 Uhr

Alles zerfällt zu Asche und Staub. Die Materie zerrieselt. Vor meinem inneren Auge bildet sich ein kristallenes Podest. Die Asche zappelt und verheddert sich in den unendlichen Weiten der potentiellen Existenz. Aber sie nimmt weiter und weiter Form an. Sie wandelt sich. Sie befindet sich in kontinuierlicher Bewegung. Sie wächst. Ja, wahrlich sie wächst. Eine unsichtbare Kraft scheint diesem Etwas Leben eingehaucht zu haben. Erst Beine und dann ein Hals, Federn und ein Schnabel… Es kreischt ohrenbetäubend laut. Ein Lexikon würde behaupten, dass es ein Phönix ist. Vermutlich hätte es recht.

Was zum Teufel mache ich nun also hier in Albuquerque? Niemals wäre ich auch nur auf die Idee gekommen in New Mexico einmal zu stranden. Gleich einem Ufo auf dem falschen Planeten fühle ich mich. Irgendwo muss ich falsch abgebogen sein. Vermutlich hätte ich damals im Sozialkundeunterricht wohl doch besser aufpassen sollen. Aber nun gut. Gut Ding will Weile haben. Jeder Mensch muss seine persönliche Höhle erkraxeln. Kann es sein, dass einzelne Wesen ausschließlich Berge haben? Okay, der Text wird nicht besser. In der Tat ist es Nonsense der größeren Sorte… Aber ich akzeptiere es. Die Erde wurde schließlich auch nicht an einem einzelnen Tag erschaffen.

Was mache ich noch die letzten Stunden in Abq? Einen Handstand? Doch noch die Metro auf die Sandia Mountains nehmen? Das Restaurant aufsuchen in dem Sky arbeitet in der Hoffnung sie zu finden? Mir ein Rückflugticket nach Europa bis nach Barçelona buchen für Dienstag, den 18. Juli 2023? Einfach die Finger stillhalten, den angebissenen Apfel zuklappen und versuchen zu schlafen? Liegestützen wie die Eidechse da in den Hollywood-Hügeln machen? Die silberne Gebetskette noch tausende von Malen durch meine rechte Hand kreisen lassen? Das Drehbuch für eine Serie schreiben, die „Breaking Bad“ alt aussehen lässt? Meditieren? Philosophieren? Die Bhagavad Gita lesen? Auf das Ufo warten und die Erde fluchtartig verlassen? Schlichtweg mich in der Langeweile suhlen? Dieses merkwürdige schwarze Gerät an der Zimmerwand aktivieren? Wie in einem „GTA“-Computerspiel mir einen Sportwagen auf der Straße klauen und damit wie in „Need for Speed“ durch die Gegend rasen? In Lichtgeschwindigkeit bis zum Mond und wieder zurück fliegen? Mich unmittelbar zu Ma. wie in „Looper“ beamen, neben ihr schlafen, neben ihr aufwachen, am Morgen den Gasherd aufdrehen, Wasser aufsetzen, einen Kamillentee machen, ihr die Tasse ans Bett bringen, den Vorhang öffnen und die ersten Sonnenstrahlen in das Zimmer lassen, ihr sanft einzelne Haarsträhnen aus dem Gesicht streichen und sie innigst umarmen, mich in ihrem Sein verlieren und ihr wieder die Raupe zeigen? Mit ihr gemeinsam die Geschichte des kleinen blauen Vogels schreiben, das Mural unserer Zukunft mit Blättern, Ästen, Fichtennadeln und gesammelten Steinen malen auf dieser einen Serpentinenkurve? Loslassen und mich in ihrer Geborgenheit und bedingungslosen Liebe fallen lassen? Ein weiteres Mal den Füllfederhalter zuschrauben, das Notizbuch zuklappen, den tragbaren angebissenen Apfel zuklappen und einfach leben so wie es Durchschnittsperson XYZ Max Mustermann und Martha Musterfrau machen? Mir vorstellen ich sei ein Leuchtkalmar, der sich im Dunstkreis einer unechten Karettschildkröte verheddert hat und gemeinsam mit ihr die Insel „Mussnocherfundenwerden“ besiedelt um Leuchtkalmar-Karettschildkröten-Nachwuchs zu zeugen? Mir den Masterplan für Albuquerque 2.0 am Reißbrett ausdenken und die Quartiere gleich Tetrissteinen hin- und herschieben? Oder doch noch besser den Masterplan USA 2.0 „Mobilität / Innovation / Fortschritt / Soziale Gerechtigkeit / Digitalisierung / Lebenswertigkeit / Grün / Wasser“ aus den Fingern gleich Assen im Ärmel ziehen? All das Geschriebene löschen? Die #writeforio-Tabelle aktualisieren? Eine Banane essen? Meine beiden Rucksäcke packen? Mir überlegen was ich machen müsste also schreiben sollte, um eines Tages als Ehrenbürger von Albuquerque im Heißluftballon über die Petroglyphen fliegen zu können mit Ma. an meiner Seite als hoch dotierte Künstlerin mit Gemälden in Taos und Santa Fe? Ausprobieren, wie kühl die Klimaanlage des Zimmers eingestellt werden kann? Vernünftige Pläne ob meiner Zukunftsgestaltung und Lebensplanung machen? Die zu bereisenden Länder 40 bis 80 auf einer leeren Seite eruieren? Mir die Fahrradtour für die Abq-Murals überlegen? Meine gesamte Existenz noch einmal von Grund auf neu überdenken und dabei nichts oder alles dem Zufall zu überlassen? In Jobportal UVW eine passende Stelle für ein Angestelltenverhältnis herauspicken? Noch deutlich tiefer ins Zentrum meines Seins versinken?

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